Der 9. November 1938 - Pogrom in Solingen


Term Paper, 1989

21 Pages, Grade: 2,0


Excerpt


Gliederung:

I. Einleitung

II. Hauptteil
1. Die Entwicklung im Reich
2. Der Novemberpogrom in Solingen
3. Arisierung im Reich und der Coppel-Unternehmung in Solingen
4. Die Geschichte der Juden in Jülich-Berg
5. Solingens Synagoge
6. Veranstaltungen
7. Wohin gingen die Juden?

III. Schlussbemerkung

Anhang

I. Einleitung

Die folgende Arbeit hat die Ereignisse des 9. November 1938 in Solingen zum Thema. Sie fanden statt, als sich Nazi-Deutschland auf dem Weg zum II. Weltkrieg befand, und Juden in immer größere Bedrängnis gerieten. Am Rande der Gesellschaft sich aufhaltend, hatten sie kaum mehr eine Besserung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Lage zu erwarten.

Der 9. November-Pogrom war der Ausbruch des Hasses gegen die Minderheit der Juden, die seit dem Mittelalter keine derartige Tortur über sich ergehen lassen mussten. Im Jahre 1938 wurden sie auch ihrer wirtschaftlichen Grundlagen beraubt. Für viele war es der letzte Anstoß zur Auswanderung in andere Länder.

Diese Hausarbeit hat ein besonderes Augenmerk auf die Ausschreitungen in Solingen zu richten. Sie müssen aber im Rahmen der Ausschreitungen im ganzen Deutschen Reich gesehen werden. So erhalten sie erst ihre volle historische Bedeutsamkeit.

Es wäre wohl falsch, die Solinger Ereignisse (auch die Arisierung) in Isolation darzustellen, sind sie doch typisch für das Deutsche Reich.

Aus diesem Grund, da Solingen eigentlich das Thema sein soll, werden auch zwei historische Kapitel hinzugenommen, eines über die Geschichte der Juden in Solingen (Jülich-Berg) und ein weiteres über die Solinger Synagoge. Sie schließen sich an das Kapitel über durch Zeitungsartikel gewonnene Informationen bezüglich der Gewalttätigkeiten im Solingen des 9. November 1938 an.

II. Hauptteil

1. Die Entwicklung im Reich

Schon in der Zeit des Aufstiegs der Nationalsozialistischen Bewegung, und später, während der Herrschaft derselben, wurde auf breiter Ebene gegen die Juden gehetzt. Und die Nürnberger Gesetze leiteten die Entrechtung der Juden in Deutschland ein, (1) bis mit der auf der Wannseekonferenz beschlossenen „Endlösung der Judenfrage“ der beispiellose Völkermord an den Juden systematisch in die Tat umgesetzt wurde.

In brutalster, unerhört schändlicher Art und Weise wurde dieser Völkermord an den Juden und verschiedenen anderen Minderheiten begangen. Ganz Europa litt darunter. Er wurde so systematisch betrieben, dass nur von einer geplanten Massenausrottung geredet werden kann. Denn die Menschen wurden zu Millionen in den Tod geschickt. Das war eine Tragödie solchen Ausmaßes, wie sie vorher noch nie in die Weltgeschichte getreten war. Niemand hätte das vorherahnen können, der nicht absolut sensibel auf die Kampagnen der NSDAP in den zwanziger und Anfang der dreißiger Jahre reagierte, in denen klar wurde, dass diese eine Diktatur anstrebende Massenpartei die Juden dazu ausersehen hatte, nur auf Grund ideologischer Thesen und eines Wahns in den Köpfen ihrer Parteigänger und Teilen des deutschen Volkes, Opfer einer menschenverachtenden Politik und Kriegsführung zu werden.

Der Pogrom vom 9. November 1938 war ein äußeres, eigentlich sehr deutliches Zeichen für einen Umschwung in Richtung der Verschärfung judenfeindlicher Maßnahmen im Hitlerreich.

