Legitimationsprobleme im Bereich der Inneren Sicherheit in der Europäischen Union


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Begriff Innere Sicherheit

3. Die TREVI-Kooperation

4. Schengen

5. Vertrag von Maastricht

6. Der Vertrag von Amsterdam

7. Der Vertrag von Nizza

8. Europäische Sicherheitspolitik nach 2001

9. Europol

10. Der Verfassungsentwurf

11. Fazit

12. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Europäische Union hat sich zu einem komplexen System entwickelt, in dem verschiedene Politikbereiche organisiert werden. Im Bereich der Inneren Sicherheit hat die Europäische Union weitreichende Handlungsmechanismen erschlossen. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben sich in verschiedenen Bereichen der Inneren Sicherheit auf umfassende Kooperationsmöglichkeiten verständigt, die bis hin zu einer Angleichung der verschiedenen Rechtssysteme der Nationalstaaten reichen. Die Entwicklung des dritten Pfeilers der Europäischen Union, der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit, zeigt schon bei einer kursorischen Betrachtung, welche Bedeutung der Inneren Sicherheit in der EU beigemessen wird. Die Europäische Union ist mit einem komplexen Vertragswerk und verschiedenen Institutionen ausgestattet, um im Bereich der Inneren Sicherheit handlungsfähig zu sein.

Der Bereich der Inneren Sicherheit ist ein bedeutendes Instrument nationalstaatlicher Politik. Dennoch arbeiten die Nationalstaaten mit Hilfe bilateraler Verträge, beziehungsweise der Europäischen Union, im Bereich der Inneren Sicherheit, zum Teil sehr eng, zusammen.

Da die Zusammenarbeit historisch gewachsen ist, wird die Arbeit sich zunächst mit den beginnenden Integrationsbemühungen Mitte der 70er Jahre beschäftigen, da diese als Grundlage und Basis für weitere Integrationsschritte von immenser Bedeutung waren. Im weiteren Verlauf wird vorwiegend eine chronologische Analyse der einzelnen Stationen der Integration im Politikfeld Innere Sicherheit und ihre demokratische Legitimation folgen. Die Formen der institutionellen Kooperation und deren Legitimationsproblematik sollen am Beispiel von Europol verdeutlicht werden.

Die Diskussion um ein mögliches Legitimationsdefizit wird auf Grundlage eines „europäischen Demos“ geführt. Die Analyse der europäischen und der nationalen Ebene und ihre Partizipationsmöglichkeiten, auf die Entwicklung der Legitimation der Kooperation im Bereich Innere Sicherheit, bilden daher das Zentrum meiner Analyse.[1]

2. Der Begriff Innere Sicherheit

Das Politikfeld der Inneren Sicherheit umfasst einen großen Themenbereich, zum Beispiel Kriminalität und Terrorismus, auf den nicht näher eingegangen werden soll. Vielmehr ist eine kurze Einführung in die Begrifflichkeit und ihre unterschiedlichen Definitionen in den EU Ländern von Nöten, um den Integrationsprozess mit seiner Legitimationsproblematik eruieren zu können. Generell werden Maßnahmen im Bereich der Inneren Sicherheit über den Schutz der Bürgerinnen und Bürger eines Landes legitimiert. In den verschiedenen Staaten werden die verschiedenen Maßnahmen in unterschiedlicher Intensität durchgesetzt. Das liberale Verständnis der Niederlande im Bereich des Drogenkonsums unterscheidet sich deutlich von dem Deutschlands, um nur ein Beispiel zu nennen.

Das Politikfeld Innere Sicherheit kann als besonders souveränitätsgeladen bezeichnet werden. Viele Bereiche, über die staatliche Souveränität garantiert wird, finden sich im Politikfeld der Inneren Sicherheit.[2] Kooperationen, beispielsweise im Rahmen der EU, sind nur schwer auszuhandeln, aufgrund der Befürchtungen eines Souveränitätsverlustes in den Nationalstaaten.

