Ist Grammatik ansteckend?

Über den Wandel der Passivkonstruktionen im Romnes, dem Dialekt der Sinti


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

26 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Vorbemerkung
1.1. Die ethnische Gruppe der Zigeuner
1.2. Die Sprache der Sinti
1.2.1. Lexikalische und grammatikalische Eigenheiten
1.2.2. Orthographische und phonologische Eigenheiten

2. Sprachwandel
2.1. Sprachwandel durch Sprachkontakt
2.1.1. Superstrat
2.1.2. Substrat
2.1.3. Adstrat
2.2. Code-Switching
2.2.1. Turnspezifischer Wechsel
2.2.2. Intraturnspezifischer Wechsel
2.2.2.1. Interphrasaler Wechsel
2.2.2.2. Intraphrasaler Wechsel
2.3. Sprachtod
2.3.1. Language Suicide
2.3.2. Language Murder

3. Passivdiathesen im Deutschen und im Romnes
3.1. Das Passiv im Deutschen
3.2. Das Passiv im Romnes
3.2.1. Mittelindisches Passiv
3.2.2. Kontakt zum Persischen
3.2.3. Kontakt zum Deutschen
3.2.4. Das Passiv auf dem Weg von Zentralindien nach Deutschland

4. Ist Grammatik ansteckend?

5. Bibliographische Angaben

1. Vorbemerkung

In der vorliegenden Arbeit soll herausgearbeitet werden, welche Einwirkungen die deutsche Sprache, insbesondere die deutsche Passivdiathese, auf die Grammatik des Romnes, der Sprache der deutschen Zigeuner, hat.

Um sich unvoreingenommen ein besseres Bild über den Hintergrund der Sprache und der Lebensweise der Zigeuner machen zu können, beginnt diese Arbeit mit einem kurzen Abriss nicht-linguistischer Art. Diesem folgt eine Zusammenfassung der wichtigsten Begriffe und Prinzipien der Sprachkontakttheorie. Des Weiteren wird ein Einblick in die Vorgänge bei Sprachtod und die Besonderheiten des Code-Switchings gegeben.

Der Hauptteil der Arbeit besteht aus der Darstellung der Passivdiathese des Deutschen und der diachronischen Rekonstruktion der Passivdiathese des Romnes mit anschließendem Vergleich. Da das Romnes, das heutzutage von so genannten Semi-Sprechern[1] gesprochen wird, nicht die Sprache ist, die von den Zigeunern gesprochen wurde, die zu Beginn des 15. Jahrhunderts[2] in Deutschland einwanderten,[3] gilt es vor allen Dingen den Wandel und die Ursachen des Wandels aufzuzeigen und zu analysieren. Der Sprachwandel des Romnes wird mit der Sprachkontaktsituation in Mitteleuropa in Verbindung gebracht und diskutiert.

Abschließend soll erarbeitet werden, inwiefern Grammatik ansteckend ist und auf welche Art und Weise und unter welchen Umständen Grammatiken in andere Sprachen entlehnt werden können.

1.1. Die ethnische Gruppe der Zigeuner

Gegenstand dieser Arbeit ist die Sprache der deutschen Zigeuner. Ihre Eigenbezeichnung lautet Sinti[4] und wird auch im Folgenden als Bezeichnung dieser Gruppe benutzt. Neben den Sinti gehören zur großen Gruppe der Zigeuner unter anderem auch die Stämme der Dom in Kleinasien, Nahost sowie in Ägypten, der Stamm der Lom, der in Armenien und im Südkaukasus siedelt, und der in Europa am weitesten verbreitete Stamm der Roma.[5] Der Überbegriff für Sinti, Roma und andere europäische Zigeunergruppen lautet Rom.[6] Sinti und Roma sprechen zwar eine sehr ähnliche Sprache, doch verstehen sich zwei Sprecher der beiden Sprachen aufgrund einiger lautlicher und syntaktischer Differenzen nur mühsam.

