Soziale Brennpunkte und Gemeinwesensarbeit. Entstehung, Möglichkeiten und Gegenmaßnahmen


Seminararbeit, 2019

18 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Soziale Brennpunkte
2.1 Begriffserklarung
2.2 Segregation
2.2.1 Historische Entwicklung
2.2.2 Soziale Segregation Heute
2.2.3 Zusammenfassung
2.2.4 Armutsgebiete
2.3 Analyse Sozialer Brennpunkte

3 Chancen derGWA
3.1 Quartiersmanagement
3.1.1 Definition
3.1.2 Organisation Quartiermanagement
3.1.3 Das Tandem Modell
3.1.4 Strukturprobleme von Quartiermanagement

4 Fazit

5 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

„Soziale Brennpunkte: Tod, Steine, Scherben Von Paris bis Brussel, von Duisburg bis Berlin: Kann man einen explosiven Stadtteil befrieden?" (ZEIT2015, Nr.48) Die betont reifierische Uberschrift der Zeit spiegelt das makabre Image sozialer Brennpunkte und die Wahrnehmung der Gesellschaft gegenuber dieser. Die sozialen Ungleichheiten innerhalb deutscher Stadte nahmen in den letzten Jahren dramatisch zu, wahrenddessen sich die stadtischen Problemquartiere innerhalb einer beispielslosen Abwartsspirale befinden. Doch welche Faktoren beeinflussen die Entstehung dieser Problemviertel, was fur Menschen leben innerhalb dieser und welche Effekte fiihren zu einer Dramatisierung der Situation? Welche Rolle nehmen dabei Bund und Lander ein und worin liegen die Moghchkeiten den Abwartstrend der Quartiere zu bremsen, sowohl innerhalb sozialarbeiterischer als auch planerischer Tatigkeitsfelder in Form von Gemeinwesenarbeit?

Die vorliegende Seminararbeit beschaftigt sich dabei mit der Forschungsfrage:

Wie entstehen soziale Brennpunkte und worin liegen die Moghchkeiten der Gemeinwesenarbeit?

In Anlehnung an die Forschungsfrage werden stadtische Problemquartiere beleuchtet im Hinblick auf vorliegende Strukturen sowie institutioneher Mafinahmen innerhalb der sozialen Brennpunkte. Anschliefiend wird untersucht, welche Faktoren die Entstehung von sozialen Brennpunkten begunstigen. Weiterhin werden die Moghchkeiten verschiedener Gegenmafinahmen der Gemeinwesenarbeit aufgezeigt. Im zweiten Kapitel wird zu Beginn die terminologische Klarung des Begriffs sozialer Brennpunkt definiert, im Folgenden werden die verschiedenen Faktoren sowie die Analyse dieser vorgesteht. Im abschliefienden Fazit wird ruckblickend die Forschungsfrage beantwortet sowie ein Ausblick auf die weitere Entwicklung sozialer Brennpunkte gegeben.

2 Soziale Brennpunkte

2.1 Begriffserklarung

Zu Beginn dieser Arbeit gilt es die mehrschichtige Terminologie des Begriffs eines „sozialen Brennpunkts" zu klaren und zu dekonstruieren. Dabei stellen sich folgende Fragen: Gibt es wirklich soziale Brennpunkte und lasst sich dieser Begriff allgemeingultig definieren? Welche Faktoren beeinflussen dabei die Definition, sind es Stadtteile mit einer hohen Anzahl von Drogenabhangigen oder einer mangelhaften Infrastruktur? Lassen sich soziale Brennpunkte messen, kategorisieren und das innerhalb der Komplexitat sowie Mehrdimensionalitat der heutigen Stadt?

„Dabei stofit man vorallem auf die 1979 vom Deutschen Stadtetag beschlossene Definition. Er versteht unter sozialen Brennpunkten "Wohngebiete, in denen Faktoren, die die Lebensbedingungen ihrer Bewohner und insbesondere die Entwicklungschancen bzw. Soziahsationsbedingungen von Kindern und Jugendlichen negativ bestimmen, gehauft auftreten" (vgl. Thien 1992,217; Meh11993, 858). Diese Definition des Deutschen Stadtetages spielt bis heute - speziell in der Sozialpolitik und Sozialarbeit - eine bedeutende Rolle." (Hohm 2003, S.38) Mit Hinblick auf diese erste Definition des Deutschen Stadtetages gilt es den Begriff genauer zu untersuchen. Bereits der Zeitpunkt, zu dem der Begriff entstand, zeigt die negativ behaftete Semantik. Die Notwendigkeit einer neuen Bezeichnung wird dabei untermauert durch die Problematik der 60er Jahre, in denen Arbeitskraftemangel sowie ein konjunktureller Aufschwung innerhalb der Gesellschaft und Politik die Themen dominierte, und im heutigen Vergleich als sorglose Zeit zu bezeichnen ist. (vgl. Hohm 2003, S.39)

