Mit Actionbound die Stadtgeschichte entdecken

Einfluss von Gamification auf die Lernmotivation im Kontext des location-based mobile learning anhand eines digitalen Lehrpfades im Geographieunterricht


Bachelorarbeit, 2017

101 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I Abbildungsverzeichnis

II Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Ableitung der Fragestellung
1.2 Aufbau der Arbeit
1.3 Methodisches Vorgehen

2 Die Bedeutung schulgeographischer Exkursionen
2.1 Begriffsbestimmung und Klassifikation von Exkursionen
2.2 Legitimation von Exkursionen im Geographieunterricht
2.3 Location-based mobile learning
2.3.1 Digitale Bildungsrouten
2.3.2 Ein Beispiel - Die Application Software Actionbound

3 Gamification als Einflussfaktor auf die Lernmotivation
3.1 Motivationspsychologische Grundlagen
3.1.1 Intrinsische und extrinsische Motivation
3.1.2 Selbstbestimmungstheorie der Motivation nach Deci & Ryan
3.2 Gamification im spielbasierten Lemkontext
3.3 Spielelemente und Spielstrukturen

4 Entwicklung des Untersuchungsdesigns
4.1 Möglichkeit der Implementierung von Actionbound in den Geographieunterricht einer 8. Klasse
4.1.1 Darstellung der Stichprobe der Grundgesamtheit
4.1.2 Darstellung des Exkursionsstandortes
4.1.3 Einordnung des Exkursionsinhaltes in das Kemcurriculum
4.1.4 Ablauf der Act/onbound-basierten Exkursion
4.2 Bound „Historische Stadtentwicklung in Rotenburg (Wümme)"
4.2.1 Darstellung derStationen
4.2.2 Konzeptionelle Umsetzung realisierbarer Gamification-Elemente
4.3 Aufbau des Fragebogens zur Erhebung der Lemmotivation

5 Empirische Untersuchung
5.1 Auswertung der Ergebnisse
5.2 Interpretation der Ergebnisse

6 Überprüfung der Hypothesen

7 Zusammenfassung, Fazit, Ausblick

III Literaturverzeichnis

IV Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabellenverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Exkursionen geiten als ein pragnantes Charakteristikum des Erdkundeunterrichts. Für das Fach, das sich mit raumlichen Gegebenheiten beschaftigt, ist es daher unerlasslich, den Raum in der Realitat zu erkunden, um die Geographie als Wissenschaft zu erfassen (Wüthrich 2013). Eine Studie von Düker und Tausch (1957) ergab, dass eine Veranschaulichung durch Realbegegnun- gen sich nicht nur positiv auf den Lernprozess auswirkt, sondern auch einen positiven Effekt auf die Lernmotivation erreichen kann (Düker und Tausch 1957, LöEner 2011, Neeb 2012). Seit 2000 wachst mit der Einführung der Bildungsstandards und der Erstellung eines einheitlichen Lehrplans die Forderung nach der Durchführung von schulgeographischen Exkursionen (DGfG 2014, Niedersachsisches Kultusministerium 2015).

Parallel zu der Herausbildung des heutigen kompetenzorientieren Geographieunterrichts erreich- te auch die Technologie in den vergangenen Jahrzehnten eine Revolution. Im Zuge der Digitali- sierung bildeten sich digitale mobile Medien heraus, die mittlerweile ihren Platz im Lebensalltag beinahe jedes Jugendlichen gefunden haben. Die JIM-Studie (Jugend, Information, (Multi-) Me­dia) (2016) belegt, dass 95 % der zwölf bis 19-Jahrigen ein internetfahiges Smartphone besitzen (MPFS 2016: 8). Die Medienaffinitat wird jedoch nicht nur durch die hohe Ausstattung solcher Gerate begründet, sondern auch durch die Beschaftigung mit diesen, denn 92 % der Nutzer ge- brauchen ihr Handy und 87 % das Internet taglich (MPFS 2016: 11). Im Umgang mit mobilen Endgeraten aufgewachsen und vertraut kann die junge Generation auch als „digital natives" be- zeichnetwerden (Knautz 2015: 31, Zecha und Schiller 2014: 115).

1.1 Problemstellung und Ableitung der Fragestellung

Es zeigt sich jedoch, dass geographische Lehrinhalte und Arbeitsweisen allein im schulischen Kontext nicht mehr genügen (Wüthrich 2013: 13). Der Unterricht orientiert sich seit dem Para- digmenwechsel an Kompetenzen, was durch den Einsatz vielfaltiger Lehrmethoden erreicht wer­den soil. Die Schüler1 2 sollen über Qualifikationen verfügen, die weit über die fachlichen Lehrin­halte des Unterrichts hinausgehen (Knautz 2015: 23).

In einer Synthese der Forderung nach kompetenzorientierter Arbeit an auEerschulischen Lernor- ten und der Medienaffinitat der „digital natives" soil der Unterricht für die Lemenden attraktiver gestaltet werden (Knautz 2015). „Die positiven Voraussetzungen für einen gewinnbringenden Einsatz digitaler Geomedien belegen auch schulische Studiën, nach denen ihr Einsatz bei einem GroEteil der Jugendlichen mit hoher Motivation und Interesse verbunden ist" (Michel et al. 2011: 6). Damit ergibt sich, dass eine Integration neuer Medien in das zweifelsfrei medieninten- sive Fach der Geographie nicht nur von sich aus lemwirksam ist, sondern auch Einfluss auf die Motivation nimmt, die wiederum die Grundlage für einen nachhaltigen Lernprozess bildet (Brickwedde und Bittner 2014, Schiller und Zecha 2014, Siegmund et al. 2014). Demnach ist die Gestaltung einer motivationsförderlichen Lemumgebung ein wichtiger Prozess bei der Entwick­lung „guten“ Unterrichts (Götz 2011, Knautz 2015, Wuthrich 2013).

Eine schon seit jeher spaEbringende Tatigkeit ist das Prinzip des Spiels. Nach dem Konzept des Homo Ludens (dt.: „der spielende Mensch") von Huizinga (2011) findet das Spiel schon seit vie­len Jahrhunderten Anklang in kulturellen Gegebenheiten, welches sich bis in die Antike zu spie- lerisch inszenierten Wettkampfen zurückführen lasst (Huizinga 2011, zitiert nach Knautz 2015: 39). Und auch jetzt - im Zeitalter der Digitalisierung - kommt diesem Konzept erneut eine be- sondere Bedeutung zu. Durch die Entwicklung von Spielkonsolen und Online-Games wird den Nutzern ein neues Spielerlebnis eröffnet, dessen Nutzung vor allem in den letzten Jahren deut- lich anstieg. Die JIM-Studie (2016) zeigt, dass im Jahr 2016 64 % der zwischen zwölf und 19-jahrigen Jugendlichen taglich bis mehrmals pro Woche digitale Spiele nutzen. Bei einem Vergleich der Geschlechter trifft diese Aussage sogar auf 83 % der Jungen zu (MPFS 2016: 43). Das Smartphone ist dabei mit 44 % das dafür am haufigsten verwendete Gerat, gefolgt von Computern und Laptops mit 27 % (MPFS 2016: 44).

Es gilt somit, die Potenziale dieser drei Aspekte aus Exkursionen, digitalen Medien und Spielen zur Motivationsförderung für den schulischen Kontext nutzbar zu machen. Eine Reihe von Stu­diën haben die Effektivitat und Lernwirksamkeit spielbasierten Lemens untersucht und können diese bei angemessener Integration in ein didaktisches Konzept bestatigen (Hays 2005, Randel et al. 1992, Sitzmann 2011).

Hinsichtlich des Spiels wird in dieser Arbeit auf die Konzeption von Gamification eingegangen. Dieser Terminus versteht dabei nicht das Spiel als gesamtes Konstrukt, sondern greift auf spiele- rische Elemente zurück und bindet sie in die Lemumgebung ein (Deterding et al. 2011a). Gegen- stand dieser Untersuchung bildet die Application Software Actionbound - ein Multimedia-Guide zur Entwicklung von Stadtrallyes und Schatzsuchen, an der die Anwendung und Auswirkung von Gamification-Elementen im Geographieunterricht überprüft werden soil.

Ziel dieser Arbeit ist es, die Implementierung einer spielbasierten Anwendung hinsichtlich ihres Einflusses von Gamification auf die Lemmotivation zu untersuchen. Hieraus ergibt sich folgende Fragestellung: Inwieweit lassen sich Gamification-Elemente zur Förderung der Lemmotivation innerhalb der Application Software Actionbound realisieren? Dieser Fragestellung unterliegen zwei Hypothesen, die zum Abschluss dieserArbeitüberprüftwerden sollen:

- Hypothese 1: Die Application Software Actionbound bietet die Möglichkeit zur Rea- lisierung von Gamification-Elementen zur Motivationsförderung.
- Hypothese 2: Die in der Application Software Actionbound umgesetzten Gamificati- on-Elemente tragen wesentlich zur Lernmotivation der Lemenden bei.

1.2 Aufbau der Arbeit

Für die Beantwortung der Forschungsfrage und der damit einhergehenden Überprüfung der Hy­pothesen erfolgt in Kapitel 2 zunachst eine Einordnung der App3 Actionbound in den schulischen Kontext geographischer Exkursionen. Dafür wird eine Klassifikation sowie Legitimation dieser Erkundung auEerschulischer Lernorte dargestellt. Im Anschluss wird eine Einordnung in das Konzept des location-based mobile learning vorgenommen, auf dessen didaktischem Prinzip Actionbound fundiert. Zum Abschluss des zweiten Kapitels erfolgt eine Darstellung der unter- suchten App unter Einbeziehung der möglichen Funktionen, die Actionbound bietet, sowie des­sen Potenziale für den Erdkundeunterricht. Nachdem die Grundlagen der Exkursionsdidaktik, die für diese Arbeit relevant sind, gegeben sind, tritt in Kapitel 3 die Einbeziehung von Gamification als Einflussfaktor auf die Lernmotivation hinzu. Das Kapitel beginnt mit einer Begriffsbestim- mung, an die sich eine Darstellung motivationspsychologischer Grundlagen anschlieEt, um die Bildung von Lernmotivation im schulischen Kontext zu erlautern. Im zweiten Teil dieses Ab- schnitts wird auf die Anwendung von Gamification eingegangen sowie die für die Bildung rele- vanten Elemente aufgezahlt und naher erlautert, deren Realisierbarkeit und Einfluss in Action­bound untersucht werden soil. Kapitel 4 stellt das Untersuchungsdesign dieser Arbeit vor. Zur Erhebung der Daten wird ein Lehrpfad erstellt, der als eine Möglichkeit der Implementierung in den Erdkundeunterricht dient. Darunter werden alle Rahmenbedingungen vorgestellt, die dieses Forschungsdesign bemcksichtigt. Im 5. Kapitel werden die erhobenen Daten der Durchführung des Lehrpfades ausgewertet und interpretiert, um die daraus analysierten Ergebnisse bei der Überprüfung der Hypothesen in Kapitel 6 einbeziehen zu können. Zum Abschluss wird die Ar­beit sowie deren Ergebnisse zusammengefasst, ein Fazit unter Einbeziehung einer Reflexion über die entstandenen Probleme bei der Durchführung der App gezogen und ein Ausblick auf die weitere Forschung dieses Themas gegeben.