Leider wird das ehemals fahrende[7] Volk der Sinti bis heute in Verbindung mit Kulturlosigkeit und Gaunereien gebracht. Dass sich dieses von den Verfolgungen vor und während dem Dritten Reich geprägte Bild auch heute kaum geändert hat, beweisen Buchtitel wie „Fertilität und Kriminalität der Zigeuner“[8] oder „Zigeuner, Wilde und Exoten“[9]

Der Name für ihre Sprache, das Romnes[10], ist abgeleitet aus rom[11] ‚Mann, Ehemann’. Rom geht auf die indische Kastenbezeichnung ḍom[12] zurück. „Die Herkunft [der Sinti] aus Indien gilt aufgrund von Ergebnissen der historischen Sprachwissenschaft als erwiesen. Über Details der Abwanderung, d[as] h[eißt] deren genauen Zeitraum, das Gebiet ihrer Herkunft und die Gründe für das Verlassens Indiens besteht jedoch keineswegs Einigkeit unter den Ziganologen.“[13]

Wenngleich sie wissenschaftlich nur bedingt verwertbar ist, so soll an dieser Stelle doch die Sage[14] erwähnt sein, die von einer Episode erzählt, die die Vorfahren der deutschen Sinti auf ihrem Weg nach Europa erlebten.

Die alte Erzählung handelt von der Sippe Eftavagéńri[15], der sieben Wagenlenker, die vom Fluss Sinti[16] aus in Richtung Westen zogen. Bei den sieben Wagenlenkern handelte es sich um einen Vater, seine sechs Söhne und deren Familien. Der Vater hatte feuerrotes Haar und war sehr jähzornig, doch die sechs Söhne hatten ein sehr besonnenes Gemüt. Sie waren allesamt Goldschmiede und Instrumentenbauer, die durch die Lande zogen und mit ihren edlen Handwerken gutes Geld verdienten. So konnten sie sich stets ein Festmahl für die ganze Sippe und stattliche Kleidung leisten. Die Einheimischen waren bald sehr neidisch auf die fremden Wagenlenker und ihr Handwerk. Einige Neider wollten die Eftavagéńri vertreiben, einige andere jedoch wollten auch sein wie die geheimnisvollen Fremden und sich ihnen anschließen. Tatsächlich schlossen sich viele der Sippe an und zogen mit ihr weiter. Die Eftavagéńri nannten die Neuen im Trott abfällig tśurinéńri[17] ‚Schleifer’, weil diese kein edles Handwerk beherrschten und ihren Lebensunterhalt mit dem Schleifen von Scheren und anderen niederen Metallarbeiten verdienen mussten. Die Eftavagéńri waren nicht stolz auf ihren Anhang, doch die Schleifer gaben ihnen einen gewissen Grad an Sicherheit, denn je größer die Sippe war, desto kleiner war das Risiko überfallen zu werden. Die Tśurinéńri jedoch begannen, da sie mit ihren Arbeiten so wenig verdienten, zu stehlen. Zwar bestahlen sie nicht die Eftavagéńri, doch lauerten sie den Einheimischen auf und überfielen diese. So kam es, dass die ganze Sippe als Diebe und Unglückbringer vertrieben wurde. Seither sind „Zigeuner“ allesamt auf der Flucht und sind überall ungeliebte Fremde.

Werte wie Familie und Zusammenhalt sind für Sinti groß geschrieben, weil es für die Reisenden durch fremde Länder Sicherheit bedeutet. Ein Sprichwort der Sinti sagt, dass man selbst dem größten Feind Einlass und eine Mahlzeit gewähren muss, denn eine Feindschaft kann man nach einer Mahlzeit immer noch ausleben.[18]

1.2. Die Sprache der Sinti

Das Romnes, die Sprache der deutschen Sinti, wird spätestens seit dem 18. Jahrhundert erforscht. Damals interessierte man sich für das Romnes aus kriminologischer Hinsicht. In den letzten Jahrzehnten erst entstand das ehrliche Interesse an einer Minderheitensprache, die für historische Sprachwissenschaftler möglicherweise ein fehlendes Teil des Mosaiks sein kann, mit dem sich Indologen und Indogermanisten beschäftigen.

