Die Problematik der Phraseologismen in der deutschen Sprache

Ein Überblick


Term Paper (Advanced seminar), 2007

19 Pages, Grade: 2,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Vorwort – Phraseologie im Alltag?

1. Einführung in die Grundbegriffe
1.1. Was bedeutet der Begriff Phraseologismus?
1.2 Drei wichtige Merkmale der Phraseologie: Polylexikalität, Festigkeit und Idiomatizität nach Burger

2. Klassifikation und Terminologie
2.1. Dreiteilung der Phraseologismen
2.2. Unterteilung der referentiellen Phraseologismen
a) Feste Phrasen
b) Topische Formeln
(1) Sprichwörter
(2) Gemeinplätze

3. Spezielle Kategorien
3.1. Sytaktische Klassifikation
3.2. Modellbildungen
3.3. Zwillingsformeln
3.4. Komparative Phraseologismen
3.5. Kineogramme
3.6. Geflügelte Worte
3.7. Autorphraseologismen
3.8. Onymische Phraseologismen
3.9. Phraseologische Termini

4. Hauptprobleme der Semantik
4.1. Die spezielle Differenzierung der Phraseologismen
4.2. Die Motiviertheit

5. Hauptprobleme der Semantik II: Die Metapher
5.1. Allgemeine Definition der Metapher
5.2. In welchem Zusammenhang stehen Metaphorik und Idiomatik?
5.3. Die „Quelle“ als Beispiel für eine Metapher:
5.4. Die Idiomatizität metaphorischer Begriffe

6. Fazit

Literaturverzeichnis

Vorwort – Phraseologie im Alltag?

Redewendungen, Redensarten oder Sprichwörter begegnen uns stets im Alltag, obwohl man meistens nicht genau weiß was sie bedeuten oder welchen Ursprung sie tragen. Für die meisten deutschsprachigen Menschen, gehören solche Ausdrücke einfach zur Alltäglichkeit dazu. Doch was ist eigentlich der Unterschied zwischen einer Redewendung und einer Redenart? Gehören die zu letzt genannten Begriffe überhaupt zur Fachsprache? Oder handelt es sich nur um verallgemeinernde Ausdrücke der Umgangssprache? Diese Hausarbeit wird sich im Folgenden mit solchen festen Fügungen und Wendungen einer Sprache beschäftigen und diese näher erforschen. Dennoch gilt es zunächst den Grundbegriff der Phraseologie zu definieren.

Die Redenart „Hand aufs Herz legen“ ist sicherlich jedem bekannt, doch was steckt dahinter? Erstmal lässt sich eine wörtliche Bedeutung nicht verleugnen, man kann sich tatsächlich die Hand auf das Herz legen. Es könnte lediglich eine Geste sein, die keinen Zweck erfüllen soll. Allerdings lässt sich die Geste auch einfach interpretieren, wenn sie aus dem Kontext erfasst wird. Der Grund könnte in vielerlei Hinsicht ermittelt werden. Die Geste könnte z.B. für eine Erkrankung am Herzen stehen oder auch für den Herzschmerz wegen einer unglücklichen Situation. Letztendlich handelt es sich um eine übertragende Bedeutung, die im Volkmund bekannt ist: „ehrlich zu einem anderen Menschen zu sein“. Solche und ähnliche Bespiele sollen das Thema Phraseologie einleiten. Phraseologie [griech.-lat .: phrasis entspricht rednerischer Ausdruck][1] ist die, Zusammenstellung und Lehre von festen Fügungen, Wendungen, Wortverbindungen und Redewendungen einer Sprache.[2] Die semantische Entwicklung der Wortfamilie ist negativ konnotiert durch den französischen Ausdruck Phrase, aus dem 17.Jahrhundert, welcher neben der Bedeutung „rednerischer Ausdruck oder Redewendung“ auch eine negative Bedeutung trägt „nichts sagende, inhaltleere Redensart“. Diese Belege lassen sich auch in älteren Fremdwörterbüchern (inhaltleere Schönrederei und Neigung dazu) des Deutschen finden. In neueren Exemplaren ist allerdings ein Wandel der Bedeutung zu erkennen, indem es neuen Erkenntnissen zugeordnet wird, als „feste Wortverbindung oder Redewendung“.[3] Mit dieser Teildisziplin der Linguistik wird der Gesamtbereich der Phraseologismen bezeichnet. Diese werden im folgenden Kapitel näher erläutert.

Die folgende Arbeit soll sich näher mit der Phraseologie auseinander setzen und ihre verschieden Facetten aufzeigen.

1. Einführung in die Grundbegriffe

1.1. Was bedeutet der Begriff Phraseologismus?

Der Phraseologismus ist eine feste sprachliche Wendung, deren Gesamtbedeutung sich nicht mehr aus den Bedeutungen der einzelnen Komponenten erschließen lässt, sondern eine Umdeutung erfahren hat. Die ursprüngliche Motivation ist verloren gegangen.[4] Phraseologismen bestehen immer aus mindestens zwei Wörtern (Guten Tag, Hab und Gut oder Die Sprache ist das Haus des Seins). Meistens handelt es sich um Kombinationen mehrerer Wörter, die immer wieder auftauchen und jedem Deutschsprechenden ein Begriff sind. Ihre lexikalischen Bestandteile werden als Komponenten bezeichnet. Außerdem lassen sich die Phraseologismen in viele Kategorien und Subkategorien unterteilen, doch diese werden erst im weiteren Verlauf näher erläutert. Einige geläufige Ausdrücke aus der Alltagssprache wie das Sprichwort (Gut Ding will Weile haben), die Redewendung (der Ofen ist aus) oder die Redensart (etwas ausgefressen haben) werden als wissenschaftlichen Termini übernommen. Allerdings nicht völlig grundlos, der Begriff Redenart lässt bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen, wo er erstmalig eine landschaftliche Sprachvariante bezeichnete. Gottsched verwendete den Ausdruck recht allgemein für Wortverbindungen oder Wortgruppen bis die Redensart ihre jetzige Bedeutung erhielt: „verbaler, prägnanter und bildhafter Ausdruck, der im Unterschied zum Sprichwort in einen Satz eingebettet werden muss“.[5] „Der Terminus Redensart spiegelt die wissenschaftsgeschichtliche Entwicklung insofern wider, als die hier behandelten sprachlichen Erscheinungen zunächst vor allem unter dem Gesichtswinkel des Sprichwortes und verwandter Phänomene Beachtung fanden.“[6]

Zusammenfassend lässt sich für die deutsche Sprache eine allgemeingültige Definition formulieren: Phraseologismen „(...) sind dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht aus der Interpretation ihrer Einzelteile zu verstehen sind, oder so fest in ihrer Fügung zusammengewachsen sind, dass sie gleichsam erstarrt, nur in dieser Form gebraucht werden“[7].

1.2 Drei wichtige Merkmale der Phraseologie: Polylexikalität, Festigkeit und Idiomatizität nach Burger

Die wichtigsten Merkmale der Phraseologismen sind die Polylexikalitität, die Festigkeit und die Idiomatizität. Die Polylexikatiltät zeichnet sich dadurch aus, dass der Phraseologismus aus mehr als einem Wort besteht. Die obere Grenze ist nicht definiert, weil die Ausdehnung des Phrasems normalerweise nicht lexikalisch, sondern syntaktisch festgelegt ist. Meistens gilt der Satz als obere Grenze phraseologischer Verbindungen. Kurze Texte wie Sprüche, Gedichte oder Gebete, die aus mehr als einem Satz bestehen, können auch unter die Kategorie der Phraseologismen fallen, allerdings nur unter der Konzession, dass sie zum Sprachgebrauch größerer Gruppen oder ganzer Generationen gehören.

Die Festigkeit zeichnet sich als besonders interessantes Kriterium aus. Wichtig hierbei ist, wie Menschen sich Redewendungen oder Redensarten merken und sie trotz Fehlern erkennen können? Der negativ konnotierte Begriff Fehler lässt sich leicht durch ein Bespiel erklären. „Da drücken wir Ihnen alles Gute.“ Das war zwar richtig gemeint, aber es wurden zwei Aussagen miteinander vertauscht bzw. in eine verknüpft. Der Sprecher hat sicherlich zwei Glückwünsche im Kopf gehabt und eine Mischform daraus gestaltet. Gemeint sind die Aussagen: „Da drücken wir Ihnen die Daumen“ und „Da wünschen wir Ihnen alles Gute“ – trotz der Mischform, versteht jeder Deutschmuttersprachler diese Aussage richtig. Schwieriger stellt es sich bei deutschsprachigen Ausländern dar. Diese könnten diese Aussage für richtig halten und würden den Fehlern wahrscheinlich nicht bemerken. Im Hinblick auf meine Arbeit habe ich einige Tests durchgeführt und solch misslungene Versprecher mit deutschsprachigen Ausländern besprochen. Diese Passagen wurden letztendlich in ein alltägliches Gespräch eingeflochten. Ich bemühte mich den Fehler nicht offensichtlich zu korrigieren. Er wurde tatsächlich in den meisten Fällen nicht bemerkt und wenn man jemanden direkt darauf aufmerksam gemacht hat, wurde der Versprecher nicht unbedingt entschlüsselt. Allerdings werde ich im weiteren Verlauf der Arbeit nicht näher auf diese Aspekte eingehen. Festigkeit ist ebenfalls ein schwer überprüfbares Kriterium, da man nicht genau festlegen kann welche Phrasen allen deutschsprachigen Menschen bekannt sind oder sich im Gebrauch befinden. Der wichtigste Aspekt ist hierbei auch der ständige Wandel einer Gesellschaft. Diese erlebt von Generation zu Generation viele Neologismen, womit die gängigen Formen wiederum „veraltet“ sind. Mit dem Rückgriff auf Wörterbücher lässt sich das Problem nicht eindeutig lösen, weil Wörterbücher lexikalisches Material beinhalten, dass dem aktuellen Sprachzustand nie entsprechen könnte. So lassen sich zwei Ebenen der Festigkeit unterschieden, zum einen die Psycholinguistische und zum anderen die Strukturelle. Der Phraseologismus wird mental als eine einheitliche Verbindung gespeichert oder im Gegensatz dazu baut sich die strukturelle Festigkeit darauf auf, dass sie die Phraseologismen den freien Wortverbindungen entgegenstellt.

Das letzte wichtige Merkmal der Phraseologie ist die Idiomatizität. Mit diesem Begriff werden „irreguläre Verhältnisse zwischen Ausdrucks- und Inhaltsstruktur der sprachlichen Kette erfasst. Deren irreguläre Elemente werden nicht durch bestimmte Komponenten oder formale Merkmale ausgedrückt, sondern durch die Gesamtheit“[8] des Ausdrucks. Es handelt sich also um Komponenten, welche durch syktaktische und semantische Regularitäten der Verknüpfung nicht voll erklärbare Einheiten bilden. Die Phraseologismen, welche auch dieses Kriterium erfüllen, gehören in den Bereich der Idiome. Im Fachwortschatz der Sprachwissenschaft ist ein Idiom eine feste Wortverbindung oder syntaktische Fügung, deren Gesamtbedeutung sich nicht aus der Bedeutung ihrer Bestandteile ergibt, wie z.B.: sich an die eigene Nase fassen.[9] Bildet sich dieser Widerspruch zwischen der phraseologischen und der lexikalischen Bedeutung, so wird der Begriff als idiomatisch definiert. Je enormer sich der Kontrast beider Wortbedeutungen darstellt, umso idiomatischer wird der Phraseologismus. Es lässt sich also ein Grad der Idiomatizität feststellen wie bei diesen Bespielsätzen:

a. David hat bei seiner Mutter einen Stein im Brett. (sich einer Beliebtheit erfreuen)
b. Mein Vater hat mir ordentlich den Kopf gewaschen. (jmd. schwer tadeln)

Der Satz b lässt sich als eine wörtliche bzw. reguläre Aussage deuten, indem tatsächlich der Vater seinem Kind den Kopf waschen könnte, beim täglichen Badevergnügen. Allerdings ist in diesem Falle die übertragende bzw. irreguläre Bedeutung gemeint. Denn „die idiomatische Bedeutung wird durch ein Bild vermittelt, das keine zwingende Motivation herstellt.“ Es wird festgehalten, dass der Grad der Idiomatizität sich geringer darstellt als bei dem Bespielsatz a, weil dieser Satz nur im irregulären Sinne verstanden werden kann. Da es sich um eine feste Wendung im Deutschen handelt, also um einen Phraseologismus.[10]

Unterschieden wird zwischen drei Komponenten der Idiomatik: idiomatisch (sein Herz auf der Zunge tragen), teil- idiomatisch (eine Fahrt ins Blaue) und Kollokationen (also nicht idiomatisch: sich die Zähne putzen). Allerdings lassen sich diese Unterteilungen nicht eindeutig festlegen. Die Idiomatizität soll lediglich eine gewisse Richtlinie schaffen an der man sich orientieren kann. Da sich meist, außer der Extrema in beide Richtungen, eindeutige Zuordnungen als schwierig erweisen.

[...]


[1] Fleischer, Wolfgang: Phraseologie der deutschen Gegenwartssprache. Leipzig, 1982. S.8.

[2] Vgl. Duden. Das große Wörterbuch der deutschen Sprache. 3.Auflage. Mannheim, 1999. S. 2922.

[3] Fleischer, Wolfgang: Phraseologie der deutschen Gegenwartssprache. Leipzig, 1982. S. 8f.

[4] Vgl. Brockhaus Enzykolpädie. 21. Auflage. Leipzig, 2006. S. 427.

[5] Meyers Lexikon Online. http://lexikon.meyers.de/meyers/Redensart

[6] Fleischer, Wolfgang: Phraseologie der deutschen Gegenwartssprache. Leipzig, 1982. S. 10.

[7] Klappenbach und Malige- Klappenbach, Ruth und Helene: Studien zur modernen deutschen Lexikographie. Auswahl aus den lexikographischen Arbeiten. Hsgb. Von Werner Abraham. Amsterdam, 1980. S.176.

[8] Fleischer, Wolfgang (u.a.): Kleine Enzyklopädie. Deutsche Sprache. 1.Auflage. Leipzig, 1983. S.307 f.

[9] Meyers Lexikon Online. http://lexikon.meyers.de/meyers/Idiom

[10] Fleischer, Wolfgang: Phraseologie der deutschen Gegenwartssprache. Leipzig, 1982. S. 35ff.

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Details

Title
Die Problematik der Phraseologismen in der deutschen Sprache
Subtitle
Ein Überblick
College
University of Marburg
Grade
2,0
Author
Year
2007
Pages
19
Catalog Number
V91293
ISBN (eBook)
9783638040891
ISBN (Book)
9783638943185
File size
495 KB
Language
German
Keywords
Problematik, Phraseologismen, Sprache
Quote paper
Anna Kazmierczak (Author), 2007, Die Problematik der Phraseologismen in der deutschen Sprache, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91293

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