Entwicklung eines Leitbildes für die Mitarbeiter/innen anhand der Durchführung einer Mitarbeiterbefragung mittels Fragebogen zum Thema "Werte"


Hausarbeit, 2020

42 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretische Grundlagen
2.1 Definitionen von Werten
2.2 Merkmale von Werten
2.3 Traditionelles Werteverständnis
2.3.1 Die zehn Grundwerte nach Shalom H. Schwartz
2.3.2 Die Struktur der Grundwerte
2.3.3 Vorgehensweise zur Messung der Wertprioritäten
2.4 Modernes bzw. erweitertes Werteverständnis
2.4.1 Der Wertewandel
2.4.2 Einflussfaktoren des Wertewandels
2.4.3 Aktuelle Erhebungen zu derzeit geltenden Wertehaltungen
2.5 Werte innerhalb von Organisationen
2.5.1 Auswirkungen des Wertewandels
2.5.2 Umgang mit dem Wertewandel
2.5.3 Aufbau und Zweck eines Leitbildes
2.6 Beurteilung der theoretischen Grundlagen und Ableitung von Forschungsfragen

3 Methodischer Teil
3.1 Entwicklung eines Strukturbaumes, Erläuterung der Variablen und Überleitung zur empirischen Messung
3.2 Durchführung der empirischen Messung in der Praxis
3.2.1 Erläuterungen zum Fragebogen
3.2.2 Durchführung der Mitarbeiterbefragung mittels Fragebogen
3.2.3 Auswertungskriterien

4 Diskussion
4.1 Überführung in ein Leitbild
4.2 Kritische Reflexion und Ergebniseinschätzung

5 Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Verzeichnis der Internetquellen

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Beziehungsmodell zwischen den zehn Grundwerten nach Schwartz

Abb. 2 Werte-Index-Ranking 2018 mit Entwicklungs- werten seit 2009 im Vergleich

Abb. 3 Werteorientierungen der deutschen Bevölke- rung im Geschlechtervergleich im Jahr 2019

Abb. 4 Strukturbaum zum Konstrukt „Werte“

Abb. 5 Eigenständiges Denken und Handeln

1 Einleitung

„Mitarbeiter sind das wichtigste Kapital eines Betriebes“.1 Von dieser Erkenntnis sind bereits einige Unternehmer, wie u. a. auch der Gründer des Vier-Sterne-Hotels „Schindlerhof“ Klaus Kobjoll, überzeugt. Klaus Kobjoll ist dafür bekannt, seine Mitarbeiter2 motivieren, für Ziele begeistern und sie dafür antreiben zu können.3 Wird diese Auffassung in einem Unternehmen gelebt und es werden dementsprechende Strategien dafür umgesetzt, kann es gelingen, durch zufriedene und motivierte Mitarbeiter erfolgreicher zu werden.

Es könnte eine Vielzahl von Beispielen genannt werden, mit welchen Maßnahmen Mitarbeiter motiviert werden und inwiefern sich motivierte Mitarbeiter positiv auf den Unternehmenserfolg auswirken können.

Die Aufgabe dieser Hausarbeit stellt als Ausgangslage bereits durchgeführte strategischen Anpassungen in einem Unternehmen infolge von veränderten Wettbewerbsbedingungen dar.

Die Problemstellung dabei ist, dass solche Anpassungen, die Auswirkungen auf jeden einzelnen Mitarbeiter haben, grundsätzlich dazu führen können, dass die Mitarbeiter Ablehnungshaltungen gegenüber den Veränderungen entwickeln. Es können dadurch z. B. große Unzufriedenheiten und Akzeptanzprobleme entstehen, weil die Veränderungen große Einschnitte in deren alltäglichen, geregelten Arbeitsablauf mit sich bringen. Die Folgen davon können sein, dass die Fluktuation steigt, und dadurch zusätzliche Kosten entstehen. Außerdem leisten unmotivierte Mitarbeiter tendenziell weniger als angespornte Mitarbeiter.