1.3 Methodisches Vorgehen

Zur Verifizierung oder Falsifizierung der Hypothesen wird für die Untersuchung dieser Arbeit ein digitaler Lehrpfad in Actionbound angelegt. Um ein representatives Ergebnis der realisierba- ren Gamification-Elemente zu erlangen, wird bei der Gestaltung auf eine Einbeziehung aller Funktionen4, die die App bietet, geachtet. Das Thema des digitalen Lehrpfades wurde dabei frei gewahlt und als „Historische Stadtentwicklung" festgelegt. Da sich dies in das Kernthema 6 für die Jahrgange 7 und 8 eines niedersachsischen Gymnasiums einordnen lasst, wird zur Durchfüh­rung des digitalen Lehrpfades und die anschlieEende Datenerhebung eine achte Klasse eines Gymnasiums in Niedersachsen gewahlt. Ein weiteres Kriterium bei der Auswahl der Klassenstu- fe ist die Verfügbarkeit eines mobilen Endgerates, das für die Anwendung von Actionbound notwendig ist. Die bereits vorgestellte JIM-Studie belegt, dass 95 % der Jugendlichen zwischen zwölf und 19 Jahren ein Smartphone mit Internetzugang besitzen (MPFS 2016: 7). Die Voraus- setzung ausreichender mobiler Endgerate ist damit, nach vorangegangener Prüfung der Untersu- chungsgruppe, gegeben. Neben der Erstellung der Bildungsroute in Actionbound wird die gesam- te Untersuchung in einen Exkursionstag eingebettet, der zusatzlich eine Vor- und Nachbereitung im Plenum enthalt. Eine Darstellung dieses Entwurfs erfolgtin Kapitel 4.1.4.

Die Erhebung über den Einfluss der spielbasierten Elemente auf die Lernmotivation in Action­bound wird mithilfe einer quantitativen schriftlichen Befragung ermittelt, die in zwei Teile ge- teilt wird. Dieses Verfahren eignet sich besonders bei einem solch personlichen Untersuchungs- gegenstand, da die Befragten bei einer anonymen Befragung ein Gefühl von Sicherheit erlangen, was positive Auswirkungen auf die ehrliche Beantwortung der Fragen nimmt (Wasna 1976: 40). Bei einer mündlichen Befragung könnte die persönliche Konfrontation zwischen Schüler und Interviewer zu einer Verfalschung der Antworten führen (Mummendey und Grau 2008). Dabei erfasst der erste Teil die Lernmotivation hinsichtlich allgemeiner Situationen, die auf Gamifica- t/on-Elementen basieren, der zweite Teil legt seinen Fokus auf den zuvor durchgeführten digita­len Lehrpfad mit Actionbound. Der genaue Aufbau des Fragebogens in Anlehnung an die Gami­fication-Elemente wird in Kapitel 4.3 erlautert. Es ist jedoch anzumerken, dass eine Motivations- erhebung aussagekraftiger ist, wenn diese parallel zur Durchführung stattfindet (Wasna 1976: 40 f.). Aufgrund des hohen Aufwandes und zu geringer Kapazitaten ist eine direkte Erhebung der momentanen Lernmotivation wahrend der Route nicht möglich und so muss auf eine nach- tragliche schriftliche Befragung im Klassenzimmer zurückgegriffen werden.

Die Auswertung sowie die Interpretation der Daten erfolgen in einer SPSS-Datenbank. Mithilfe deskriptiv-statistischer Verfahren wird zunachst eine Darstellung der Daten hinsichtlich ihrer Haufigkeitsverteilung vorgenommen. Zur Interpretation und Analyse werden die Gamification- Elemente beider Fragebögen miteinander verglichen, um somit die Relevanz und ihren Einfluss auf den vorliegenden digitalen Lehrpfad zu überprüfen. In einem weiteren Schritt werden zusatz- liche Einflussfaktoren, die zunachst bei der schriftlichen Befragung erhoben werden, auf Korre- lation mit der ermittelten Lernmotivation geprüft, um weitere Faktoren, die Auswirkungen auf die Lembereitschaft nehmen, bei den Ergebnissen einzubeziehen.

2 Die Bedeutung schulgeographischer Exkursionen

Die Application Software Actionbound, die in dieser Arbeit in Bezug auf Gamification-Elemente zur Motivationsförderung untersucht werden soil, bietet die Gestaltung eines interaktiven Guides zur Durchführung von mobilen Schatzsuchen und Stadtrallyes. Damit lassen sich auch Anwen- dungsmöglichkeiten für die Implementierung auf geographischen Exkursionen im schulischen Kontext arrangieren. Bevor die App mit ihren Funktionen und Einsatzmöglichkeiten vorgestellt wird, soil zunachst auf die grundlegende Bedeutung und Relevanz der Arbeit an auEerschuli­schen Lernorten im Geographieunterricht eingegangen und ihre Wichtigkeit für den Lemprozess hervorgehoben werden. Eine Betrachtung fallt in diesem Zusammenhang auch auf den Einsatz mobiler Endgerate auf Exkursionen, da sich durch die Digitalisierung der letzten Jahrzehnte neue Wege für Lernmethoden eröffneten.

2.1 Begriffsbestimmung und Klassifikation von Exkursionen

Das Wort ,,Exkursion“ lasst sich von dem lateinischen Wort excursio (dt.: ,,Ausflug“) ableiten. Die geographiedidaktische Literatur bietet zu diesem Begriff zahlreiche Definitionen, die je nach Auffassung ihren eigenen Schwerpunkt bestimmen. Eine der am haufigsten verwendeten Defini­tionen stammt von Rinschede (2003), nach der „die Exkursion eine methodische GroRform des Unterrichts mit dem Ziel der realen Begegnung mit der raumlichen Wirklichkeit aufterhalb des Klassenzimmers ist. [Die] Aufgabe der Exkursion ist [es], dem Schüler eine direkte Erfassung geographischer Phanomene, Strukturen, Funktionen und Prozesse vor Ort zu ermöglichen“ (Rinschede 2003: 235, zitiert nach Klein 2010: 31). Diese Definition legt ihren Fokus auf die Vermittlung naturraumlicher Realitat. Brameier (1985) greift hingegen eine andere Perspektive auf und betont bei seiner Begriffserklarung zusatzlich den didaktischen Aspekt auf die Schüler: „Eine Schülerexkursion ist eine zeitlich begrenzte Organisationsform des Unterrichts, bei der nach gründlicher Vorbereitung der Gegenstand der (wissenschaftlichen) Betrachtung original im Gelande durch Schüler in Kontakt mit dem beratenden Lehrer zielgerichtet, selbsttatig und weitgehend selbststandig zumeist in Kleingruppen mit Hilfe wissenschaftlicher Methoden und Zusatzmedien untersucht wird“ (Brameier 1985: 10, zitiert nach Klein 2010: 31). In dieser Arbeit spielt die Abgrenzung der einzelnen Exkursionsauffassungen jedoch nur eine untergeordnete Rolle, weshalb der Begriff der schulgeographischen Exkursion oder auch des auEerschulischen Lernortes hier verstanden wird als zum Geographieunterricht gehorende Untemehmungen, „die sich aufterhalb des Schulgebaudes abspielen, die reelle Begegnungen mit der raumlichen Reali­tat ermöglichen, die leichter als im Schulalltag besondere Aktions- bzw. Organisationsformen zulassen, die stark aufdie Selbsttatigkeit und Selbststandigkeit [...] ausgerichtet sind, die zeitlich begrenzt sind [...], die primar zur Vermittlung geographischer Sachverhalte dienen, die alle Rechte und Pflichten für Schüler und Lehrerschaft beinhalten, die auch für die Veranstaltungen im Schulgebaude gelten“ (Wuthrich 2013: 189). So unterschiedlich die Betrachtungsweisen der Definitionen auch sind, haben sie dennoch eine Gemeinsamkeit: „Die Arbeit im Gelande bildet das Herz geographischen Arbeitens" (Haubrich 2006: 134).

Aufgrund dieser unterschiedlichen Perspektiven schulgeographischer Exkursionen kann man bereits ein breites Feld an Potenzialen dieser Unterrichtsform im Geographieunterricht erahnen. Das Staatsinstitut für Schulqualitat und Bildungsforschung München fasst diese in Abb. 1 wie folgt zusammen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Abbildung zeigt sechs Potenziale, die die Implementierung von Exkursionen im Unterricht realisieren kann. Das Lernen vor Ort ermöglicht den Schülern, die Unterrichtsinhalte anschauli- cher zu gestalten und somit eine Realitatsnahe herzustellen. Besonders im Hinblick auf die zu- nehmende Digitalisierung und die damit einhergehende alltagliche Mediennutzung der Jugendli­chen ist es wichtig, den naturraumlichen Bezug nicht zu verlieren und diesen durch direkte Kon- frontation mit der Umwelt aufrechtzuerhalten (Wüthrich 2013: 191).