Ihm waren einige Maßnahmen von amtlichen Stellen, die ihre Grundlage in neuen Gesetzen hatten, vorausgegangen - seit dem September 1937, als Hitler auf dem Parteitag der Arbeit eine Rede hielt, in der er Horrorvisionen von sich gab, in denen der „jüdisch-bolschewistische Weltfeind“ heraufbeschworen und den Juden Zersetzungsaktivität vorgeworfen wurden. (2)

Es wurde immer bedrohlicher und nervenzerfetzender für die diskriminierte Minderheit der Juden in Deutschland.

Mehr und mehr wurden die Juden dem Hass preisgegeben, der sich zum Teil gegen sie in den Jahren der Nazi-Herrschaft gebildet hatte.

Kein Zweifel, dass sich manche, wenn nicht sogar viele oder die meisten von ihnen lange über die Brutalität des offenen Psychoterrors und einzelner gewalttätiger Übergriffe durch die Allmählichkeit des Vorgehens hinwegtäuschen ließen, mit welcher die diskriminierenden gesetzlichen Neuerungen im Deutschen Reich durchgeführt werden mussten.

Die Juden waren häufig stolz auf ihr wirtschaftlich, sozial und kulturell Erreichtes.

Wenn es Fabrikbesitzer oder Bankiers, Leute mit Vermögen und Bildung waren, dann konnten sie vielen Repressionen der Nazis trotzen, sie hatten ja auch nicht wenige Freunde allerorten. Andere hielten sich für anerkannte Deutsche, dachten an ihre Kriegsorden, die sie einstmals im letzten Weltkrieg für ihren Einsatz bekommen hatten, weniger an die gegenwärtige diktatorische Herrschaft und ihre ideologischen Grundlagen, die ihre Eigengesetzlichkeiten besaßen.

Die Auswanderung wurde nicht so schnell in Betracht gezogen, obwohl die Politik der Reichsregierung zwischen 1933 – 1938 hauptsächlich darauf abzielte, sie aus dem Deutschen Reich zu vertreiben.

Die Reichen und Wohlhabenden wollten ihren Besitz erhalten, und zwar so, wie er war. Die Unterschichtangehörigen mussten an ihre berufliche Zukunft denken; sie wussten nicht, was auf sie zukam. Deshalb blieben viele im Deutschen Reich, wenn auch genug Möglichkeiten zur Ausreise bestanden. (3)

Selbst die Hetzpropaganda der Nazis erduldeten sie. Was der Festigung der Herrschaft diente, wurde von den Nazis stets bevorzugt. Auffassungen über die Menschenrechte wurden grob missachtet.

Als die jüdischen Synagogen brannten (400 waren es reichsweit), SA-Schergen durch die Städte und Dörfer jagten, jüdische Mitbürger aus ihren Häusern zerrten, um sie zu demütigen, hemmungslos zerstörten, was sie in ihrer Wut in ihre Hände bekamen, wurden viele unschuldige Menschen umgebracht (100 Personen im Deutschen Reich).

Das war das Vorspiel zum Mord an den Millionen. Und es war eine letzte Warnung an diejenigen, die im Glauben waren, mit den Nazis gebe es noch ein Auskommen. Gern wurde dies in der Vergangenheit behauptet, und doch dürfte es falsch sein, eine detaillierte Vorplanung hinter den Vorgängen des 9. November zu vermuten.

Weder gab es eine organisatorische Vorplanung, die detailliert war, noch ging alles vor sich, wie man sich den Raubzug eines Rudels Wölfe vorstellt, welches hungrig ist. Die Aktionen waren weniger spontan, wie es den Anschein hatte.

Das ergaben die Forschungen der Nachkriegsjahrzehnte. Allerdings beteiligten sich einige Bürger, Leute von der Straße an ihnen – auch hasserfüllte Nachbarn, denn es lockte die Gunst der Stunde. Es gab die Juden, und sie waren jetzt die Sündenböcke. Man konnte sie für all die Unbill des Alltags zur Rechenschaft ziehen, auch wenn Schuld in dieser Hinsicht kaum nachweisbar war.

Die Handlungsmotive für solche Ausschreitungen gegen zumeist normale, honorige Mitbürger waren eher im Unterbewusstsein als im Bereich der Ratio der Täter zu suchen. Die politische Propaganda der vergangenen Jahre hatte hervorragende Leistungen vollbracht?!

