Eine kurze Darstellung des St. Galler Klosterplans


Dossier / Travail, 2008

18 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Der St. Galler Klosterplan
1.1 Die Beschreibung des Planes
1.2 Die Art der Darstellung
1.3 Beschreibung von Schreibstube, Bibliothek und Schule im Plan

2. Entstehung des St. Galler Klosterplanes und die Regula Benedicti
2.1 Die Entstehung des St. Galler Klosterplanes
2.2 Die Benediktinerregel

3. Schreibstube, Bibliothek und Schule im 9. - 11. Jahrhundert
3.1 Die Schreibstube
3.2 Die Bibliothek
3.3 Die Schule

Schlußbetrachtung

Literaturverzeichnis

Einleitung

In der Stiftsbibliothek von St. Gallen befindet sich die Kopie eines karolingischen Klosterplans, die zwischen 826 und 830 im Kloster Reichenau angefertigt wurde, es handelt sich um den so genannten St. Galler Klosterplan1. Die komplexen Bedürfnisse eines karolingischen Klosters sind in diesem Entwurf bis zur Perfektion befriedigt und gestaltet worden.

Auf dem Klosterplan ist der Grundriss einer Klosteranlage mit 55 festen Bauten und 341 Inschriften aufgetragen, die zum Teil in Versform auf die Bedeutung der Gebäude hinweisen. Mit und am Klosterplan ist viel geforscht worden.

Bereits 1604 hat Heinrich Cansius die metrischen Inschriften des Plans veröffentlicht, 1704 erschien die Zeichnung in einem Kupferstich von Jean Mabillon, 1844 brachte Ferdinand Keller den Plan in einem Steindruck heraus. Seit 1952 existiert ein Faksimile des Klosterplans, das im Offsetdruckverfahren in acht Farben hergestellt wurde und der Forschung enormen Auftrieb gegeben hat2.

Es gibt in der Wissenschaft keinen Zweifel darüber, dass es sich beim St. Galler Klosterplan um eine Kopie, genauer um eine Pause und nicht um eine Originalzeichnung handelt3. Der Plan muss in einer warmen Gegend also im Süden entstanden sein, da die im Plan angelegte zweckmäßige Ausrichtung der Gebäude so nur in einem warmen Landstrich Sinn macht. Im Plan bekommen daher alle wichtigen Gebäude einen “kühlen” Platz im Plan zugewiesen, wie z.B. die Bibliothek, das Skriptorium, die Schule und die Abtspfalz. Die Versorgungseinrichtungen des Klosters werden im Idealplan im Süd-Westen angesiedelt. Uneinigkeit besteht in der Forschung über die genaue Entstehungszeit der Originalvorlage des Klosterplans. Einige Wissenschaftler vertreten die Ansicht, dass die Originalvorlage des Klosterplans während der Aachener Reformsynoden von 816 bis 817 hergestellt wurde4. Konrad Hecht datiert die Entstehung bereits auf 792 und führt dies auf die “basilika praegandis” des Reformabts Benedikt von Aniane zurück.

Das Referat beschäftigt sich im Verlauf mit der Herstellung des Plans, den dargestellten Objekten, deren Bezug im Plan zueinander. Besonderen Raum wird dabei den im Plan verzeichneten Orten Schreibstube, Bibliothek und Schule gewährt. Diese Räume sollen anhand des Plans in ihrer Funktion und Ausstattung erläutert werden. Anhand der Regula Benedicti soll aufgezeigt werden aus welchem Gedankengut dieser Plan entstanden ist und zu welcher Zeit dies möglicherweise der Fall war. Der letzte Teil des Referates widmet sich dann den Begriffen Schreibstube, Bibliothek und Schule im allgemeinen Überblick auf die frühmittelalterlichen Inhalte dieser Begriffe geben.

Die vorliegende Arbeit stützt sich vor allem auf die oben erwähnte Studie von Konrad Hecht. Dessen Werk “Der St. Galler Klosterplan” von 1997 kann als Grundlage der Planbeschreibung angesehen werden. Für die Regula Benedicti und die Beschreibung der mittelalterlichen Lebenswelt in Schreibstube, Bibliothek und Skriptorium lässt sich kein grundlegendes Werk benennen. Die Überlegungen zur Benediktinerregel habe ich selbst anhand der vorliegenden Daten angestellt. Für das Thema mittelalterliche Schreibstube, Bibliothek und Schule waren die Texte von Laudage, der Ausstellungskatalog des Kloster Seeon und Ecos Roman hilfreich.

