„Der Apotheker von Chamounix“ oder auch „Der kleine Romanzero“ (Untertitel der ersten Fassung) – was ist von einem
Werk mit diesem Titel zu erwarten? Einem Werk, das, aus so eindeutigem Anlass es auch
entstanden ist, dennoch mehr Kontroversen anführt, als es seinem Verfasser lieb gewesen sein
dürfte. Das eine augenscheinliche Anmaßung oder zumindest unübersehbare Reminiszenz in
seinem Titel birgt. Einem Werk, von dem der Verfasser ungeachtet aller makabren Parallelen
nicht verschweigt, es „während längerer Krankheit im Bette gemacht“ zu haben.
Es stellt sich die Frage, was Gottfried Keller mit diesem 1851 verfassten Gedicht erreichen,
was er mitteilen wollte und was er mit der im Jahr 1882, also wesentlich später,
veröffentlichten überarbeiteten zweiten Fassung tatsächlich bewirkte.
Angeregt durch das Erscheinen von Heines letzter Veröffentlichung zu Lebzeiten,
einer Romanzensammlung mit dem Titel „Romanzero“, begann für Keller eine
Schaffensphase, für die der „Apotheker“ als „Zeugnis der komplizierten Entstehungs- und
Veröffentlichungsgeschichte von Kellers Gedichten“ steht. Es bedarf wohl einer gesonderten
Arbeit, um alle Stufen des Entstehens und Wirkens, einschließlich Kellers eigener
umfassender schriftlicher Korrespondenz zum „Apotheker“, in dieser Hinsicht ausreichend zu
beleuchten. Als ebenso ergiebig erweist sich Kellers im „Apotheker“ zum Ausdruck
gebrachte Haltung der Romantik gegenüber, sodass auch diese Thematik hier nur an den
wichtigsten, unmittelbar mit Heine verbundenen Stellen gestreift werden kann.
Hauptaufgabe der folgenden Ausführungen soll es sein, unmittelbar im literarischen
Text nach Hinweisen zu suchen, die es ermöglichen, Kellers Haltung zum Mensch und
Dichter Heinrich Heine zu entschlüsseln. Im Bewusstsein der Problematik, dass sich auf
menschlicher Ebene die Bekehrung Heines und auf dichterischer sein romantischer Duktus
nicht ignorieren, aber auch nicht bis in die Tiefe verfolgen lassen, ist diese Arbeit gewillt,
einen möglichst vollständigen Überblick zu geben.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Eine Einführung
- 2. „Der kleine Romanzero“ und der große Heinrich Heine
- 2.1 Ein Verhältnis der Zerrissenheit – Keller und Heine
- 2.2 Bekehrung und Verehrung – Der erste Teil der Literatursatire
- 2.3 Weitere Hinweise für Kellers Haltung im „Apotheker von Chamounix“
- 3. Schlussbetrachtungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Einfluss des Dichters Heinrich Heine auf Gottfried Kellers Werk „Der Apotheker von Chamounix“. Sie untersucht die komplexen Beziehungen zwischen den beiden Autoren, insbesondere im Hinblick auf Kellers Auseinandersetzung mit Heines Romantismus und dessen Bekehrung zum christlichen Glauben.
- Kellers ambivalentes Verhältnis zu Heine als literarisches Vorbild
- Die Rolle der Ironie und der Romantik in Kellers Werk
- Kellers kritische Auseinandersetzung mit Heines Bekehrung
- Die literarische Satire in „Der Apotheker von Chamounix“
- Die sprachlichen und inhaltlichen Mittel, die Keller zur Positionierung gegenüber Heine nutzt
Zusammenfassung der Kapitel
1. Eine Einführung
Die Einleitung stellt den „Apotheker von Chamounix“ als ein Werk vor, das durch seine kontroverse Entstehungsgeschichte und den Titel geprägt ist. Sie beleuchtet die komplizierten Beziehungen zwischen Kellers Werk und Heines Romanzensammlung „Romanzero“ und skizziert die Ziele und Schwerpunkte der Arbeit.
2. „Der kleine Romanzero“ und der große Heinrich Heine
2.1 Ein Verhältnis der Zerrissenheit – Keller und Heine
Dieser Abschnitt analysiert Kellers ambivalentes Verhältnis zu Heine, das von Bewunderung und Skepsis geprägt ist. Keller empfindet eine Faszination für Heines Romantik und Ironie, aber gleichzeitig hegt er auch Misstrauen gegenüber der Übermacht des Gefühls.
2.2 Bekehrung und Verehrung – Der erste Teil der Literatursatire
Im Fokus dieses Kapitels steht die Auseinandersetzung mit Heines Bekehrung. Keller betrachtet diese als inszeniertes Ereignis und kritisiert sie durch eine satirische Beschreibung des „Romanzero“ als „unechte“ Inszenierung.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf zentrale Themen wie Kellers Haltung zu Heine, die Ambivalenz von Bewunderung und Skepsis, die Rolle der Ironie und Romantik in Kellers Werk, die Kritik an Heines Bekehrung, sowie die Analyse der Literatursatire im „Apotheker von Chamounix“.
- Quote paper
- Franziska Rosenmüller (Author), 2006, „Der kleine Romanzero“ und der große Heinrich Heine, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90928