Der Kulturbegriff in verschiedenen Kontexten. Eine Ausarbeitung zu kulturellen, interkulturellen und transkulturellen Fragen


Hausarbeit, 2020

17 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung in die Hausarbeit
1.1 Hinführung zum Thema der Arbeit

2. Fragen zu „Konzepte interkultureller Pädagogik“ von Arnd-Michael Nohl
2.1 S. 17 -45 (Gruppe 3, S.34- 44)
2.2 S. 47-87 (Gruppe 1, S. 47- 51)
2.3 S. 89- 124 (Gruppe 2, S. 98- 110)
2.4 S. 131- 136 (Fragen zum Text aus Nohl)

3. Fragen zu „Wessen Wissen? Postkoloniale Perspektive auf Bildungsprozesse in globalisierten Zonen“ von Astrid Messerschmidt
3.1 S. 1-14 (Gruppe 2 S. 8- 14)

4. Filmanalyse „Der Rassist in uns“ (vgl. ZDFneo 2014)

5. Ausblick/Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einführung in die Hausarbeit

1.1 Hinführung zum Thema der Arbeit

In der folgenden Hausarbeit soll der Begriff der Kultur in verschiedenen Kontexten gesehen werden. Besonders wichtig ist dabei, dass Kultur als mehrdimensionaler Begriff verstanden wird, was bedeutet, dass sich die Begriffsbedeutung nicht nur auf Ethnie und Nation beschränkt. Es stellt sich die Frage, wie wir Menschen uns voneinander unterscheiden und welche Faktoren zur Unterscheidung führen. Darüber hinaus soll nicht nur die bloße Unterscheidung voneinander thematisiert werden, sondern auch die Diskriminierung innerhalb einer Gesellschaft. Wie wird diskriminiert und gibt es unterschiedliche Arten der Diskriminierungen? Wenn wir diskriminieren, wer genau darf dann zu der Gruppe dazu gehören, die diskriminiert? Der Mensch soll als Kulturwesen gesehen werden, der seine Umwelt durch diese Haltung heraus formt und betrachtet. Im Laufe der Arbeit wird auch immer wieder Bezug auf die pädagogische Ebene genommen, da interkulturelle Kompetenzen fachübergreifend im Lehrplan verankert sind.

Im Laufe des Seminars wurden verschiedene Texte behandelt, zu denen jeweils unterschiedliche Fragen gestellt worden sind. Die Hausarbeit liefert die Antworten zu den Fragen, daher beziehen sich die verschiedenen Abschnitte immer auf unterschiedliche Texte bzw. unterschiedliche Fragen.

Im ersten Teil der Arbeit werde ich mich mit dem Gesellschaftmodell von Schrader et. al. und dem Modell von Herder befassen. Die beiden Modelle werden miteinander verglichen und es folgt eine kritische Auseinandersetzung. Der darauffolgende Abschnitt befasst sich mit der interkulturellen Pädagogik und der Ausländerpädagogik. Beide pädagogischen Ansätze werden in Zusammenhang mit der pädagogischen Entwicklung in Deutschland gesehen. Weiterhin werde ich mich mit Diskiminierungsmechanismen auseinandersetzen und später das Intersektionalitätsmodell untersuchen. Nach einer darauffolgenden Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus werde ich abschließend ein Projekt in Form eines Selbstversuchs zum Thema „Diskriminierung“ analysieren.

2. Fragen zu „Konzepte interkultureller Pädagogik“ von Arnd-Michael Nohl

2.1 S. 17 -45 (Gruppe 3, S.34- 44)

Mit dem Gesellschaftsmodell der Assimilationspädagogik möchten Schrader et. al. die expliziten und impliziten Grundannahmen der Assimilationspädagogik herausarbeiten (vgl. Nohl 2015:34). Es entsteht auf diese Weise ein Modell, welches zeigt, dass Kinder aus Migranten- und Minderheitsfamilien in der deutschen Gesellschaft defizitär und kompensationsbedürftig wirken (ebd.). Grund dafür ist die soziale Stabilität, die durch homogene Werte und Normen in unserer Gesellschaft entsteht (ebd.). Probleme der Sozialisation werden auf Seiten der Kinder identifiziert und nicht auf der Seite der „deutschen Kultur“, denn diese gilt als nicht hinterfragbar und einheitliche Größe (vgl. Nohl 2015:35). Ausgangspunkte für Schrader et. al. ist das Sozialisationsmodell von Parson und die Sozialisationstheorie von Claessen.

