Das Thema dieser Arbeit ist die kontrastive Phraseologie. Hauptgegenstand der kontrastiven Phraseologie ist das Vergleichen von Redewendungen verschiedener Sprachen. Charakteristisch für einen Phraseologismus ist, dass es zum Verständnis mehr braucht als die wörtliche Übersetzung der einzelnen Lexeme, aus denen er sich zusammensetzt. Denn das, was ausgedrückt werden soll, weicht mitunter sehr von der wörtlichen Bedeutung ab. Der Phraseologismus ist somit, ähnlich wie die Metapher, nicht wörtlich zu verstehen, sondern in seiner übertragenen beziehungsweise wendungsinternen oder phraseologischen Bedeutung.
Dies erweist sich insbesondere für Fremdsprachenlerner, Übersetzer und Dolmetscher als teilweise sehr herausfordernd. Denn es reicht nicht aus, einen Phraseologismus wörtlich von der Ausgangssprache (AS) in die Zielsprache (ZS) zu übersetzen, um ihn zu verstehen. Es gibt Phraseologismen, die in gleicher oder ähnlicher Form auch in der ZS existieren. Für andere hingegen gibt es keine Entsprechung. Diese Arbeit zeigt die Besonderheiten von Phraseologismen auf und soll Fremdsprachenlerner, Übersetzer, etc. dafür sensibilisieren, dass nicht alle Ausdrücke der AS wörtlich übersetzt werden können, sondern zum Teil paraphrasiert werden müssen, um sie in der ZS zu verstehen.
Zunächst wird im ersten Teil dieser Arbeit auf die Theorie eingegangen. Dies beinhaltet die Einordnung der (Sub-)Disziplin in die Sprachwissenschaft, das Definieren der wichtigsten Termini und die Beschreibung der Funktionen von Phraseologismen. Anschließend werden die Hauptmerkmale und die verschiedenen Äquivalenztypen von Phraseologismen in Kapitel 3 und 4 behandelt. Diese beiden Kapitel bilden die Basis für die kontrastive Untersuchung im zweiten, praktischen Teil.
In der Untersuchung werden spanische Phraseologismen mit Tierkomponente und ihrer jeweiligen Entsprechung im Deutschen verglichen. Dafür sollen unter anderem Übereinstimmungen, Ähnlichkeiten und Unterschiede von Phraseologismen herausgearbeitet werden. Am Ende wird durch den Vergleich spanischer Phraseologismen mit ihrer deutschen Entsprechung der jeweilige Äquivalenztyp ermittelt. Je nach Äquivalenztyp wird es für den Nicht-Spanischmuttersprachler leichter, schwieriger bis gar unmöglich sein, einen Phraseologismus ins Deutsche zu übersetzen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Geschichtliche Entwicklung der Phraseologieforschung und Einordnung in die Linguistik
2.1 Definition: Phraseologie
2.2 Definition: Phraseologismus
2.3 Kontrastive Phraseologie: geschichtliche Entwicklung und Definition
2.4 Funktionen von Phraseologismen (nach E. Donalies)
2.5 Unterschied: freie vs. feste Wortverbindungen
3. Allgemeine Charakteristika von Phraseologismen
3.1 Polylexikalität
3.2 Festigkeit (Einteilung nach H. Burger)
3.2.1 Gebräuchlichkeit
3.2.2 Psycholinguistische Festigkeit
3.2.3 Strukturelle Festigkeit
3.3 Idiomatizität
3.3.1 Voll-idiomatische Phraseologismen
3.3.2 Teil-idiomatische Phraseologismen
3.3.3 Nicht-idiomatische Ausdrücke
3.4 Lexikalisierung
4. Übersetzbarkeit von Phraseologismen
4.1 Totale Äquivalenz
4.2 Substitutions-Äquivalenz
4.3 Partielle Äquivalenz
4.4 Null-Äquivalenz
4.5 Schein-Äquivalenz
5. Kontrastive Untersuchung von Äquivalenzbeziehungen spanischer und deutscher Phraseologismen
5.1 Methodik und Analyseumfang
5.2 Kontrastive Untersuchung spanischer Phraseologismen mit Tierkomponente und ihrer deutschen Entsprechung sowie die Bestimmung des Äquivalenztyps
5.2.1 Totale Äquivalenz
5.2.2 Substitutions-Äquivalenz
5.2.3 Partielle Äquivalenz
5.2.4 Null-Äquivalenz
5.3 Ergebnisse der kontrastiven Untersuchung
6. Zusammenfassung und Ausblick
7. Bibliografie
8. Anhang
8.1 Ergebnisse der Überprüfung der Lexikalität
8.2 Umfrageergebnisse der Überprüfung der Gebräuchlichkeit
1. Einleitung
Das Thema dieser Arbeit ist die kontrastive Phraseologie. Hauptgegenstand der kontrastiven Phraseologie ist das Vergleichen von Redewendungen1 verschiedener Sprachen. Charakteristisch für einen Phraseologismus ist, dass es zum Verständnis mehr verlangt als die wörtliche Übersetzung der einzelnen Lexeme, aus denen er sich zusammensetzt. Denn das, was ausgedrückt werden soll, weicht mitunter sehr von der wörtlichen Bedeutung ab. Der Phraseologismus ist somit, ähnlich wie die Metapher, nicht wörtlich zu verstehen, sondern in seiner übertragenen beziehungsweise2 wendungsinternen oder phraseologischen Bedeutung. Dies erweist sich insbesondere für Fremdsprachenlerner3, Übersetzter und Dolmetscher als teilweise sehr herausfordernd. Denn es reicht nicht aus, einen Phraseologismus wörtlich von der Ausgangssprache (AS) in die Zielsprache (ZS) zu übersetzen, um ihn zu verstehen. Es gibt Phraseologismen, die in gleicher oder ähnlicher Form auch in der ZS existieren. Für andere hingegen gibt es keine Entsprechung. Diese Arbeit zeigt die Besonderheiten von Phraseologismen auf und soll Fremdsprachenlerner, Übersetzer, etc. dafür sensibilisieren, dass nicht alle Ausdrücke der AS wörtlich übersetzt werden können, sondern zum Teil paraphrasiert werden müssen, um sie in der ZS zu verstehen.
