Die Camorra und der Giftmüll bei Neapel

Auswirkungen der Korruption der Camorra bei der illegalen Müllentsorgung


Hausarbeit, 2018

25 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Müllentsorgung napoletano
2.1 Der vorliegende Fall
2.2 Vorgehensweise bei der illegalen Müllentsorgung
2.3 Bestechung

3. Korruption
3.1 Definitionen
3.2 Konzepte, Arten und Verbindungen

4. Konzepte der Korruption und die Müllentsorgung napoletano

5. Erklarungsversuch und Fazit

Literaturverzeichnis II

1. Einleitung

Diese Hausarbeit befasst sich mit den Auswirkungen der Korruption auf die Millentsorgung, im Speziellen die des illegalen Giftmills, im GroBraum Neapel. Hierzu wird zunachst die Situ­ation dargestellt und anhand von Beispielen verdeutlicht. In einem zweiten Schritt soll sodann gezeigt werden, welche Rolle die Korruption hierbei spielt und welche Auswirkungen sie haben kann.

Als Grundlage des Fallbeispiels dient das 2006 erschienene Buch „Gomorrha - Reise in das Reich der Camorra “ (Saviano et al. 2009) von Roberto Saviano, welches sich als Mischung aus Reportage und Dokumentation darstellt. Überhaupt spielt die von Saviano dargestellte Camorra als „erpresserische Geheimorganisation in Neapel“ (duden.de 2018) eine tragende Rolle in den Betrachtungen, ist sie doch die kriminelle Struktur, welche die, zumeist illegale1, Millentsor- gung organisiert und somit im Zentrum der Beobachtungen verortet wird.2 Erganzt werden Savianos Beobachtungen und Beschreibungen durch themenbezogene Zeitungsartikel, Gesund- heitsstatistiken und offizielle Berichte, sodann diese öffentlich zuganglich sind. Ziel dieser Vor- gehensweise ist es, einen umfassenden Überblick iber die Situation zu erlangen, Vorgehens- und Wirkungsweisen zu erkennen und schlussendlich zu verstehen, wie die illegale Millent- sorgung zu einer Umweltkatastrophe gefihrt hat, deren Auswirkungen das Umland von Neapel und Teile von Kampanien verseucht haben.

In einem zweiten Schritt soll die Rolle der Korruption in der Praktik der illegalen Millentsor- gung durch die Camorra untersucht werden. Hierfir werden die Ausfihrungen von Rothstein und Varraich herangezogen. In der 2017 erschienen Monographie „Making Sense of Corrup- tion“ (Rothstein und Varraich 2017) bieten die beiden Autoren einen umfassenden Überblick iber die verschiedenen Konzepte in den Korruption auftritt, deren Wirkungsweisen und mög- licher GegenmaBnahmen an. Ziel der Untersuchung soll sein, das Vorgehen der Camorra bei der illegalen Millentsorgung vor einem sozialwissenschaftlichen Hintergrund zu beleuchten, um so festzustellen welche theoretischen Überlegungen den Handlungen der Camorra zugrunde liegen und welche Auswirkungen diese haben. Wahrend dieses Prozesses soll zudem gezeigt werden, wo die Ansatzpunkte, der durch die Camorra betriebenen Korruption liegen. Bevor dieser Untersuchungsschritt gegangen werden kann, muss zunachst untersucht werden, wie eine allgemeingiltige Definition von Korruption aussehen könnte, da diese durchaus mannigfaltig auftreten. Auch hier wird auf eben jene Autoren zurückgegriffen und durch andere Ausarbei- tungen erganzt. Die von Rothstein und Varraich aufgezeigten Konzepte in denen Korruption auftritt, beinhalten zwar einen gemeinsamen Kern, jedoch unterscheiden sie sich teilweise stark, obwohl sie in mancher linsicht aufeinander aufbauen oder ineinander aufgehen.

Nach der Operationalisierung der Thesen von Rothstein und Varraich für den vorliegenden Fall, werden im abschliefienden Fazit, neben der Rekonstruktion des Erarbeiteten, zudem weitere, die Korruption begünstigende Faktoren aufgezeigt, um sich schlussendlich ein umfassendes Bild über die Situation in Kampanien und seiner lauptstadt machen zu können und so zu ver- stehen, warum gerade hier die Korruption so stark vertreten ist.

2. Müllentsorgung napoletano

Wie in der Einleitung kurz beschrieben, stellt die Müllentsorgung, besonders die des Giftmülls, ein Problem in der Region um Neapel3 dar. Die Umweltkrisen, die hier Folge der meist illegalen Müllentsorgung durch die Camorra sind, wurden durch das onkologische Fachmagazin The Lancet Oncology naher untersucht - beziehungsweise deren Auswirkungen auf die Anwohner. So sind sich die Autoren sicher, dass es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Belas- tung des Bodens, der Luft und des Wassers, durch die unsachgemafie Entsorgung des Giftmülls und einer deutlich erhöhten Rate an letalen Krebserkrankungen gibt. Sie nannten die Region um Neapel ein „ Triangle of death “ (vgl. Senior und Mazza 2004).