Um diesen Problematiken entgegenzuwirken, weist Kobjoll darauf hin, dass eine emotionale Bindung der Mitarbeiter zum Unternehmen gegeben sein sollte. Das wertvollste Kapital im Unternehmen ist es, begeisterte Mitarbeiter zu haben, die für ihre Arbeit „brennen“.4

Die Fragestellung in diesem Zusammenhang ist es, über welchen konkreten Weg die Mitarbeiter bestmöglich motiviert und begeistert werden können, diese Veränderungen im Unternehmen mitzugehen und infolgedessen aus eigenem Antrieb zum Erfolg des Unternehmens beitragen. Die oben aufgeführten negativen Folgen von Veränderungen sollen weitestgehend vermieden werden.

Ziel ist es im Rahmen dieser Hausarbeit, diesen erfragten Weg zunächst über die Entwicklung eines Leitbildes für die Mitarbeiter zu lösen. Darin sollen Werte enthalten sein, die den Mitarbeitern persönlich wichtig sind. Ermittelt werden sollen die für das Leitbild erforderlichen Werte anhand einer auf die Mitarbeiterwerte ausgerichtete empirische Befragung. Diese Befragung erfolgt über einen Mitarbeiterfragebogen.

Das entwickelte Leitbild soll als Richtlinie für alle Personen im Unternehmen gelten. Die Verfolgung dieser darin enthaltenen Werte soll Wertschätzung und Anerkennung gegenüber den Mitarbeitern ausdrücken. Die von den Mitarbeitern selbst vorgeschlagenen Werte sollen dafür eingesetzt werden, Anpassungen anhand der Mitarbeiterbedürfnisse gemeinsam umzusetzen. Dieser gezielte Einsatz soll dazu genutzt werden, die Motivation bestmöglich zu steigern.

Der Theorieteil dieser Arbeit beginnt damit, dass der Begriff „Werte“ definiert wird sowie die Merkmale von Werten aufgezeigt werden. Die zehn traditionellen Grundwerte, die der Psychologieprofessor Schwartz entwickelte, führen zunächst in die Thematik ein, um ein Grundverständnis davon zu vermitteln. Nachdem diese beschrieben und erläutert sind, werden die Beziehungen der einzelnen Grundwerte zueinander dargelegt. Nachfolgend wird die Messmethodik, die Schwartz anwendete, aufgezeigt. Auf der Grundlage dieses traditionellen Werteverständnisses wird zum Vergleich auf die Wertevorstellungen in der heutigen Zeit eingegangen. Der Schwerpunkt im modernen Werteverständnis liegt auf dem Wertewandel, der stets fortwährend ist und von mehreren Faktoren beeinflusst wird. Es folgen zwei aktuelle Erhebungsverfahren, deren Ergebnisse die Wertehaltungen der befragten Menschen darlegen. Daraufhin werden die Auswirkungen des Wertewandels und der Umgang damit innerhalb von Organisationen geschildert. Des Weiteren werden die Grundlagen von Leitbildern erklärt. Der theoretische Teil schließt mit der Ableitung von umfassenden Forschungsfragen ab.

Im methodischen Teil wird ein Strukturbaum aus den Forschungsfragen entwickelt und darin enthaltene Begriffe erläutert. Auf Grundlage dieser Variablen wird anschließend eine Überleitung zur empirischen Messmethode geschaffen. Anhand dieses Strukturbaumes entsteht ein Fragebogen, der schließlich von den Mitarbeitern ausgefüllt werden soll und für die Messung der Variablen verwendet wird. Anschließend wird die Durchführung der Befragung in der Praxis beschrieben. Es wird dabei auch auf die Einzelheiten im Fragebogen eingegangen. Nach welchen Kriterien die Auswertung des Fragebogens erfolgen kann, wird anschließend vorgeschlagen.

In der darauffolgenden Diskussion wird aufgezeigt, wie die Ergebnisse in ein Leitbild überführt werden können. Es wird außerdem auf die Herausforderungen bei der Befragungsdurchführung eingegangen. Diese werden insbesondere auch hinsichtlich der Gütekriterien wissenschaftlicher Forschung kritisch hinterfragt. Zudem wird unter Bezugnahme dieser Herausforderungen das Ergebnis eingeschätzt.