Auch das Konzept Learning by Doing, auf dessen Prinzip eine Arbeitsexkursion basiert, kann auf Exkursionen einen besonderen Stellenwert einnehmen. Es verfolgt das Ziel, durch geogra- phische Arbeitsweisen, wie zum Beispiel dem Beobachten, Fotografieren, Schatzen oder Orien- tieren (Klein 2010: 42 f.), die Schüler zu selbststandigen und eigenverantwortlichen Akteuren zu erziehen. Die Lemgruppe bekommt somit die Möglichkeit, selbst tatig zu werden und in diesem

Zuge ihre Eigenstandigkeit zu fördern. Jedoch ist diese Unterrichtsmethode sowohl für Schüler als auch für Lehrkrafte sehr zeitintensiv und wird deshalb nur selten in den alltaglichen Unter- richt integriert. An dieser Stelle bietet sich die Organisation einer direkten Instruktion an, bei der die Lehrkraft im Lernprozess „anregend, unterstützend, beratend, darbietend und erklarend auf- tritt. Sie prasentiert und erklart Inhalte, leitet die Lemenden an und verfolgt ihre Lernfortschrit- te. [...] Neben Formen des lehrerzentrierten Unterrichts haben auch verschiedene Formen des entdeckenden und/oder kooperativen Unterrichts einen Platz“ (Wuthrich 2013: 70). Als lehrer- gesteuerte und zudem schülerorientierte Unterrichtsmethode spielt die Arbeitsexkursion in dieser Arbeit eine bedeutende Rolle und wird im weiteren Verlauf dieses Kapitels deshalb noch genau- er erlautert (Wüthrich 2013: 192).

Ein weiteres Potenzial von Exkursionen bringt die Kombination aus Lernen von Praxis und The­orie mit sich. Die Verknüpfung bietet den Schülern einen eingehenderen Gehalt der Unterrichts- inhalte, der durch die gemeinsame Anwendung von „abstraktem Wissen und konkreter Erfah- rung“ erreicht wird (Wüthrich 2013: 194). Im Sinne der Wissenschaftspropadeutik werden hier Vorkenntnisse für die Befahigung wissenschaftlichen Arbeitens erlemt.

Das integrative Lernen befasst sich mit dem facherübergreifenden Arbeiten. Vor allem der Erd- kundeunterricht weist eine hohe Interdisziplinaritat auf und ermöglicht somit eine Betrachtung der Inhalte aus verschiedenen Perspektiven (Wüthrich 2013: 194). Das Feld der Geographie bie­tet optimale Verbindungsmöglichkeiten mit anderen Fachem. So kann zum Beispiel das Thema „Vegetationszonen" aus geographischer Sicht gemeinsam mit der Botanik aus der Biologie un- tersucht werden.

Ein weiterer Punkt, der vor allem im Hinblick auf die Lernmotivation von Bedeutung ist, ist das mitverantwortliche Lernen. Die Beteiligung der Lerngruppe an der Planung des Lernprozesses kann sich motivationsfördernd auswirken, da ihnen ein Teil der Verantwortung übertragen und Freiraum für selbsttatiges Arbeiten geschaffen wird. Durch das Einbinden geeigneter Sozialfor­men kann hierbei die Sozialkompetenz gefördert werden, was durch die zunehmende Teamfa- higkeit als weiterer Faktor der Motivationsförderung wirken kann (Wüthrich 2013: 194).

Die letzte Chance, die eine Exkursion bieten kann, ist das Lernen mit „Kopf, Herz und Hand“. Dieser Ausdruck wurde durch den Padagogen J. H. Pestalozzi (1746-1827) gepragt und versteht die Bildung als eine Zusammensetzung dreier Komponenten: „die Bildung des Kopfes (intellek- tuelle Bildung), des Herzens (sittliche Bildung) und der Hand (Handfertigkeit, Sport) und betont, dass alle Weltbedeutung und -erkenntnis auf dem unmittelbaren Angesprochensein durch die Welt beruhe" (Reble 1995: 229, zitiert nach LöEner 2011: 19). Dieser Aspekt betrachtet das Ler- 8 1 S e i t e nen, anders als im traditionellen Unterricht, bei dem das Lemen überwiegend durch Horen und Sehen stattfindet, als den Erwerb von Kenntnissen mit allen Sinnen (Wuthrich 2013: 195).

So vielfaltig die Definitionen einer Exkursion sind, so unterschiedlich können diese klassifiziert werden. Da sich der empirische Teil dieser Arbeit an einer Arbeitsexkursion orientiert, findet hier eine Klassifikation nach der Lehrer-Schüler-Aktivitat statt (vgl. Abb. 2). Die Arbeitsex­kursion lasst sich in eine ausgeglichene Lehrer-Schüler-Aktivitat einordnen. Im Gegensatz zur Überblicksexkursion, bei der der Schüler nur passiv-rezeptiv agiert, ohne durch fachspezifische Arbeitsweisen selbst tatig zu werden, verfolgt die Arbeitsexkursion das Konzept, durch einen vom Lehrer vorstrukturierten Rahmen, die Schüler an die geographischen Verfahren der Feldar- beit heranzuführen. Es findet also eine Steuerung durch die Lehrkraft statt, jedoch unter Einbin­dung einer Schülerzentrierung. Eine besonders hohe Eigenverantwortlichkeit erfahren die Schü­ler durch die Durchführung einer Spurensuche. Durch aktiv-konstruktives Vorgehen erarbeiten die Schüler eigene Fragestellungen und suchen eigene Methoden, diese zu bearbeiten. Der Leh­rer tritt in den Hintergrund und nimmt eine ausschlieElich beratende Funktion ein (LöEner 2011: 13 f.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Klassifikation von Schülerexkursionen nach dem Grad der

Selbstorganisation (Quelle: Hemmer und Uphues 2009: 41, zitiert nach LöBner 2011: 13)

Exkursionen scheinen sich zunachst vor allem positiv in den Schulalltag integrieren zu lassen. Jedoch zeigen Untersuchungen, dass Exkursionen im Unterricht eher eine Raritat sind (Neeb 2012). Gegen die Implementierung spricht nicht der didaktische Mehrwert von Exkursionen - dieser ist bei angemessenem Konzept durchaus gegeben - sondern vielmehr eine Aneinanderrei- hung von Faktoren, die sowohl auf Schüler- als auch auf Lehrerseite einen hohen Aufwand und Stress hervorrufen. Mögliche Gründe, die gegen eine Einbettung von Lernen an auEerschuli- schen Lernorten sprechen, sind unter anderem ,,Zeit, Arbeitsaufwand, mangelnde Expertise, feh- lende Unterstützung durch die Schule, curriculare Nichtbeachtung, Kosten und organisatorische Probleme" (Ballantyne 1999: 49, Klaes 2008: 218 ff., LöEner 2011: 154, zitiert nach Heynoldt 2014: 27). Nachfolgend wird noch einmal besonders auf das Konzept der Arbeitsexkursion ein- gegangen, da sich die empirische Untersuchung der Arbeit an dieser orientiert.

Die Arbeitsexkursion

Wie zuvor erwahnt ist ein Charakteristikum der Arbeitsexkursion die durch die Lehrkraft ange- leitete und selbststandige Arbeit der Lerngruppe. Nach diesem Grundprinzip leiten Hemmer und Uphues (2006) didaktische Leitprinzipien ab, an der sich diese Unterrichtsmethode orientiert: Selbsttatigkeit, ganzheitliches Lernen, Teilnehmerorientierung und -integration und die Verwen- dung kooperativer Lemformen (Hemmer und Uphues 2006, zitiert nach Klein 2010: 37 ff.). Für den Ablauf der Arbeit an auEerschulischen Lernorten entwickelten ebendiese in Anlehnung an Knirsch (1979) aufeinanderfolgende Schritte. Eine Arbeitsexkursion beginnt mit der Orientie- rung im Gelande. Dazu können die Schüler eine Vielzahl von Medien verwenden, wie z.B. Kar- ten oder StraEenschilder oder aber neuere Medien, wie ein GPS-Gerat. AnschlieEend erfolgt die Beobachtung des Untersuchungsgegenstandes, bei der die Schüler diesen unter einer vorgegebe- nen Fragestellung genau betrachten und im nachsten Schritt beschreiben. Die Erkenntnisse wer­den gespeichert. Die Speicherung kann in vielfaltiger Form stattfinden - ein Foto, eine Nieder- schrift oder eine Audiodatei. In der Nachbereitung werden die erhobenen Ergebnisse ausgewertet und gesichert, um nachhaltiges Wissen der Schüler zu ermöglichen. (Hemmer und Uphues 2006, zitiert nach Klein 2010, Knirsch 1979). Da der empirische Teil dieser Arbeit vor allem die Phase der Durchführung untersucht, wird an dieser Stelle auf die Vor- sowie Nachbereitung nicht wei- ter eingegangen Eine groEe Frage, mit der sich bei der Planung einer Arbeitsexkursion befasst werden sollte, lau- tet: „Wie kann der Lehrer die Schüler am Standort motivieren [...]?“ (Kanwischer 2006: 188 f., Klein 2010: 41). Eine mögliche Antwort auf diese Frage liefert Vester (1978): „Je mehr Wahr- nehmungsfelder im Gehirn beteiligt sind, desto mehr Assoziationsmöglichkeiten für das tiefe Verstandnis werden vorgefunden, desto grower werden Aufmerksamkeit und Lernmotivation und desto eher findet man die gelernte Information wieder, wenn man sie braucht“ (Vester 1978: 142 f.). Er schlagt also eine möglichst vielfaltige Integration von fachspezifischen Arbeitsweisen vor, die jedoch aus lempsychologischen Gründen nicht überlastend wirken sollten. Vielmehr sollte ein durchdachter Einsatz der Arbeitsweisen erfolgen. Besonders haufig werden dabei die hermeneutischen Verfahren angewandt (z.B. Beobachten, Beschreiben, Fotografieren) (Klein 2010: 42 ff.). Das Beobachten ist besonders bei der Untersuchung von originalen Gegenstanden von groEer Relevanz, welches durch die Anwendungshaufigkeit dieses Verfahrens bestatigt wird (Klein 2010, Rinschede 1997). Nach Ritter (1976) ist die Beobachtung „Dreh- und Angelpunkt geographischer Erkenntnisgewinnung. Sie ist eine eigene Arbeitsweise, jedoch Voraussetzung und erster Schritt für die Anwendung zahlreicher anderer Arbeitsweisen" (Ritter 1976: 8, zitiert nach Klein 2010: 44). Diesen Aspekt fasst auch schon Goethe (1963) aus nichtgeographischer Sicht zusammen und spricht von der mit dem Beobachten einhergehenden Wirkung: „Denn das blolse Anblicken einer Sache kann uns nicht fördern. Jedes Ansehen geht über in ein Betrachten, jedes Betrachten in ein Sinnen, jedes Sinnen in ein Verknüpfen und so kann man sagen, dass wir schon bei jedem aufmerksamen Bliek in die Welt theoretisieren“ (Goethe 1963: 6 f., zitiert nach Klein 2010: 44).