Leider ist die ernsthaft wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Romnes in zweierlei Hinsicht schwierig. Zum einen übte die Geheimnisbewahrung über die eigene Sprache für Sinti eine starke Schutzfunktion aus. So konnten Sinti in der Öffentlichkeit sowie insbesondere in Gefahrensituationen Informationen in einer Sprache austauschen, die anderen fremd war, womit sie der Allgemeinheit unverständlich blieben. Dieser Vorteil im täglichen Überlebenskampf in einer fremden Gesellschaft musste dringendst bewahrt bleiben. Darum hüteten die Sinti ihre Sprache wie einen Schatz und weihten Nicht-Sinti, so genannte gatśi, nur in äußersten Ausnahmefällen ein. Zum anderen macht es der Umstand, dass heutzutage nur noch wenige Muttersprachler des Romnes am Leben sind, die zudem auch immer zweisprachig leben, fast unmöglich an eine „Reinform“ des Romnes zu gelangen. „Diese Mehrsprachigkeit ist allerdings einseitig; Romanes wird von benachbarten Gruppen, nicht zuletzt aufgrund des sozialen Status seiner Sprache, nur äußerst selten erlernt.“[19]

Zusammenfassend kann behauptet werden, dass sprachlichwissenschaftliche Quellen, die älter als 60 Jahre sind, zwar inhaltlich zuverlässig, jedoch aus oben genannten Schutzfunktionsgründen mit großen Lücken und damals üblichen ethnischen Vorurteilen behaftet sind. Untersuchungen, die in jüngerer Vergangenheit vorgenommen wurden, mögen ein wissenschaftliches Niveau erfüllen, doch berufen sich diese auf Semi-Sprecher, denen selbst bewusst ist, dass ihr Vokabular und ihre grammatikalische Ausdrucksfähigkeit bei weitem nicht an die Sprachfertigkeit ihrer Eltern oder Großeltern heranreicht.

Es muss daher eine terminologische Unterscheidung getroffen werden: Weiterhin wird an Stellen, bei denen der spezielle Sprachzustand keine Rolle spielt, die zu untersuchende Sprache mit Romnes bezeichnet. An Stellen, bei denen zwischen dem ältesten Sprachzustand und dem recht jungen Sprachzustand unterschieden werden muss, werden sodann folgende zwei Begriffe zur Bezeichnung der Sprachzustände verwendet werden.

Während der späteste und zugleich aktuelle Sprachzustand weiterhin lediglich mit Romnes bezeichnet wird, wird für den Sprachzustand nach der Trennung von den übrigen mittelindischen Dialekten, dem frühesten Romnes, der Begriff Protoromnes verwendet. „Die Bezeichnung [Protoromnes] bezieht sich auf die voreuropäische Sprache. [Das Protoromnes] beginnt, sobald Romani als eigenständige Sprache gelten kann, und endet dann, wenn der Kontakt mit den europäischen Sprachen beginnt. Der erstere Zustand kann [, da es keinerlei Quellen darüber gibt,] natürlich nur sehr schwer festgelegt werden. […] Das Romani teilt frühe phonologische Erneuerungen mit den zentralindischen Sprachen; dabei handelt es sich um Entwicklungen aus dem Übergang von Alt- zum Mittelindischen. Es zeigt sich aber in einigen Zügen konservativer als die zentralen Sprachen, selbst noch in der mittelindischen Phase (vgl. ai. pattra, mi. patta aber Romani patrin ‚Blatt’). Die erste Stufe des Ur-Romani kann daher in der Übergangszeit vom Alt- zum Mittelindischen [etwa am Beginn des ersten Jahrtausends] angesiedelt werden, denn schon in dieser Phase zeigte die Sprache eigene charakteristische Merkmale. […] Die zweite Phase des Ur-Romani lässt sich mit der vermutlichen Migration aus Zentralindien nach dem Nordwesten […] in Verbindung bringen. Die Phase umfasst den Übergang Mittel- und Neuindisch. Charakteristisch für die Konvergenz mit den nordwestlichen Sprachen sind […] der Erhalt einiger Archaismen sowie phonologische Innovationen (z.B. Erhalt und Teilassimilation von -nt > -nd in *dant > dand ‚Zahn’). […] Wieder ist es schwierig, hier konkrete Daten zu nennen, man könnte aber vom Beginn des Übergangs zum Neuindischen und so von einer Zeitepoche etwa um das achte Jahrhundert ausgehen. Die dritte Stufe des Ur-Romani steht im Zusammenhang mit der Auswanderung aus dem indischsprachigen Gebiet und dem darauffolgenden [sic!] Kontakt mit iranischen Sprachen. […] Aus dieser Phase stammen mehrere lexikalische und einige grammatische Entlehnungen […] sowie vielleicht auch syntaktisch-typologische Veränderungen wie der Übergang von Post- zu Präpositionen. […] Die voreuropäische Zeit endet dann, wenn das Ur-Romani in Kontakt mit dem byzantinischen Griechisch tritt. Nach aller Wahrscheinlichkeit geschah dies nicht in Europa selbst, sondern in Kleinasien, möglicherweise schon ab dem 8. oder 9. Jahrhundert, spätestens ab dem 12. Jarhundert [sic!]. […] Durch den Kontakt zum Griechischen treten jedenfalls Strukturveränderungen auf, die für das gesamte heutige Romani charakteristisch sind.“[20]