1. Der St. Galler Klosterplan

1.1 Die Beschreibung des Plans

Als Folie für den Plan ist Kalbspergament benutzt worden, dessen Gesamtgröße mit 112 x 77,5 cm angegeben wird. Für die Zeichnung des Planes wurden fünf kleinere Blätter mit Nähten zusammengefügt. Auf elfenbeinfarbigem Pergament wurde die Architektur mit menningeroter Tinte5 eingezeichnet, die Beischriften sind braunschwarz. Es gibt insgesamt 341 Beischriften6, diese wurden von zwei Schreibern7 ausgeführt, nachdem der Plan bereits als Ganzes bereits vernäht war. Auf der Rückseite des Plans hat ein Schreiber im 12. Jh. eine Martinsvita hinterlassen, da der Platz der Rückseite dazu nicht ausreichte wurde von ihm das Haus in der linken unteren Ecke überschrieben. Ein Versuch die fragmentarischen Beischriften mit Chemikalien wieder sichtbar zu machen lief um 1855/1861 fehl. Die Vernichtung dieser Schriftspuren und Flecken im Plan waren die Folge. Risse im Plan, an den Faltkanten wurden mit grüner Seide genäht. Zur Mappe gefaltet hat der Plan in dieser Form die Jahrhunderte überlebt.

Der St Gallener Plan wurde im durchfallenden Licht abgepaust8, Aufrisslinien sind im Plan nicht zu sehen9, generell gilt aber, auch im Mittelalter haben Bauzeichner am Reißbrett die Vorzeichnung zunächst aufgerissen. Somit handelt es sich bei diesem Plan um eine Kopie und nicht um eine original Bauzeichnung.

Im Pergament konnte eine Vielzahl kleiner Löcher lokalisiert werden, von denen sich etwa ein drittel mit Sicherheit als “dem Zeichenvorgang” zugehörige Nadelstiche identifizieren lassen. Die Kreisbögen der Apsiden weisen Reißspuren auf, sie wurden vermutlich mit einem Stechzirkel vorgezeichnet und dann per Hand mit Tusche nachgezogen. Da der Plan selber Kopiert wurde, kann man leider nicht sagen wer, wann diese Löcher verursacht hat.

Unregelmäßigkeiten im Plan, Winkeländerungen, Verschiebungen deuten darauf hin, dass sich das Pergament der Kopie beim Abzeichnen10 gelegentlich etwas verschoben hat, dies wurde unter anderem durch die elastische Unterlage hervorgerufen. Das Original wurde zum abzeichnen über einen Rahmen gespannt und die für die Kopie verwendeten Einzelstücke wurden nacheinander aufgelegt. Gebäude und Einrichtungen wurden freihand übertragen. Andere Verschiebungen sind durch das unterschiedliche Schwinden (wegtrocknen) entstanden. Die Einzelnen Pergamentstücke zerren in unterschiedliche Richtungen.

Der Plan wurde von der Mitte aus zum Rand weitergezeichnet, und offensichtlich nicht komplett zu Ende gebracht (die Anlage ist im Plan nicht eingezäunt).

Maßeinheit für den St. Galler Klosterplan ist das Fußmaß, das Karl der Große im Jahr 793/94 zu 34,32 cm festgesetzt hat.11 Der Ursprungsplan des St Galler Plan wurde auf einem 2,50′ weiten quadratischen Raster gezeichnet12.

Der Maßstab ist 1′′′-1′entsprechend 1:192.

Der Schwund des Plans beträgt mittlerweile 5,51 % (ca. 2,5 cm). (Fußmaß x Maßzahl x Maßstab) - Schwund = Planmaß (heute)13.

Der St. Galler Plan ist im ursprünglichen Wortsinn “orientiert”. Die Ostseite ist oben. Darauf verweist die Maßinschrift im Mittelschiff14. In der Spätantike und im Mittelalter war dies die Gepflogenheit, nach der Karten gezeichnet wurden.