Schlussendlich werden im Ausblick Schritte vorgeschlagen, die nach der Zielerreichung, einer Einführung eines Leitbildes für die Mitarbeiter, folgen können.

2 Theoretische Grundlagen

2.1 Definitionen von Werten

Zu Beginn soll allgemeingültig erklärt werden, was man unter Werten versteht. Jedoch ist dabei zu erwähnen, dass Werte auf sehr unterschiedliche Arten definiert werden können, da die Betrachtungsweisen der Experten teilweise voneinander abweichen.5

Im Folgenden werden mehrere für diese Hausarbeit relevante Aspekte zur Erläuterung von Werten aufgezeigt.

Als Werte werden die Wichtigkeiten im Leben der Menschen bezeichnet. Allerdings sind Werte nicht für jeden Menschen gleichbedeutend. Vielmehr hat ein gleicher Wert bei verschiedenen Menschen ein unterschiedlich hoher Stellenwert6 und ist demnach unterschiedlich „wertvoll“.7

Werte tragen entscheidend zum menschlichen Handeln bei, denn Menschen bewerten ihr Tun regelmäßig danach, inwiefern es diesen generell den größtmöglichen Nutzen einbringen kann. Dieser Vorgang findet sowohl als Individuum, in einer Gruppe oder in einer gesamten Organisation statt. Die Werte eines Menschen, die er verinnerlicht hat, bestimmen somit u. a. darüber, welche Kompetenzen ein Mensch für sein Verhalten entwickelt.8 Allerdings muss dessen wertorientierte Denkweise nicht immer zwingend mit dem tatsächlichen Handeln übereinstimmen.9

2.2 Merkmale von Werten

Die folgenden Hauptmerkmale, woran Werte erkennbar sind, treffen grundsätzlich auf alle Werte zu. Die Unterscheidung der Werte im Einzelnen erfolgt über die vielfältigen Ziele, die in Verbindung damit gesetzt werden. Werte motivieren die Menschen dazu, diese Ziele zu erreichen.

Werte sind unmittelbar mit Überzeugungen verbunden. Sobald ein Wert aktiviert wird, der für einen Menschen eine hohe Priorität hat bzw. von dem er absolut überzeugt ist, werden bei dieser Person positive Gefühle hervorgerufen, die genossen werden können.

Empfindet ein Mensch einen Wert als sehr wichtig, hat er dadurch den Ansporn dazu, ein mit diesem Wert verbundenes Ziel zu erreichen.

Im Gegensatz zu Normen und Einstellungen gelten Werte handlungs- und situationsübergreifend. Normen und Einstellungen hingegen beziehen sich überwiegend auf bestimmte Einzelsituationen, während Werte grundsätzlich vorhanden sind und den Menschen somit als Standards dienen. Auf Basis dieser grundlegenden Standards treffen Menschen im Alltag Entscheidungen oder geben Bewertungen ab. Solange die eigenen Handlungen mit den Werten übereinstimmen, werden die Werte meist nicht bewusst wahrgenommen, sondern erst, sobald es zu Abweichungen zwischen dem Tun und dem, was man tatsächlich als wertvoll erachtet, kommt.

Werte werden von den Menschen jeweils nach unterschiedlicher Wichtigkeit eingestuft. Dabei werden mehrere Werte nach persönlichen Vorzügen geordnet. Diese Anordnung charakterisiert den Menschen als Individuum. Jedoch können nicht alle Werte gleichzeitig verfolgt werden, denn Werte können miteinander konkurrieren. Aufgrund dieses Umstandes müssen Werte und deren Wirkungen gegeneinander abgewogen und die Prioritäten dementsprechend gesetzt werden.10 Im Kapitel 2.3.2 werden die Wertebeziehungen zueinander detailliert erläutert.