Dabei indiziert die Semantik punktuell auftretende Feuer, die kurzerhand mit Hilfe einer Feuerwehrim Schnellverfahren geloscht werden konnen. Da aberaufgrund wirtschaftlicher Stagnation in den 80er Jahren die Feuer immer mehr am Fundament der Strukturen nagten und sich diese flachendeckend ausbreiteten, wurde aus einem punktuellen Problem folglich ein schwer kontrollierbares strukturelles, in dessen die Feuerwehr zunehmend machtlos wurde. (vgl. Hohm 2003, S39)

Hans Jurgen Hohm versucht dabei selbst den Begriff des sozialen Brennpunktes zu definieren: „Unter sozialen Brennpunkten als spezifische Formen urbaner Exklusionsbereiche verstehen wirdementsprechend im folgenden Quartiere raumlich segregierter Personengruppen heterogener randstandiger Milieus, deren karrierespezifischen Chancen Risiken der Reinklusion oder Multiexklusion mit dem Grad der Negativintegration noch zuganglicher Sozialsysteme, individueller Selektionsfreiheiten und Interventionen des lokalen Inklusionsbereichs variieren." (Hohm 2003, S.39)

Daher bietet es sich heute aufgrund der komplexen Sachlage an, soziale Brennpunkte anders zu benennen urn auch einen fachlich richtigen Umgang zu eriangen mit der vorhandenen Thematik. Jedoch verzichte ich bewusst in den folgenden Kapiteln auf eine angemessene Bezeichnung sozialer Brennpunkte, wie zum Beispiel Problemquartiere, mit Hinblick auf die negative Semantik, urn Missverstandnisse zu vermeiden. Die hohe Zahl von sozial schwacheren Personen in bestimmten Quartieren, die als soziale Brennpunkte bezeichnet werden, wie zum Beispiel Arbeitslose oder Personen mit Migrationshintergrund, legen nahe diese Dynamik und Konzentration sowie deren Bedingungen zu untersuchen mit Hinblick auf die Segregation innerhalb bestimmter Quartiere.

Es erscheint wichtig, auch die historische Entwicklung der sozialen Segregation zu betrachten urn Schlusse aus heutigen sozialen Brennpunkten oder Problemquartieren Ziehen zu konnen.

2.2 Segregation

Bevor ich nun auf Analysemodelle von sozialen Brennpunkten eingehen werde, gilt es den zuvor schon oft erwahnten Begriff der Segregation zu beleuchten. In Folge der letzten zwei Jahrzehnte kam es dabei innerhalb der westlichen Industriestaaten zu einem grundlegenden Wandel. Sowohl gesellschaftlich als auch okonomisch entwickelte sich die Bevolkerung, besonders innerhalb von Grofistadten, dramatisch auseinander mit Hinblick auf den sozialen Status sowie auch der sozialen Ungleichheit. (vgl. Farwick2007, S.111) „Seit etwa einem Jahrzehnt werden zunehmende Prozesse der Desintegration in den Grofistadten beschrieben, wobei inzwischen besonders die raumliche Segregation der Benachteiligten in den Vordergrund tritt. Sie werden abgedrangt in Quartiere, in denen Verwahrlosung, Gewalt und Vandalismus an der Tagesordnung sind. In den Medien ist immer haufiger die Diagnose zu lesen oder zu horen, daR> die multikulturellen Stadtteile Orte eines sozialen Desasters seien. Sie sind die Sammelplatze der Verlierer des Wandels, die entweder aus dem Arbeitsmarkt verdrangt wurden oder nie Zugang zu ihm gewonnen haben." (Hau(Hermann 2001, S.38)

Aufgrund von steigender Arbeitslosigkeit und in Folge dessen vermehrter Armut kommt es dabei zu starken Einkommensdisparitaten, zusatzlich zu einer Erhohung von Bevolkerungsgruppen, die einen Migrationshintergrund haben. Diese dadurch entstandene ethnische Pluralitat fuhrt dabei zu einer weiteren Manifestierung innerhalb der verschiedenen Gesellschaftsgruppen. Veranlasst durch diese gesellschaftlichen Spaltungen kommt es auch zu raumlichen, da aufgrund verschiedener Prozesse des Immobilien- und Wohnungsmarktes sowie ethnischer Heterogenitat eine Konzentration von Personen mit gleichen oder ahnlichen sozialen Status gefordert wird. Oftmals tragen diese Prozesse dann sogar zu einer Manifestierung des sozialen Status der Bewohner bei und erhohen das Leid der prekaren sozialen Situation mit Hinblick auf deren Status, (vgl. Farwick2007, S.111)

Diese ungleiche Verteilung sozialer Gruppen innerhalb des stadtischen Raums werden seit den 1920er Jahren durch die Sozialwissenschaftliche Stadtforschung der Chicagoer Schule als soziale Segregation bezeichnet. (vgl. Farwick 2007, S.111) Es liegt folglich auf der Hand, soziale Brennpunkte als Symptome von Segregation zu sehen, oder zumindest als einen starken Einflussfaktor, welcher die Entstehung dieser begunstigt.

2.2.1 Historische Entwicklung

Urn die Segregation verstehen zu konnen muss man jedoch auch den historischen Kontext betrachten. Dabei fallt auf, dass diese Art der Segregation jedoch schon seit langerer Zeit existiert und somit kein neues Phanomen ist mit Hinblick auf die geschichtliche Entwicklung. Im 19 Jahrhundert kam es zum Beispiel zu einer strikten raumlichen Trennung von Arbeitervierteln und des stadtischen Burgertums. Sozialreformen fuhrten jedoch peu a peu zu einem Abnehmen der sozialen Segregation zwischen den unterschiedlichen Bevolkerungsschichten und Wohnquartieren, was mit einer Anpassung und Gleichstellung des sozialen Status zu tun hatte. Ab den 30er Jahren wurde dieses Eingreifen des Staates auch „sozialer Wohnungsbau" genannt, der zur Folge hatte, dass niedriges Einkommen nicht automatisch dazu fuhrte, dass die Bewohner in einer schlechten Wohnung wohnen mussten sondern gesellschaftlich sowie sozialpolitisch aufgefangen wurden. (vgl. HauR>ermann2001,S.40)

Im Laufe der 1960er und 70er kam es jedoch aufgrund der radikalen Flachensanierung in der BRD zu einer Ausquartierung der sozial schwacheren Stadtteilbewohner, welche im Rahmen dieser Flachensanierung neu gebaute Grofiwohnsiedlungen bezogen, die an den Randern der Stadt positioniert wurde. (vgl. Farwick 2007, S.112)

In Folge der wirtschaftlichen Entwicklung in der Mitte der 70er und Anfang der 80er Jahre kam es trotz alledem erneut zu einer Haufung der Arbeitslosigkeit und in Folge dessen vermehrt zu Armut nach dem grofien Aufschwung zuvor in der Nachkriegszeit. Abermals kam es dabei immer haufiger zu einer Manifestierung sozialer Segregation, (vgl. Farwick 2007, S113) Verstarkt wurde dieser Effekt durch eine anhaltende Suburbanisierung, da seit den 1980er Jahren wohlhabende Haushalte immer mehr aus innerstadtischen Altbauquartieren und Grofiwohnanlagen am Stadtrand wegzogen, um in grune Eigenheime der Vorstadt zu Ziehen.

Dadurch kam es zu einer Bildung der sogenannten A-Gruppen die aus Armen, Alten sowie Auslandern bestanden. Diese konnten aufgrund fehlenderfinanziellerMittel nicht mitziehen und mussten somit als „Altlasten" zuruckbleiben, was folglich zu einer Konzentration von Personen mitgleichem sozialen Status fuhrte. (vgl. Farwick 2007, S.112-113) Im folgenden Teil werde ich nun naher auf die heutige soziale Segregation sowie ihre Analyseebene eingehen.

2.2.2 Soziale Segregation Heute

Auch in der heutigen Zeit ist die soziale Segregation und Spaltung deutlich vorhanden innerhalb deutscher Stadte, was sich schon alleine an der Wohnungslage innerhalb von Grofistadten wie Berlin oder Miinchen zeigt.

Hartmut Haufiermann schreibt dabei das ca. zwischen 10% und 20% der Bewohner einer Grofistadt von wirtschaftlichen und somit sozialen Ausgrenzungsprozessen betroffen sind. (vgl. Haufiermann 2001, S.38) „Seit etwa einem Jahrzehnt werden zunehmende Prozesse der Desintegration in den Grofistadten beschrieben, wobei inzwischen besonders die raumliche Segregation der Benachteiligten in den Vordergrund tritt. Sie werden abgedrangt in Quartiere, in denen Verwahrlosung, Gewalt und Vandalismus an der Tagesordnung sind. In den Medien ist immer haufiger die Diagnose zu lesen oder zu horen, daR> die multikulturellen Stadtteile Orte eines sozialen Desasters seien. Sie sind die Sammelplatze der Verlierer des Wandels, die entweder aus dem Arbeitsmarkt verdrangt wurden oder nie Zugang zu ihm gewonnen haben." (Haufiermann 2001, S.38)

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Details

Titel
Soziale Brennpunkte und Gemeinwesensarbeit. Entstehung, Möglichkeiten und Gegenmaßnahmen
Autor
Jahr
2019
Seiten
18
Katalognummer
V908670
ISBN (eBook)
9783346231505
ISBN (Buch)
9783346231512
Sprache
Deutsch
Schlagworte
soziale, brennpunkte, gemeinwesensarbeit, entstehung, möglichkeiten, gegenmaßnahmen, Sozialraumanagemet, Segregation, Soziologie
Arbeit zitieren
Jakob Hönnige (Autor:in), 2019, Soziale Brennpunkte und Gemeinwesensarbeit. Entstehung, Möglichkeiten und Gegenmaßnahmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/908670

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