Wie die Leitprinzipien einer Arbeitsexkursion zeigen, sind auch kooperative Lernformen bei der Durchführung besonders wichtig. Sie fördern nicht nur die Team- und Kooperationsfahigkeit der Schüler, sondern können darüber hinaus auch motivationsfördemd wirken (Wüthrich 2013). Ty­pische Sozialformen sind die Einzelarbeit, Partnerarbeit, Gruppenarbeit und Arbeit im Plenum. Die am haufigsten auf Exkursionen angewandte Form ist die Kleingruppenarbeit (3-5 Personen), gefolgt von der Partnerarbeit. Rinschede (1997) ordnet ihnen aber auch die Spielformen als sozi- ale Interaktion zu. Demnach sind Spielformen, wie zum Beispiel eine Rallye, als eigenstandige Sozialform zu betrachten (Rinschede 1997, zitiert nach Klein 2010: 50 f.). Es ergibt sich somit ein breites Feld an Kombinationsmöglichkeiten aus Arbeitsweisen und Sozialformen, sodass eine Eintönigkeit des Unterrichts vermieden und die Aufmerksamkeit der Schüler aufrechterhalten werden kann.

Die Rolle des Lehrers spielt im Hinblick auf die Arbeitsexkursion neben den fachspezifischen Arbeitsweisen und den Sozialformen eine tragende Rolle. Daher ist es wichtig, den richtigen Grad an Kontrolle, aber auch ein Ermöglichen der Selbststeuerung der Schüler einzuhalten. „Wenn Schüler auf Arbeitsexkursionen forschen und entdecken, planen und entscheiden, experi- mentieren und produzieren, Eigeninitiative und Verantwortung übernehmen sollen, dann muss der Lehrer in eine Rolle schlüpfen, die [...] lehrergesteuert, aber schülerzentriert agiert“ (Weinert 2000: 5, zitiert nach Klein 2010: 51). Er fungiert in diesem Auftrag also vielmehr als „Organisator, Moderator und Berater" (Klein 2010: 52).

2.2 Legitimation von Exkursionen im Geographieunterricht

Dass Exkursionen ein wichtiger Bestandteil des Geographieunterrichts sind und sein sollten, lasst sich aus zwei Perspektiven betrachten. Auf der einen Seite steht der didaktische Mehrwert, wodurch Exkursionen unter anderem durch die „Konfrontation mit der Wirklichkeit, Kennenler- nen des Heimatraumes, Selbsttatigkeit, emotionalisierter Heimatbezug, Erleben und Erfahren der Umwelt, Motivation, Praxis- und Problemnahe und ein insgesamt höherer Behaltenswert" (Klein 2010: 20) begründet werden können. Die andere ist dagegen die curriculare Seite, welche in ers- ter Linie einen Bliek in die Bildungsstandards des Faches Geographie und das Kemcurriculum für das Land Niedersachsen fordert.

Nach dem Paradigmenwechsel, der in Folge des PISA-Schocks (Programme for International Student Assessment) im Jahr 2000 durchgeführt wurde, wurden 2001 bundesweit durch die Kul- tusministerkonferenz verbindliche Standards eingeführt. Für das Fach Geographie gibt es bislang noch keine verpflichtenden Bildungsstandards, dennoch hat die Deutsche Gesellschaft für Geo­graphie (DGfG) solche formuliert. Diese enthalten sechs Kompetenzbereiche: Fachwissen, Raumliche Orientierung, Erkenntnisgewinnung/Methoden, Kommunikation, Beurtei- lung/Bewertung und Handlung5, welche grundlegend für das Erreichen der Bildungsziele im Fach Geographie sind (DGfG 2014: 9). Kompetenzen werden nach Weinert (2001) definiert als „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fahigkeiten und Fertig- keiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitiona- len und sozialen Bereitschaften und Fahigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situatio- nen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“ (Weinert 2001, zitiert nach DGfG 2014: 8). In den Standards für den Kompetenzbereich Raumliche Orientierung steht in „04 Fa- higkeit zur Orientierung in Realraumen" geschrieben, dass Schülerinnen und Schüler „mit Hilfe einer Karte und anderer Orientierungshilfen [...] ihren Standort im Realraum bestimmen" (Sil), „anhand einer Karte eine Wegstrecke im Realraum beschreiben" (S12) und „sich mit Hilfe von Karten und anderen Orientierungshilfen im Realraum bewegen" (S13) können sollen (DGfG 2014: 18). Der Begriff des Realraums zeigt, dass das sich Bewegen an auEerschulischen Lernor- ten unerlasslich ist. Zwar kann die Anwendung geographischer Orientierungshilfen im Klassen- raum in der Theorie einstudiert werden, jedoch führt erst die praktische Durchführung dieser im Realraum zu einem wirksamen Kompetenzerwerb. Durch Exkursionen, die auEerhalb des Klas- senzimmers stattfinden, bekommt der Schüler die Möglichkeit, seine eigenen Erfahrungen zu sammeln und somit das Wissen zu festigen (DGfG 2014). AuEerdem verweisen die Bildungs- standards im Kompetenzbereich Erkenntnisgewinnung/Methoden darauf, dass „Schülerinnen und Schüler auf Exkursionen in der geographischen Realitat sowie durch einfache Versuche ei­gene Daten gewinnen (z.B. durch Beobachten, Befragen, Kartieren, Zahlen und Messen)" kön­nen sollen (DGfG 2012, zitiert nach Heynoldt 2014: 26).

Auch im Kemcurriculum für das Land Niedersachsen wird der Implementierung von Exkursio­nen in den Geographieunterricht eine groEe Relevanz zugesprochen. In Bezug auf die oben ge- nannten Kompetenzbereiche steht dort: „Zum Erwerb der Kompetenzen werden verschiedenste Unterrichtsformen situationsangepasst eingesetzt. Dabei sind auch Besuche aufierschulischer Lernorte und die Durchführung von Feldarbeiten, Gestaltung von Projekttagen [...] anzustre- ben“ (Niedersachsisches Kultusministerium 2015: 11). „Im Unterricht soil der Aufbau von Kom­petenzen systematisch und kumulativ erfolgen [...]. Hier vor allem kommt der Wirksamkeit au- Rerschulischer Lernorte besondere Bedeutung zu. Die Anwendung des Gelernten auf neue The- men, die Verankerung des Neuen im schon Bekannten und Gekonnten, der Erwerb und die Nut- zung von Lernstrategien und die Kontrolle des eigenen Lernprozesses spielen beim Kompetenz- erwerb eine wichtige Rolle“ (Niedersachsisches Kultusministerium 2015: 23). Es ist somit Auf- gabe der Lehrkraft, diese Potenziale von Exkursionen richtig zu nutzen und zum Erreichen der Bildungsziele und des Kompetenzerwerbs angemessen umzusetzen.

2.3 Location-based mobile learning

Im Zuge der Technologieentwicklung eröffnen sich durch die Invention von GPS (Global Positi­oning System) und Innovation mobiler Endgerate (z.B. Smartphone) neue Möglichkeiten des Lemens an auEerschulischen Lernorten. Dadurch wird das ortsbezogene Lehrkonzept, bei dem die Lemenden im Realraum standortgebundene Erkenntnisse erlangen, um den Aspekt der Mobi- litat erweitert. Die mittlerweile ubiquitare Verbreitung von Smartphones ermöglicht in dieser Auffassung eine flexible Erganzung von Informationen an Standorten (Feulner und Ohl 2014: 6). Das Konzept bietet die Möglichkeit, den Standort mit über das Internet verfügbaren Informatio­nen zu verbinden und diese bei Bedarf abzurufen (Hof 2014). Durch den sich andemden Standort wechselt für die Lemenden aber auch der Kontext, in dem die Informationen vermittelt werden. Brown (2011) definiert Kontext als „the formal or informal setting in which a situation occurs; it can include many aspects or dimensions, such as environment, social activity, goals or tasks of groups and inviduduals" (Brown 2011: 7). In Anlehnung an Frohberg (2008) unterteilen Feulner und Ohl (2014) das Konzept in vier Kontexte: der irrelevante, der formalisierte, der physische und der sozialisierte Kontext. Der irrelevante Kontext, der die Informationen und den Standort in keinen Bezug stellt (z.B. ein Europa-Quiz auf dem Handy wahrend einer Busfahrt) und der for- malisierte Kontext, dem die Informationen in Rahmenbedingungen unterliegen, wodurch eine organisierte Lerneinheit durch Instruktion der Lehrkraft geschaffen werden soil, spielen hinsicht- lich des location-based mobile learning kaum eine Rolle, da weder ein Ortsbezug noch Mobilitat der Lemenden benötigt wird. Viel wichtiger ist deshalb der physische Kontext, in dem die Um- gebung in Verbindung mit den Informationen gebracht wird. Vor Ort können sowohl Objekte als auch Personen in den Lernprozess eingebunden werden, die durch ihre Ortsgebundenheit eine Mobilitat der Lemenden erfordem. Darauf aufbauend versteht der sozialisierte Kontext eine Ko- operation der Lemenden, die sowohl zur Förderung der Sozialkompetenz als auch zum selbstor- ganisierten Lernen beitragt. (Feulner und Ohl 2014: 7, Frohberg 2008).