1.2.1. Lexikalische und grammatikalische Eigenheiten

Das grammatische System und das Vokabular des Romnes bergen einige Eigenschaften, die es hier zu beleuchten gilt. Um auf jede Wortkategorie oder jede syntaktische Struktur eingehen zu können, mangelt es an dieser Stelle an Raum. Erwähnung in Bezug auf das Lexikon des Romnes soll aber die Tatsache finden, dass neben dem ererbten indischen Wortschatz[21] Entlehnungen zahlreicher anderer Sprachen vorzufinden sind. Darunter befinden sich genau jene Sprachen, die in den Durchzugsgebieten der Sinti gesprochen wurden. Den Weg aus Indien nach Europa grob skizzierend wären jene der Reihe nach Persisch[22], Griechisch[23], Slawisch[24], Romanisch[25] und Deutsch[26]. Auffällig ist hieran, dass sich keine türkischen Entlehnungen im Wortschatz des Romnes finden. Somit kann darauf zurückgeschlossen werden, dass die Sinti Kleinasien noch vor der Eroberung der Seldschuken – und damit vor dem Einfluss des Islams und der Turkstämme auf Kleinasien – durchquerten.

[...]


[1] Der Begriff Semi-Sprecher ist an das Vorbild semi-speaker bei Aitchison (1985) angelehnt.

[2] „In Europa wurden ‚dunkelhäutige Fremde’ erstmals 1348 in Serbien urkundlich erwähnt. Dokumentarische Berichte über Zigeuner in Westeuropa im 15. Jahrhundert sind bereits zahlreich, der erste stammt aus Hildesheim (1407), hier wurde von ‚Tateren’ gesprochen.“ (Holzinger 1993)

[3] Alle Sprachbeispiele aus dem Romnes stammen, sofern nicht anders gekennzeichnet, von einem 47-jährigen Semi-Sprecher (Anton Lehmann) und einer 38-jährigen Semi-Sprecherin (Eva Jasmin Lehmann), deren Väter selbst noch muttersprachliche Romnes-Sprecher waren.

[4] Sint-i als Bezeichnung der Volksgruppe ist sowohl der Plural des Maskulinums Sint-o ‚(männlicher) Zigeuner’ als auch des Femininums Sint-i ‚Zigeunerin’.

[5] Holzinger (1993), Seite 6.

[6] Holzinger (1993), Seite 6.

[7] Heutzutage sind Sinti zwar noch immer selten sesshaft, doch leben sie meist nur als Halbnomaden und haben einen festen Winterwohnsitz. Mit dem Frühling ziehen sie wieder traditionell durch das Land und widmen sich ihren Wandergewerben auf Volksfesten und ähnlichen Großveranstaltungen.

[8] Ferst, Elisabeth im Jahre 1943, einer Zeit, in der Zigeuner als Bedrohung für das deutsche Volk angesehen wurden.

