Ausgelöst durch Adornos Reflexionen gab es nach 1945 eine heftige Debatte darüber, ob und wie Literatur überhaupt noch in der Lage sei, den Holocaust adäquat darzustellen.
Die Satire, die bis dahin als stärkste literarische Waffe gegen den Faschismus und seine Folgen galt, da sie die "Lächerlichkeit des Bösen" bloßstellte, schien nach Ausschwitz dem Thema völlig unangemessen zu sein.
In diese empfindliche Zone brach 1971 Edgar Hilsenrath fulminant mit seiner bitterbösen Satire "Der Nazi & der Frisör" ein. Ein Schelmenroman, in dem der Antiheld nicht nur als Nazi sondern später auch als Haganah Kämpfer Karriere machen kann. Wo immer es ein Tabu zu brechen gab, Hilsenrath hat es mit seinem Roman in einem Rundherumschlag getan. Eine Gratwanderung, die der Autor mit Bravour gemeistert hat. Er deckt menschliche Schwächen auf, entlarvt banalste und daher um so gefährlichere Gedankengänge und bleibt dabei stets seinem Motto der "erfundenen Wahrheit" treu. Ein Buch, das dem Leser unglaublich viel über das NS-Regime, den Holocaust, die Nachkriegsjahre und vor allem die menschliche Psyche vermitteln kann. Ein gelunger Tabubruch, der in dieser Arbeit gerechtfertigt werden soll.
Inhaltsverzeichnis
- I. Hilsenraths Roman "Der Nazi & der Frisör"
- - Ein literarischer Tabubruch?
- 1. Die Grundproblematik einer literarischen Darstellung des Holocaust
- 2. Über den Autor
- 3. "Der Nazi & der Frisör" - Eine inhaltliche Skizzierung
- 4. Satire, Groteske, Karnevaleske
- 5. Kriterien für eine Legitimation des Tabubruchs
- II. "Die erfundene Wahrheit"
- 1. Sprachstil der Täter: zynisch, makaber, vulgär, und lyrisch
- 2. Groteske Momente des Entsetzlichen
- 3. Die 'Tragik des Möders'
- - Verwandlung von Mitleid in Selbstmitleid
- 4. Hitler als Prophet
- III. Psychoanalytische Interpretation
- 1. Die Grundsituation: Unzufriedenheit und Wunschdenken ....
- 2. Die Banalität einer Psychologie des 'Bösen' und ihre Fehlinterpretation als 'Entschuldigungsanalyse'.
- 3. Lustmomente der Selbsterhöhung
- 4. Verdrängung als Selbstschutz
- 5. Die 'psychologische Katastrophe' im Roman
- 6. Rückführung in die 'Normalität' der Gesellschaft
- IV. Das Problem von Schuld und Sühne
- 1. Die Schuldfrage.
- 2. Die gerechte Strafe
- 3. Sünde, Sühne, Absolution
- V. Die Utopie einer 'vernünftigen Allgemeinheit'
- - Hilsenraths allgemeine Gesellschaftskritik -
- 1. Die gesellschaftliche Realität im Nachkriegsdeutschland
- 1.1. Offener Antisemitismus
- 1.2. Philosemitischer Zeitgeist
- 2. Das Verhalten der Alliierten
- 3. Die Gesellschaft im Staat Israel
- 3.1. Frau Schmulevitch
- 3.2. Die Araber
- 3.3. Die zweite Ölbergpredigt
- 3.4. Psychische Spätfolgen der Opfer
- 3.5. Die Antiwiedergutmachungsliga
- VI. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Magisterarbeit analysiert Edgar Hilsenraths Roman "Der Nazi & der Frisör" und untersucht, ob die satirische Darstellung des Holocaust als literarischer Tabubruch anzusehen ist. Die Arbeit beleuchtet die problematische Natur der künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Holocaust und analysiert Hilsenraths literarische Strategien, um die Schrecken des Nationalsozialismus in satirischer Form darzustellen.
- Die literarische Darstellung des Holocaust und die damit verbundenen ethischen Herausforderungen
- Die Verwendung von Satire, Groteske und Karnevaleskem als literarische Mittel zur Verarbeitung des Holocaust
- Die psychoanalytische Interpretation der Figuren und deren Motivationen
- Das Problem von Schuld und Sühne im Kontext des Holocaust
- Hilsenraths Gesellschaftskritik und die Darstellung der Nachkriegsgesellschaft in Deutschland und Israel
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel I: Dieses Kapitel beleuchtet die grundlegende Problematik der literarischen Darstellung des Holocaust und diskutiert die Frage, ob Hilsenraths satirischer Ansatz einen Tabubruch darstellt. Die Arbeit setzt sich mit der Kritik am Umgang mit dem Holocaust in der Kunst auseinander und präsentiert verschiedene Argumente für und gegen eine literarische Aufarbeitung des Themas.
- Kapitel II: Hier wird der Sprachstil der Täter in Hilsenraths Roman analysiert, der sich durch Zynismus, Makabertum, Vulgarität und Lyrik auszeichnet. Außerdem werden groteske Momente in der Darstellung des Entsetzlichen untersucht sowie die 'Tragik des Möders', die sich in einer Verwandlung von Mitleid in Selbstmitleid niederschlägt. Das Kapitel beleuchtet auch Hitlers Rolle im Roman als Prophet.
- Kapitel III: Dieses Kapitel untersucht den Roman aus psychoanalytischer Sicht und betrachtet die Grundsituation der Figuren, die Unzufriedenheit und Wunschdenken erleben. Die Arbeit analysiert die Banalität einer Psychologie des 'Bösen' und setzt sich mit der Fehlinterpretation als 'Entschuldigungsanalyse' auseinander. Außerdem werden Lustmomente der Selbsterhöhung, die Verdrängung als Selbstschutz, die 'psychologische Katastrophe' im Roman und die Rückführung in die 'Normalität' der Gesellschaft behandelt.
- Kapitel IV: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit dem Problem von Schuld und Sühne im Kontext des Holocaust. Die Arbeit untersucht die Schuldfrage, die gerechte Strafe und die Themen Sünde, Sühne und Absolution.
- Kapitel V: Hier analysiert die Arbeit Hilsenraths Gesellschaftskritik und die Darstellung der Nachkriegsgesellschaft in Deutschland und Israel. Die Arbeit betrachtet den offenen Antisemitismus und den philosemitischen Zeitgeist in Deutschland, das Verhalten der Alliierten und die Gesellschaft im Staat Israel mit ihren spezifischen Herausforderungen.
Schlüsselwörter
Holocaust, Tabubruch, Satire, Groteske, Karnevaleske, Psychoanalyse, Schuld, Sühne, Gesellschaftskritik, Nachkriegsdeutschland, Israel, Antisemitismus, Philosemitismus, Edgar Hilsenrath, "Der Nazi & der Frisör"
- Citar trabajo
- Magister Artium Kathrin Kuhn (Autor), 1993, Der Holocaust und seine Folgen in satirischer Darstellung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90906