Zunächst wird im ersten Teil dieser Arbeit auf die Theorie eingegangen. Dies beinhaltet die Einordnung der (Sub-)Disziplin in die Sprachwissenschaft, das Definieren der wichtigsten Termini und die Beschreibung der Funktionen von Phraseologismen. Anschließend werden die Hauptmerkmale und die verschiedenen Äquivalenztypen von Phraseologismen in Kapitel 3 und 4 behandelt. Diese beiden Kapitel bilden die Basis für die kontrastive Untersuchung im zweiten, praktischen Teil. In der Untersuchung werden spanische Phraseologismen mit Tierkomponente und ihrer jeweiligen Entsprechung im Deutschen verglichen. Dafür sollen unter anderem Übereinstimmungen, Ähnlichkeiten und Unterschiede von Phraseologismen herausgearbeitet werden. Am Ende wird durch den Vergleich spanischer Phraseologismen mit ihrer deutschen Entsprechung der jeweilige Äquivalenztyp ermittelt. Je nach Äquivalenztyp wird es für den Nicht-Spanischmuttersprachler leichter, schwieriger bis gar unmöglich sein, einen Phraseologismus ins Deutsche zu übersetzen.
Es wird schon zu Beginn deutlich werden, dass sich die Sprachwissenschaftler, in dieser vergleichsweisen jungen Wissenschaft, bis heute nicht auf einheitliche Termini geeinigt haben. In dieser Arbeit wird sich der Einheitlichkeit halber aber auf jeweils einen Terminus beschränkt und es wird nur am Rande auf weitere Bezeichnungen anderer Autoren verwiesen.
2. Geschichtliche Entwicklung der Phraseologieforschung und Einordnung in die Linguistik
Russische Sprachwissenschaftler waren die Ersten, die Mitte des 19. Jahrhunderts im Gebiet der Phraseologie forschten (vgl. Azevedo do Campo 1998, S. 50). Jedoch rückte die neue (Sub-)Disziplin der Linguistik erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mehr und mehr ins Zentrum des sprachwissenschaftlichen Interesses und ist somit eine relativ junge Disziplin. Forscher4 stellten fest, dass es Redensarten gibt, die keine Änderungen im Sprechakt zulassen und, dass diese „als fertige sprachliche Strukturen im Gedächtnis gespeichert sind und die demzufolge in ihrer Kombination nicht frei gewählt werden können“ (a.a.O., S. 47). Genau mit diesen festen Wortverbindungen, auch Phraseologismen genannt, beschäftigt sich die Phraseologie.
Wie diese neue Disziplin in die Sprachwissenschaft eingeordnet werden kann, darüber waren sich die Sprachwissenschaftler lange nicht einig. In der russischen Forschung wurde die Phraseologie schon von Beginn an als „selbstständige sprachwissenschaftliche Disziplin […] betrachtet“ (a.a.O., S. 51), wohingegen die Phraseologie „in der deutschsprachigen Germanistik […] gewöhnlich noch als Teilgebiet der Lexikologie betrachtet“ (Fleischer 1997, S. 10) wurde. Mittlerweile hat sich die Phraseologie aber auch dort als „eigenständiger Zweig der Linguistik etabliert“ (Donalies 2010, S. 5f.).
2.1 Definition: Phraseologie
Die Phraseologie ist das Teilgebiet der Sprachwissenschaft, welches sich mit Phraseologismen beschäftigt (vgl. Burger 2010, S. 11 & vgl. Fleischer 1997, S. 3). Außerdem umfasst die Phraseologie „die Gesamtheit der Phraseologismen einer Sprache” (Palm 1995, S. 104 & vgl. Fleischer 1997, S. 3). Einige Forscher, wie unter anderem Wilss, unterscheiden zwischen Phraseologie im engeren Sinne (i. e. S.) und Phraseologie im weiteren Sinne (i. w. S.) (vgl. Wilss 1992, S. 178). Neuere Forschung hat jedoch gezeigt, „dass der engere und der weitere Bereich der Phraseologie nicht so klar voneinander abgrenzbar sind, wie man das früher annahm, und dass eine strikte Abgrenzung gar nicht wünschbar ist“ (Burger 2010, S. 14). Aus diesem Grund wird im Zuge dieser Arbeit keine Unterscheidung zwischen Phraseologie i. e. S. und i. w. S. vorgenommen.