2.3 Traditionelles Werteverständnis

2.3.1 Die zehn Grundwerte nach Shalom H. Schwartz

Shalom H. Schwartz, ein sich mittlerweile im Ruhestand befindender Psychologieprofessor der Hebräischen Universität in Jerusalem, stellte im Rahmen seiner entwickelten „Theorie grundlegender individueller Werte“ aus den 1980er Jahren fest, dass ein Mensch von Natur aus zehn Grundwerte besitzt. Diese gelten unabhängig davon, in welcher Kultur ein Mensch lebt.11 Er erstellte hierfür eine sog. menschliche Werteskala.

Nachfolgend werden die zehn Grundwerte inkl. der Ziele, die damit verfolgt werden können, kurz erläutert.

Die Selbstbestimmung beinhaltet in erster Linie das eigenständige Denken und Handeln. Es ist hingegen nicht gewünscht, kontrolliert oder beherrscht zu werden. Damit verbundene Ziele sind es somit u. a. frei und unabhängig zu sein.

Stimulation beinhaltet in diesem Zusammenhang das eigene Bedürfnis nach Abwechslung, Spannung, Neuem und Herausforderungen im Leben. Ziel ist es, ein spannendes Leben zu führen.

Unter Hedonismus versteht man das eigene Vergnügen bzw. die Befriedigung. Mit diesem Wert wird darauf abgezielt, das Leben zu genießen und sich verwöhnen zu lassen.

Mit dem Einsatz von Leistung und Kompetenzen wird der eigene Erfolg, die persönliche Intelligenz sowie die daraus folgende soziale Anerkennung angestrebt.

Auch der Wert der Macht zielt ebenso darauf ab, für sich selbst eine gewünschte Stellung in der Gesellschaft einzunehmen. Dazu kann bspw. ein hohes Maß an Reichtum und Autorität zählen.

Die Sicherheitswerte umfassen v. a. das Verlangen nach Harmonie und Stabilität. Diese beziehen sich sowohl auf unterschiedliche Beziehungen, wie z. B. zur Gesellschaft, zur Familie oder zu einem Partner bzw. einer Partnerin, als auch auf sich selbst.

Bei der Konformität werden eigene Handlungen zurückgehalten, sobald diese anderen Menschen Schaden zufügen könnten. Viel mehr steht das Anpassen an andere bzw. an gesellschaftliche Normen im Vordergrund. Es wird bspw. beabsichtigt, mit den Mitmenschen höflich und respektvoll umzugehen.

Die Traditionswerte beinhalten das Respektieren und das Akzeptieren bestehender Sitten und Bräuche innerhalb von Kulturen oder Religionen. Die Menschen in einer solchen traditionellen Gruppe verhalten sich solidarisch und ordnen sich ihrer unter.

Der Wert des Humanismus bezieht sich darauf, dass Menschen möchten, dass es denjenigen Mitmenschen, mit denen diese am häufigsten in Kontakt sind, gut geht. Menschen sorgen sich aus eigenem Willen um andere, denn das Zugehörigkeitsbedürfnis innerhalb dieser Umgebung hat einen hohen Stellenwert.

Universalismus beschränkt sich nicht nur auf die Menschen in nächster Nähe, sondern bezieht sich prinzipiell auf die gesamte Menschheit und die Natur. Primär sollen alle Menschen zusammenhalten, indem diese einander und der Natur Verständnis, Wertschätzung und Toleranz entgegenbringen, um ein Wohlergehen aller erreichen zu können. Damit werden Ziele, wie z. B. eine Welt in Frieden oder der Schutz der Umwelt verfolgt.

Es lässt sich festzustellen, dass sich die ersten fünf erläuterten Grundwerte auf die Einzelperson beziehen. Die nachfolgenden fünf Werte nehmen Bezug auf das Zusammenleben mit anderen Menschen.12

2.3.2 Die Struktur der Grundwerte

Unter der Struktur der aufgeführten Grundwerte versteht man die unterschiedlichen Beziehungen zwischen mehreren Werten. Werte können miteinander kompatibel und somit übereinstimmend sein oder untereinander konkurrieren. Die Kompatibilitäten bzw. die Konkurrenzen sind jeweils unterschiedlich stark ausgeprägt.