Die Wasserversorgung des Klosters wird im Plan nicht dargestellt. Die 55 Gebäude der Planzeichnung stellen einen umfangreichen Klosterkomplex dar, wobei sich die verschiedenen Bauteile gleichmäßig um die Kirche und die daran anschließende Klausur gruppieren. Alle Häuser der Klosteranlage sind zweckgebunden. Es gibt Gebäudegruppen in denen die in Ihrer Funktion zusammengehörenden Gebäude auch eng beieinander stehen wie z.B:

-Basilika -Bibliothek - Skriptorium
- alle Ställe - Gesindehaus
-Schule - Schulmeisterwohnung - Abtspfalz etc15.

Oft genützte Wege zwischen Gebäuden sind zum Wetterschutz überdacht. Im Plan richtet sich die Größe der jeweiligen Nutzfläche eines Gebäudes nach der Zahl der dort zu erwartenden Personen, wobei gleichzeitig der Rang und der Stand dieser Person bedacht wurde16.

1.2 Die Art der Darstellung

Der Plan ist eine Grundrisszeichnung, Mauern und Wände sind im Plan jeweils mit einer einzigen Kontur gezeichnet. Diese Linien bezeichnen Fluchten, die an der Baustelle abzustecken sind. Der Plan wird daher auch als Fluchtlinienplan, Schnurplan oder Hauptriss bezeichnet17.

Gleichzeitig ist Möblierung dargestellt, die man sich nicht als allzu mobil vorstellen sollte.

Sinnbilder18 im Plan sind dem 2,50′ weiten quadratischen Raster angepasst.

Betten, Tische Stufen und Bänke sind u.a. davon betroffen. Möbel stehen im Plan, wo Mauerstärken zu denken sind.

Die Wasserversorgung wird im Plan nicht dargestellt, außer das Abtritte, Badehäuser, Küchen etc eingezeichnet sind, fehlen weitere Angaben hierzu völlig. Dabei ist seit der Antike bekannt, wie Wasserleitungen im Boden zu verlegen sind.

Der Plan ein Abstraktum von Grund auf, eine Niederschrift nicht geschauter, sondern gedachter Sachverhalte. Der St Galler Plan gibt somit auch das Vorstellungsbild der bildenden Kunst im frühen Mittelalter wieder: die Verknüpfung und Abstraktion gegenläufiger Absichten, die sich wie 2 Seinen einer Münze ergänzen und so ein Neues bilden.

Der Plan zeigt eine Gebäudeanlage, und gibt somit Auskunft über profane und sakrale Architektur von Klöstern zur Zeit der Karolinger. Er beantwortet außerdem Fragen über das Leben der Mönche zu jener Zeit. So wie hier im Plan wurden Klöster tatsächlich angelegt, weil es zweckmäßig war.

1.3 Beschreibung von Schreibstube Bibliothek und Schule im Plan

Schreibstube, Bibliothek, Sakristei und Paramentenkammer sind Bestandteile der Abteikirche. Bibliothek und Skriptorium haben, ihrer Wichtigkeit angemessen, der Abtspfalz gegenüber in der Basilika Platz gefunden. Diese Räume befinden sich im Nordosten der Basilika und haben somit für ein südliches Land eine bevorzugte Lage. Alle beim Altar- und Chordienst benötigten Texte und Bücher stehen in der neben dem Altarraum liegenden Bibliothek bereit19. Hier im Plan arbeitet dieser Bibliothek die direkt darunter gelegene Schreibstube zu.

Skriptorium und Bibliothek haben laut Idealplan umgerechnet eine Raumgröße von ca. 144 m². Durch die riesigen Ausmaße der Basilika wirken diese Räume klein, Bibliothek und Skriptorium sind aber mit 144m² durchaus adäquat bemessen. Im Plan ist das Skriptorium eingezeichnet, die darüber liegende Bibliothek findet sich nur in den Worten der Inschriften.

In dieser Idealen Klosterplan Bibliothek könnten ca. 600 Bücher platz finden. (St Gallen hatte um 850 ca. 400 Bücher). Eine Treppe, die Skriptorium und Bibliothek verbindet ist nicht im Plan eingezeichnet, sie existiert nur in den Worten der Beischrift. Im Skriptorium ist gutes Licht unentbehrlich, (lt. Plan: Morgensonne: die Fenster zeigen nach Norden und Osten ) im Plan ist dieser Raum mit 7 Fenstern ausgestattet. Lesepulte sind im Skriptorium als sehr große 2,50′20.

[...]