Ein Dreieck des Todes als Ergebnis der illegalen Müllentsorgung durch die Camorra, sieht auch Saviano auf das im weiteren Verlauf eingegangen werden soll. Zunachst gilt es jedoch zu kla­ren, worin der Unterschied einer legalen und einer illegalen Entsorgung besteht. Die legale Entsorgung von Müll jeder Art regelt in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) das Bundes- ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV). In der Verordnung über Deponien und Langzeitlager (DepV) sind samtliche Prozesse, Arbeitsschritte und die geologische Be- schaffenheit geregelt. Auf 64 Seiten werden unter anderem Orte, Personal, Abdichtung, land- habung, Stilllegung und Nachsorge geregelt (vgl. BMJV 2009). Geologische Barrieren und Ab- dichtung, also der Schutz der umliegenden Gebiete vor etwaigen unkontrollierten Austritten von Giftstoffen, ist der erste und oberste Punkt der Verordnung und kann hier als grundsatzliche Voraussetzung verstanden werden und wird durch staatliche Stellen kontrolliert - die Bürger und die Umwelt sind unbedingt vor dem Gift- oder Sondermüll und dessen giftigen Bestandtei­len zu schützen; nichts darf den Kreislauf der Müllentsorgung verlassen und unkontrolliert oder unbemerkt entweichen. Und genau das geschieht bei der illegalen Müllentsorgung nicht. Es gibt keine Kontrollen - keine Kontrolle der Lagerstatte, keine Kontrolle der Lagerbehalter, keine Kontrolle der Abdichtung. Illegale Müllentsorgung verlauft, neben weiteren Praktiken, die im weiteren Verlauf noch beschrieben werden, immer nach dem gleichen, einfachen Muster; Loch auf, Müll rein, [manchmal] Loch zu - fertig.

Der spezielle Fall der illegalen Müllentsorgung, der hier analysiert werden soll, behandelt die illegale Müllentsorgung durch die Camorra, deren Familien sich auf die Entsorgung des Gift- mülls ganz Italien spezialisiert haben, damit unglaubliche Gewinne erzielen und gleichsam ihr eigenes Umfeld verseuchen.

2.1 Der vorliegende Fall

Saviano beschreibt in seinem Buch im letzten Kapitel Feuerland, die Vorgehensweise der Ca­morra bei der illegalen Müllentsorgung, deren Auswirkungen und die Praktiken. Die grundsatz- liche Annahme, dass in der Region rund um Neapel illegal Giftmüll entsorgt wird, veranschau- licht er mit der These, dass der Süden Italiens die Endstation samtlichen Giftmülls sei. Der Berg an illegalem Giftmüll würde, ausgebreitet auf einer Flache von drei Hektar, den Mount Everest, bekanntlich der höchste Berg der Erde, um fast sechstausend Meter überragen (vgl. Saviano et al. 2009, S. 341f). Saviano führt weiter aus, dass das Geschaft mit dem Giftmüll jahrlich circa elf Milliarden Euro in die Kassen der Camorra spüle.4 Die illegale Entsorgung des Giftmülls wurde durch Carmine Schiavone, führende Persönlichkeit im Casalesi -Clan und Kronzeuge der Justiz im Spartacus-Prozess (vgl. Ulrich 2010), bestatigt. In einem 2013 veröffentlichten 16 Jahren altem Protokoll, sagte Schiavone aus, dass die Camorra Millionen Tonnen toxischen Mülls illegal entsorgt hatte und dies auch weiter tun würden (vgl. Armellini 2013).

Das Portfolio des illegal entsorgten Mülls durch die Camorra ist grofi. Neben der Entsorgung von vermeintlich, sodann richtig verarbeitet, ungefahrlichem Hausmüll, entsorgt die Camorra auch deutlich gefahrlichere Stoffe und Abfallprodukte aus industriellen Fertigungen, wie zum Beispiel alte Geldscheine der italienischen Nationalbank, radioaktive Abfalle aus der BRD, Gebeine von Exhumierten oder Industriebabfalle (vgl. Saviano et al. 2009, S. 344ff; vgl. Krei- ner 2013). Der illegal entsorgte Giftmüll verbindet sich mit dem Grundwasser, der Luft und dem Boden und verseucht das ganze Umland von Neapel und dessen Bewohner, wie Eingangs bereits verdeutlicht wurde.

2.2 Vorgehensweise bei der illegalen Müllentsorgung

Die Notwendigkeit der illegalen Millentsorgung im Allgemeinen, erkennt Saviano besonders bei der GroBindustrie, ohne jedoch das Bedürfnis kleinerer Unternehmen zu vernachlassigen. Als Ausgangspunkt einer illegalen Millentsorgung sieht Saviano ökonomische Interessen, also eine möglichst ginstige Möglichkeit die Neben- oder Abfallprodukte der Produktion zu entsor- gen (vgl. Saviano et al. 2009, S. 348). So sichern sich Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil in umkampften Markten und können ihre Produkte ginstig platzieren. Saviano belegt seine Aussagen mit Daten aus der Operation Houdini aus denen sich ergibt, dass die Camorra die Entsorgung von giftigen Abfallen teilweise schon fir ein Finftel des Preises der legalen Ent- sorgung leisten könne (vgl. Saviano et al. 2009, S. 351). Es besteht also ein grundlegendes Bedirfnis nach Millentsorgung, welches von einem die Millentsorgung anbietendem Unter- nehmen, hier die Camorra, aufgegriffen und befriedigt wird.5

