Eine große gesellschaftliche und sozialpolitische Herausforderung der Zukunft wird von einer Entwicklung ausgehen, die gemeinhin als ‘demographische Alterung der Gesellschaft’ bezeichnet wird. Angesichts der weiteren Zunahme der Lebenserwartung und des damit fortschreitenden Alterungsprozesses der bundesdeutschen Bevölkerung ist zu vermuten, daß in den nächsten Jahren die Nachfrage seitens politischer und anderer gesellschaftlicher Institutionen nach wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zusammenhang zwischen sozialen Dimensionen und Sterblichkeit zunehmen wird.
Die vorliegende Arbeit beschränkt sich nicht auf eine – wegen mangelhaften Datenmaterials häufig anzutreffende – eindimensionale Verknüpfung von makrosoziologischen Dimensionen (wie Sozialschicht und Geschlecht) mit Mortalitätsdaten. Ziel dieser Arbeit ist vielmehr, die absolute und relative Bedeutung grundlegender soziologischer Dimensionen für die Mortalität zu erhellen und durch eine Verfeinerung dieser Dimensionen die hinter den makrosoziologischen Strukturen wirksamen Prozesse (Integration, soziale Kontrolle, Belastungsgrößen, lebensstiltypisches Verhalten) zu eruieren.
Ein fruchtbarer Weg stellt dabei die Arbeit mit epidemiologischen Daten dar, da derartige Studien i.d.R. neben klassischen sozioökonomischen und -strukturellen Variablen auch verhaltensbezogene und medizinische Parameter beinhalten. Außerdem sind sie oft longitudinal mit einer ausreichenden Fallzahl an Probanden angelegt.
Im empirischen Teil nimmt aus den o.g. Gründen die Analyse des Zusammenhanges zwischen makrosoziologischen Kategorien und verhaltens- also lebensstilbezogenen Angaben großen Raum ein. Aus den anschließenden zahlreichen multivariaten Verlaufsdatenanalysen gehen die Kategorien Schichtzugehörigkeit, Geschlecht, Alter, Konfession und Netzwerkstruktur als die bedeutendsten sozialen Einflußgrößen auf die Mortalität hervor. Darüber hinaus stellen Alkohol- und Tabakkonsum die wichtigsten mortalitätsrelevanten Lebensstilaspekte dar. Der eigenständige Einfluß der eben genannten sozialen Kategorien bleibt beachtlicherweise auch nach Kontrolle des Lebensstils und objektiver sowie subjektiver Gesundheitsvariablen (wie Blutparameter, Puls und subjektiver Gesundheitszustand) empirisch relevant. Aus den gefundenen Zusammenhängen werden schließlich Schlußfolgerungen zu möglichen kausalen Ursache-Wirkungs-Beziehungen abgeleitet.
Inhaltsverzeichnis
- Datenlage von Versicherungsnehmern
- Risikofaktor: Lebensbedingungen
- Bildung und Beruf
- Alter und Geschlecht
- Weitere interessante Prädiktoren
- Risikofaktor: Lebensstil
- Risikofaktor: Biometrische Variablen
- Versuch einer Systematisierung
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Beitrag beleuchtet das Erkrankungs- und Sterberisiko von Patienten und analysiert wichtige Prädiktoren für Morbidität und Mortalität. Der Fokus liegt auf den Ergebnissen aktueller bundesdeutscher und internationaler Studien.
- Analyse der Datenlage von Versicherungsnehmern und deren Bedeutung für Kranken- und Lebensversicherungen.
- Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Lebensbedingungen, Lebensstil und Gesundheitsrisiken.
- Identifizierung von biometrischen Variablen, die das Erkrankungs- und Sterberisiko beeinflussen.
- Systematisierung und Interpretation der Ergebnisse aktueller Forschungsstudien.
- Bewertung der Ergebnisse und deren Bedeutung für die Gesundheitspolitik und die Versicherungsbranche.
Zusammenfassung der Kapitel
Datenlage von Versicherungsnehmern
Dieser Abschnitt beleuchtet die Bedeutung repräsentativer Daten zu Morbidität und Mortalität für Kranken- und Lebensversicherungen. Er zeigt die Entwicklung der Datenlage in Deutschland im Vergleich zu anderen Industrienationen auf und erläutert die Bedeutung neuer Datenquellen wie dem Sozio-Ökonomischen Panel und dem Gesundheitssurvey des RKI.
Risikofaktor: Lebensbedingungen
Bildung und Beruf
Dieser Abschnitt beleuchtet den Zusammenhang zwischen sozialer Schichtzugehörigkeit, Bildung, Beruf und Mortalität sowie Morbidität. Es werden zwei Erklärungsansätze für diesen Zusammenhang vorgestellt: die Selektions-These und die These von gesundheitsbeeinträchtigenden Arbeitsbedingungen.
Alter und Geschlecht
Hier werden die Auswirkungen von Alter und Geschlecht auf Morbidität und Mortalität dargestellt. Es wird erläutert, wie diese Faktoren in der Beitragskalkulation von Versicherungen berücksichtigt werden. Zudem wird die Geschlechtsdifferenz in der Lebenserwartung und mögliche Ursachen dafür diskutiert.
Weitere interessante Prädiktoren
Dieser Abschnitt beleuchtet den Einfluss von Religion und Familienstand auf das Erkrankungs- und Sterberisiko. Es werden relevante Studien und deren Ergebnisse vorgestellt, die Hinweise auf mögliche Zusammenhänge geben.
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- Privatdozent Dr. Sven Schneider (Author), 2002, Prädiktoren von Krankheit und Tod, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9084