1 Hecht 1997, S. 340

2 Hecht 1997, S. 13

3 Knoepfli 1961, S. 208

4 Horn 1962, S. 108

5 (rot= besonders -> rubrizieren)

6 Auf dem Plan finden sich 341 lateinische , z. T. in Versform verfasste, syntaktisch selbständige

Inschriften, wovon die meisten, wie im lateinischen üblich, in kleinen Buchstaben geschrieben wurden. Die Beischriften dienen der Benennung und näheren Beschreibung von Bauten und Bauteilen sowie von Räumen und deren Verbindungen. Sie beziehen sich auf die ortsfeste und mobile Einrichtung der Räume und auf den Ausstattung sowie der Ausstattung des Freigeländes. Die Beischriften benennen jedoch nicht nur, sondern sie erklären auch den Nutzungszweck der Gegenstände. Außerdem geben allein die Beischriften in der Zeichnung darüber Auskunft, ob sich über oder unter dem im Plan dargestellten Raum noch ein weiteres Geschoß befindet, und wenn ja, zu welchem Zweck es genutzt werden sollte (Hecht 1997 S. 86). Doch trotz vieler eindeutiger Aussagen ergeben sich in der Wissenschaft aus der für die Beschriftung angewandten Versform manche Zweifelsfragen in der Deutung.

7 von denen eine Schrift als die das Abtes Heito von der Reichenau identifiziert werden konnte

8 Pergament ist im durchfallenden Licht transparent (opak im auffallenden Licht)

9 In Handschriften die mit dem St Galler Plan etwa gleichzeitig entstanden, ist diese Vorzeichnung meistens deutlich zu sehen.(Bsp. Bibliothekskatalog des Klosters St. Gallen).

10 generell zum Abzeichnen: vgl. Ong, Walter J. : Oralität und Literalität. Opladen 1987, S 126 -127 : Wenn ein Zeichner abstrakte Dinge kopiert, die er nicht kennt, verändern sich diese, so dass im Verlauf des Kopierens aus einer weißen Kleeblüte etwas werden kann, das aussieht wie Spargel Manuskripte: zwei gleiche Bücher sind niemals identisch

11 Hecht 1997, S. 45 ff.

12 2 ½ Zoll des Plans = 40 Fuß der Wirklichkeit ~ 13,80 m

13 Hecht 1997, S. 54

14 “AB ORIENTE IN OCCIDENTEM LONGIT (UDO) PED(UM).cc.“ [von Osten nach Westen….] .

15 Hecht 1997, S. 102 ff

16 Je höher der Rang einer Person ist, desto größer ist auch die ihm zukommende Nutzfläche innerhalb des Klosters. In Bezug auf die Nutzfläche werden die Kranken, unabhängig ihres Ranges, bevorzugt behandelt. Auch den Gästen des Klosters, z.B. Herrschaften, Gastmönchen oder Hausgästen des Abtes, kommt in anbetracht des ihnen zur Verfügung stehenden Raumes eine Sonderstellung zu. Abgesehen von diesen Sondergruppen gliedert sich die Rangfolge und damit auch die Verteilung des zur Verfügung stehenden Nutzraumes wie folgt: An erster Stelle steht der Abt, danach folgt der Nachwuchs des Klosters, die Novizen und Oblaten. Anschließend kommt das Gefolge der Gäste und schließlich die Mönche. Die letzte Gruppe in der Rangfolge bilden die Pilger.

17 Poeschl 1961, S. 28

18 Sinnbilder: Treppen, Säulen, Altar, Kanzel, Betten, Bänke, Zäune, Bäume Beete, Gräber

19 „Introitus In bibliothecam super criptam superius” lautet die entsprechende Inschrift m Plan

20 2,5 Fuß = 13,8m²

Fin de l'extrait de 18 pages

Résumé des informations

Titre
Eine kurze Darstellung des St. Galler Klosterplans
Université
University of Hagen  (Historisches Institut)
Cours
Alteuropäische Schriftkultur
Note
1,0
Auteur
Année
2008
Pages
18
N° de catalogue
V90995
ISBN (ebook)
9783638055017
Taille d'un fichier
392 KB
Langue
allemand
Mots clés
Eine, Darstellung, Galler, Klosterplans, Alteuropäische, Schriftkultur
Citation du texte
Claudia Heye (Auteur), 2008, Eine kurze Darstellung des St. Galler Klosterplans, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90995

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