Die Ablaufe, die Saviano beschreibt, sind unterschiedlicher Natur. Was jedoch allen gemein ist, ist die grundlegende Struktur. Es zeigt sich ein zweistufiges Modell mit einer Zwischen- ebene. Auf der untersten Ebene stehen die Erzeuger des Giftmills, also Unternehmen, die ihre Nebenprodukte entsorgen missen.6 Auf der zweiten Stufe stehen die Entsorger, die entweder Betreiber einer legalen Milldeponie sein können oder den Mill illegal entsorgen, zum Beispiel in alten Kiesgruben, Kompostierungsfirmen oder durch Privatpersonen, die Flachen zur Verfi- gung haben (vgl. Saviano et al. 2009, S. 348). Zwischen diesen beiden Ebenen stehen die Trans­portfirmen, die den Mill vom Erzeuger zum Entsorger befördern. An dieser Stelle befindet sich der Ansatzpunkt der Camorra. Der Erzeuger kauft die Leistung der Camorra ein, welche sowohl den Transport, als auch den Entsorger organisiert. Zum Ankauf dieser Leistung durch den Er- zeuger ist, um einer direkten Verbindung zur Camorra aus dem Weg zu gehen, ein von Saviano so genannter Stakeholder nötig. Jener Stakeholder sei nicht, oder nur selten, Mitglied eines Clans und sei ebenfalls nicht in die weiteren Geschafte der Camorra eingebunden, er vermittele lediglich die Leistung der Entsorgung (vgl. Saviano et al. 2009, S. 349ff).

Als Beispiel für den tatsachlichen lergang der illegalen Entsorgung von Giftmüll, bietet Savi- ano mehrere Vorgange an. Eine gangige Methode sei die Vermischung verschiedener Arten von Müll. So würden die Betreiber von Müllsammelstellen, die unterschiedlichen Müllarten so lange mit wechselnden Papieren ausstatten, bis niemand mehr nachvollziehen könne, woher der Müll eigentlich stamme und was genau der Inhalt sei. In einem zweiten Schritt wird der Gift- müll dann mit anderem, weniger schadlichem Müll vermischt, um so Grenzwerte nicht zu über- schreiten und den Gesamtmüll normal entsorgen zu können, immer vorausgesetzt, dass es keine Kontrollen gibt. Auch sei es durchaus gangige Praxis, dass Chemiker, die den Müll auf seine Toxizitat untersuchten, den Giftmüll umdeklarieren würden und so eine einfachere Entsorgung möglich machten (vgl. Saviano et al. 2009, S. 348). Ist der Giftmüll erst einmal herunterge- mischt oder falsch deklariert, transportieren die Unternehmen der Camorra die Giftmüllladun- gen zum Entsorger. lier werden sie, je nach Art der Entsorgung, weiterverarbeitet. Werden die Ladungen in einer normalen Mülldeponie entsorgt, was durch Umdeklarierung möglich wurde, dann endet der Prozess der Müllentsorgung (vgl. ebd.). Wird der Müll zu einer Kompostie- rungsfirma transportiert, finden weitere Arbeitsschritte statt, und, wie Saviano am Beispiel ei- ner Entsorgung auf Weizenfeldern zeigt, führen zu grofien Umweltschaden. Ist weder eine Mülldeponie noch eine Kompostierungsfirma verfügbar, etwa durch Überfüllung, Überlastung oder sonstiges, wird der Müll in ein beliebiges Erdloch oder einen Acker gefüllt und verschüttet. Jeder, der ein Stück Land besitzt, könne zum Müllentsorger werden (vgl. ebd). Ist auch das nicht möglich, dann gehört es ebenfalls zum Repertoire der Camorra, den Müll irgendwo abzu- laden um ihn dann anzuzünden. Überhaupt ist das in Brand setzen ein übliches Mittel im Rah- men der Müllentsorgung durch die Camorra, auch bei Überfüllung einzelner Entsorgungsbe- triebe oder Müllentladestellen (vgl. Saviano et al. 2009, S. 359). Die Camorra kann jede Art von Müll kostengünstig, immer und überall entsorgen.

2.3 Bestechung

Alle Vorgange rund um die illegale Entsorgung von Giftmüll durch die Camorra lassen eine Überlegung folgen, welche durch Savianos Beschreibungen und die Aussagen einiger Clanmit- glieder gestützt wird. Dem Anschein nach beziehen alle Vorgange ihre Wirkkraft vor allem aus zwei landlungen - Gewalt und Korruption. Beide landlungen können als Vehikel zum Macht- erhalt oder einem Machtausbau angesehen werden. Wahrend Gewalt die Verletzlichkeit des menschlichen Körpers in den Fokus rückt und somit das menschliche Grundbedürfnis7 nach Sicherheit in Abhangigkeit zu einer bestimmten, der Camorra zugewandten Handlung setzt, beinhaltet die Korruption meist extrinsische, materielle oder monetare Anreize. Eine grundle- gende Voraussetzung für Korruption ist weiterhin, dass zunachst ein Angebot bestehen muss, was heifit, dass eine, meist illegale Handlung durch eine Person durchzuführen ist, die diese als illegal erkennt. Ansonsten bestünde kein Handlungsbedarf von Seiten der Camorra.8 Ist dieses Angebot vorhanden, kann die Korruption - der Einfachheit halber soll in diesem Arbeitsschritt von Bestechung gesprochen werden - ihre Wirkung entfalten. Neben dem subjektiven Erken­nen der Handlung als illegal, muss zudem die Bereitschaft bestehen eine illegale Handlung gegen Bestechung durchzuführen. Hierfür muss der Empfanger der Bestechung allerdings eine bestimmte Position oder Stelle innehaben. Jene Position ermöglicht es dem Empfanger der Be- stechung, die illegale Handlung entweder als legal zu rechtfertigen, sie dem aufieren Anschein nach legal erscheinen zu lassen oder schlichtweg ihre Illegalitat zu ignorieren.

