Didaktische Konzepte von Bewegung, Spiel und Sport in der Ganztagsschule


Bachelorarbeit, 2007

25 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Begründungen für eine ganztägige Schulkonzeption
2.1 Sozial-politische Motive
2.2 Schulreformerisch-pädagogische Motive

3. Formen von Ganztagsschule
3.1 Allgemeine Merkmale
3.2 Offene Ganztagsschule
3.3 Gebundene Ganztagsschule

4. Didaktische Konzepte von Bewegung, Spiel und Sport in der Ganztagsschule
4.1 Kompensatorisches Modell (Additiv-duales Konzept)
4.1.1 Argumentation
4.1.2 Modell
4.2 Kooperatives Modell (Additiv-kooperatives Konzept)
4.2.1 Argumentation
4.2.2 Modell
4.3 Integratives Modell (inklusiv-kooperatives Konzept)
4.3.1 Argumentation
4.3.2 Modell
4.4 Erfahrungsschule, Bewegungsraumschule und Bewegte Schule
4.5 Rhythmisierung des Schultages
4.6 Bewertung der Konzepte

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die folgende Hausarbeit gilt als Prüfungsleistung in dem Erweiterungsmodul 1 (E1) und ist Teil des Seminars „Ausgewählte Konzepte von Sport- und Bewegungspädagogik“ im Sommersemester 2007. Aus den verschiedenen Konzepten wurde das Thema „Didaktische Konzepte von Bewegung, Spiel und Sport in der Ganztagsschule“ ausgewählt und im Folgenden vorgestellt, erläutert und bewertet.

Das Thema Ganztagsschule spielt momentan in der öffentlichen Schulreform-Diskussion eine wichtige Rolle. Seitdem Schüler- und Ländervergleiche innerhalb Bildungssystemen publik wurden, wobei PISA wohl das bekannteste Beispiel ist, häufen sich Reformforderungen, Vorschläge und Ideen, die allesamt eine Veränderung des deutschen Schulsystems herbeisehnen. Obwohl das Konzept der Ganztagsschule schon seit über 30 Jahren in Deutschland, in verschiedenen Ausführungen, einen Platz in dem Bildungswesen einnimmt, wird erst seit PISA ausführlich über Veränderung der pädagogischen Konzeptionen diskutiert und eine Erhöhung der Anzahl von Ganztagsschulen gefordert. Dabei ist jedoch zu bemerken, dass das Halbtagsschulwesen generell nicht vollendet in Frage gestellt wird, d.h. eine totale Ablösung ist bisher nicht in Aussicht (vgl. Appel, 2005, S. 14).

Dessen ungeachtet, dass Bewegung, Spiel und Sport im (überwiegend nachmittäglichen) Angebot der meisten schon existierenden Ganztagsschulen quantitativ weit oben stehen, (vgl. Holtappels, in Höhmann, Holtappels, Kamski und Schnetzer, 2005, S. 21f), gibt es bisher nur vereinzelte ausgereifte theoretische Aufzeichnungen, die Sport, Spiel und Bewegung in den Schullalltag und die Schulkultur konzeptionell und pädagogisch integrieren (vgl. Stibbe, 2004, S. 179). Genau diese Thematik wird im Folgenden aufgegriffen, dargestellt und interpretiert. Vorab werden die Begründungen, Formen und Merkmale des allgemeinen Ganztagsschulkonzeptes dargelegt, bevor auf die Bedeutung von Bewegung, Spiel und Sport in der Ganztagschule eingegangen wird. Die didaktischen Konzepte werden detailliert beschrieben und daraufhin erfolgt eine Bewertung. Diese Bewertung und die Hausarbeit im Allgemeinen beschäftigen sich mit der Frage:

Welches didaktisches Konzept ist am sinnvollsten, um Bewegung, Spiel und Sport in der Ganztagschule so zu etablieren, dass eine ganzheitliche Erziehung gewährleistet wird, eine Leistungssteigerung der Schüler sowohl im kognitiven, als auch motorischen Bereich erreicht wird und eine (bewegte) Schulkultur sich dadurch entfalten lässt?