Die Kernfrage Parsons besteht darin, welche Funktion einzelne Elemente, wie z.B. Rollen, Institutionen oder auch einzelne Personen in unserem Gesellschaftssystem haben (ebd.). Die Gesellschaft wird von ihm als ein einheitliches System gesehen, welches aus vielen Elementen der Gesellschaft besteht. Kern dieses Systems sind gemeinsame Werte und Normen, nach denen jedes einzelne Element handelt (ebd.). Es handelt sich also um ein geschlossenes System, welches von innen heraus bestimmt wird und in dem Regeln für den Zusammenhalt sorgen. Folgen für die Integration sind, dass die Partizipation nicht nur innerhalb einer Gesellschaft stattfinden muss, sondern innerhalb einer Kultur (vgl. Nohl 2015:36). Integration ist somit eine Voraussetzung von Assimilationsvorgängen. Die bloße Integration ermöglicht eine Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen wohingegen die Assimilation die „[…] Übernahme von gesellschaftlichen Normen und Werten […]“ darstellt (Nohl 2015:36).

Mit diesem Modell verknüpfen Schrader et. al. die Sozialisationstheorie von Claessens. Claessens untersucht die Rolle der Familie innerhalb der Gesellschaft und kommt zu dem Schluss, dass die Familie als erste Instanz Werte und Normen weitergibt und vermittelt. Innerhalb der Familie werden Werte in konkrete Situationen eingebettet und so nicht nur als bloße Theorie gelehrt (ebd.). Es entsteht auf diese Weise die Primäridentität von Kindern, welche nie mehr abgelegt werden kann. Das Hineinwachsen in eine Familie ist daher auch mit dem Hineinwachsen in eine Gesellschaft gleichzusetzen. Claessons unterscheidet darüber hinaus innerhalb des Sozialisationsprozesse zwischen „Soziabilisierung“, „Enkulturation“ und „sekundärer sozialer Fixierung“ (vgl. Nohl 2015:37). „Soziabilisierung“ meint das Entstehen eines Urvertrauens in einen Menschen (ebd.). „Enkulturation“ beschreibt den Prozess der Zuwendung von einem Kind zu seiner Familie und der Verwandtschaft (ebd.). Die „sekundäre soziale Fixierung“ ist die Übernahme und das Einüben sozialer Rollen und somit die Integration in eine Gesellschaft (ebd.).

Schrader et. al. sehen die Sozialisation von Migrantenkinder innerhalb von drei unterschiedlichen Enkulturationsprozessen, die die Sozialisation und Integration mit dem Einreisealter verknüpfen (vgl. Nohl 2015:38). Es gibt zum einen die „abgeschlossene monokulturelle Enkulturation“ durch welche Kinder nicht nur von der Familie, sondern auch von der Schule sozialisiert worden sind (ebd.). Die grundliegende Persönlichkeit von solchen Kindern ist bereits komplett ausgebildet, wodurch diese Kinder nur noch ihr soziale Rolle ändern können, ihre Weltorientierung aber unveränderbar bleibt. Kinder, die bereits im Vorschulalter in die Bundesrepublik einreisen, werden aus ihrem Sozialisationsprozess herausgerissen und erleiden so ein „Entkulturationsdefizit“, wodurch sich die Basispersönlichkeit entweder mit der Heimat- oder mit der Fremdenkultur identifizieren kann (vgl. Nohl 2015:39). Kleinstkinder wachsen sowohl in die Fremdkultur hinein als auch in die Heimatkultur, wobei die letztere weniger ausgeprägt ist (ebd.). Auf diese Weise wird eine vorläufige Basispersönlichkeit entwickelt, welche jedoch immer noch verändert werden kann. Nur Kleinstkinder haben daher die Möglichkeit sich in eine neue Kultur komplett zu assimilieren (ebd.).