Saviano bietet für dieses Konstrukt eine Vielzahl an Beispielen an. Am konkreten Fall der Ent- sorgung des Giftmülls, kann man die beschriebenen Sachverhalte ablesen. Alles beginnt mit dem Erzeuger, der seine Nebenprodukte entsorgen muss. Dieser wendet sich, sodann sein Be- trieb nicht direkt mit der Camorra verbunden ist, an den Stakeholder (vgl. Saviano et al. 2009, S. 349ff). Der Stakeholder kann hierbei als Dienstleister verstanden werden, der dem Erzeuger seine Dienste verkauft und der ihn aus den weiteren Prozessen entbindet. Der Stakeholder wen- det sich nun an ein Transportunternehmen, welches den Giftmüll beim Erzeuger abholt und entweder direkt entsorgt, abhangig davon um welche Art von Müll es sich handelt oder ihn zu einer Sammelstelle transportiert (vgl. Saviano et al. 2009, S. 350f). Bereits an dieser Stelle kann es zur Notwendigkeit einer Bestechung kommen, beispielsweise wenn der Transportunterneh- mer eigentlich diese Art des Mülls nicht transportieren dürfte oder der Fahrer des Transportun- ternehmens sich schlicht weigert den Müll zu transportieren.9 Ist der Müll nicht für eine Sam- melstelle vorgesehen oder kann dort nicht verarbeitet werden, muss ein Abnehmer für den Gift- müll gefunden werden. Hier besteht der erste de facto Ansatzpunkt für Bestechung. Wahrend der Transport noch unkritisch sein kann, muss die Deponierung auf irgendeine Art erfolgen. Entweder der Müll wird auf einer legalen Mülldeponie illegal entsorgt und setzt somit voraus, dass der Betreiber der Deponie entweder zur Camorra gehört oder durch sie bestochen werden muss, um der illegalen Müllentsorgung zuzustimmen oder es ist keine legale Mülldeponie ver- fügbar und es muss entweder eine Privatperson gefunden werden die den Müll auf ihrem Boden aufnimmt, die wiederrum dafür entschadigt werden muss oder der Müll muss irgendwo sonst entsorgt werden, was jedoch eine weitere Bestechung des, sodann nicht zur Camorra gehörigen, Transportunternehmens nach sich zieht. Sollte der Giftmüll nicht direkt auf eine Deponie trans- portiert werden können, besteht die Möglichkeit der Vermischung des Giftmülls mit normalen Müll oder Kompost (vgl. Saviano et al. 2009, S. 348). Bei dieser Vorgehensweise wird der Müll zu einer Sammelstelle transportiert und dort entweder vermischt oder umdeklariert. Für beide Vorgange ist eine Bestechung nötig. Zunachst müssen, wie bereits beschrieben, die Dokumente, die Auskunft über lerkunft und Art des Giftmülles geben, geandert werden. Wie bereits er- wahnt, spricht Saviano den Chemikern, die in Sammelstellen oder Kompostierungsanlagen ar- beiten, eine tragende Rolle zu. Durch Bestechung seien sie dazu bereit, veranderte Dokumente auszustellen, die dem Müll eine geringere Toxizitat bescheinigten (vgl. Saviano et al. 2009, S. 348). Ist der Giftmüll heruntergestuft, wird er dann normal weiterverarbeitet, beispielsweise zu Dünger, wie bereits erwahnt wurde.

Der gesamte Prozess der Giftmüllentsorgung, fufit auf dem Prozess der Korruption. Samtliche Schnittstellen innerhalb des Prozesses bieten Ansatzpunkte einer korrupten landlung. Doch Korruption nimmt nicht immer den gleichen Weg, mal zeigt sie sich zwischen der Camorra und einer Person in einem Unternehmen, mal zwischen der Camorra und dem Staatsapparat - doch handelt es sich hierbei immer um die gleiche Form der Korruption? Zu diesem Zeitpunkt kann attestiert werden, dass es sich bei Korruption immer um eine landlung handelt, die die gesetz- lich bestehende Struktur aushebelt und zwar zum Vorteil einer Person oder Gruppe, die eine bestimmte Stelle innehat, und der Camorra - und dies geschieht auf Kosten der Allgemeinheit, die eben nicht Zugang zu diesen Entscheidungsbereichen hat.