2. Begründungen für eine ganztägige Schulkonzeption

In der Fachliteratur gibt es mehrere Ansichten über die Beweggründe für die Ganztagschule. Die signifikanten Begründungsstränge ähneln sich dabei oft, wobei jedoch die Anzahl der zentralen Thesen variiert. Diese werden im folgenden Kapitel auf zwei repräsentative Ansichten reduziert: Sozial-politische Motive und Schulreformerisch-pädagogische Motive.

2.1 Sozial-politische Motive

Die sozial-politischen Motive beziehen sich hauptsächlich auf eine veränderte Gesellschaft mit “nicht-traditionellen Familienstrukturen“, vermehrten Medieneinflüssen, hohem Integrationsbedarf und sozialer Ungleichheit. Politiker und Reformer, die Ganztagsschule so begründen sehen dabei in erster Linie veränderte Schülerpopulationen, Konkurrenz der Schulen, Schulstandortgefährdung etc. und vergessen bei ihrer Argumentation oft die Bedürfnisse der Schüler (vgl. Appel, 2005, S. 29). Appel (2005, S. 14) sieht die Bedürfnisse und die damit verbundenen nötigen pädagogischen Überlegungen als erst „sekundär“ berücksichtigt und bezeichnet eine so begründete Schulform als „soziale Reparaturwerkstatt“. Dass sich die Gesellschaft mit der Zeit ändert, ist in jeder Kultur als normal anzusehen. Auch dass veränderten sozialen Konstellationen und Umfeldern mit Hilfe von Reformen an Erziehungs- und Bildungsstätten entgegengewirkt wird, erscheint als sinnvoll. Doch dabei wäre es fatal nicht nur die äußeren Umstände zu bedenken, sondern auch die “inneren“ Bedürfnisse müssen einbezogen werden. Durch ganzheitliche Erziehung und differenzierte pädagogische Auffassungen kann auch bei den individuellen, personalen Problemen angesetzt werden.

Des Weiteren ist der Faktor – Kompensation - als entscheidend bei der sozial-politischen Argumentation anzusehen. Tillmann (in Höhmann et al., 2005, S. 49) sieht dort insbesondere kompensatorische Leistungen bei sozialem Lernen und Sozialerziehung, wobei Holtappels (1994, S. 15) auch auf die Kompensation fehlender Bewegungsmöglichkeiten im Freien und in Wohnungen aufmerksam macht. Die sozial-politische Argumentation bezieht sich also vordergründig auf Ausgleich und Verbesserung gesellschaftlicher Phänomene. Soziale Erfahrungsmöglichkeiten erscheinen ausgedünnt und die gesellschaftlichen Lebensräume sind zerstückelt und funktionalisiert (vgl. Hildebrandt-Stramann, 1999, 16f). Ob die Ganztagsschule dafür “aufkommen“ kann und soll oder ob sie sich mehr auf die pädagogischen und erzieherischen Erfordernisse konzentrieren sollte, steht somit zur Diskussion. Im nächsten Kapitel wird auf diese besagten Erfordernisse eingegangen.

2.2 Schulreformerisch-pädagogische Motive

Die Schulreformerisch-pädagogischen Beweggründe für eine ganztägige Schulkonzeption beschäftigen sich größtenteils mit einer Verbesserung der unterrichtlichen pädagogischen Verhältnisse und dem damit verbundenen Erziehungsverständnis. Außerdem wird häufig von Schulprogrammen gesprochen, die eine neue Sichtweise im Hinblick auf Schulkultur und Schulleben beinhalten und somit als reformerisch gelten. In der ganztägigen Schullandschaft in Deutschland sind viele Schulen nur als „Betreuungsschulen“ anzusehen, da dessen Ganztagskonzept jeglichen Bezug zum vormittäglichen Unterricht und dem allgemeinen Erziehungsauftrag vermissen lässt. Damit Ganztagsschule nicht die Legitimation gegenüber Halbtagsschule verliert, müssen die zusätzlichen Möglichkeiten auch dementsprechend genutzt werden. Ein Ganztagsschulkonzept darf sich also nicht ausschließlich auf gesellschaftliche Kompensation konzentrieren. Es muss infolgedessen die Zeit, die zur Verfügung steht vernünftig umsetzen, denn kindgemäße Entwicklung und kindgemäßes Lernen und Erkennen benötigen mehr Zeit, als an Halbtagschulen verfügbar ist, da Schule mehr als nur Unterricht ist bzw. sein sollte (vgl. Appel, 2005, S. 21).