Obwohl die digitalen mobilen Medien in diesem Konzept nur als Informationsübermittler des Lerninhaltes dienen, bringen sie doch einen Mehrwert gegenüber traditionellen Medien mit sich (Feulner und Ohl 2014, Hermes und Kuckuck 2016, Hof 2014). Medien allgemein werden von Gryl und Kanwischer (2013) definiert als „unabdingbare Hilfsmittel der Kommunikation und damit des intersubjektiven Teilens von Informationen, Vorstellungen und Überzeugungen" (Gryl und Kanwischer 2013: 199, zitiert nach Hermes und Kuckuck 2016: 175). Enger gefasst meinen digitale Geo-Medien, die eine Relevanz für den mobilen Charakter des oben genannten Lehrkon- zeptes aufweisen, „digital codierte raumbezogene Daten über geographisch relevante Sachver- halte und die zugehörigen technischen Gerate zur Erfassung, Speicherung, Analyse und Presen­tation dieser Daten" (Michel et al. 2011: 5). „Dabei handelt es sich um Gerate, Plattformen oder Systeme wie etwa Tablet-PC, Smartphone, GPS-Gerate oder Computer, mit denen insbesondere auch raumbezogene Aspekte der Nachhaltigkeit visualisiert, raum-zeitlich simuliert und interdis- ziplinar analysiert werden können" (Brickwedde und Bittner 2014: 9, Bittner und Pyhel 2014: 185). Eine Miniaturisierung dieser Gerate ermöglicht, sie als mediales Universalwerkzeug orts- und zeitunabhangig zu verwenden und somit flexibel in den Lernprozess zu integrieren (Feulner und Ohl 2014, Kanwischer 2014). Als „digital natives" ergibt sich für die Jugendlichen eine Selbstverstandlichkeit im alltaglichen Umgang mit digitalen Medien, wie Studiën belegen. Die JIM-Studie bestatigt das Smartphone als die haufigste Gerate-Ausstattung in deutschen Haushal- ten, welches in der taglichen Nutzung der Jugendlichen mit einem Wert von 92 % ebenfalls sig- nifikant hoch ausfallt (MPFS 2016: 6). Diese Medienaffinitat der Schüler aus ihrem Alltag kann nun aufgegriffen werden und als motivierender Faktor in Lemarrangements umgesetzt werden (Lohoff 2014). Ihre motivationsfördernde Wirkung wird dadurch entfaltet, dass durch sie neue Lehrformen durch Kombination der traditionellen und digitalen Medien möglich werden, deren didaktischer Mehrwert im Folgenden kurz dargestellt wird (Bittner und Pyhel 2014, Michel et al. 2011, Siegmund et al. 2014).

Zum einen kann durch das Bereitstellen der Information über das Internet eine Veranderung der Lehrerrolle erreicht werden (Feulner und Ohl 2014, Siegmund et al. 2014). Die Lehrkraft fun- giert vielmehr als „Vermittler“ und „Berater“ und verschiebt das Lehrer-Schüler-Verhaltnis hin zu einer Schülerzentrierung. Diese Orientierung führt bei den Lemenden zu einem selbstgesteu- erten Lernen und nimmt damit Einfluss auf die Lernmotivation und die Persönlichkeitsentwick- lung hinsichtlich der Selbststandigkeit und Eigenverantwortung (Bittner und Pyhel 2014, Molitor 2014, Siegmund et al. 2014). Zum anderen können digitale Medien als den Lernprozess unter- stützendes Medium eine aktive Arbeit mit der Umwelt arrangieren und durch die Lokalisierungs- technologie u.a. die Kompetenz der raumlichen Orientierung fördern (z.B. durch Einsatz von GPS-Geraten) (Feulner und Ohl 2014: 6). Des Weiteren sind den kollaborativen Arbeitsformen im Unterricht kaum Grenzen gesetzt. Durch sie werden bei den Schülem Teamfahigkeit und So- zialkompetenz gefördert. Jedoch muss bei all den positiven Möglichkeiten, die die GPS-Funktion bietet, beachtet werden, dass die Orientierungskompetenz ohne digitale Orientierungshilfen nicht vernachlassigt wird. Das Vertrauen auf die Technik darf nicht zu einem „blinden Folgen“ führen, wie es zum Beispiel bei einem Navigationsgerat wahrend einer Autofahrt der Fall sein kann. Vielmehr sollte die Technik so eingesetzt sein, dass sie die Orientierung in der Umwelt unter- stützt und das Wissen darüber erweitert. Dennoch können theoretische Leitfragen, die sonst überwiegend nur im Klassenraum untersucht werden, in der Realitat anschaulich und greifbar gemachtwerden. AuEerdem ermöglichen digitale Medien es, die Ergebnisse zu speichem, um sie spater in einer Nachbesprechung aufbereiten und sichern zu können (Siegmund et al. 2014). Das aber wohl gröEte Potenzial bilden digitale mobile Medien durch das Learning-on-Demand (Zom 2013: 55). Hierbei werden den Lemenden die Informationen zu dem bestimmten Zeitpunkt be- reitgestellt, zu dem sie benötigt und angewendet werden können. Diese situationsspezifische Anwendung mindert eine „Überflutung“ an Informationen für die Schüler und konkretisiert diese auf die relevantesten. Das erlangte Wissen kann somit effektiver und nachhaltiger verarbeitet werden und zu einem höheren Lemerfolg beitragen (Zom 2013: 58 f., 64 f.).

Durch den direkten Bezug zur Umwelt ergibt sich für Sharpies et al. (2009) ein Lemen, dass sie als „mobile contextual learning" bezeichnen. Weiter schreiben sie: „In the early days of en­vironmental awareness, it was all about saving rainforest, it was the environment that was out there somewhere distant. Now, there’s much more of a focus on one’s immediate environment and how you affect it and you’re affected by it. I think that mobile contextual learning can have an important role to play in helping people of all ages to understand their context and their en­vironment, to model it and to have control over it... For 1000years, we’ve been able to annotate text, we are now developing the tools to annotate our environment11 (Sharpies et al. 2009, zitiert nach Brown 2011: 8). Eine mit Anmerkungen und durch digitale Informationen versehene Um- welt tragt den Terminus „Augmented Reality" (Graham und Zook 2014: 18 f.). Die Wahmeh- mung eines Ortes wird durch eine Erweiterung von Text-, Bild- oder Tonelementen beeinflusst. Ein derzeit aktuelles Beispiel für eine solche Augmented Reality ist das Online-Game Pokemon Go, bei dem kleine Tiere zum Einfangen in der Umgebung auf dem Smartphone angezeigt wer­den. Von einer augmentierten Geographie wird nach Graham und Zook (2014) gesprochen, wenn „die unbestimmten, instabilen, kontextabhangigen und multiplen geographischen Wirk- Uchkeiten, die durch die subjektive Zusammenführung von materieller und virtueller Erfahrung in Raum und Zeit entstehen, [vorliegen]. Augmentierte Geographien bezeichnen damit den durch Technologie, Informationen und Code vermittelten materiell-virtuellen Nexus, der in spezifi- schen, individualisierten Raum-Zeit-Konfigurationen inszeniert wird“ (Graham und Zook 2014: 19).

Mobile digitale Medien eröffnen im Unterricht demnach neue Wege für Unterrichtsmethoden und Lernarrangements. Denn obwohl das Interesse und die Nutzung von mobilen Endgeraten stetig wachst, spielen dennoch konventionelle Freizeitbeschaftigungen wie sportliche Aktivitaten oder der Umgang mit Peer-Groups eine groEe Rolle (Brickwedde und Bittner 2014, Bittner und Pyhel 2014, MPFS 2016). Eine Kombination der konventionellen mit den mittlerweile etablier- ten Interessen an digitalen Medien birgt deshalb neue Potenziale und schafft neue Zugange für die Bildung. Auf diesen basierend entwickelte sich daraus ein Konzept - das der digitalen Bil- dungsrouten bzw. des digitalen Lehrpfades - in dem auch die App Actionbound eingeordnet werden kann.

2.3.1 Digitale Bildungsrouten

In Anlehnung an das Konzept des location-based mobile learning wurde auch das Prinzip der Bildungsrouten modifiziert. Im klassischen Sinn wird unter einer Bildungsroute (oder auch Lehrpfad) ein themenorientierter Wanderweg verstanden, der „mehrere Texttafeln bzw. Informa- tionsstationen entlang eines (Wander-)Weges enthalt, die Passanten an korrespondierenden Or- ten auf Erscheinungen in der Landschaft/Umwelt hinweisen und dabei meist ein Lehrziel verfol­gen [...]. [Sie können z.B. bei Exkursionen] originare Begegnungen mit originalen Gegenstan- den vor Ort ermöglichen, Veranderungen beschreiben [...], oder Verborgenes aufdecken [...]“ (Koch 2013: 171, zitiert nach Hermes und Kuckuck 2016: 175). Sie „ermöglichen auf Exkursio­nen und an auRerschulischen Lernorten die Begegnung und Auseinandersetzung mit Gegenstan- den und Inhalten zu geographischen Fragestellungen. [...] [Dabei werden] geeignete Raumaus- schnitte ausgewahlt, Materialien und Aufgabenstellungen lernendengerecht erstellt und durch methodische Konzeption bearbeitet [...]“ (Hermes und Kuckuck 2016: 175). Durch die Revolution digitaler Medien und deren Einsatz im Unterricht - speziell an auEerschu- lischen Lemorten - eröffnen sich für die Bildung neue Möglichkeiten. Die erhöhte Flexibilitat, die durch die Einbeziehung und Verwendung von GPS-Daten mit funktionsfahigen Geraten (z.B. Smartphones) ermöglicht werden kann, wandelt das Prinzip der Bildungsrouten vom traditionel- len in einen mobilen digitalen Lehrpfad. Obwohl diese durch die GPS-Grundlage Gemeinsam- keiten mit dem Geocaching aufweisen, bei dem Standorte mit einer Cachebox aufgesucht wer­den, die Tauschgegenstande beinhalten oder in denen man sich in ein Logbuch eintragen kann, besitzen sie doch einige Vorteile diesem gegenüber, denn die Cacheboxen können haufig verlo­ren gehen (Zecha und Schiller 2014: 121). Sie können auEerdem samtliche Standorte einbezie- hen und bei der Durchführung samtliche Informationen und Arbeitsauftrage, die bei der Erstel- lung der Bildungsroute hinterlegt wurden, speichem und den Lemenden anzeigen, sofern diese an der jeweiligen Station benötigt werden (Hermes und Kuckuck 2016). Die Lemenden bewegen sich somit in ihrer Umwelt und werden dabei mithilfe der GPS-Funktion von Standort zu Stand- ort geleitet. An einer Station angekommen erhalten sie die wichtigsten Informationen, die sie zum Bearbeiten der Aufgabe benötigen. Damit kann einem Überfluss an Informationen entge- gengewirkt werden, indem sich auf die relevanten Inhalte zu dem entsprechenden Standort be- schrankt wird, was positive Auswirkungen auf das Behalten von Wissen im Langzeitgedachtnis nimmt (Wüthrich 2013). Bei angepasster Aufgabenstellung kann bei der Durchführung digitaler Lehrpfade kooperatives Lemen und eine Förderung der Kommunikationskompetenz innerhalb der Gruppe begünstigt werden. Das jedoch gröEte didaktische Potenzial, was sich durch den sta- tionsbezogenen Zugriff auf digitale Informationen ergibt, ist das Ermöglichen eines selbstgesteu- erten Lemens. Schülerzentriertes Lemen, bei dem die Lehrkraft in den Hintergrund tritt und nur als Berater fungiert, kann hier den Lemeffekt bei einem fachlich und didaktisch durchdachten Lehrpfad erhöhen (Schiller und Zecha 2014: 86 f.).