Vergleicht man nun das Modell von Schrader et. al. mit dem Modell von Herder fällt auf, dass beide Modelle von einem Kern als Mittelpunkt ausgehen. Sie begreifen die Gesellschaft als ein in sich geschlossenes System, in dem die Familie eine wichtige und zentrale Rolle spielt, da diese Werte, Regeln und Gesetze an die nachfolgenden Generationen weitergeben. Das Modell von Schrader et. al. lässt im Gegensatz zu dem Modell Herdes einen größeren Raum für die Integration. Herder fasst Gesellschaften als Kugeln auf, die lediglich aneinander anstoßen können (vgl. Welsch 2010:2). Schrader et. al. lässt durch die idealtypischen Enkulturationsprozesse mehr Raum für Integration innerhalb von Gesellschaften. Je schwächer Migrantenkindern in die Herkunftskultur einsozialisiert sind, desto leichter fällt eine affektive Identifizierung mit den Normen und Werten der Aufnahmegesellschaft (vgl. Nohl 2015:41). Aber auch, wenn sich Migrantenkinder auf Grund einer bereits fortgeschrittenen Sozialisierung nicht komplett integrieren können, besteht die Möglichkeit der instrumentellen Integration (ebd.). Nichts desto trotz sehen beide Modelle die Stabilität der Gesellschaft in einem stabilen Kern, der aus Normen und Werten besteht. Nichtassimilierte Migranten bedrohe die Stabilität einer Gesellschaft in beiden Modellen.

Ein kritischer Aspekt, den ich bei dem Modell von Schrader et. al. sehe ist der, dass bei vielen Migranten die Primäridentität und die Sozialisation ihres Heimatlandes nicht verloren geht. Daraus entsteht ein Konflikt innerhalb der verschiedenen Identitäten oder auch mit der deutschen Identität. Migranten sind dazu gezwungen sich zu integrieren und zu assimilieren, damit die deutsche Identität nicht verloren geht. Müssen dann Migranten, die sich nicht komplett assimilieren können, als Feinde betrachtet werden? Dies würde wiederum nationalistische Tendenzen widerspiegeln. Weiterhin stellt sich die Frage, was genau die deutsche Leitkultur überhaupt ist. Gibt es eine einheitliche deutsche Leitkultur die unveränderlich ist oder sind Migranten mit einer anderen Kultur, die in Deutschland leben, inzwischen Teil der deutschen Leitkultur?

Allgemein sind die Ausländerpädagogik und das Gesellschaftsmodell immer noch sehr aktuelle Themen. Der deutsche Schulunterricht ist durch einen hohen Migrationsanteil von einer großen sprachlichen Vielfalt geprägt, wodurch die Gesellschaft aktiv mit diesem Thema konfrontiert wird. Darüber hinaus schafft auch das Internet eine große Vernetzung zwischen Gesellschaften. Auf diese Weise ist es möglich trotz großer Entfernungen mit Personen anderer Gesellschaften und Kulturen zu kommunizieren, was wiederum die eigene kulturelle Sozialisation prägt und verändert. Auch die Politik muss über die Grenzen von Gesellschaften hinaus miteinander kommunizieren können.

2.2 S. 47-87 (Gruppe 1, S. 47- 51)

Die deutsche Variante der interkulturellen Pädagogik kann als Nachzügelmodell verstanden werden, da sich die Anerkennung und Unterstützung der kulturellen Vielfalt in Deutschland erst sehr spät entwickelt hat. Ende der 70er Jahre gab es erste Modelle, welche dann erstmalig in den 80er Jahren etabliert worden sind. Erst Ende der 90er Jahre wurden Modelle zur kulturellen Vielfalt, auf Grund von internationalem Druck, praktisch etabliert. Dieser langwierige Prozess hing mit einer lang andauernden Anerkennung der Wissenschaft zusammen.

Aus der assimilatorischen Ausländerpädagogik hat sich die interkulturelle Pädagogik heraus entwickelt (vgl. Nohl 2015:51). Grund dafür ist, dass die Ausländerpädagogik auf die Assimilation setzt und so Sprachen und Kulturen von Einwanderungskindern direkt als defizitär bezeichnet. Für die Ausländerpädagogik stellt die deutsche Kultur eine homogene Kultur dar, an die sich Migranten anpassen müssen. Da die homogene Kultur an einer ethischen und nationalen Zugehörigkeit festgemacht wird, unterstützt sie die kulturelle Vielfalt nicht. Die „Defizite“ von Einwanderern, wie beispielsweise Sprache und Kultur, müssen daher der deutschen Kultur angepasst werden. Man könnte die Ausländerpädagogik mit dem Modell des „melting pot‘s“ (USA) vergleich, in dem Menschen verschiedener Kulturen gemischt werden und eine gemeinsame Einheit, mit einer gemeinsamen Kultur, ergeben. Die Menschen besitzen danach keine individuelle Kultur mehr, sondern sind alle „gleich“.

In Deutschland hat sich auf Grund der gesellschaftlich fortschreitenden multikulturellen Entwicklung die interkulturelle Pädagogik etabliert (ebd). Die Multikulturalität der deutschen Gesellschaft ist eine Folge von Einwanderungen (ebd.). Im Gegensatz zur Ausländerpädagogik arbeitet die interkulturelle Pädagogik nicht mit Assimilation, sondern mit Integration. Sie setzt auf ein homogenes Kulturkonzept, in dem die Kulturalität affirmiert wird. Zu vergleichen wäre die interkulturelle Pädagogik mit dem Konzept der „salat bowl“ (Canada). In diesem Konzept kommen Menschen verschiedener Herkünfte zusammen und bilden eine Einheit in der jede Person individuell (eigene Kultur und Sprache) bleibt.

Wenn man von einer kulturell vielfältigen Gesellschaft spricht, spielen vor allem die Begriffe Multikulturalismus, multikulturelle Gesellschaft, Ethnie und Nation eine große Rolle. Unter einer multikulturellen Gesellschaft versteht man ein friedliches Zusammenleben verschiedener Kulturen, die sich in Nation, Ethnie, Sprache und Religion unterscheiden. Multikulturalismus lässt sich in deskriptiv und normativ unterscheiden. Wenn man Multikulturalismus deskriptiv versteht bezeichnet dieserBegriff das Vorhandensein von verschiedenen Kulturen in einer Gesellschaft. Das normative Verständnis lässt sich wiederum in ein positives und negatives unterteilen. Mit einem normativen, positiven Verständnis meint man die Anerkennung und den offensiven Umgang mit einer kulturellen Vielfalt. Normativ, negativ ist das Wort Multikulturalismus mit dem umgangssprachlichen Wort „Multikulti“ gleichzusetzen, was eine Ablehnung der kulturellen Vielfalt bezeichnet. Der Begriff der Ethnie bezeichnet einen Volkstamm oder eine Volkszugehörigkeit. Nation ist zweierlei zu verstehen. Es kann zum einen ein Staatswesen (Nationalstaat) mit einer gemeinsamen Kultur und einer gemeinsamen Politik meinen oder aber auch eine Volksgruppe oder einen Volksstamm.

2.3 S. 89- 124 (Gruppe 2, S. 98- 110)

Um Diskriminierung nachvollziehen zu können entwickeln Gomolla und Radtke einen Ansatz, der davon ausgeht, dass Diskriminierung nicht aus Vorurteilen oder bösen Absichten heraus entsteht kann (vgl. Nohl 2015:95). Die beiden Autoren gehen davon aus, dass Diskriminierung auch in Form einer institutionalisierten Diskriminierung fest in unserer Gesellschaft verankert ist und in dieser Form den Zweck hat, Normen und Werte einer Gruppe zu wahren. Unter Institution ist in diesem Fall nicht nur eine bestimmte Organisation gemeint, sondern auch einzelne Familien oder die Wirtschaft (vgl. Nohl 2015:96). Aus diesem Ansatz lassen sich bestimmte Mechanismen und Effekte ableiten, aus welchen die institutionalisierte Diskriminierung besteht. Zu den Mechanismen zählen vier Arten von Diskriminierung: die isolierte Diskriminierung, die Diskriminierung durch kleine Gruppen und die direkte und indirekte institutionalisierte Diskriminierung (ebd.).

Unter diesem Aspekt soll im Folgenden die Institution Schule betrachtet werden. Grundliegend ist hierbei die Frage, wie Kinder in den Organisationsprozessen von Schulen diskriminiert werden und wie sich die Struktur des Organisationshandelns gestaltet (vgl. Nohl 2015:99). Aus dieser Betrachtung soll letztlich erkenntlich werden, wie das öffentliche Gut der Bildung verteilt wird.

Für diese Analyse ist die Schule zunächst in ihrer Funktion als Institution zu betrachten. Die Organisation der Schule produziert gute und schlechte Schüler, doch dies sind lediglich konstruiere Wahrnehmungen (ebd.). Ob ein Schüler gut oder schlecht ist, ist letztlich nur ein Resultat von dem, was die Organisation der Schule aus einem Schüler gemacht hat. Entscheidungen der Schule hängen von formalen und funktionalen Merkmalen ab, welche in offizielle und inoffizielle Regeln geteilt werden (ebd.). Zu den formalen Regeln zählt beispielsweise, dass wir in Deutschland ein bestimmtes Schulsystem haben, nach dem sich eine Schule richten muss oder, dass Lehrer bestimmte Einstellungsvorraussetzungen erfüllen müssen, um an einer bestimmten Schule unterrichten zu können. Auf Grundlage dieser Regeln wird klassifiziert welcher Schüler auf welche Schule oder in welche Klasse kommt und welcher Lehrer an welcher Schule unterrichten darf. Diese Entscheidungen basieren allerdings nicht darauf, was für die Schüler am besten ist (vgl. Nohl 2015:100). Auf diese Weise werden lediglich Leistungen der SuS berücksichtig, nicht aber unterschiedliche Schichtzugehörigkeiten, wodurch eine Ausgrenzung gefördert wird. Ein weiteres Problem stellen die Wissensbestände der Organisationen dar. Die Schule handelt nur im Rahmen ihrer Wissensbeständen, den sie kennt (ebd.). Diese Wissensbestände bestehen aus Erziehungswissenschaften, dem Verwaltungshandeln, der eigenen Geschichte und dem Allgemeinwissen (ebd.). Jede Schule und auch jede Lehrkraft ist für den Umfang und die Aktualität ihres Wissensbestandes selbstverantwortlich. Lehrkräfte erstellen unter diesen Voraussetzungen Leistungsbewertungen und legen fest welche Kompetenzen vermittelt werden und welche nicht. Es werden „Standards“ festgelegt die die Schülerinnen und Schüler erfüllen müssen. Zu diesen „Standards“ zählen z.B. die Auswahl von Büchern, die im Deutschunterricht gelesen werden.

Ein weiterer Aspekt, unter dem die institutionalisierte Diskriminierung betrachtet werden kann, ist die Ungleichheit von einheimischen Kindern und Migrantenkindern in Schulstatistiken. Hierbei geht es Gomolla und Radtke um einen Nachweis indirekter Diskriminierung, durch die Organisation der Schule, von ausländischen Kindern (vgl. Nohl 2015:102). Statistiken müssen für diesen Nachweis einen Unterschied zwischen deutschen und ausländischen Kindern aufweisen, der sich auf die Arbeitsstrukturen und Handlungen der Schule zurückzuführen lässt (ebd.). Die Autorinnen haben hierfür eine Untersuchung in der Bielefelder Schullandschaft durchgeführt deren Ergebnisse auch auf andere Strukturen übertragbar sein sollen. Betrachtet wurden in der Untersuchung demographische Veränderungen, gesellschaftspolitische Entscheidungen und pädagogische Programme in dem Zeitraum von 1980 bis 1990. Demographische Veränderungen haben in den Jahren ergeben, dass es einen hohen Anstieg ausländischer SuS gegeben hat. Gleichzeitig hat sich der Zuwachs an Gymnasien erhöht und der Zuwachs an Hauptschule deutlich verringert (vgl. Nohl 2015:103). Es hat sich allerdings herausgestellt, dass deutlich mehr deutsche SuS von diesen Übergangschancen profitierten haben und ein höherer Anteil ausländischer SuS eine Überweisung an Sonderschulen erhielt. Grund dafür ist eine Veränderung im organisatorischen Handeln der Schulen (vgl. Nohl 2015:104). In den Stadtbezirken, wo die ausländische Bevölkerung wohnte wurde das Schulangebot verschlechtert und durch die Abschaffung der Vorbereitungsklassen wurden immer mehr ausländische SuS in Sonderschulen überwiesen.

Mit Hilfe einer Argumentationsanalyse soll die legitimatorische Sinnzuschreibung des Organisationshandelns untersucht werden. Es soll auf diese Art und Weise versucht werden, Entscheidungsprozesse zu erfassen und die Zuschreibung von Sinn zu rekonstruieren (vgl. Nohl 2015:105).

2.4 S. 131- 136 (Fragen zum Text aus Nohl)

Das Modell der Intersektionalität geht von einem mehrdimensionalen Kulturbegriff aus, der nicht rein ethisch verstanden wird (vgl. Nohl 2015:131). Das bedeutet, dass nicht nur Kulturen auf Grund von ethischen Aspekten voneinander unterschieden werden können, sondern man auch innerhalb einer Kultur, auf Grundlage von anderen nicht ethischen Aspekten, unterscheiden kann. Intersektionalität geht davon aus, dass Diskriminierung in einer Kultur mehrere Ursachen haben kann also, dass eine Person aus mehreren Gründen gleichzeitig diskriminiert werden kann beispielsweise aus sexistischen und rassistischen Gründen gleichzeitig. Jede Art von Unterdrückung entsteht aus einer anderen Form der Suborientierung heraus, wodurch die unterschiedlichen Formen der Unterdrückung eine Verbindung eingehen und die diskriminierte Person aus mehreren Gründen machtlos ist (vgl. Nohl 2015:132). Neben den geläufigen Unterdrückungen wie Rasse, Klasse und Gender gibt es eine Reihe weiterer hieratischer Differenzlinien zwischen denen unterschieden werden kann. Diese schließen Kategorien, wie zum Beispiel Alter, Besitz oder gesellschaftlichen Entwicklungsstand ein. Jede Kategorie hat einen anderen Grunddualismus (beispielsweise bei der Kategorie Geschlecht wird in männlich und weiblich unterschieden). Fraglich ist hierbei, wie eine mehrfache Unterdrückung bekämpft werden kann. Müssen die Diskriminierungen getrennt voneinander oder gemeinsam bekämpft werden?

Die Intersektionalität geht davon aus, dass Diskriminierung der Grund dafür ist, dass Differenzen zwischen Menschen geschaffen werden. Dadurch, dass jede Unterdrückung einen anderen Ursprung hat, hat auch jede Unterdrückung eine andere Gewichtung (vgl. Nohl 2015:133). Diese Gewichtung hängt von der sozialen Ebene ab, aus der die Unterdrückung entspringt (Kultur, Gesellschaft, Identitäsbildung oder Repräsentationsebene) (ebd.). Aber auch innerhalb der sozialen Ebenen, wo eine Gesellschaft eine Kultur bildet, lässt sich ein mehrdimensionales, habitualisiertes Wissen nachweisen (vgl. Nohl 2015:134). Jede Generation, jedes Geschlecht, jede Religion usw. innerhalb einer Kultur hat unterschiedliche Gewohnheiten, wodurch die Unterdrückung bereits innerhalb einer Kultur stattfinden kann, auf Grund von mehreren Kulturdimensionen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Der Kulturbegriff in verschiedenen Kontexten. Eine Ausarbeitung zu kulturellen, interkulturellen und transkulturellen Fragen
Hochschule
Europa-Universität Flensburg (ehem. Universität Flensburg)
Note
1,3
Jahr
2020
Seiten
17
Katalognummer
V912519
ISBN (eBook)
9783346232717
ISBN (Buch)
9783346232724
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kulturbegriff, kontexten, Kultur
Arbeit zitieren
Anonym, 2020, Der Kulturbegriff in verschiedenen Kontexten. Eine Ausarbeitung zu kulturellen, interkulturellen und transkulturellen Fragen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/912519

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