Im Bezug dazu werden schülerische Partizipation, Vermeidung bzw. Reduzierung von Stresssituationen, Verbesserung/Veränderung/Öffnung von Unterricht, Selbsttätigkeit, verändertes Lehrerverhalten und ein „freiraumbetontes Bewegungsumfeld“ (Appel, 2005, S. 21) gefordert. Holtappels (1994, S. 15) betont bei seiner „schulpädagogischen und bildungssoziologischen Argumentation“ die Bildungsaufgaben der Schule, wobei er diese als „Vermittlung von Zugängen zur Welt“ und „Förderung der allseitigen Persönlichkeitsentwicklung“ (ebenda, S. 21) umschreibt. Allerdings sieht er außerdem die Gefahr einer „Verschulung“ und „sozialer Kontrolle“ (ebenda, S. 22) bei einer ganztägigen Schulzeit. Kritiker der Ganztagsschule beziehen sich vorwiegend auf diese Argumente in ihren Ausführungen, bei denen immer wieder darauf hingewiesen wird, dass Ganztagschule zu sozialer Segregation, kultureller Verarmung, Individualverlust, und Familienentzug führen kann (vgl. Appel, 2005, S. 26).

In der Literatur sind sich die Autoren dessen ungeachtet einig, dass Ganztagsschule als reine “Betreuungsschule“ [„halbherzige Nachmittagsschule“ (Höhmann et al., 2005, S. 41); „verlängerte Halbtagsschule mit Suppenausgabe“ (Appel, 2005, S. 39)] lediglich als zeitlich begrenzte Umwandlungslösung beibehalten werden kann. Um der Kritik der Verschulung entgegenzuwirken meint Holtappels (in Höhmann et al., 2005, S. 55), dass vor allem der freizeitpädagogische Bereich als „Integrationselement“ der ganztägigen Schulkonzeption begriffen werden muss, der somit Erziehung, Bildung und Jugendbedürfnisse miteinander vereinigt. Bewegung, Spiel und Sport spielt dabei eine wichtige Rolle, denn der bereits erwähnte Zugang zur Welt wird erst durch “bewegte“ aktive Auseinandersetzung mit der Welt und durch die „lustbetonte Vergegenwärtigung des Seins“ (Hildebrandt-Stramann, 1999, S. 13) hergestellt. Damit dieses ganzheitliche Erziehungsverständnis auch wirksam werden kann, muss eine erweiterte Lern- und Schulkultur gefordert werden, die durch die schulpädagogisch-didaktischen Motive begründet wird. Holtappels (1994, S. 24) sieht eine „Konzeption von Ganztagsschule als pädagogisch gestalteter ganzheitlicher Bildungs- und Erziehungszusammenhang, in dem schul- und sozialpädagogische Handlungsbereiche in einem integrierten Schulprogramm aufgehen“ als Lösung. Inwiefern diese Ideen und Reformvorschläge in den momentanen Ganztagsschulkonzepten bisher realisiert werden konnten, wird im nächsten Abschnitt kurz erläutert. Darauf folgend wird die Bedeutung und Stellung von Bewegung, Spiel und Sport in der Ganztagschule geschildert.

3. Formen von Ganztagsschule

In diesem Kapitel geht es um die Beschreibung der Eigenschaften der deutschen Ganztagsschulen und um die Formen, die sich bisher etabliert haben. Es gibt in Deutschland viele verschiedene Ansätze und Formen der Ganztagsschule, die hier aus Platzgründen nicht alle ausführlich beschrieben werden können. Die beiden Konzepte „offene“ und „gebundene“ Ganztagsschule sind die zentralen Ausführungen und werden im Folgenden dargestellt.