Es kann insofern von einer organisatorischen Vorplanung gesprochen werden, als SA-Leute dazu aufgefordert wurden, Aktionen, die stattfanden, nicht zu unterbinden.

Der Mord an dem deutschen Botschaftssekretär v. Rath in Paris war den Nationalsozialisten ein willkommener Vorwand; so konnte man eine Welle der „Volksempörung“ abrollen lassen.

Die Synagogen der jüdischen Mitbürger waren sofort an der Reihe. Die Inneneinrichtungen wurden herausgerissen und zerstört. Oft waren sie auch Ziel der unkoordinierten Handlungen kleinerer SA-Gruppen. Sie sollten Feuer legen. Zur Hilfe gerufene Feuerwehreinheiten machten entweder bloß geringe Anstrengungen zu löschen oder schützten lediglich die Nebengebäude der in Flammen stehenden Gotteshäuser.

Der Zeitpunkt des Pogroms passte genau in die Judenpolitik des Deutschen Reichs.

Das Attentat auf v. Rath lieferte den propagandistischen Vorwand, auch die politischen Ereignisse wirkten begünstigend.

So erklärte Hermann Göring, eine der mächtigsten NS-Größen, zwei Wochen vor dem Münchner Abkommen:

„Die Juden … müssen jetzt aus der Wirtschaft raus“, ihr Vermögen müsse dem Reich in geordneter Weise zufallen, und es dürfe nicht als ein „Versorgungssystem untüchtiger Parteigenossen“ dienen. (dies am 27. Oktober 1938) (4)

Und: der deutsche Sparkassen- und Giroverband teilte seinen Mitgliedern mit, dass das Devisenfahndungsamt, dem seit Juli 1938 Reinhard Heydrich vorstand, „Sicherungsverordnungen“ für die jüdischen Vermögen vorbereitete.

Soweit die Erwähnung des ökonomischen Aspekts, der nicht ganz ohne Gewicht für die Ereignisse des 9. November war.

Es ist gar nicht abwegig, dieses Pogrom als in der Hauptsache für die völlige Verdrängung der Juden aus der deutschen Wirtschaft nutzbare Aktion anzusehen. War die deutsche Wirtschaft dieser Jahre arg in Bedrängnis, konnte sie am leichtesten durch Arisierungen, so eine damals wie heute übliche Bezeichnung für die Übereignung jüdischen Eigentums in deutsche Hände, wieder gesunden – oder wenigstens einiges an Boden gewinnen.

An dieser Stelle soll aber zunächst auf die politische Entscheidungsfindung eingegangen werden, die zu dem Pogrom des 9. November 1938 führte. Nach dem Tod von Raths, der hernach befördert wurde, hatte Adolf Hitler, der deutsche Reichskanzler, nicht etwa sofort, also so schnell wie möglich, auf dem schnellsten Wege die Information des Ablebens des Diplomaten erhalten, sondern erst um 20. 45 Uhr (Von Rath starb um 17. 30 Uhr, 9. November – am 7. November war das Attentat erfolgt.). Goebbels war derjenige, der informierte. Hitler und Goebbels saßen auf einem Kameradschaftsabend im Münchner Rathaus zusammen; Hitler hielt eine Rede, ohne irgendwie auf das Attentat einzugehen.

Es liegt die Vermutung sehr nahe, dass dieses von Goebbels überreichte Telegramm verzögert wurde. Hitler und Goebbels dürften fortan alles Weitere miteinander geplant haben; die Ausschreitungen, auch die politischen Ziele.

[...]

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Details

Title
Der 9. November 1938 - Pogrom in Solingen
College
University of Duisburg-Essen
Course
Der 9. November - Pogrom 1938
Grade
2,0
Author
Year
1989
Pages
21
Catalog Number
V90836
ISBN (eBook)
9783638072496
ISBN (Book)
9783638957106
File size
497 KB
Language
German
Keywords
November, Pogrom, Solingen, November, Pogrom
Quote paper
Diplom-Sozialwissenschaftler Kay Ganahl (Author), 1989, Der 9. November 1938 - Pogrom in Solingen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90836

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