3. Korruption

Aus dem Fallbeispiel ist zu erkennen, dass der gesamte Bereich der illegalen Müllentsorgung auf Korruption aufbaut. Ohne Korruption könnte die Camorra nicht in diesen Bereich vordrin- gen, da sie sich an die gesetzlichen Vorschriften halten und mit legalen Bewerbern in Konkur- renz setzen müsste. Dies würde wiederum die ökonomischen Interessen der Camorra nicht be- friedigen, da eine legale Müllentsorgung deutlich teurer als eine illegale ist. Wie bereits ansatz- weise gezeigt, ist die Korruption das Mittel der Gewinnmaximierung. Jene Gewinnmaximie- rung erfolgt auf Kosten der Allgemeinheit, die ein Interesse daran hat, dass die Korruption ein- gedammt wird. Ausgangspunkt dieser Eindammung muss somit das Organ sein, dass die All- gemeinheit vertritt - der Staat. Jener Staat ist allerdings der exakte Ansatzpunkt für Korruption. Die von der Allgemeinheit an den Staat übertragene Macht, Interessen der Allgemeinheit durch bestimmte Personen zu vertreten, macht es überhaupt erst möglich, einen korrupten Akt zu vollziehen, denn eine Einzelperson ist leichter zu einer korrupten Handlung zu bewegen, als eine grofie Gruppe an Personen, sodann die Handlung zu ihrem Nachteil ist. Neben dem An- satzpunkt Staat besteht weiterhin die Möglichkeit Einzelpersonen in Unternehmen, die eine be- stimmte Position innehaben, von einer korrupten Handlung zu überzeugen, was dem Grunde nach jedoch die gleiche Handlung ist, nur das hier nicht die Interessen der Allgemeinheit, son- dern die des jeweiligen Unternehmens betroffen sind. Die Art und Weise, wie der Inhaber der Position zu einer korrupten Handlung bewegt wird, ist hierbei vielfaltig. In ihrer 2017 veröf- fentlichten Monographie „Making sense of corupption“ haben Rothstein und Varraich drei grundlegende Konzepte der Korruption erarbeitet, welche im weiteren Verlauf dargestellt wer­den, um so zu erkennen, um welches Konzept der Korruption es sich bei der illegalen Müllent- sorgung handelt und wo dessen Ansatzpunkte liegen. Dies soll der Überlegung dienen, wie Korruption im vorliegenden Fall aus sozialwissenschaftliche Perspektive eingeordnet werden kann. Bevor man jedoch die Einordnung vornehmen kann, benötigt man zunachst eine Arbeits- definition des Korruptionsbegriffes, da diese keinesfalls eindeutig ist.

3.1 Definitionen

„Korruption ist der Missbrauch anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil“ (Trans­parency International 2018) ist die Antwort von Transparency International auf die Frage, was Korruption sei. Diese Definition verbindet sich mit den Überlegungen im vorangegangenen Punkt. Um korrupt zu handeln, benötigt der Korrumpierte Macht, die ihm durch Dritte anver- traut wurde. Auch der verwendete Missbrauchsbegriff, der an dieser Stelle noch nicht mit Ille- galitat verbunden wird, sondern lediglich signalisiert, dass etwas wider seinem eigentlichen Zweck entfremdet wird, findet sich in der Definition wieder.

Ulrich von Alemann definiert Korruption als ein Austauschmodell, das sieben Komponenten umfasst. Der Korrumpierende (1) benötigt ein knappes Gut (2), welches der Korrumpierte (3) vergeben kann. Hierfür erhalt der Korrumpierte einen Gegenwert (4), der über seine normale Bezahlung hinausreicht, verstöfit somit gegen öffentlich akzeptierte Normen (5) und schadet damit Dritten (6), was wiederum dazu führe, dass Korruption im Verborgenen (7) stattfinde (vgl. Alemann 2003 in Alemann 2007).

Diese Definitionen, so pragnant sie auch sein mögen, reichen an dieser Stelle nicht mehr aus. Rothstein und Varraich zeigen, dass Korruption, aus einer philosophischen Sicht, besser als Kategorie für eine bestimmte Art von landlung angesehen werden sollte. Diese Kategorie, in der sich die im weiteren Verlauf darzustellenden Figurationen der Korruption einordnen liefien, hatten einen gemeinsamen Kern, namlich Bevorzugung (vgl. Rothstein und Varraich 2017, S. 55ff). Durch die feingliedrige Analyse verschiedener Definitionsansatze zeigen die Autoren, dass bestehende Definitionen dem grundlegenden Konzept der Korruption als Gegenteil von Gerechtigkeit nicht gerecht würden, beziehungsweise wird dieser Ansatz durch die Autoren herausgearbeitet (vgl. Rothstein und Varraich 2017, S. 46ff). Die Überlegungen, dass es einen universalistischen Kern der Korruption gibt, erklaren Rothstein und Varraich durch den „Public Goods Approach“. So zeigen die Autoren, dass alle Gesellschaften ein Mindestmafi an öffent- lichen Interessen hatten, dass deren Verwalter, sodann sie ihre verwalterische Macht für private Zwecke nutzen, generell als korrupt angesehen würde. Rothstein und Varraich beschreiben dies als „ private gain at public expanses” (Rothstein und Varraich 2017, S. 50). lierbei variiere das Verstandnis dessen, was öffentliche Interessen und Güter seien stark, je nach Kultur und Ge­sellschaft (vgl. Rothstein und Varraich 2017, S. 52ff). Die zusatzliche Bezahlung eines Arztes zum eigentlichen lonorar kann also in einem Land als selbstverstandlich angesehen und nicht korrupt konnotiert sein, wahrend sie in einem anderen Land vollkommen abwegig erscheint und juristische und soziale Sanktionen nach sich ziehen würde.

Die Bevorzugung oder Ungerechtigkeit, die Rothstein und Varraich als Kern der Figurationen der Korruption ausmachen, stellt sich als Gegenteil der Gerechtigkeit dar, welche durch die korrumpierte Person herzustellen sei. lierbei spielt der Ungerechtigkeitsbegriff eine wesentli- che Rolle und seine lerleitung ist keineswegs trivial. Jene Ungerechtigkeit definieren Rothstein und Varraich eng an den Ausführungen von Ibn Khaldun, einem tunesischen listoriker, der bereits 1377 in seinem Werk Muqqadimah, das sich unter anderem mit Gerechtigkeit im isla- mischen politischen System auseinandersetzt, anhand von drei Beispielen. Ungerechtfertigte Steuern, also Steuern, die zusatzlich zu bereits gezahlten Steuern für eine, in den bereits gezahl- ten Steuern enthaltene Leistung verlangt werden, zahlen ebenso zur Ungerechtigkeit, wie das Vorenthalten von Rechten. Der dritte Punkt betrachtet den moralischen Verfall, den jene Un- gerechtigkeit auslöst. So beschreiben die Autoren, dass der moralische Verfall, der von Gier und der Wahrnehmung dessen, was Andere in diesen Situationen tuen, sich wie ein Krebsge- schwür von der Spitze hinunter durchfrisst und so die gesamte Gesellschaft in den Ruin treibe (vgl. Rothstein und Varraich 2017, S. 55ff).10

Man kann bereits an dieser kleinen und keinesfalls vollstandigen Sammlung an Definitionen von Korruption aus unterschiedlichen Perspektiven erkennen, dass sich nur sehr schwer eine allgemeingültige Definition finden lasst. Wahrend enge Definitionen dem Problem nicht ge­recht werden und zu viele Arten und Formen der Korruption nicht erfassen, sind weitlaufige Definitionen anfallig für ein Unscharfeproblem. Die Definition von Rothstein und Varraich, die sich an Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit orientiert, biete jedoch einen Ansatz, der sich in der vorliegenden Betrachtung als sinnvoll zeigen sollte, da sie mit den unterschiedlichen Arten und Konzepte der Korruption korrespondiert.

3.2 Konzepte, Arten und Verbindungen

Rothstein und Varraich bieten dreieinhalb Konzepte von Korruption in politischen System an - dreieinhalb daher, da der Klientelismus immer wieder eine Rolle spielt, aber nicht gesondert als Konzept dargestellt wird. Patronage, Patrimonialismus und State Capture sind die Kon- zepte, die von den Autoren ausführlich behandelt werden. Hierbei erkennt man unterschiedliche Ansatzpunkte, die Input- oder Outputseite des politischen Systems fokussieren. Wie im weite- ren Verlauf zu erkennen sein wird, können alle drei Konzepte auf den vorliegenden Fall ange- wendet werden. Hierbei gilt es stets zu beachten, dass die Autoren ihren Fokus eher auf politi- sche Prozesse richten und eine gewisses Abstraktion für die Operationalisierung von Nöten ist. Das Besondere an den Konzepten, die keinesfalls durch Rothstein und Varraich neu erfunden wurden, ist, dass sie alle Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit als ihren Kern erkennen lassen. Die Konzepte sind eng miteinander verwoben, bestehen teilweise als Teil des anderen und schliefien sich keineswegs gegenseitig aus.

Patronage, die in den Darstellungen von Rothstein und Varraich als Mittel von politischen Par- teien oder Politikern zur Erzielung eines Wahlerfolges, als Stabilisierungs- und Ressourcen- werkzeug dargestellt wird, ist das erste der drei Hauptkonzepte. Bei Patronage handelt es sich um eine Zweierbeziehung zwischen Patron und Klient. Das Handelsgut dieser Zweierbeziehung ist das politische Amt, welches vom Patron an den Klienten im Austausch für Wahlunterstüt- zung vergeben wird.11 Die Verbindung zur Korruption sehen die Autoren dann gegeben, wenn die Patronage auf privaten Anreizen wie beispielsweise Bestechungsgeldern aufgebaut ist. Au- fierdem sei Patronage ein wirksames Instrument um die Kontrolle von Politikern durch die Be- setzung von bestimmten Amtern durch loyale Bürokraten, zu unterbinden oder zu reduzieren (vgl. Rothstein und Varraich 2017, S. 80ff). Zudem würden sich Korruption und Patronage oft überlappen oder Patronage würde zu Korruption führen. Dies geschehe immer dann, wenn die Öffentlichkeit ausgeschlossen würde und sich die Gründe für die Patronage in den Bereich des private gain verlagern (vgl. Rothstein und Varraich 2017, S. 85f). Die Abstraktion, die hier für den vorliegenden Fall stattfinden muss, ist die des Begriffes des Patrons. In den Ausführungen von Rothstein und Varraich, wird dieser als Politiker oder Partei verstanden, im vorliegenden Fall steht der Patron jedoch aufierhalb des politischen Systems, kann aber dennoch die vom Klienten benötigte Unterstützung ermöglichen. Hierfür erhalt der Patron in Person des Klienten, Kontrolle über staatliche Institutionen. Es besteht also weiterhin das Handelsgut des politischen Amtes, jedoch hat sich einer der Akteure verandert.

Patrimonialismus ist der von Max Weber gepragte Begriff, der einen Untertypus seines tradi- tionalen Herrschaftskonzeptes darstellt und im Gegensatz zur rational-legalen Herrschaft, der Bürokratie steht (vgl. Rothstein und Varraich 2017 S. 89f; vgl. Anter 2005, S. 128). Der Patri- monialismus, der sich als administratives Staatssystem, welches einem Alleinherrscher unter- steht und sich in wesentlichen Punkten von der in Italien und damit auch in Neapel und Kam- panien, zumindest aufierlich bestehenden Bürokratie abgrenzen lasst, teilt Ansatzpunkte mit der Patronage oder baut gar auf ihr auf. Als landelsgut zwischen den Akteuren, Beamten oder Politiker in Amtern und strategischen Partnern aufierhalb des politischen Systems, dienen hier Arbeitsplatze, Vertrage oder rechtliche Immunitat (vgl. Rothstein und Varraich 2017, S. 90). Da Webers Patrimonialismus einen Idealtypus darstellt und in der Realitat nicht zu finden ist, muss der Fokus auf Mischformen gelegt werden. Rothstein und Varraich diskutieren hierzu eine Skala zur Einstufung des jeweiligen Systems, an deren einem Ende Webers Idealtypus des Patrimonialismus und am anderen der Neo-Patrimonialismus, der sich als Patrimonialismus in einem bürokratischen System zeigt und sich besonders in ehemaligen Kolonien abbildet, da hier das bürokratische System nicht gewachsen, sondern wie eine Art Furnier von aufien auf- gesetzt wurde, steht (vgl. Rothstein und Varraich 2017, S. 91f). Der Ansatzpunkt der Korrup- tion in diesem Konzept ist trivial - Wissenschaftler beschreiben das komplette System als kor- rupt oder verwenden es als Synonym für Korruption, da samtliche Entscheidungen aufgrund von persönlichen Praferenzen der Entscheider getroffen werden (vgl. ebd.). Ein verstandlicher Schritt, besonders vor dem Hintergrund der Definition des Korruptionsbegriffes anhand des Gerechtigkeits-/Ungerechtigkeits-Schemas.

Das Konzept, dem hier eine besondere Aufmerksamkeit zukommen soll, ist State Capture. State Capture gilt von den beschriebenen Konzepten als das jüngste und weist eine starke Verbin- dungen zur Korruption auf. Rothstein und Varraich definieren State Capture, unter Rückgriff auf Hellmann12, als „ [...] shaping the formation of the basic rules of the game [...] through illicit and non-transparent private payments to public officials” (Rothstein und Varraich 2017, S. 94). Hierbei wird der Staat, anders als bei den vorangegangenen Konzepten, nicht auf der Outputseite, also der Ausübung seiner Staatsgewalt, sondern auf der Inputseite, also der Gestal- tung der Staatsgewalt, beeinflusst. Hierfür werden illegale Zahlungen an Politiker oder Amts- inhaber geleistet, die dann den entscheidenden Einfluss auf die Ausgestaltung bestimmter Re- gelungen und Gesetze nehmen, was immer zu Lasten der Allgemeinheit und zu Gunsten des Einflussnehmenden geschieht (vgl. Rothstein und Varraich 2017, S. 94f). Für die Fallanalyse soll dieser Form des State Capture noch eine weitere Überlegung hinzugefügt werden, namlich die komplette Übernahme staatlicher Funktionen durch Dritte, also das Entstehen eines Re­gimes, das komplette, eigentlich staatlich organisierte, Bereiche übernimmt - in diesem Fall die Camorra und die Müllentsorgung.

Patronage, Patrimonialismus und State Capture sind die drei Kernkonzepte, die im folgenden Kapitel auf den Fall der illegalen Müllentsorgung durch die Camorra angewendet werden sol­len. Alle drei Konzepte haben verschiedene Ansatzpunkte und Wirkungsweisen, ihr gemeinsa- mer Kern, die Korruption, hat jedoch immer zum Ziel Kontrolle über staatliche Akteure oder Institutionen zu erlangen. In dieser Lesart bauen die Konzepte teilweise aufeinander auf oder verschwimmen ineinander, was auch Rothstein und Varraich immer wieder feststellen (Roth­stein und Varraich 2017, S. 70ff).

4. Konzepte der Korruption und die Müllentsorgung napoletano

Nachdem nun die einzelnen Konzepte und die Definition von Korruption bekannt sind, muss eine Fokussierung eben jener auf den Fall erfolgen. Hierzu sollen Passagenen aus Feuerland, dem letzten Kapitel Savianos Werkes aufgegriffen und analysiert sowie durch weitere Ein- schübe gestützt werden. Dies geschieht vor dem Hintergrund der Erstellung einer besseren Übersicht zum Verstandnis dessen, wie die Konzepte angewendet werden und geht der Frage nach, ob eines der Konzepte dominiert. Hierzu wird der vorliegende Fall zunachst kurz und sehr eng, streng den Darstellungen Savianos folgend und dann in einem gröberen Rahmen be­trachten. Hierbei werden Savianos Darstellungen in einen umfassenderen, starker durch politi- sche Handlungen begrenzten Rahmen gefasst.

Betrachtet man die Müllentsorgung in Neapel eng an den Ausführungen Savianos, so erkennt man relativ schnell mehrere Ansatzpunkte der Gerechtigkeit-/Ungerechtigkeits-Definition und besonders des private gain at public expenses sowie das Einsetzen einer illegalen Handlung mit Beauftragung des Stakeholders durch den Müllproduzenten. Bereits hier setzt der Prozess des private gain at public expenses ein, denn die Stakeholder sowie die Erzeuger profitieren per- sönlich von den günstigen Preisen, die der Stakeholder anbieten kann. Der Erzeuger profitiert, da sein Giftmüll deutlich billiger entsorgt wird und sich seine Gewinnmarge vergröbert, der Stakeholder erhalt für seine Dienste eine Bezahlung, in Form eines im Entsorgungspreises ent- haltenen Honorars. In einem nachsten Schritt erkennt man ahnliches Verhalten beim Transport- unternehmen, dass, sodann der Mill nicht bereits hier als harmlos deklariert wurde, einen Ge- winn durch den illegalen Transport macht. Die Chemiker, denen Saviano eine tragende Rolle zuschreibt, zeigen sich im dritten Schritt (vgl. Saviano et al. 2009, S. 348). Das Falschen von Analysewerten, nimmt hierbei eine zentrale Position ein und, sodann die Chemiker Staatsdiener sind, erzeugt das erstmals Berihrungspunkte mit dem Staat.13 Die zentrale Position der Chemi­ker rihrt aus ihrer Stelle. Nur durch die Beauftragung zur Schadstoffanalyse des Mills erhalten sie iberhaupt die Möglichkeit zu einer korrupten Handlung. Zudem bestimmen sie das weitere Vorgehen. Wird der Giftmill dann auf einer Deponie entsorgt, die hierfir nicht ausgelegt ist, so zeigen sich Folgen wie von Senior und Mazza beschrieben - die Anwohner sehen ihre Ge- sundheit verletzt.

[...]


1 Die genaue Bedeutung der Illegalitat der Millentsorgung wird im weiteren Verlauf geklart.

2 Die Camorra unterscheidet sich besonders durch ihre horizontale Machtstruktur von anderen illegalen, bezie- hungsweise mafiösen Organisationen wie der sizilianischen Cosa Nostra. Die (Clan-)Familien sind unabhangig und nebeneinander organisiert (vgl. Hoppe und Reichardt 2007).

3 Neapel, Caserta und Salerno; genauer Acerra, Nola und Marigliana.

4 44 Milliarden in vier Jahren (vgl. Saviano et al. 2009, S. 342).

5 Der Begriff des Unternehmens in Verbindung mit der Camorra leitet sich aus Aussagen Savianos ab. Saviano zitiert ein nicht namentlich genanntes Camorra Oberhaupt mit der Definition der Camorra als „Business, Business, Business“ (Hoppe und Reichardt 2007).

6 Saviano bespricht ebenfalls die Möglichkeit einer direkten Verbindung der Unternehmer mit der Camorra. Dies sei jedoch fast nur dann der Fall, wenn es sich bei dem Unternehmen und dessen Tatigkeiten bereits um illegale Tatigkeiten handele (vgl. Saviano et al. 2009, S. 350).

7 Beispielhaft nach der maslowschen Bedürfnispyramide (vgl. Maslow 1943).

8 Hierbei wird auch das bewusste nicht beachten bestimmter Handlungen als Handlung verstanden.

9 Oder bei etwaigen Kontrollen durch die Polizei, welche dann ebenfalls bestochen werden müsste.

10 Rothstein und Varraich verknüpfen ihre Aussagen zur Gerechtigkeits-/Ungerechtigkeitsperspektive an dieser Stelle mit den allgemeinen Menschenrechten, welche als eine Art Grundsockel an Rechten zu verstehen sind, die eben nicht von Kultur oder Gesellschaft abhangig sind und einen generell gültigen Anspruch für alle Menschen darstellen (vgl. Rothstein und Varraich 2017, S. 58ff). Auf diese Darstellung wird ob der Lange dieser Ausarbei- tung an dieser Stelle verzichtet.

11 Die Patron/Klient-Rolle wechselt hierbei je nach Anwendung in den verschiedenen Bereichen (vgl. Rothstein und Varraich 2017, S.81ff)

12 Hellman et al. 2000

13 Vorher können bereits Berihrungspunkte entstehen, beispielsweise wenn es zu Polizeikontrollen kommt.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Die Camorra und der Giftmüll bei Neapel
Untertitel
Auswirkungen der Korruption der Camorra bei der illegalen Müllentsorgung
Hochschule
Universität Siegen
Veranstaltung
Die dunkle Seite der Organisation
Note
1,0
Jahr
2018
Seiten
25
Katalognummer
V909409
ISBN (eBook)
9783346222794
ISBN (Buch)
9783346222800
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Camorra, Mafia, Müllentsorgung, Neapel, Fallanalyse
Arbeit zitieren
Anonym, 2018, Die Camorra und der Giftmüll bei Neapel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/909409

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