3.1 Allgemeine Merkmale

Hierbei dreht es sich um pädagogische Zielsetzungen, Gestaltungselemente und die Organisation von Ganztagsschulen. Schon 1968 formulierte der Deutsche Bildungsrat (S. 162, zitiert von Holtappels, 1994, S. 105) die erweiterten Aufgaben der Ganztagsschule im Vergleich zur Halbtagsschule: „

1. Stärkere innere und äußere Differenzierung des Unterrichts;…
2. Übung und Vertiefung des Lernstoffes in der Schule anstelle von Hausaufgaben; Entwicklung neuer Arbeitsformen.
3. Erweiterte Möglichkeiten für künstlerische Betätigung.
4. Mehr Zeit und freiere Formen für Sport und Spiel.
5. Erweiterung des sozialen Erfahrungsbereichs und Vorbereitung auf die Arbeitswelt.
6. Verstärkung der Kontakte zwischen Schülern aus verschiedenen sozialen Schichten.
7. Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Schülern und Lehrern.
8. Ausbau der Schülermitverantwortung.
9. Engere Zusammenarbeit von Eltern und Schule.
10. Ausbau der schulinternen psychologischen Beratung.“

Diese Aufgaben sind immer noch aktuell und treffen auf beide im Vorherigen beschriebenen Motive zu. Dennoch veränderte sich mit der Zeit das Erziehungs- und Bildungsverständnis, was durch die von Sandfuchs 1988 (ohne Seitenangabe, zitiert von Holtappels, 1994, S. 107) angegebenen reformpädagogischen Zielsetzungen verdeutlicht wird:

„Überwindung der Kluft zwischen Schulbildung und Leben, Bildung zur Selbständigkeit und Handlungsfähigkeit, Individualisierung des Lernens, Förderung der Selbsttätigkeit, Lernen aus praktischer und sozialer Erfahrung, Verbindung kognitiven und manuellen Lernens, Bezug der Schulbildung zur natürlichen und lokalen Umwelt, Veränderung der Lehrerrolle, Einbeziehung der Eltern in die Schularbeit, Überwindung, schichtenspezifischer Benachteiligungen.“

Dabei wird deutlich, dass das Erziehungsverständnis immer mehr in Richtung Eigentätigkeit, Selbständigkeit, Mündigkeit und Schülerorientierung zu gehen versucht und als ganzheitlich beschrieben werden kann. Dadurch ist die Form des „Offenen Unterrichts“ ein wichtiges Merkmal in der heutigen Ganztagsschule geworden. Dieser fordert die Schüler auf, die Lernumwelt selbst zu gestalten, eigene Interessen mit einzubeziehen und sich mit den Lerngegenständen eigenständig zu befassen. Durch die Schaffung einer neuen Unterrichtskultur mit Hilfe von methodischer Öffnung des Unterrichtsverlaufes und seiner Inhalte sollen die Lernprozesse vernetzt werden und dadurch didaktische Konzepte wie: Freiarbeit, Projektarbeit, Bewegtes Lernen, Wochenplan und Lernwerkstatt ermöglicht werden (vgl. Demmer, 2005, S. 202). Als organisatorische Merkmale sieht Holtappels (in Höhmann et al., 2005, S. 26ff) vor Allem: „Institutionelle Öffnung von Schule“, „Offene Rollenstruktur und Teambildung“, „Räumliche Gestaltung und Infrastruktur“ und die „Zeitorganisation: Flexible lern- und schülergerechte Zeitrhythmisierung“. Um diese Merkmale und Aufgaben zu realisieren, ist ein Ganztagsschulkonzept gefordert, dass in jedem Bereich konzeptionell ausgearbeitete Planungen voraussetzt, die alle Anforderungen berücksichtigen, und dass ebenfalls realisierbar erscheint. Ideen und Reformvorschläge haben ihren Sinn verfehlt, wenn nur darüber diskutiert wird, dann indessen nicht praktisch umsetzbar sind bzw. nicht ausprobiert werden. Deshalb sind präzise Gestaltungselemente nötig, wie sie Holtappels (in Höhmann et al., 2005, 15ff) formuliert: „

[...]

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Didaktische Konzepte von Bewegung, Spiel und Sport in der Ganztagsschule
Hochschule
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
25
Katalognummer
V90847
ISBN (eBook)
9783638053426
Dateigröße
598 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Didaktische, Konzepte, Bewegung, Spiel, Sport, Ganztagsschule
Arbeit zitieren
Henner Kaatz (Autor:in), 2007, Didaktische Konzepte von Bewegung, Spiel und Sport in der Ganztagsschule, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90847

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