Insgesamt erreichen GPS-geführte Bildungsrouten mittlerweile eine allgemein hohe Akzeptanz in der Gesellschaft und auch im Bildungsbereich (Heinevetter 2014). Ein spielbasiertes Beispiel für einen solchen Lehrpfad ist eine Rallye, die als Erkundungsspiel mit SpaEfaktor vor Ort Fachwissen vermitteln kann. Der Wettbewerbscharakter tragt zudem zu einer Motivationsförde- rung seitens der Lemenden bei, welcher durch den Einsatz digitaler Medien weiter verstarkt wird. Allerdings ist die Entwicklung einer solchen digitalen Bildungsroute auch mit einem hohen Arbeitsaufwand für die Lehrkraft verbunden, die jedoch nach einmaliger Erstellung beliebig oft wiederverwendet werden kann. Im klassischen Sinn ist eine Rallye allseits bekannt und hat sich 17 1 Seit e auch in vielen Bildungsbereichen bereits etabliert. Durch die Digitalisierung erweitern sich die Möglichkeiten der Unterrichtsgestaltung jedoch erheblich und kombinieren eine Vielzahl von Funktionen, die wahrend der Durchführung angewandt werden können und somit zu einem Ab- wechslungsreichtum führen (Feulner und Resensberger 2014).

Nachdem nun schrittweise von der Exkursion, konkreter zum Konzept des location-based mobile learning, hin zur darauf basierenden Entwicklung von digitalen Bildungsrouten spezifiziert wur- de, lasst sich die Application Software Actionbound an genau dieser Stelle einordnen.

2.3.2 Ein Beispiel - Die Application Software Acfionbound

Ein Beispiel für die Erstellung eines digitalen Lehrpfades - auch Bound oder Bildungsroute ge- nannt - bieten die Entwickler von Actionbound. Der seit 2013 aktive Dienst von Actionbound stellt in einem browserbasierten Editor die Möglichkeit, einen solchen Bound zu erstellen und ihn anschlieEend in einer für Android und iOS generierten App auf einem mobilen Endgerat durchzuführen. (Hermes und Kuckuck 2016, Pekarek et al. 2016). Für diesen Beitrag zur medi- enpadagogischen Entwicklung wurde die App 2013 bereits mit dem „Padi Sonderpreis 2013“ und 2016 mit dem Deutschen Bildungsmedienpreis ausgezeichnet (Pekarek 2016: 1). Angelehnt an den Leitgedanken einer Schnitzeljagd, Geocaching, Outward und City-Bound ermöglicht Ac­tionbound durch die Erstellung eines digitalen Lehrpfades das Lernen an auEerschulischen Lern- orten (Pekarek 2016, Zwick et al. 2016).

Erstellung eines Bounds

Bevor der digitale Lehrpfad auf dem mobilen Endgerat durchgeführt werden kann, muss dieser zunachst im browserbasierten Editor erstellt werden. Dafür wird auf der dazugehörigen Website6 ein Account erstellt, um jederzeit auf den Bound zugreifen und ihn bearbeiten zu können. Eine private Nutzung ist kostenlos, für Bildungs- und Geschaftszwecke wird jedoch eine kostenpflich- tige Lizenz benötigt. Nachdem man sich für ein Thema und Titel entschieden hat, muss dieser nun mit Inhalt gefüllt werden. Dafür bietet der Editor verschiedene Funktionen, die im Folgen- den dargestellt werden:

Mit der Funktion Abschnitt können die verschiedenen Stationen des Pfades festgelegt werden. Durch Eingabe der Koordinaten der jeweiligen Standorte ergibt sich schlieElich eine Route, die den Lernenden auf einer Karte vor Beginn der Durchführung angezeigt werden kann. Unter der Funktion Information können Inhalte oder Anweisungen hinzugefügt werden. Dabei kann in der Darstellung zwischen einem einfachen Text, einem Bild, einem Video, einer Audiodatei und einem angehangten Link ausgewahlt werden. Die Lizenzen bzw. Rechte für die jeweiligen Da- teien können beim Upload hinterlegt werden. Bei der Verwendung der Qu/z-Funktion kann zwi­schen vier Modi gewahlt werden. Die Lösungseingabe kann für kurze Antworten genutzt wer­den. Wichtig ist es, hier zu beachten, dass die korrekte Antwort verschiedene Schreibweisen zu- lasst, um ein Anzeigen einer falschen Antwort bei abweichender Schreibweise zu vermeiden. Multiple Choice eignet sich für Fragen mit höherem Schwierigkeitsgrad und komplexeren Ant- wortmöglichkeiten. AuEerdem bietet die Funktion das Zahl schatzen, bei dem mit einem Regler auf einer Leiste eine Zahl bestimmt werden kann. Dies eignet sich vor allem bei Fragen, bei de­nen eine Zeitangabe ermittelt werden muss. Der letzte Modus ist das Liste sortieren. Hier ordnen die Lemenden vorgegebene Antworten der Reihenfolge nach, weshalb es besonders für die An- ordnung zeitlicher Ablaufe pradestiniert ist (Hermes und Kuckuck 2016: 177 f.). Jede Quizfrage kann mit einer Punktzahl bei korrekter Antwort versehen werden, die den Teilnehmenden auf das Punktekonto gutgeschrieben werden. Ebenso können aber auch Punktabzüge bei falscher Antwort sowie eine Zeitbeschrankung zum Bearbeiten der Aufgabe eingestellt werden. Unter der Funktion Aufgabe kann den Lemenden eine Aufgabe gestellt werden, die eine kreative Antwort erfordert und somit weder richtig noch falsch ist. Die Lösung der Aufgabe kann zum Beispiel in Form eines Textes, eines Bildes oder eines Videos erarbeitet werden, welche zuvor bei der Er- stellung der Aufgabe hinterlegt wurde. Bei dieser Art der Aufgabenstellung geht es weniger um das Aneignen von Wissen, sondern um die Vermittlung von Schlüsselkompetenzen, weshalb die Au/guben-Funktion keine Punkteverteilung zulasst. So kann eine kreative Aufgabe zum Beispiel die Teamfahigkeit starken, indem die Aufgabenstellung so formuliert ist, dass eine Lösung nur durch die Einbeziehung jedes Einzelnen erreicht werden kann. Das Ort finden basiert auf der Hinterlegung von Koordinaten, die die Lemenden aufsuchen müssen. Dafür kann zwischen zwei Modi gewahlt werden: Zum einen können Teilnehmer mithilfe eines Richtungspfeils zum hinter- legten Standort geführt werden (vgl. Abb. 3). Der Pfeil besitzt, anders als ein Kompass, keine Nordausrichtung, sondern zeigt in Richtung des zu erreichenden Standortes. AuEerdem berech- net die Funktion bei Bewegung die aktuelle Entfernung zum Ziel. Zum anderen wird die Mög- lichkeit einer Karte geboten, auf der den Teilnehmenden ihre aktuelle Position sowie die zu er- reichende Station angezeigt wird (vgl. Abb. 4). Auch bei dieser Variante wird die aktuelle Ent- femung zum Ziel mit angegeben. Für das Finden der Orte können ebenfalls Punkte vergeben werden, sofern diese bei der Erstellung des Bounds hinterlegt wurden. Jedoch ist bei dieser Auf­gabe zu beachten, dass auf dem mobilen Endgerat die GPS-Funktion aktiviert sein muss. Aller- dings ist dies kein Garant für eine genaue Ortung der eigenen Position, sodass es bei Ungenauig- keit, zum Beispiel ausgelöst durch eine hohe Bebauung, zu Schwierigkeiten bei der Durchfüh- rung auf Teilnehmerseite kommen kann. AuEerdem erfordert die Verwendung von GPS einen hohen Energieverbrauch, sodass bei einem langeren Bound die Laufzeit des mobilen Endgerats verringert werden kann (Hermes und Kuckuck 2016: 178 f.). Deshalb sollte bei der Erstellung des Bounds die Einbettung dieser GPS-basierten Aufgabe genau abgewogen werden. Neben den genannten Varianten der Ort /rnden-Funktion kann aber auch auf traditionelle Art und Weise ein Ort aufgesucht werden. So kann eine klassische Wegbeschreibung oder Adresse in ein Textfeld eingegeben werden, zu der die Lemenden mithilfe von StraEenschildern und anderen Hinweisen finden müssen. AuEerdem können auch einfache Karten im Bildformat hinterlegt werden, die zuvor unter OpenStreetMap erstellt wurden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eine weitere Funktion stellt das Code scannen dar. So können hier unter anderem QR-Codes generiert oder hinterlegt werden, für welche die Lemenden beim Einscannen weitere Punkte auf ihr Punktekonto erhalten können. Diese Aufgabenstellung eignet sich vor allem, wenn die Ler- nenden einen genauen Bliek auf eine am Standort vorkommende Besonderheit erhalten sollen. Der Code kann dann in der Nahe dieses Objektes angebracht werden, sodass bei Einscannen ein zusatzlicher „Info-Snack“ vermittelt wird. Zum Beispiel kann ein mit einer Inschrift versehener Backstein, der einen Teil zur Stadtgeschichte beitragt und sich beispielsweise auf einem Markt- platz befindet, als ein solcher dienen.

Die Umfrage erlaubt es den Lernenden, sich für eine Antwortmöglichkeit frei zu entscheiden. Sie kann eingesetzt werden, um persönliche Erfahrungen und Einstellungen der Teilnehmenden ab- zufragen, die einer Nachbereitung und Evaluation der Bildungsroute dienen können (Hermes und Kuckuck 2016: 178 f.). Ein Turnier kann gewahlt werden, sofern Lemende den Bound als Grup- pe durchführen. In einem inszenierten Wettbewerb treten zufallig ausgewahlte Teilnehmer ge- geneinander an. Als Gamification-Element (vgl. Kapitel 3.3) erreicht diese Funktion von Action­bound ein hohes Motivationspotenzial (Hermes und Kuckuck 2016: 178 f.).