3. Die TREVI-Kooperation

Die Grundlage für eine Zusammenarbeit im Politikfeld der Inneren Sicherheit für die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, bildete die italienische Ratspräsidentschaft im Jahr 1975 mit dem Beschluss der Einrichtung einer Kooperation mit dem Namen TREVI. Der Name – Terrorism, Radicalism, Extremism, Violence International – beschreibt den Aufgabenbereich für das gemeinsame Engagement. Die Kooperation umfasste vorrangig den Informationsaustausch bezüglich terroristischer Aktivitäten, um diesen vereint entgegnen zu können. Jedoch wurden auch Bereiche der Zusammenarbeit definiert, wie zum Beispiel dem Katastrophenschutz.[3]

Zunächst wurden zwei Arbeitsgruppen installiert: TREVI I, die sich mit der Terrorismusbekämpfung auseinander setzte und die Arbeitsgruppe TREVI II, die sich mit dem Informationsaustausch neuster Polizeitechniken befasste. Nach den Ausschreitungen von Fußballfans wurde 1985 der Aufgabenbereich um die Wahrung der öffentlichen Ordnung ausgeweitet. Ebenfalls im Jahr 1985 wurde die Zusammenarbeit um eine weitere Arbeitsgruppe – TREVI III - und auf eine weiteres gemeinsames Kooperationsfeld – die Bekämpfung der internationalen Kriminalität - erweitert. 1989 wurde die Arbeitsgruppe TREVI IV ins Leben gerufen, die sich über diverse Möglichkeiten verständigte, um den Wegfall der Grenzkontrollen zu kompensieren. 1991 wurde die letzte Arbeitsgruppe eingesetzt, die den Aufbau eines europäischen Polizeiamts – Europol – in Angriff nahm. Die Arbeit der TREVI IV und TREVI Europol Arbeitsgruppe werden in den folgenden Kapiteln genauer untersucht.

Das Gerüst der Arbeitsgruppe bestand aus der Präsidentschaft, die wie die Präsidentschaft der EG wechselte, also als Troika arbeitete, und den Vorsitz der Arbeitsgruppe bildete. Die Innen- und Justizminister der Mitgliedstaaten, die sich zwei mal im Jahr trafen, bildeten die funktionale Spitze von TREVI und waren für die Umsetzung der verschiedenen Vereinbarungen zuständig.[4] Als Aufsichtsorgan wurden Hohe Beamte installiert, die zum Beispiel VertreterInnen der Polizeibehörden waren. Das Aufgabenspektrum der Hohen Beamten umfasste auch die Vor- und Nachbereitung der Sitzungen der Innen- und Justizminister.[5]

Schon zu Beginn der Verhandlungen über den Aufbau der Arbeitsgruppe stand fest, dass es sich um einen intergouvernmentalen Vertrag außerhalb des Regelwerks der Europäischen Gemeinschaft handeln soll. Eine mögliche Anbindung und damit verbundene Kontrolle an die Gemeinschaftsorgane der Europäischen Gemeinschaft wurde somit umgangen, obwohl alle Mitgliedstaaten der EG an der Kooperation beteiligt waren. Die Kontrolle der TREVI - Kooperation erfolgte also ausschließlich durch die nationalen Parlamente, die durch unterschiedliche Rechtssysteme unterschiedlich weitreichende Kompetenzen nutzen konnten, um den Kooperationsprozess zu überwachen oder zu beeinflussen. Das Aufgabenspektrum von TREVI wurde zwar erweitert, die Arbeitsgruppen arbeiteten jedoch von Beginn an ohne direkte parlamentarische Kontrolle. Die nationalen Parlamente, denen nur ein indirektes Recht auf Beteiligung an diesem Integrationsprozess eingeräumt wurde, waren bei der TREVI- Zusammenarbeit meist nicht beteiligt. Die Kooperation der Mitgliedstaaten der EG war mit einem erheblichen Demokratiedefizit konfrontiert, welches auch in den folgenden Jahren nicht abgebaut wurde.[6] An der demokratischen Legitimation in dem von nationalen souveränitätsvorbehaltenem Bereich der Inneren Sicherheit muss daher gezweifelt werden. Zwar war die Zusammenarbeit als intergouvernementaler Vertrag konzipiert, da er jedoch für die Mitgliedstaaten der EG konstruiert war und diese alle an der Kooperation beteiligt waren, hätte die demokratische Legitimation und rechtliche Grundlage von TREVI in dem Verhandlungsprozess mehr Aufmerksamkeit verdienen müssen. Das die Ministerinnen und Minister sich als VertreterInnen der Mitgliedstaaten trafen und nicht als die der Europäische Gemeinschaft muss nicht per se das Fehlen einer demokratischen Kontrollinstanz zur Folge haben. Die Souveränitätsvorbehalte, zum Beispiel durch die britische Regierung, verhinderten eine Integration, die durch die Institutionen der EG überwacht und begleitet werden konnte.[7] Eine deutlichere Einbeziehung der nationalen Parlamente in den Integrationsprozess hätte das Demokratiedefizit jedoch zu Teilen ausgleichen können. Der Verhandlungsprozess konnte so zwar einfacher gestaltet und geführt werden, die Substanz der rechtlichen und demokratischen Grundlage von TREVI war jedoch schwach ausgeprägt. Weder die Kommission, noch das Parlament oder der Europäische Gerichtshof waren an der Kooperation beteiligt. Auch wenn die Kooperation nur einen informellen Charakter hat und die Mitgliedstaaten auch in anderen Kooperationen wie Interpol agierten und den Informationsaustausch über derartige Institutionen oder bestehende bilaterale Verträge hätten abwickeln können, wäre die Einrichtung weitreichenderer demokratischer Partizipationsmöglichkeiten für die Entwicklung der TREVI, zumindest für die Parlamente, nötig gewesen.