Aus den oben erläuterten Grundwerten ergibt sich folgendes kreisförmiges Beziehungsmodell.13

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Beziehungsmodell zwischen den zehn Grundwerten nach Schwartz14

Es lassen sich dabei jeweils mehrere Grundwerte zu einer von insgesamt vier Obergruppen, sog. Wertekonzepten, zusammenfassen. Zum einen gehören zum Wertekonzept der „Offenheit zum Wandel“ die Grundwerte Selbstbestimmung, Stimulation und z. T. Hedonismus. Im Gegensatz zu diesem Konzept steht die „Bewahrung des Bestehenden“ wozu die Grundwerte Sicherheit, Tradition und Konformität zählen. Zum anderen ist die „Selbststärkung“, die die Leistung, die Macht und ebenso ein weiterer Teil des Hedonismus umfasst, gegenüberliegend zur „Selbstüberwindung“ angeordnet, zu der die Grundwerte Universalismus und Humanismus gehören. Der Hedonismus wird zwei aufgeführten Bereichen zugeordnet, da dieser nicht eindeutig zuordenbar ist.15

Je näher die Werte bzw. die Wertekonzepte als Ganzes innerhalb des Kreismodells beieinander liegen, desto mehr stimmen diese überein. Je weiter sie sich voneinander entfernt befinden, desto mehr stehen sie im Konflikt zueinander. Gegenüberliegende Werte bzw. Obergruppen konkurrieren am meisten miteinander. Auf Ebene der Wertekonzepte können somit bspw. nicht gleichzeitig Werte, die zur Bewahrung des Bestehenden gehören und Werte innerhalb der Offenheit für Veränderung verfolgt werden. Betrachtet man einzelne, nebeneinander liegende Werte, auch obergruppenübergreifend, kann sich eine gute Verbindung bzw. ein Ineinandergreifen dieser Werte ergeben. Es liegen dabei i. d. R. dieselben Wertemotivationen zugrunde. Die Grundwerte Humanismus und Konformität verbinden sich z. B. zu einem Wert, bei dessen Verfolgung man sich in der Gesellschaft nach den geltenden Normen verhält und dadurch gleichzeitig die Beziehungen zu den am nächsten stehenden Mitmenschen gestärkt werden.16

2.3.3 Vorgehensweise zur Messung der Wertprioritäten

Um seine Theorie der zehn Grundwerte beweisen sowie herauszufinden zu können, wie unterschiedlich hoch die Prioritäten der Menschen auf den unterschiedlichen Werten liegen, wandte Schwartz in erster Linie zwei unterschiedliche Messmethoden an.

Zunächst entwickelte er die Schwartz-Werterhebung, die sog. „Schwartz Value Survey“ (SVS), die ein explizites Befragungsverfahren in Bezug auf die zehn Grundwerte ist. Bei einem expliziten Verfahren werden die Fragen ausdrücklich und deutlich17 gestellt, um den Teilnehmern bewusst zu machen, worauf der Fragebogen abzielt. Im Falle der SVS wird den Teilnehmern verdeutlicht, dass mit dem Fragebogen die unterschiedlichen Werte, die Menschen wichtig sind, gemessen werden sollen. Der Fragebogen beinhaltet insgesamt 57 Fragen, die in zwei Teile untergliedert sind.18 Jede der 57 Fragen nimmt Bezug auf ein jeweils unterschiedliches Werteelement. Mithilfe dieser Elemente ist es möglich, die zehn Grundwerte messbar zu machen. Einem Grundwert sind jeweils unterschiedlich viele messbare Elemente zugeordnet. Bspw. legte Schwartz fest, dass der Grundwert der Macht konkret mit den drei Elementen der sozialen Macht, der Autorität und des Reichtums gemessen werden kann.19 Im ersten Teil werden 30 Werte in Form von Substantiven abgefragt. Der zweite Teil zeigt die restlichen 27 Fragen in Adjektiv-Form auf. Jeder Frage ist eine kurze Begriffserklärung beigefügt.20 Die Fragen sind dahingehend zu beantworten, wie die Wichtigkeit der Werteelemente eingeschätzt wird. Hierzu soll eine vorgegebene Skala verwendet werden. Die Skala beinhaltet neun aufeinanderfolgende ganze Zahlen und reicht von -1 bis +7. Die Ziffern werden jeweils folgendermaßen bezeichnet: -1 = entgegen meiner Grundsätze, 0 = nicht wichtig, +3 = wichtig, +6 = sehr wichtig, +7 = von höchster Wichtigkeit. Die dazwischen liegenden Ziffern +1, +2, +4 und +5 sind nicht separat mit Worten ausgedrückt. Da weniger Zahlen im Minusbereich als im Plusbereich liegen, spricht man von einer unsymmetrischen Skalierung. Zur Auswertung wurden die 45 relevantesten der insgesamt 57 Elemente herausgegriffen. Das Ergebnis des Fragebogens wurde schlussendlich ermittelt, indem die Summe der zu einem Grundwert gehörenden Elemente gebildet wird und diese anschließend durch die Multiplikation der persönlichen Einschätzungen aller Elemente durch die Teilnehmer mit der Anzahl der Elemente pro Grundwert dividiert wird. Bspw. würde die Formel zur Ergebnisberechnung des Grundwertes der Macht lauten: Macht = (soziale Macht + Autorität + Reichtum) / (3 * persönliche Einschätzung aller Elemente durch die Teilnehmer).21

Zudem entwickelte Schwartz den Porträtwertfragebogen, den sog. „Portrait Values Questionnaire“ (PVQ). Dieser ist ein implizites Messverfahren, d. h., dass nicht ausdrücklich erwähnt wird, dass anhand des Fragebogens Werte gemessen werden. Es kann durch die Teilnehmer lediglich logisch erschlossen werden, wofür der Fragebogen entwickelt wurde.22

In diesem Fragebogen werden 40 verschiedene Personenporträts in Bezug auf deren Ziele, Bestrebungen und Wünsche beschrieben. Dabei wird implizit Bezug auf jeweils einen Wert genommen. Bspw. wird eine Person beschrieben, der es wichtig ist, reich zu sein und teure Dinge sowie viel Geld zu haben. In dieser Darstellung rückt der Grundwert der Macht in den Vordergrund. Die Aufgabe der Teilnehmer ist es, die Ähnlichkeit der einzelnen Porträts mit sich selbst anhand einer Skala von 1 (überhaupt nicht ähnlich wie ich) bis 6 (sehr ähnlich wie ich) zu beurteilen. Zur Auswertung wählte Schwartz 30 der insgesamt 40 vorgestellten Porträts aus, die die Grundwerte am besten wiederspiegeln. Die Auswertung erfolgte, indem die Summe der Teilnehmereinschätzungen der zu einem Grundwert gehörenden Porträts durch den Durchschnitt der Einschätzungen aller 30 Porträts dividiert wird. Um letztendlich die Punktzahlen für die zehn Grundwerte zu errechnen, wird der daraus errechnete Quotient anschließend mit der Anzahl der Ziffern auf der Skala multipliziert.23

2.4 Modernes bzw. erweitertes Werteverständnis

2.4.1 Der Wertewandel

In einer Gesellschaft bleiben die Werte auf lange Sicht jedoch nicht dauerhaft beständig. Vielmehr verändern sich die Werte und deren unterschiedlich hohe Prioritäten in unserer mittlerweile sehr schnelllebigen Welt mit zunehmender Zeit. Diese sich verändernde Wertegesellschaft wird als Wertewandel bezeichnet. Es ist deutlich zu erkennen, dass sich die Werteorientierungen innerhalb der letzten Jahre bedeutend wandelten.24

Tendenziell wird heutzutage großen Wert auf Selbstentfaltung gelegt. Dazu zählen u. a. die Selbstverwirklichung, die Ungebundenheit, das Erleben von Abenteuern, das Ausleben emotionaler Bedürfnisse, die Spontaneität sowie die Kreativität. Werte, die auf Pflicht und Akzeptanz beruhen, nehmen hingegen einen weniger hohen Stellenwert ein. Dazu gehörende Werte können insbesondere der Gehorsam, der Fleiß, die Unterordnung, die Pflichterfüllung, die Bescheidenheit, die Enthaltsamkeit oder die Disziplin sein.25

2.4.2 Einflussfaktoren des Wertewandels

Der Wertewandel geschieht jedoch nicht willkürlich, sondern hängt von einigen Faktoren ab, die diesen begünstigen. Auf die wichtigsten Einflussfaktoren unserer heutigen Gesellschaft wird nachfolgend näher eingegangen.

Zum einen sind Werte abhängig vom Alter der Menschen. Somit beeinflusst ebenso die gesamte Altersstruktur einer Gesellschaft, welche Werte von einem Großteil der Menschen verfolgt werden und dadurch in den Vordergrund rücken. Ein weiterer Einflussfaktor ist die Befriedigung von Bedürfnissen sowie das damit einhergehende Bestreben nach „höheren“ Bedürfnissen, sobald ein Bedürfnis befriedigt ist und gleichzeitig ein weiterer Mangel erkannt wird. Sind bspw. die materiellen Wünsche erfüllt worden, gewinnen immaterielle Werte, wie z. B. Glück, an Bedeutung. Die „Höhe“ der Bedürfnisse hängt wiederum mit dem sozialen Umfeld, in dem man aufwächst und lebt, sowie dem dabei erlebten Wohlstand zusammen. Sobald unterschiedliche Verhalten aus der Vergangenheit bzw. die daraus resultierenden Folgen negativ wahrgenommen werden, werden die Werte aus vorhergehenden Generationen bewusst abgelehnt und es findet eine Neuausrichtung statt, um Verbesserungen hervorrufen zu können.26 Diese einst geltenden Werte können sich z. B. auf politische, wirtschaftliche, ökonomische oder soziale Angelegenheiten27 beziehen. Eine generelle Vermittlung von Werten erfolgt zudem u. a. in Schulen und sonstigen Erziehungseinrichtungen. Die Bildungsziele orientieren sich dabei an modernen Werten. Auch die vielfältigen Medien tragen entscheidend dazu bei, in welche Richtung sich die Werteorientierung in einer Gesellschaft ausrichtet.28

2.4.3 Aktuelle Erhebungen zu derzeit geltenden Wertehaltungen

Der oben beschriebene Wertewandel, in dem zunehmend eine Entwicklung zur persönlichen Selbstentfaltung im Vordergrund steht und in dem gleichzeitig die Bereitschaft zur Pflichterfüllung abnimmt, lässt sich anhand unterschiedlich erhobener Werteerhebungsverfahren insgesamt bestätigen.

Seit dem Jahr 2009 wird ca. zweijährlich der sogenannte Werte-Index erhoben. Die Erhebungsdaten stammen aus rund vier Millionen Beiträgen aus dem deutschen Web. Dabei wurden v. a. Communities, Blogs und Social Media miteinbezogen. Es wird dabei quantitativ und qualitativ ermittelt, wie die User über die zuvor festgelegten, grundlegenden Werte diskutieren und inwiefern sich diese Werteorientierungen bei den Usern mit zunehmender Zeit verändern.29

Die Ergebnisse aus dem aktuellsten Werte-Index 2018 weisen auf, dass, der Reihenfolge nach, die Natur, die Gesundheit und die Familie die drei wichtigsten Werte der deutschen Bürger über 14 Jahren sind. Daraufhin folgen die Freiheit und die Sicherheit. Besonders auffällig ist bei den Veränderungen zum vorhergehenden Wert-Index aus dem Jahr 2016, dass der Wert der Natur und der der Familie jeweils drei Plätze höher festgelegt wurde. Deutlich weniger Wert ist den Deutschen der Erfolg, denn dieser befindet sich aktuell nur noch auf Platz sechs. 2016 lag dieser noch auf Platz drei.

Im Zusammenhang mit dem Wert der Natur, der sich derzeit auf Platz eins befindet, legen die User in den betrachteten Beiträgen große Wichtigkeit auf Umwelt- und Klimaschutz. Des Weiteren wir die Natur als Quelle für Seelenfrieden und Kraft betrachtet. Auch die Ernährung spielt dabei eine wichtige Rolle. Im Bereich der Gesundheit ist die Zufriedenheit und das Glücklichsein von wesentlicher Bedeutung. Innerhalb der Leistungsfähigkeit geht es darum, emotionale und mentale Stärke miteinzubeziehen. Innerhalb der Familie geht es nicht mehr primär um Perfektionismus, der Stress mit sich bringt, sondern um Gelassenheit und Entspannung. Daraus resultierend wird gerne Zeit in der Familie miteinander verbracht.30

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Werte-Index-Ranking 2018 mit Entwicklungswerten seit 2009 im Vergleich31

[...]


1 Vgl. Götz (2014). Zitiert nach: Kobjoll (2014)

2 Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit werden in dieser Hausarbeit durchgehend die männlichen Sprachformen verwendet. Jedoch sind bei allen Personenbezeichnungen die weiblichen Formen immer gleichermaßen mitgemeint.

3 Vgl. Referentenagentur Bertelsmann (2010)

4 Vgl. Götz (2014). Zitiert nach: Kobjoll (2014)

5 Vgl. Erpenbeck/Sauter (2018), S. 2

6 Vgl. Schwartz (2012)

7 Vgl. Brohm (2017), S: 21

8 Vgl. Erpenbeck/Sauter (2018), S. 3 f.

9 Vgl. Wunderer (2011), S. 177

10 Vgl. Schwartz (2012)

11 Vgl. Wirtschaftspsychologie aktuell (2012)

12 Vgl. Schwartz (2012)

13 Vgl. Schwartz (2012)

14 In Anlehnung an: Schwartz (2012)

15 Vgl. Wertesysteme (2019)

16 Vgl. Schwartz (2012)

17 Vgl. Duden (2020)

18 Vgl. Schwartz (2012)

19 Vgl. Lindeman/Verkasalo (2005), S. 172

20 Vgl. Schwartz (2012)

21 Vgl. Lindeman/Verkasalo (2005), S. 172

22 Vgl. Duden (2020)

23 Vgl. Lindeman/Verkasalo (2005), S. 172

24 Vgl. Wunderer (2011), S. 181. Zitiert nach: Rosenstiel (1995), Sp. 2175 ff.

25 Vgl. Wunderer (2011), S. 182. Zitiert nach: Klages (1985)

26 Vgl. Wunderer (2011), S. 182 f. Zitiert nach: Rosenstiel (1995), Sp. 2179

27 Vgl. Krüger/Wippermann (2018), S. 5

28 Vgl. Wunderer (2011), S. 182 f. Zitiert nach: Rosenstiel (1995), Sp. 2179

29 Vgl. Krüger/Wippermann (2018), S. 142 ff.

30 Vgl. Krüger/Wippermann (2018), S. 6 ff.

31 Enthalten in: Krüger/Wippermann (2018), S. 10 f.

Ende der Leseprobe aus 42 Seiten

Details

Titel
Entwicklung eines Leitbildes für die Mitarbeiter/innen anhand der Durchführung einer Mitarbeiterbefragung mittels Fragebogen zum Thema "Werte"
Hochschule
SRH Fernhochschule
Veranstaltung
Organizational Studies / Empirische Forschung
Note
1,3
Autor
Jahr
2020
Seiten
42
Katalognummer
V913390
ISBN (eBook)
9783346213044
ISBN (Buch)
9783346213051
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fragebogen, Mitarbeiterbefragung, Werte, Leitbild
Arbeit zitieren
Corinna Schönweiler (Autor:in), 2020, Entwicklung eines Leitbildes für die Mitarbeiter/innen anhand der Durchführung einer Mitarbeiterbefragung mittels Fragebogen zum Thema "Werte", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/913390

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