Neben den inhaltlichen Einstellungen des Bounds kann auch der Bound-Charakter naher be- stimmt werden. Es kann zunachst eine Beschreibung eingefügt werden, um den Teilnehmenden vorab einen Einblick in die Thematik des digitalen Lehrpfades zu geben. AuEerdem kann die zu laufende Wegstrecke sowie die ungefahre Bearbeitungszeit angegeben werden, um die Teilneh­menden über den Aufwand des Durchgangs zu informieren. In einem nachsten Schritt können nun weitere Eigenschaften wie der Spielmodus (Einzel- oder Gruppenbound) und die Abschnitts- Reihenfolge (linear oder beliebig) festgelegt werden. Bei einem Gruppenbound gilt es zu beach- ten, dass ein mobiles Endgerat von mehreren Teilnehmern genutzt wird und somit auch der Lernerfolg geringer ausfallt als bei der Einzelverwendung. Es empfiehlt sich daher eine Klein- gruppengröEe von 3-5 Spielem pro mobiles Endgerat (Pekarek et al. 206: 2). Ein weiterer Aspekt ist die Einstellung des Kartenmaterials. Nachdem zwischen verschiedenen Ansichten der Karten ausgewahlt worden ist (z.B. OpenstreetMap, Google Maps, Stamen etc.), kann die Offline- Nutzung des Kartenmaterials bestimmt werden. Sofern diese bejaht wird, ermöglicht es den Teilnehmern, die Karten vor Beginn des Durchgangs herunterzuladen, sodass diese auch ohne aktive Internetverbindung genutzt werden können und somit kein Datenvolumen benötigen.

Die Umsetzung einer Actionbound Bildungsroute im Unterricht profitiert ebenso von der Funkti­on des Duplizierens. Hierbei kann ein Bound in einem einfachen Schritt ohne groEen Aufwand erneut angelegt und die einzelnen Abschnitte durch simples hin- und herschieben in eine andere Reihenfolge gebracht werden. Dies eignet sich besonders für gröEere Gruppen, die zur selben Zeit eine Bildungsroute bearbeiten und dabei nicht die gleichen Wege gehen sollen.

Unter dem Punkt Ergebnisse kann der Durchgang der Teilnehmenden in Einzelangaben eingese- hen und ausgewertet werden. Neben den Bewertungen, die die Spieler nach Beenden des Spiels abgeben können, ist auch eine Übersicht über die Anzahl der abgeschlossenen Durchlaufe und der Gesamtteilnehmer, des letzten Spieldatums, der mittleren Spielzeit und der mittleren Punkte 211 Seit e einzusehen. Für eine gezielte Gruppenauswertung können auch alle Angaben einer jeweiligen Gruppe angezeigt und anderen Ergebnissen gegenübergestellt und mit ihnen verglichen werden. Als Verwaiter des erstellten Bounds können auEerdem alle Medien, die wahrend der Tour aufge- nommen und hochgeladen wurden, zur Einsicht heruntergeladen werden. Von dieser Ergebnis- auswertung kann besonders die Verwendung von Actionbound im Unterricht einen Nutzen erzie- len. Ob in Form einer Ergebnissicherung im Plenum oder als Überprüfung und Feedback für die Lehrkraft kann sich dieser Funktion bedient werden. Letztlich empfiehlt es sich, vor der Anwen- dung ein Testdurchlauf durchzuführen, da mögliche Probleme erst am Standort zu erkennen sind (Hermes und Kuckuck 2017).

Implementierung von Actionbound in den Unterricht 1st der Bound entworfen, lasst er sich einfach in den Unterricht einbinden. Nachdem sicherge- stellt wurde, dass jede Gruppe ein mobiles Endgerat besitzt, kann die App im App Store kosten- los heruntergeladen werden. Der zuvor generierte QR-Code des erstellten digitalen Lehrpfades kann im Hauptmenü der App eingescannt werden, womit sich diese sofort öffnet. Damit wahrend des Durchgangs kein Datenvolumen benötigt wird, kann der Inhalt sowie die Karten im Schul- WLAN vorgeladen werden, wodurch sie auch offline zuganglich gemacht werden (Hermes und Kuckuck 2017, Pekarek et al. 2016). Eine weitere Möglichkeit, einen Bound zu finden bietet die Funktion Bound finden, bei der Bounds kategorisiert ausgewahlt werden können (z.B. Einzel- oder Gruppenbounds, Stadte oder Outdoor, SpaE oder Lernen, etc.) oder in der Nahe, welche durch Zugriff auf den eigenen Standort Bildungsrouten im unmittelbaren Umfeld ermittelt. Der eigene Bound kann zuvor als öffentlich oder geheim eingerichtet werden, womit der Zugriff Au- Eenstehender reguliert werden kann. Ebenso können auch die Ergebnisse der Bildungsroute ver- schlossen bleiben, sodass diese von niemandem auEer dem Verwaiter des Bounds eingesehen werden können. Dieser Datenschutz zeigt vor allem dann seine Wirkung, wenn der Lehrpfad Aufgaben enthalt, bei dem die Teilnehmenden selbst vor die Kamera treten.

Um einen gröEeren Lemerfolg bei den Schülem zu erreichen und einen wesentlichen Beitrag zur Methoden- und Medienkompetenz zu erwirken, kann ein Bound in einer Unterrichtsreihe auch von den Schülem selbst entwickelt werden (Beranek und Zwick 2015, Zwick et al. 2016). Neben der selbststandigen Recherche und dem Beschaffen von Informationen, werden gleichzeitig auch technische und gesellschaftliche Aspekte behandelt. Sie befassen sich unter anderem mit dem Frontend - also dem Erstellen des Bounds, der nur vom Administrator eingesehen werden kann - und Backend - der Teil, der letztlich vom Teilnehmer am mobilen Endgerat gesehen wird. Au- Eerdem stellen sie sich dem Umgang mit GPS sowie dem Finden von Koordinaten. Im Hinblick auf gesellschaftliche Fragestellungen werden die Schüler mit dem Thema „Überwa- chung/Ortungsfunktion“ konfrontiert, welche durch die Aktivierung der GPS-Funktion Zugriff auf private Daten ermöglicht. Durch das Veröffentlichen des Bounds müssen sich die Schüler auEerdem mit rechtlichen Aspekten wie dem Recht am eigenen Bild, Urheberrechten und Lizen- zen und dem Datenschutz auseinandersetzen, womit besonders ein verantwortungsbewusster Umgang mit Medien gefördertwird (Beranek und Zwick 2015: 222 ff.).

Durch diese digitale Lernmethode kann der Leminhalt interessanter und mit SpaEfaktor gestaltet werden (Pekarek et al. 2016: 1). Jedoch führt die bloEe Verwendung von Actionbound nicht zum gewünschten Lernerfolg. „Es geht also nicht nur um die Nutzung einer App an sich, sondern um die Frage, wie diese Technologie zusammen mit einem auf die App, die Inhalte, die Ziele und den Ort abgestimmten Design wirkliche Mehrwerte für die Nutzer bringt“ (Zwick et al. 2016: 16). Dabei bedient sich Actionbound den „Potentialen dieser Technologien in den Bereichen Mobilitat, Partizipation, Peer-to-Peer-Lemen, mobilem Internet und Augmented Reality" (Be­ranek und Zwick 2015: 217). Bei der konkreten Umsetzung in eine digitale Stadtrallye greift Actionbound auf Gamification-Elemente zurück, „deren Ziel es ist, Motivation und Begeisterung zu fördern, die das Lemen begünstigen" (Hermes und Kuckuck 2016: 176). In diesem Zusam- menhang steht auch das Game Design, welches die Struktur des Spiels versteht und somit auch maEgeblich Einfluss auf die Motivation der Lernenden nimmt (Zwick et al. 2016: 62 f.).

3 Gamification als Einflussfaktor auf die Lernmotivation

Bevor in diesem Kapitel der Terminus „Gamification" naher erlautert werden kann, bedarf es zunachst einer Einführung in die motivationspsychologischen Grundlagen, auf denen das Kon- zept der Gamification-Elemente basiert.

3.1 Motivationspsychologische Grundlagen

Der Begriff „Motivation" leitet sich von dem lateinischen Wort movere (dt.: „bewegen, veranlas- sen") ab und wird definiert als „[...] psychischer Prozess, der die Initiierung, Steuerung, Auf- rechterhaltung und Evaluation zielgerichteten Handelns leistet" (Götz 2011: 81). Richter et al. (2015) verwenden in ihrer Arbeit die Definition von Garris et al. (2002): „Motivation is de­monstrated by individual’s choice to engage in an activity and the intensity of effort or persis­tence in that activity" (Garris et al. 2002, zitiert nach Richter et al. 2015: 24). Gegenüber der ersten Definition nach Götz (2011) wird in der zweiten Begriffserklarung der Entscheidungsfrei- heit, sich einer Handlung zu widmen, besondere Bedeutung zugesprochen. Als hypothetisches Konstrukt kann man Motivation nicht sehen, sondern nur „anhand von Indikatoren im Verhaken, Denken und emotionalen Erleben erschlieEen" (Götz 2011: 81). Konkreter bezeichnet Lernmoti­vation als zielgerichtete Handlung folglich die Bereitschaft zu lemen. Bei der Entwicklung von Motivation wirken sich motivationale Tendenzen, aber auch Umwelteinflüsse, auf diese aus und bestimmen das MaE der Auswirkung mit.

Eine groEe Relevanz liegt dabei auf den Motiven und Bedürfnissen von Menschen, die eine Handlung veranlassen können. „Motive sind zeitlich überdauernde und interindividuell unter- schiedliche Praferenzen für bestimmte Verhaltensklassen und die mit diesen Verhaltensklassen einhergehenden subjektiven Anreize, insbesondere für das Erleben emotionaler Befriedigung" (McClelland 1987, zitiert nach Götz 2011: 94). Als Persönlichkeitsmerkmal bilden sich drei zentrale Motive heraus: das Leistungsmotiv, welches sich auf die persönliche Leistung bezieht und zum Beispiel zum Bearbeiten von Aufgaben mit höherem Schwierigkeitsgrad bewegt; das Anschlussmotiv, das durch soziale Eingebundenheit und Kooperation mit Mitmenschen antreibt; und das Machtmotiv, durch dessen Einfluss auf Kontrolle der Umwelt Wert gelegt wird. Diese drei zentralen Motive können im bestimmten AusmaE ausschlaggebend für Motivation sein und somit zum Ausführen einer Handlung bewegen (Götz 2011, Schlag 2009).