4. Schengen

Im Juni 1985 folgte der TREVI - Kooperation ein weiterer bedeutender Integrationsschritt im Politikfeld der Inneren Sicherheit in der EG. Mit dem sogenannten Schengener Abkommen wurde ein „Übereinkommen betreffend dem schrittweisen Abbau der Kontrollen der gemeinsamen Grenzen“[8] unterzeichnet. Die Kooperation war, wie die der TREVI, außerhalb der EG angelegt und hatte den Charakter eines multilateralen Vertrages. Jedoch stand nur den Mitgliedstaaten der EG die Möglichkeit zur Verfügung, sich in die Kooperation zu integrieren. Zunächst gehörten Frankreich und Deutschland, von denen die Initiative zu einer Kooperation zum Grenzabbau ausging, Belgien, Niederlande und Luxemburg zu den Vertragsparteien von Schengen I.[9] Ab 1990 kam es zu Integrationsschüben und weitere Staaten der EG traten dem Schengener Übereinkommen bei. Als erster der noch verbleibenden EG Staaten schloss sich Italien im Jahr 1990 dem Übereinkommen an. Nur ein Jahr später integrierten sich Portugal und Spanien. Dann folgten 1992 Griechenland und 1995 Österreich. Da im Jahr 1996 die Staaten Dänemark, Schweden sowie Finnland Schengen I beitraten, entsand eine Kooperation über den eigentlichen Vertrag hinaus. In Nordeuropa wurde 1954 die Nordische Passunion ins Leben gerufen, die den Abbau der Grenzkontrolle zwischen Dänemark, Schweden, Finnland, Norwegen und Island zur Folge hatte. Die Auflösung dieser Passunion wurde mit der Integration der beiden Nicht-Mitgliedstaaten der EG beziehungsweise EU in das Schengener Abkommen verhindert. Dadurch wurden Norwegen und Island ebenfalls Vertragsparteien des Schengener Abkommens.[10]

[...]


[1] Scharpf 1998; S. 3

[2] Vgl. Knelangen 2001, S. 33f, 111f

[3] Vgl. Knelangen 2001, S. 90f

[4] Bis 1985 trafen sich die Innen- und Justizminister einmal im Jahr

[5] Vgl. ebd. S. 91f; Gleaßner/Lorenz 2005 S. 20;

[6] Vgl. Gleaßner/Lorenz 2005 S. 20; Knelangen 2001 S. 90f

[7] Vgl. Knelangen S. 90

[8] Schengener Abkommen, für das Übereinkommen hat sich auch der Begriff Schengen I durchgesetzt;

[9] Vgl. Birzele 1997, S. 90; Gleaßner/Lorenz 2005 S. 22

[10] Vgl. Gleaßner/Lorenz 2005 S. 35

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Legitimationsprobleme im Bereich der Inneren Sicherheit in der Europäischen Union
Hochschule
Philipps-Universität Marburg  (Politikwissenschaften)
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
21
Katalognummer
V90915
ISBN (eBook)
9783638054935
ISBN (Buch)
9783638947213
Dateigröße
461 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Legitimationsprobleme, Bereich, Inneren, Sicherheit, Europäischen, Union
Arbeit zitieren
Alexander Sander (Autor:in), 2007, Legitimationsprobleme im Bereich der Inneren Sicherheit in der Europäischen Union, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90915

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