2.2 Definition: Phraseologismus
Ein Phraseologismus besteht zum einen „aus mehr als einem Wort“ (Burger 2010, S. 11). Zum anderen ist die Kombination von diesen Wortverbindungen, aus denen sich ein Phraseologismus zusammensetzt, als feste Wortverbindung im Gehirn gespeichert und kann wie bereits erwähnt nicht frei gewählt werden (vgl. Azevedo do Campo 1998, S. 47). Der Ausdruck da wird ja der Hund in der Pfanne verrückt beispielweise verdeutlicht, dass dieser in der Regel5 ausschließlich in genau dieser Form verwendet wird.
Ein Blick in die Literatur verrät, dass nicht nur die Termini feste Wortverbindungen und phraseologische Wortverbindung en synonym verwendet werden können, sondern, dass es eine Vielzahl weiterer gibt. „Überspitzt gesagt: Jeder, der sich mit phras. [(phraseologischen)] Problemen befasste, schuf sich seine eigene Terminologie“ (Pilz 1981, S. 27). Burger spricht auch von „einem - vielbeklagten - […] Begriffschaos“ (Burger 2010, S. 33). So zählt Rothkegel beispielsweise folgende synonym verwendbare Termini auf:
Redewendung, stehende Redewendung, Wendung, feste Wendung, feste Verbindung, Wortverbindung, mehr oder weniger feststehende Redensart, gänzlich erstarrte Wortfügung, syntaktische Gruppe, Syntagma, Wortgruppenlexem, idiomatische Phrase, idiomatische Redewendung und Idiom (Rothkegel 1973, S. 5).
Auch fast 40 Jahre später herrscht noch keine Begriffsklarheit, was eine Aufzählung ähnlicher und ähnlich vieler Termini6 bei Schemann verdeutlicht (vgl. Schemann 2011, S. 19). Donalies hingegen verwendet ausschließlich den Begriff Phrasem (vgl. Donalies 2010, S. 1). Ebenso wenig gibt es im Spanischen einen einheitlichen Terminus, so nennt Pöll folgende im Spanischen verwendete Termini: „ frases hechas, modos de decir, modismos, unidades fraseológicas, usw.“ (Pöll 2018, S. 19).
Burger gliedert den Gesamtbereich der Phraseologie mithilfe des Kriteriums „der Zeichenfunktion, die die Phraseologismen in der Kommunikation haben“ (Burger 2010, S. 36) in drei Klassen. Diese werden im Folgenden kurz erläutert. Zur ersten Klasse der referentiellen Phraseologismen werden alle festen Wortverbindungen gezählt, die „sich auf Objekte, Vorgänge oder Sachverhalte der […] ‚wirklichen‘ Welt oder fiktive[n] Welt[…] [beziehen]“ (ebd.). Dazu gehören Phraseologismen wie „ Schwarzes Brett; jmdn. übers Ohr hauen; Morgenstund hat Gold im Mund“ (ebd.).
Die zweite, „kleinste und am wenigsten interessante“ (ebd.) Klasse bilden die strukturellen Phraseologismen. Diese dienen dazu grammatische Relationen innerhalb der Sprache zu schaffen. Ausdrücke wie „ in Bezug auf; sowohl – als auch“ (ebd.) können beispielsweise dieser Klasse zugeordnet werden.
Die letzte Klasse setzt sich aus den kommunikativen Phraseologismen zusammen. Für diese Klasse wird auch der Terminus Routineformel verwendet. Diese Arten von Phraseologismen „haben bestimmte Aufgaben bei der Herstellung, Definition, dem Vollzug und der Beendigung kommunikativer Handlungen“ (ebd.). Dazu gehören Grußformeln wie Guten Morgen, aber auch Ausdrücke wie ich meine.
Für die spätere Analyse in Kapitel 5.2 werden ausschließlich Phraseologismen der ersten Klasse verwendet.
2.3 Kontrastive Phraseologie: geschichtliche Entwicklung und Definition
Die Ersten, die das Untersuchungsgebiet der kontrastiven Phraseologie im Sinne eines zwischensprachlichen Vergleichs von zwei oder mehr Sprachen geprägt haben, waren sowjetische Sprachforscher in den 1960er Jahren (vgl. Korhonen 2007, S. 574). 20 Jahre später hat sich diese Subdisziplin der Sprachwissenschaft schließlich zu einer eigenen Forschungsrichtung in Europa entwickelt (vgl. Mellado Blanco 2014, S. 10). Erste Pionierarbeit in der kontrastiven deutsch-spanischen Phaseologieforschung leisteten der Romanist Gerd Wotjak (1983) und seine Frau, die Germanistin, Barbara Wotjak (1987, 1988) (vgl. a.a.O., S. 9). Die beiden beschäftigten sich mit den „Äquivalenztypen auf der System- und Textebene“ (a.a.O., S. 9), womit sie den Grundstein für weitere vergleichende Phraseologieforschung in Deutschland und Spanien legen. In den letzten Jahren des 20. Jahrhunderts wurden immer mehr kontrastive Analysen mit anderen europäischen Sprachen vorgenommen (vgl. a.a.O., S. 9). „Das primäre Ziel der kontrastiven Phraseologie [sowie auch dieser Arbeit] […] besteht in der Herausarbeitung von Übereinstimmungen, Ähnlichkeiten und Unterschieden von Phraseologismen verschiedener (meistens zweier) Sprachen“ (Korhonen 2007, S. 575). Dieser Aufgabe wird sich in Kapitel 5.2 gewidmet. Zunächst werden die Funktionen von Phraseologismen beschrieben.