Weiterhin spielt auch die (Lern-)Zielorientierung der Person eine Rolle, die angestrebt wird, wenn als bewusstes Handlungsergebnis eine Kompetenzförderung oder ein Ausbau des eigenen Wissens hinsichtlich eines Lerngegenstandes erwartet wird. Ziele sind maEgeblich für den Lem- 24 1 Seit e prozess und entfalten vor allem beim selbstregulierten Lemen ihre Wirkung. Demgegenüber steht auch die Leistungszielorientierung, bei der die Lemenden nicht aufgrund der reinen Wis- senserweiterung angetrieben werden, sondern um sich vor anderen profilieren zu können (Götz 2011: 99 ff.).

Besonders im Hinblick auf die intrinsische Motivation, auf die in Kapitel 3.1.1 gesondert einge- gangen wird, ist auch das Interesse von Bedeutung. Unter Interesse wird in diesem Kontext eine Person-Gegenstands-Relation verstanden, die „[...] auf Gegenstande und Inhalte gerichtet [ist], mit [dem] sich Lemende beschaftigen“ (Stark und Mandi 2000: 99) und für die jeweilige Person von Bedeutung sind. Differenziert wird diese motivationale Tendenz in personales bzw. indivi- duelles Interesse und situationales Interesse (Götz 2011: 105). Ersteres meint eine dauerhafte Vorliebe, zum Beispiel ein Hobby, und kann daher auch folgenreich für den weiteren beruflichen Werdegang sein. Letzteres ist hingegen nur von temporarer Bedeutung und ist - wie die Be- zeichnung vermuten lasst - nur in einer bestimmten Situation wirksam. Als Beispiel fügt Götz (2011) einen interessanten Text in einem Lemarrangement an (Götz 2011: 105).

Neben den zuvor genannten motivationalen Tendenzen bestimmen aber auch Umwelteinflüsse das AusmaE der motivationsförderlichen Wirkung. So haben unter anderem Eltern durch ihre Erziehung einen wesentlichen Anted daran und auch das schulische Umfeld, insbesondere die Lehrkrafte und ihrer Gestaltung des Unterrichts, nehmen eine wichtige Rolle ein (Wasna 1976: 41). Innerhalb Peer-Groups wird Motivation durch Sozialisationseffekte beeinflusst, ebenso wie der Genderaspekt zu unterschiedlichen Auspragungen der Motivation hinsichtlich einer Hand­lung beitragt (Götz 2011: 122 ff.).

Es zeichnet sich also ab, dass Motivation ein grundlegendes Element für nachhaltiges Lernen ist (Zorn 2013: 58 f., 64 f.). So stellt eine motivationsförderliche Umgebung nicht nur günstige Be­dingungen zur Initiierung einer Handlung, sondern kann auch das Aufschiebeverhalten der Ler- nenden verringern sowie bei der Wahl eines geeigneten Schwierigkeitsgrades unterstützen. Zu- dem wird die Persistenz der Schüler gestarkt und veranlasst sie zu Durchhaltevermögen in Ler- narrangements. Somit gilt eine ausgepragte Lernmotivation, die die Lemenden zu einer effekti- ven Auseinandersetzung mit dem Lerninhalt veranlasst, als eine grundlegende Notwendigkeit für einen erfolgreichen Lernprozess und den damit einhergehenden Lemerfolg (Götz 2011).

3.1.1 Intrinsische und extrinsische Motivation

Eine Differenzierung hinsichtlich dieses Terminus entwickelten die Forscher Deci und Ryan und unterscheiden demnach zwischen intrinsicher und extrinsischer Motivation (vgl. Abb. 5). Erstgenanntes tritt ein, sofem eine Handlung um ihrer selbst willen ausgeführt wird und sich selbstbestimmt zur Initiierung dieser entschieden wird. Der Wert liegt somit in der Handlung selbst, da sie von der Person als interessant empfunden wird. Im Lernprozess kann sie Freude am Lemen bewirken und tragt damit eine groEe Bedeutung für die Padagogik (Götz 2011, Schlag 2009, Winteler 2000).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Selbstbestimmungskontinuum von handlungsbezogenen Werten (Quelle: vereinfacht nach Ryan und Deci 2000, zitiert nach Götz 2011: 90).

Im Gegensatz dazu auEert sich die extrinsische Motivation in einer konsequenztragenden Tatigkeit, die ausgeführt wird, „um damit positive Folgen herbeizuführen oder negative Folgen zu vermeiden" (Schiefele und Koller 1998: 193, zitiert nach Winteler 2000: 134). Dabei stehen die Folgen in keinerlei Beziehung zu der ausgeführten Handlung (Götz 2011, Schlag 2009, Winteler 2000). Ryan und Deci unterscheiden innerhalb dieser in selbstbestimmt-extrinsische, die noch eine persönliche Bedeutsamkeit für die Person tragt und u.a. durch ihre Nützlichkeit eine Wichtigkeit besitzt, und fremdbestimmt-extrinsische Motivation, deren Anreize eher durch auEere Faktoren (z.B. Inaussichtstellen einer Belohnung bei Absolvierung einer Aufgabe) sowie die Vermeidung von Strafen entstehen (Ryan und Deci 2000).

Jedoch schlieEen sich intrinsische und extrinsische Motivation nicht zwangslauEig aus, da extrinsische Motivation dort ansetzen kann, wo die Selbstbestimmung keine Anreize sieht (Götz 26 1 Seit e 2011: 89 f., Schlag 2009: 21 ff.). Obwohl Studiën belegen, dass die intrinsische Motivation deutlich förderlicher und nachhaltiger für die Lernmotivation ist und fremdbestimmt-extrinsische Motivation langfristig negative Auswirkungen für den Lernprozess bewirken kann, wird oftmals auf fremdbestimmte Einflüsse zurückgegriffen (Götz 2011, Wasna 1976). Setzt man bei der Gestaltung des Unterrichts die extrinsischen Motive aber in Verbindung mit dem Lernziel und stellt so einen Bezug zwischen der Folge und der Tatigkeit her, so kann trotzdem eine positive Verstarkung erreicht werden. Als Beispiel kann mit einer in Aussicht gestellten Belohnung die Teamfahigkeit und Sozialkompetenz gefördert werden, wenn die Belohnung als Bedingung eine Gruppenleistung unter Einbeziehung aller Mitglieder fordert.

Somit bleibt festzuhalten, das vor allem die intrinsische Motivation bei der Gestaltung der Lernarrangements berücksichtigt werden sollte, um positive Effekte der Lembereitschaft zu erreichen. Eine Klassifizierung dieser intrinsischen Motivation nehmen Malone und Lepper (1987) vor.

Taxonomie intrinsischer Motivation nach Malone und Lepper

In ihrer Taxonomie intrinsischer Motivation fassen Malone und Lepper (1987) motivierende Ein- flussfaktoren zusammen, die differenziert als interne und interpersonelle Elemente in die Ler- numgebung integriert werden können. Als interne Motivationsfaktoren nennen sie die Heraus- forderung, Neugierde, Kontrolle und Fantasie. Unter die Herausforderung (Challenge) fallen klar formulierte und bedeutsame Ziele, ebenso wie konstruktives Feedback, das Rückmeldung über die persönliche Leistung gibt. AuEerdem ermöglichen variable Schwierigkeitsstufen eine indivi- duelle Förderung und können das Selbstwertgefühl beim Erleben eigener Kompetenz steigem. Die Neugierde (Curiosity) bezieht sich auf graphische und auditive Effekte (sensorische Neu­gierde) sowie überraschende und unvollstandige Informationen (kognitive Neugierde), die zum weiteren Ausführen der Tatigkeit anstreben sollen. Weiterhin gilt auch Kontrolle (Control) als Einflussfaktor auf die Motivation, da sich Wahlfreiheit im Sinne des selbstgesteuerten Lemens, wie zuvor bereits genannt, positiv auf die Lembereitschaft auswirkt. Dies bezieht auch den Machtaspekt mit ein, der sich durch mögliche Einflussnahme der Geschehnisse auszeichnet. Der letzte Punkt der internen Motivationsfaktoren erganzt die Fantasie (Fantasy). Durch emotionale Aspekte kann der Wunsch einer Bedürfnisbefriedigung angeregt werden. AuEerdem wird die Vorstellungskraft durch kognitive Aspekte wie Metaphem oder Analogien erweitert, was den Gestaltungsraum des Lernarrangements enorm ausweitet (Malone und Lepper 1987, zitiert nach Knautz 2015: 156 ff.).

[...]


1 Hier und im Folgenden wird der Begriff „Schüler" als geschlechtsneutraler Plural für die Schülerschaft verwendet.

2 Seite

3 Hier und im Folgenden wird die Abkürzung „App“ für den Begriff „Application Software" verwendet.

4 Da einige Funktionen nur im Einzelbound möglich sind, können diese im vorgestellten Bound nicht einbezogen werden.

5 Im Kerncurriculum für das Land Niedersachen entfallt die Handlungskompetenz.

6 https://de.actionbound.com

Ende der Leseprobe aus 101 Seiten

Details

Titel
Mit Actionbound die Stadtgeschichte entdecken
Untertitel
Einfluss von Gamification auf die Lernmotivation im Kontext des location-based mobile learning anhand eines digitalen Lehrpfades im Geographieunterricht
Hochschule
Universität Osnabrück  (Institut für Geographie)
Note
1,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
101
Katalognummer
V911607
ISBN (eBook)
9783346225184
ISBN (Buch)
9783346225191
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit besteht aus einem wissenschaftlichen Theorieteil sowie einer eigenen empirischen Untersuchung (die Ergebnisse sind nicht repräsentativ, sondern wurden nur im Rahmen der Bachelorarbeit erhoben). Im Anhang finden sich neben einer exemplarischen Bildungsroute über Actionbound auch der Fragebogen im Hinblick auf Gamification-Elemente sowie die Ergebnisse der empirischen Erhebung.
Schlagworte
Actionbound, Gamification, Exkursion, Lernmotivation, Mobile Endgeräte, digitaler Lehrpfad, Geographieunterricht, Digitale Bildungsroute, location-based mobile learning, Stadtrallye, Digitales Lernen, Digitalisierung
Arbeit zitieren
Kim Willenbrock (Autor:in), 2017, Mit Actionbound die Stadtgeschichte entdecken, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/911607

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Mit Actionbound die Stadtgeschichte entdecken



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden