Deutschland im Griff von COVID-19? Kritische Würdigung der wirtschaftlichen Maßnahmen zur Bewältigung der Folgen der Krise


Essay, 2020

14 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Maßnahmen zur Bewältigung der Krise
2.1. Verordnung über Erleichterungen der Kurzarbeit
2.2. COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz
2.3. Finanzielle Förderungen

3. Fazit

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

BGBl Bundesgesetzblatt

COVID-19 Corona Virus disease 2019

COVInsAG COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz

FMStFG Finanzmarktstabilisierungsgesetzes

ILO International Labour Organization

KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau

KugV Verordnung über Erleichterungen der Kurzarbeit

KugVerbG Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld

SARS-CoV-2 Severe acute respiratory syndrome coronavirus 2

WStFG Wirtschaftsstabilitätsfondsgesetz

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Einfluss der Krise nach Branchen

Abbildung 2: Zeitverlauf der Krise

Abbildung 3: Überblick über die finanziellen Maßnahmen

1. Einleitung

Anfang Dezember 2019 kam es in Wuhan, China, zu einer menschlichen Infektion mit einem bis dato unbekannten Virus.1 Ostern 2020, und damit nur vier Monate nach Tag 0, ist die durch das Severe acute respiratory syndrome coronavirus 2 (SARS-CoV-2) verursachte Lungenkrankheit Corona Virus disease 2019 (COVID-19) eine weltweite Krise pandemischen Ausmaßes mit rund 1,8 Millionen Infizierten (Stand 12.04.2020) geworden, die tiefe Einschnitte in Gesellschaft und Wirtschaft nach sich zieht.2 So geht die International Labour Organization (ILO) der Vereinten Nationen weltweit von einem Anstieg der Arbeitslosigkeit von rund 195 Millionen im „worst case“ aus. Besonders betroffen sind nach ILO vor allem die Hotellerie und Gastronomie sowie Einzelhändler, am schwächsten würde es die Verwaltung, den Gesundheitssektor und die Landwirtschaft treffen.3

Abbildung 1: Einfluss der Krise nach Branchen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung

Die erste bestätigte Infektion mit SARS-CoV-2 in Deutschland trat am 27. Januar 2020 in Bayern auf.4 Ein Mitarbeiter eines Automobilzulieferers hatte sich bei einer Arbeitskollegin aus China angesteckt. Seitdem sind die Fallzahlen auf über 120.000 (Stand 12. April 2020) angestiegen.5 Um die Verbreitung des Virus einzudämmen oder zumindest zu verlangsamen und den Schaden der COVID-19-Krise auf die Wirtschaft so gering wie möglich zu halten, wurden auf Bundes- und Länderebene weitreichende Maßnahmen beschlossen und umgesetzt.6

Die vorliegende Ausarbeitung soll einen Überblick über diese Maßnahmen darlegen und auf ihre Eignung und Wirksamkeit zur Bewältigung der COVID-19-Krise hin untersuchen. Hierbei wird das Hauptaugenmerk auf den wirtschaftlichen Aspekt gelegt, ohne dabei, aufgrund des Umfangs und der regelmäßig neuen Geschehnisse der Thematik, einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.

2. Maßnahmen zur Bewältigung der Krise

Die Maßnahmen zur Bewältigung der Krise lassen sich in die Kategorien gesellschaftlich und wirtschaftlich einteilen. Zunächst wird auf die gesellschaftliche Dimension geschaut, wobei hier nur ein grober Überblick gewonnen werden soll, bevor ausführlicher auf die wirtschaftlichen Maßnahmen eingegangen wird.

Die gesellschaftlichen Maßnahmen dienen im Allgemeinen der Verlangsamung einer Ausbreitung des Virus durch räumliche Distanz. So wurde am 08. März 2020 von Gesundheitsminister Jens Spahn eine Absage von Veranstaltungen, die größer als 1000 Teilnehmer sind, empfohlen.7 Weiter wurde am 14. März 2020 beschlossen, bundesweit sämtliche Schulen und Hochschulen bis nach den Osterferien zu schließen.8 Am 16. März 2020 entschlossen sich Bund und Länder dazu, sämtliche Geschäfte und Einrichtungen, die nicht der Grundversorgung der Bevölkerung dienen, bis auf Weiteres zu schließen.9 Die weitreichendste Maßnahme ist eine seit dem, 23. März 2020 geltende Kontakt- und Ausgangsbeschränkung, ein sogenannter Lockdown. Diese Maßnahmen sollen die Ansteckungskurve abflachen und damit einer möglichen Überlastung der Krankenhauskapazitäten entgegenwirken.

Um die Folgen der Pandemie und der oben geschilderten Maßnahmen auf die deutsche Wirtschaft so gering wie möglich zu halten, hat der Gesetzgeber darüber hinaus mit Gesetzespaketen und Förderungen für die Wirtschaft reagiert. So wurde bereits am 14. März 2020, und damit noch vor der Verordnung zur Schließung der nicht systemrelevanten Geschäfte und Einrichtungen, durch Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt (BGBl) das Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld (KugVerbG10 ) verabschiedet, welches die Grundlage für die am 27. März 2020 verkündete Verordnung über Erleichterungen der Kurzarbeit (KugV). Weiter hat der Gesetzgeber am 27. März 2020 mit dem COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG) und dem Wirtschaftsstabilitätsfondsgesetz (WStFG) mit weiteren finanziellen Förderungen ein historisches Maßnahmenpaket geschnürt,11 um die Auswirkungen der Pandemie abzufangen.

Abbildung 2: Zeitverlauf der Krise

Quelle: Eigene Darstellung

Diese Arbeit wird im Folgenden tiefer auf die wirtschaftlichen Maßnahmen vom 27. März 2020 eingehen.

2.1. Verordnung über Erleichterungen der Kurzarbeit

Durch das bis zum 31. Dezember 2021 befristete KugVerbG wird die Bundesregierung dazu ermächtigt, eine Verordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zu erlassen, die die Rahmenbedingungen des Kurzarbeitergeldes verbessern. Die hierauf ruhende KugV besagt in §1, dass für die Berechtigung auf Kurzarbeit umzustellen die Anzahl der Mitarbeiter, die von einem Verdienstausfall von mindestens 10% betroffen sind, von einem Drittel der Belegschaft auf 10% der Belegschaft abgesenkt wird - nach §4 KugV bereits rückwirkend geltend zum 01. März 2020. Zusätzlich besagt §1 Abs. 2 KugV, dass hierbei auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden verzichtet werden kann.

Weiter regelt §2 Abs. 1 KugV, dass der Staat den betroffenen Unternehmen die zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitnehmer in Kurzarbeit erstattet. Außerdem eröffnet §3 KugV die Möglichkeit für Leiharbeiter ebenfalls Kurzarbeitergeld zu beziehen.

Kurzarbeit schafft eine Entlastung von Unternehmen im Rahmen der finanziellen Belastungen durch eine Senkung der Personalkosten und verhindert so eine zusätzliche Liquiditätskrise. Auf der anderen Seite sind während der Bezugsdauer von Kurzarbeitergeld betriebsbedingte Kündigungen, auf Grundlage der gleichen Gründe wie der Antrag von Kurzarbeitergeld, ausgeschlossen. Somit stellt Kurzarbeit auch eine Arbeitsplatzsicherheit für die betroffenen Arbeitsnehmer dar.

Durch die Senkung der Bezugsbedingungen während der COVID-19-Krise auf 10% der Mitarbeiter, anstatt eines Drittels der Belegschaft nach § 94 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB III, wird es mehr Unternehmen ermöglicht, zu dieser Maßnahme zu greifen. Sie können hierdurch ihre Belastungen reduzieren und dennoch die zur Sicherung des zukünftigen Geschäftes benötigten Mitarbeiter weiter beschäftigen. Die Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge erhöht die finanzielle Entlastung der Unternehmen weiter, was die Maßnahme noch sinnvoller zur Bekämpfung der gegenwärtigen Auswirkungen der Krise erscheinen lässt. Einen weitaus wichtigeren Einfluss hat die Maßnahme jedoch auf den Aspekt der zukünftigen Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit im Anschluss an den Lockdown. Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel würde eine betriebsbedingte Kündigung von ausgebildeten und eingearbeiteten Mitarbeitern während der COVID-19-Krise zu einem erhöhten Personalgewinnungsaufwand und Einarbeitungskosten nach der Bewältigung der Krise führen. Kurzarbeit ermöglicht es, dass diese Mitarbeiter wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren können und so eine schnelle Fortführung des Betriebs ermöglichen. Allerdings stellt Kurzarbeit für die betroffenen Angestellten, durch die Reduzierung des Arbeitsentgelts, eine finanzielle Belastung dar und sollte, obgleich der Vorteile für das Unternehmen und den Mitarbeitern, nur nach sorgfältiger Abwägung weiterer Maßnahmen in Anspruch genommen werden.

2.2. COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz

Das COVInsAG regelt in §1 die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30. September 2020, die nach §4 bis maximal 31. März 2021 verlängert werden darf. Die Aussetzung gilt für alle Unternehmen mit Ausnahme derer, deren Insolvenzreife nicht auf der COVID-19-Pandemie beruht oder die keine Aussichten auf Beseitigung einer bestehenden Zahlungsunfähigkeit haben. Hierfür geht der Gesetzgeber in §1 Satz 3 COVInsAG davon aus, dass die Insolvenzreife in der Pandemie begründet ist und eine Sanierungsfähigkeit besteht, wenn das Unternehmen am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig war.

Weiter schafft das Gesetz in §2 Sicherheit für Stakeholder von Unternehmen, diese mit weiteren liquiden Mitteln zu versorgen. §2 Abs. 1 Nr. 2 COVInsAG sieht einen Anfechtungsschutz für Tilgungen und Sicherheitsleistungen vor, während §2 Abs. 1 Nr. 3 COVInsAG klarstellt, dass Kreditgewährungen während der Krise nicht als Beihilfe zur Insolvenzverschleppung angesehen werden kann. Diese Regelungen ermöglichen es betroffenen Unternehmen sich auf dem Kapitalmarkt zu refinanzieren und so auch ohne die Inanspruchnahme der staatlichen Förderungen eine Zahlungsunfähigkeit abzuwehren.

Abschließend setzt §3 COVInsAG bei Insolvenzanträgen durch Gläubiger, die zwischen dem 28. März und dem 28. Juni 2020 gestellt wurden, voraus, dass der Grund für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bereits vor dem 01. März 2020 bestand. Es schließt Neuanträge von Gläubigern praktisch bis Ende Juni 2020 aus, was betroffenen Unternehmen den Raum verschafft, sich ohne übermäßigen Druck einzelner Gläubiger selbst zu sanieren.

Da es aufgrund der bestehenden Krise unmöglich ist mittel- und langfristige Planungen verlässlich durchzuführen, würde es ohne diese Gesetzesänderung zu einer erhöhten Zahl an Insolvenzanträgen kommen. Grund hierfür ist, dass ein Gutachter aufgrund der fehlenden Umsätze und Planungen nicht zu einer positiven Fortführungsprognose kommen kann. Weiter verlieren Sanierungskonzepte, die auf den Planungen vor COVID-19 bestehen, ihre Grundlage. Da durch das Gesetz eigentlich rentable oder sanierfähige Unternehmen vor der Insolvenz geschützt werden, ist diese Maßnahme als geeignet anzusehen, die wirtschaftlichen Nachwehen der COVID-19-Krise abzumildern. Allerdings werden durch die Beschränkung des Gesetzes auf nur eine Ursache der Insolvenz, die Zahlungsunfähigkeit, auch Unternehmen künstlich am Leben erhalten, die aufgrund einer Überschuldung von der Insolvenz bedroht sind und eigentlich liquidiert gehören.

Nichtsdestotrotz schafft das COVInsAG einen Raum, in dem sich gefährdete Unternehmen bewegen können. Insbesondere vor der Tatsache, dass viele Branchen, wie beispielsweise die Hotellerie, Gastronomie oder der Einzelhandel, durch die Schließungen stark betroffen sind und quasi keine Umsätze generieren können, sollte eine Insolvenzwelle hierdurch ausbleiben.

[...]


1 Vgl. Hui, D.S. u.a., Corona Virus (2020); Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, Bayern (2020).

2 Vgl. Center for Systems Science and Engineering, COVID-19 (2020); o.V., Farmhands (2020); Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, Bayern (2020).

3 Vgl. International Labour Organization, ILO Monitor (2020), S. 3–6.

4 Vgl. Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, Bayern (2020); Bundesgesundheitsministerium, SARS-CoV-2 (2020).

5 Vgl. Robert Koch Institut, COVID-19 (2020a); Robert Koch Institut, COVID-19 (2020b).

6 Vgl. o.V., Coronanomics (2020); o.V., Farmhands (2020); Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, Bayern (2020); Bundesgesundheitsministerium, SARS-CoV-2 (2020).

7 n-tv NACHRICHTEN, Spahn (2020).

8 tagesschau.de, Corona (2020).

9 DER SPIEGEL, Coronakrise (2020); Bundesregierung, Leitlinien (2020).

10 Da das Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld bis zur Erstellung dieser Arbeit keine amtliche Abkürzung erhalten hat, wird das Gesetz in dieser Auflage mit KUGVerbG abgekürzt.

11 Vgl. Bundesfinanzministerium, Kampf gegen Corona (2020).

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Deutschland im Griff von COVID-19? Kritische Würdigung der wirtschaftlichen Maßnahmen zur Bewältigung der Folgen der Krise
Hochschule
FOM Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, München früher Fachhochschule
Veranstaltung
Sanierung und Restrukturierung, Turnaround Management
Note
1,7
Autor
Jahr
2020
Seiten
14
Katalognummer
V906579
ISBN (eBook)
9783346226273
ISBN (Buch)
9783346226280
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Corona, SARS-COV-2, COVID-19, Sanierung, Restrukturierung, Turnaround Management, COVInsAG
Arbeit zitieren
Jakob Stähle (Autor:in), 2020, Deutschland im Griff von COVID-19? Kritische Würdigung der wirtschaftlichen Maßnahmen zur Bewältigung der Folgen der Krise, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/906579

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