2.4 Funktionen von Phraseologismen (nach E. Donalies)
In diesem Kapitel wird die Frage beantwortet, wozu Phraseologismen dienen und was ihre Funktion ist. Bei der Beschreibung, welche Funktionen Phraseologismen haben, wird sich im Folgenden an den Ausführungen von Elke Donalies orientiert. Auch wenn Sie in ihren Ausführungen den Begriff Phrasem7 verwendet, wird der Einheitlichkeit halber dieser im Folgenden durch den Begriff Phraseologismus ersetzt. Donalies zufolge erfüllen die Phraseologismen acht Funktionen, die im Folgenden kurz und knapp erläutert werden.
Die erste Funktion, die Donalies nennt, ist, dass Phraseologismen „Begriffe auf besonders griffige Art“ (Donalies 2010, S. 46) versprachlichen. Dabei weist sie auf einige Buchtitel hin, in denen der normale Bürger für die Nutzung von Phraseologismen sensibilisiert werden soll, da Phraseologismen den normalen Bürger manipulieren und mundtot machen können. Es ist daher wichtig, dass besonders diejenigen „aufmerksam beobachte[t] [werden] sollten [...], die Griffiges sprechen und schreiben“ (ebd.). Als Beispiel führt sie die von Loriot ausgedachte Rede eines Bundestagsabgeordneten auf, mit der die typischen inhaltsleeren Phraseologismen oder vielmehr Floskeln von Politikern aufgezeigt und kritisiert werden (vgl. a.a.O., S. 47).
Phraseologismen können aber nicht nur zu manipulativen Zwecken eingesetzt werden, sondern können auch schlichtweg die Kommunikation vereinfachen (vgl. a.a.O., S. 48). Wie später, in Kapitel 3.2.1, noch genauer erläutert wird, sind i. d. R. jedem Muttersprachler, die in seiner Muttersprache aktuell verwendeten Phraseologismen vertraut und brauchen nur der Situation entsprechend reproduziert werden. Wenn ein Satz jedoch erst neu gebildet und entschlüsselt werden muss, erfordert dies auf Sprecher- wie auf Hörerseite deutlich mehr Gehirnkapazität, als wenn ein gebräuchlicher Phraseologismus nur reproduziert werden muss. Es entstehen weniger Missverständnisse, weil die Phraseologismen mit wenigen Worten auf den Punkt bringen, was ausgedrückt werden soll. Denn genau wie die Sprichwörter bieten alle im Gedächtnis gespeicherten fertigen Wortverbindungen „manchen Leuten die Möglichkeit […], etwas besser auszudrücken, als sie es selber formulieren könnten“ (Umurova 2005, S. 58).
Darüber hinaus dienen Phraseologismen der Steuerung der „Kommunikation […] [und] Aufmerksamkeit des Hörerlesers“ (Donalies 2010, S. 49). Mit einigen Phraseologismen kann beispielsweise ein Gespräch angefangen oder beendet werden. Außerdem können Zusammenhänge durch Phraseologismen deutlicher gemacht werden oder Argumentationen abgewehrt werden (vgl. Feilke 1996, S.268).
Als vierte Funktion nennt Donalies die Expressivität. Damit ist gemeint, dass mit Phraseologismen Gefühle ausgedrückt und gezeigt werden können (vgl. Donalies 2010, S. 50). Gerade in den Situationen, in denen es schwerfällt, den eigenen Gefühlszustand in Worte zu fassen, können Phraseologismen sehr hilfreich sein. Beispiele hierfür sind Phraseologismen wie: kochen vor Wut, im Dreieck springen, an die Decke gehen, sich einen Ast ab freuen, auf Granit beißen, vor eine Wand reden, etc.
Darüber hinaus ordnen sich Menschen durch die bewusste (Nicht-)Verwendung von Phraseologismen einer sozialen Gruppe zu oder grenzen sich von dieser ab. Phraseologismen „definieren […] sozial“ (a.a.O., S. 52), können also auch auf die jeweilige Schichtzugehörigkeit eines Menschen hindeuten.
Zwei weitere Funktionen von Phraseologismen sind, dass sie nicht nur Ideen transportieren, sondern auch Erfahrungen, Meinungen und Erkenntnisse (vgl. a.a.O., S. 53f.). In vielen Phraseologismen spiegeln sich jahrzehntelange Erfahrungen wider, die mittels des Phraseologismus an die nächste Generation weitergegeben werden, wie zum Beispiel: „ Langes Fädchen, faules Mädchen“ (a.a.O., S. 53) . Ideen können beispielsweise in Form von Weltanschauungen in Phraseologismen übermittelt werden, wie mit „Darwins legendäre[r] Lehre vom […] struggle for life […] oder Descartes philosophisches Cogito, ergo sum” (a.a.O., S. 55) oder auch Martin Luther Kings I have a dream.
Als letzte Funktion führt Donalies die ästhetische Wirkung von Phraseologismen auf, mit der Begründung, dass die Menschen es „offenbar mögen […] [Phraseologismen] zu machen, sie zu entdecken, sie zu verwenden und zu verwandeln“ (a.a.O., S. 55f.).
2.5 Unterschied: freie vs. feste Wortverbindungen
Der Kontrahent zum Phraseologismus oder auch zur festen Wortverbindung ist die freie Wortverbindung (vgl. Burger 2010, S. 19). Was letztere auszeichnet ist, dass ihre Komponenten frei kombinierbar sind und sie allein durch ihre wörtliche Bedeutung verstanden werden können, wie beispielsweise bei dem Satz die Birne fällt vom Baum. Hierbei handelt es sich tatsächlich um eine Birne, die vom Baum fällt. Der Satz lässt sich ohne Probleme (unter Berücksichtigung der syntaktischen Regeln) umstellen und die einzelnen Komponenten lassen sich ebenfalls durch Synonyme ersetzten, wie zum Beispiel: Die birnenförmige gelbe Frucht fällt vom Obstbaum.
Bei dem Ausdruck der Apfel fällt nicht weit vom Stamm hingegen liegt eine feste Wortverbindung (Phraseologismus) vor, da die Komponenten fest in ihrer Struktur gebunden sind. Was genau das bedeutet wird später in Kapitel 3.2.3 noch näher erläutert. Außerdem geht die Bedeutung nicht aus den einzelnen Komponenten hervor, muss also im übertragenen Sinne verstanden werden (phraseologische Bedeutung). Die phraseologische Bedeutung ist im obigen Beispiel, dass „jemand […] in seinen [negativen] Anlagen [oder] in seinem Verhalten den Eltern sehr ähnlich [ist]“ (Duden online 2020, s.v. Apfel). Es hat also nichts mit der wörtlichen Bedeutung eines fallenden Apfels zu tun. Phraseologismen zu verstehen und angemessen zu übersetzen, kann, gerade für Fremdsprachenlerner, aber auch Übersetzer und Dolmetscher, sehr herausfordernd sein.
3. Allgemeine Charakteristika von Phraseologismen
In diesem Kapitel werden vier zentrale Charakteristika vorgestellt, die herangezogen werden können, um zwischen einem Phraseologismus und einer freien Wortverbindung zu differenzieren. Die Hauptmerkmale sind Polylexikalität, Festigkeit, Idiomatizität und Lexikalisierung. Einige Autoren führen noch weitere Merkmale auf. Die oben genannten sind jedoch die Wesentlichen, die sich bei vielen Forschern8 wiederfinden lassen.
3.1 Polylexikalität
Mit Polylexikalität9 ist gemeint, dass ein Phraseologismus aus mindestens zwei Wörtern bestehen muss. Auf die viel diskutierte Frage, was genau ein Wort ist, wird in dieser Arbeit nicht näher eingegangen. Wichtiger ist an dieser Stelle vielmehr zu erwähnen, dass noch kein Konsens darüber herrscht, welche Arten von Wörtern einen Phraseologismus bilden. Wenn davon ausgegangen wird, dass mindestens ein autosemantisches Wort im Phraseologismus enthalten sein muss, wie regnen, Eimer, verkleinert sich die Anzahl an Phraseologismen enorm, da feste Kombinationen synsemantischer Wörter, wie entweder - oder; dann und wann, wegfallen (vgl. Fleischer 1997, S. 29 & Burger 2010, S. 15). Die obere Grenze der Wortmenge ist durch die Syntax festgelegt und überschreitet i. d. R. nicht die Länge eines Satzes (vgl. Burger 2010, S. 15).
3.2 Festigkeit (Einteilung nach H. Burger)
3.2.1 Gebräuchlichkeit
Ein Merkmal der Festigkeit 10 von Phraseologismen ist die Gebräuchlichkeit. Das bedeutet, dass ein Phraseologismus nicht nur gekannt, sondern auch verwendet wird - entweder von seiner gesamten Sprachgemeinschaft oder auch nur in einem spezifischen Gebiet von vielen Personen. So kennt vermutlich jeder deutsche Muttersprachler den Ausdruck das Gelbe vom Ei, kann diesen anwenden und ist in der Lage ihn mithilfe von freien Wortverbindungen zu paraphrasieren. Die Frage, ob ein Ausdruck aktuell noch allgemein gebräuchlich ist, lässt sich weder über die eigene Intuition noch über eine Bestandsaufnahme von Wörterbüchern klären. Letztere eignen sich zwar, um eine breite Auswahl an Phraseologismen zusammenzustellen, jedoch geben sie keine Auskunft darüber, ob sie in der aktuellen Sprache noch verwendet werden. Nur aufwendige Tests und Befragungen von Versuchspersonen geben Aufschluss über die Gebräuchlichkeit.
3.2.2 Psycholinguistische Festigkeit
Unter psycholinguistischer Festigkeit versteht man die Art und Weise, wie ein Phraseologismus mental abgespeichert wird. Dass Phraseologismen ähnlich wie Wörter als Einheiten im Gehirn gespeichert sind, lässt sich mithilfe von psycholinguistischen Tests nachweisen. Dabei handelt es sich um eine Art Lückentest, der darin besteht, den „Versuchspersonen nur den Anfang des Sprichwortes [oder des Phraseologismus] vorzulegen und sie den Rest ergänzen zu lassen“ (Burger 2010, S. 17). Dabei macht es für die Ergebnisse keinen Unterschied, ob ein Teil des Phraseologismus visuell oder auditiv präsentiert wird. Was die Ergebnisse zeigen, ist, dass „bei einem Phraseologismus in der Regel nur ein bestimmtes Wort (bzw. bei Sprichwörtern der ganze Wortlaut des zweiten Teils), allenfalls eine sehr begrenzte Menge von Varianten, infrage“ (ebd.) kommt, wohingegen bei freien Wortverbindungen mehr Antwortoptionen möglich sind.
3.2.3 Strukturelle Festigkeit
Ein weiteres Merkmal ist die strukturelle Festigkeit von Phraseologismen. Wie bereits in Kapitel 2.5 erwähnt lässt sich zwischen festen oder phraseologischen Wortverbindungen und freien Wortverbindungen unterscheiden. Beide unterliegen jedoch morphosyntaktischen und semantischen Regeln. Was die phraseologischen Wortverbindungen jedoch von den freien Wortverbindungen unterscheidet, sind die Beschränkungen und Irregularitäten, denen die phraseologischen Wortverbindungen unterliegen. Diese Merkmale sind auch charakteristisch für die Idiomatizität, wie sich im folgenden Kapitel 3.3 zeigen wird (vgl. Burger 2010, S. 19). Morphosyntaktische Irregularitäten können zum Beispiel auf einen veralteten Sprachgebrauch zurückgeführt werden, wie „ auf gut Glück – unflektiertes attributives Adjektiv“ (ebd.). Interessant sind auch die morphosyntaktischen Beschränkungen, auch Restriktionen genannt, die sehr charakteristisch für einen Phraseologismus sind. So können bei freien Wortverbindungen ohne Probleme gewisse morphologische und/oder syntaktische Veränderungen vorgenommen werden, ohne den Sinn maßgeblich zu verändern. Bei einem Phraseologismus würden solche Veränderungen jedoch zu einem Bedeutungsverlust führen.
Die Restriktionen werden am Vergleich der folgenden Beispiele veranschaulicht11:
(1) In den sauren Apfel beißen à *12 In den/einen Apfel beißen, der sauer ist à *In die sauren Äpfel beißen
(2) In die saure Zitrone beißen à In die/eine Zitrone beißen, die sauer ist à In die sauren Zitronen beißen
Der Phraseologismus (1) in den sauren Apfel beißen hat die phraseologische Bedeutung „etwas Unangenehmes notgedrungen tun“ (Duden online 2020, s.v. Apfel). Verändert man diesen, indem man daraus beispielsweise einen Relativsatz formt oder den Plural bildet, verschwindet die phraseologische Bedeutung. Anders hingegen verhält es sich bei dem zweiten Beispiel (In die saure Zitrone beißen). Sowohl bei der Umformung zum Relativsatz als auch bei der Pluralbildung bleibt die Bedeutung erhalten.
Wie aus dem ersten Beispiel hervorgeht, können die einzelnen Komponenten eines Phraseologismus i. d. R. nicht ohne weiteres verändert oder durch Synonyme ausgetauscht werden, was Burger auch als feste lexikalische Besetzung bezeichnet (vgl. Burger 2010, S. 22). Wird beispielsweise der Phraseologismus Geh doch dahin, wo der Pfeffer wächst verändert, indem für Pfeffer ein bedeutungsähnliches Wort gewählt wird, geht die phraseologische Bedeutung verloren. Dies verdeutlichen die folgenden zwei Beispiele:
(1) Geh doch dahin, wo der Chili wächst
(2) Geh doch dahin, wo das Pfefferkorn wächst
3.3 Idiomatizität
Von Idiomatizität im semantischen Sinn ist die Rede, wenn die phraseologische Bedeutung eines Ausdrucks nicht mit der wörtlichen übereinstimmt (vgl. Burger 2010, S. 30). Das bedeutet, dass sich die Bedeutung eines Phraseologismus nicht aus der Summe seiner einzelnen Komponenten (Lexeme) ableiten lässt. Um die phraseologische Bedeutung herauszufinden, muss erst eine sogenannte semantische Transformation stattfinden (vgl. Palm 1995, S. 9). Nach Fleischer können feste Wortverbindungen verschiedene Grade der Idiomatizität aufweisen (vgl. Fleischer 1997, S. 31). Palm unterscheidet zwischen voll- und teilidiomatischen Phrasemen bzw. Phraseologismen (vgl. Palm 1995, S. 12). Burger hingegen führt zusätzlich noch die nicht-idiomatischen Ausdrücke an (vgl. Burger 2010, S. 30). Im Folgenden werden nun alle drei Grade der Idiomatizität mit jeweils zwei Beispielen aus dem Deutschen dargelegt.
3.3.1 Voll-idiomatische Phraseologismen
Bei Phraseologismen, bei denen sich die Bedeutung eines Wortes grundlegend verändert und keinerlei Bezug mehr zur festen Wortverbindung aufweist, ist der Grad der Idiomatizität sehr hoch.
Beispiele:
(1) Nicht mehr alle Tassen im Schrank haben
(2) Jemandem einen Korb geben
(1) In diesem Beispiel verlieren sowohl die Tassen als auch der Schrank seine eigentliche Bedeutung (Geschirr bzw. Möbelstück). Für Nichtmuttersprachler oder Personen, denen dieser Ausdruck unbekannt ist, ist es ohne Kontext unmöglich die wendungsinterne Bedeutung des Phraseologismus zu verstehen. Der Phraseologismus meint „nicht recht bei Verstand sein“ (Duden online 2020, s.v. Tasse).
(2) Die phraseologische Bedeutung dieses Phraseologismus ist die „ablehnende Antwort auf ein Angebot [oder] einen [Heirats]antrag“ (a.a.O., s.v. Korb). Es geht tatsächlich darauf zurück, dass ein Mann früher einen Korb bekam, wenn eine Frau diesen abgewiesen hatte. Ursprünglich handelte es sich bei diesem Ausdruck also um einen nicht-idiomatischen Ausdruck. Heute hingegen bekommt niemand mehr einen Korb bei einer „Abfuhr“, weshalb er sich zu einem idiomatischen Ausdruck entwickelt hat. Es fällt also schwer, aus heutiger Sicht die entsprechende phraseologische Bedeutung daraus zu schließen.
3.3.2 Teil-idiomatische Phraseologismen
Von teil-idiomatischen Phraseologismen ist die Rede, wenn mindestens eine Komponente im Ausdruck enthalten ist, die ihre wörtliche Bedeutung beibehält, sowie mindestens eine weitere, die eine phraseologische Bedeutung aufweist. Die Lexeme, die ihre wörtliche Bedeutung behalten, sind in den folgenden Beispielen kursiv geschrieben:
(1) „Bis an die Zähne bewaffnet“ (Šichová 2003, S. 265)
(2) Blinder Passagier
(1) Phraseologisch betrachtet meint das Beispiel, dass jemand stark bewaffnet ist (vgl. ebd.). Die Komponente bis an die Zähne ist in diesem Phraseologismus idiomatisch, wohingegen bewaffnet seine wörtliche Bedeutung behält. Bewaffnet wird in hier in seiner wörtlichen bzw. wendungsexternen Bedeutung gebraucht (vgl. ebd.). Um zu überprüfen, ob ein Ausdruck idiomatisch ist, wird die vermeintlich idiomatische Komponente durch eine Komponente ersetzt, die dieselbe Struktur aufweist. Handelt es sich tatsächlich um einen idiomatischen Ausdruck entsteht i. d. R. ein inkorrekter Satz, wie zum Beispiel: *13 Die Person war bis an die Beine bewaffnet.
(2) Das Lexem Passagier behält seine wörtliche Bedeutung, da es sich bei diesem Phraseologismus tatsächlich um einen Passagier handelt. Die Komponente blind ist jedoch idiomatisch, sofern man davon ausgeht, dass es sich nicht tatsächlich um einen Menschen mit Sehbehinderung handelt, sondern um einen Passagier, der ohne Erlaubnis an Bord ist (phraseologische Bedeutung).
3.3.3 Nicht-idiomatische Ausdrücke
Die nicht-idiomatischen Ausdrücke sind freie Wortverbindungen, bei denen keine Diskrepanz zwischen der phraseologischen und der wörtlichen Bedeutung besteht. Der entsprechende Ausdruck kann also wörtlich genommen werden, um ihn zu verstehen und stellt somit für Übersetzer, Fremdsprachenlerner, etc. kein großes Hindernis dar (vgl. Burger 2010, S. 30). Dies können Ausdrücke wie sich die Zähne putzen; geschlossene Gesellschaft; der wunde Punkt sein (vgl. ebd. & Palm 1995, S. 35f.). Burger wie auch Feilke (1996) verwenden für alle nicht- bzw. nur schwachidiomatischen Phraseologismen den Terminus Kollokation (vgl. Burger 2010, S. 38).
3.4 Lexikalisierung
Lexikalisierung bedeutet, dass eine neue (phraseologische) Einheit ins Lexikon aufgenommen, also gespeichert wird (vgl. Pöll 2018, S. 21). Ein Merkmal, das eng mit der Lexikalisierung zusammenhängt, ist die Reproduzierbarkeit von Phraseologismen. Darunter versteht man, dass eine einmal gelernte Wortverbindung eines Phraseologismus nicht jedes Mal aufs Neue produziert werden muss, sondern schon als fertige lexikalische Einheit zur Verfügung steht, also nur noch reproduziert werden muss (vgl. Palm 1995, S. 36). An dieser Stelle muss aber angemerkt werden, dass es zudem notwendig ist, zu wissen, in welcher Situation der erlernte Phraseologismus auch angemessen ist (vgl. ebd.).
Nicht für alle Linguisten, wie zum Beispiel Azevedo do Campo ist die Lexikalisierung ein Hauptkriterium von Phraseologismen, da es schließlich auch andere feste Wortverbindungen gibt, die lexikalisiert und reproduziert werden können, die aber keine Phraseologismen sind. So sind für Azevedo do Campo in erster Linie Idiomatizität und Stabilität wesentliche Merkmale, um einen Phraseologismus zu bestimmen. Lexikalisierung und Reproduzierbarkeit ergeben sich vielmehr im nächsten Schritt als „abgeleitetes, sekundäres Kriterium“ (Azevedo do Campo 1998, S. 64).
4. Übersetzbarkeit von Phraseologismen
Wie bereits erwähnt, erweist sich das Verstehen und Übersetzen von Phraseologismen gerade für Nichtmuttersprachler, wie Fremdsprachenlerner, Übersetzer und Dolmetscher, teilweise als herausfordernd, da die Diskrepanz zwischen wörtlicher und phraseologischer Bedeutung oftmals sehr groß ist. Aus diesem Grund muss insbesondere bei der Übersetzung Vorsicht geboten sein. Was sich dabei zeigt, ist, dass einige Phraseologismen der AS im selben Wortlaut auch in der ZS existieren. Es gibt aber auch viele Phraseologismen der AS, für die es in der ZS keine Entsprechung gibt. Weitere vermitteln zwar ein ähnliches semantisches Bild, drücken dies jedoch durch unterschiedliche Lexeme aus. Diese Unterschiede lassen sich mitunter dadurch erklären, dass Phraseologismen von der jeweiligen Kultur des Landes geprägt sind und dementsprechend teilweise andere Bilder verwendet werden. Beispielsweise heißt es im Spanischen haber tomate, was im Deutschen im übertragenen Sinn so viel bedeutet wie, dass etwas im Gange ist oder mächtig was los ist (vgl. Mestre Vives 2018, S. 28).
Durch die lexikalischen, semantischen und morphosyntaktischen Unterschiede ergeben sich unterschiedliche Grade von Äquivalenz. Diese werden nun im Folgenden anhand von jeweils zwei spanischen Beispielen näher erläutert. Zuvor soll aber angemerkt sein, dass es bisher auch in diesem Bereich weder einheitliche Begriffe noch eine einheitliche Anzahl an Äquivalenztypen gibt. Im Folgenden werden die von Koller zusammengefassten Termini verwendet, wobei auch er in seinen Ausführungen jeweils zwei Nennformen aufführt (vgl. Koller 2007, S. 605f.). Im Folgenden wird jedoch nur eine dieser Formen verwendet.
4.1 Totale Äquivalenz
Von totaler Äquivalenz ist die Rede, wenn ein Phraseologismus in beiden untersuchten Sprachen die gleiche Bedeutung besitzt und das gleiche semantische Bild ausgedrückt wird. Das heißt, dass dieser hinsichtlich seiner Semantik, wie auch Lexik und morphosyntaktischen Struktur in den beiden Sprachen äquivalent ist und sich in seiner Konnotation gar nicht oder nur geringfügig unterscheidet (vgl. Koller 2007, S. 605). Das heißt, dass sowohl formale Übereinstimmung (Kongruenz), sowie inhaltliche Übereinstimmung (Äquivalenz) vorliegt (vgl. Sternemann 1983, S. 43f.).
Beispiele:
(1) Comportarse como un elefante en una cacharrería
Der spanische Phraseologismus existiert in derselben Form auch im Deutschen. Und zwar: Sich benehmen wie ein Elefant im Porzellanladen. Beide haben dieselbe phraseologische Bedeutung, nämlich: „sich [anderen Menschen gegenüber] ungeschickt, plump, taktlos verhalten“ (Duden online 2020, s.v. Elefant). Daher liegt totale Äquivalenz vor. Ebenso verhält es sich bei dem zweiten Beispiel:
(2) Ser un pez gordo
Die Entsprechung im Deutschen ist identisch mit der wörtlichen Übersetzung des spanischen Phraseologismus: Ein dicker Fisch sein. Beide Ausdrücken beziehen sich auf „eine [ge]wichtige Persönlichkeit“ (a.a.O., s.v. Fisch).
[...]
1 Im Folgenden als Phraseologismen bezeichnet.
2 Im Folgenden mit bzw. abgekürzt.
3 Angesichts der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden das generische Maskulin benutzt, ohne dabei eine diskriminierende Absicht zu verfolgen. Es sind gleichwohl immer weibliche und männliche Formen gemeint.
4 Wie Protebnja, Schachmatow, Fortunatow, Abakumow, Sausurre und weitere (vgl. ebd.).
5 Im Folgenden mit i. d. R. abgekürzt.
6 „ Phrasem, phraseologisch, Idiom, idiomatisch, idiomatischer Ausdruck, Redensart, Wendung, Einheit usw .“ (Schemann 2011, S. 19).
7 Nach Burger sind Phraseme idiomatische Phraseologismen (vgl. Burger 2010, S. 35).
8 Vgl. Pöll (2018); Burger (2010); Palm (1995); Azevedo do Campo (1998).
9 9 Wird bei anderen Autoren auch Mehrelementigkeit genannt .
10 Das Merkmal Festigkeit wird bei anderen Autoren auch als Stabilität, Fixiertheit oder Konstanz bezeichnet.
11 Die von Burger genannten Beispiele wurden durch eigene Beispiele ersetzt (vgl. a.a.O., S. 21).
12 Der Asteriskus markiert, dass die Bildung des Relativsatzes und des Plurals zu einem Bedeutungsverlust des Phraseologismus führt.
13 Der Asteriskus markiert, dass der Satz inhaltlich keinen Sinn ergibt, also nicht korrekt ist.
- Arbeit zitieren
- Isabell Nolte (Autor:in), 2020, Kontrastive Phraseologie. Phraseologismen im Spanischen und Deutschen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/909058
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