[9] Hölz, Karl im Jahre 2002, einer Zeit, in der trotz aller oberflächlichen Toleranz Sinti offensichtlich noch immer derart stigmatisiert werden und mit „Wilden und Exoten“ in eine Schublade gesteckt werden.

[10] Romnes, gesprochen [ˈʀɔm.nɛs], wird auch Romenes, Romanes oder in Anlehnung an englischsprachige Forschungsliteratur – jedoch meist mit Bezug auf den im Balkan vertretenen Stamm der Roma – Romani genannt. Gelegentlich erscheint auf dem anlautenden <R> ein Hatschek <Ř>. In der Literatur ist zum einen der Hatschek nicht durchgängig gesetzt und zum anderen seine Bedeutung für die Modifikation der Aussprache nicht erklärt. Allophone eines [r] sind ohnehin im Romnes nicht bedeutungsunterscheidend. Daher wird im Folgenden keine Rücksicht auf die Schreibung mit Hatschek genommen.

[11] Matras (2003), Seite 232.

[12] Wolf (1960): „Aind. ḍoma m. Mann niederer Kaste, der vom Singen und Musizieren lebt

[13] Holzinger (1993), Seite 1.

[14] Dem Verfasser der Arbeit erzählt von Anton Lehmann.

[15] Neben Sinti ist auch Eftavagéńri bis heute eine beliebte Eigenbezeichnung einiger Sippenmitglieder. Dieser Sachverhalt weist darauf hin, dass die Sinti wohl nicht als geschlossene Gruppe aus dem Ursprungsgebiet gen Europa zogen, sondern in Familienverbänden, die man gemeinhin als Sippen bezeichnet. Das Wort Eftavagéńri ist eine Wortkomposition und kann in efta und vag-éńr-i zerlegt werden. Efta (vgl. gr. ἑπτά) ist das Zahlwort ‚sieben’, während vag-éńr-i eine eigentümliche Konstruktion ist, bei der das Morphem -eńr- einen Possessor markiert, sodass sich mit dem Pluralmarker -i und dem Lexem vāg-o ‚Wagen’ eine Gesamtbedeutung ‚diejenigen, die einen Wagen besitzen’ ergibt.

[16] Im Gespräch mit Herrn Lehmann wurde von ihm jener gewisse „Fluss in Indien“ mit Sinti bezeichnet. Der – nach dem Ganges – zweitwichtigste Fluss Indiens ist der Indus, dessen Name im dortigen Dialekt auch heute noch Sindhu ist. Es läge nahe, dass mit dem ominösen Fluss Sinti also der Indus gemeint ist. Dieser liegt im nordwestlichen Indien und fließt auch durch Pakistan. Die pakistanische Provinz mit dem Namen Sindhi lockte daher ebenso mit der Annahme, dies sei das Herkunftsgebiet der Sinti. So einfach verhält es sich jedoch nicht. Eine Vielzahl der Autoren weist auf sprachliche Verwandtschaft zu zentralmittelindischen Dialekten hin.

[17] Tśurinéńri ist segmentierbar in tśuri-n-éńr-i = Messer -(Fugenelement)-(Possessor)-(Pluralmarker) mit der Bedeutung ‚diejenigen, die (ein) Messer besitzen’ oder ‚diejenigen, die sich mit Messern beschäftigen’, ‚Schleifer’.

[18] Nach Anton Lehmann.

[19] Matras (2003), Seite 231.

[20] Matras (2003), Seite 237 ff.

[21] Beispielsweise romn. bār-o ‘groß’ < ai. vadra- ‘groß’, romn. pāni ‘Wasser’ < ai. pāniya- ‘Wasser’, romn. rai ‘König’ < ai. raj- ‘Herrscher’. Beispiele nach Holzinger (1995).

[22] Romn. baxt ‚Glück’ < pers. bäxt ‚Geschick, Glück’, romn. mom ‚Wachs’ < pers. mum ‚Wachs’. Nach Holzinger (1993).

[23] Romn. drom ‚Straße, Weg’ < gr. δρόμοϛ ‚Laufbahn’, romn. śtadi ‚Hut’ < gr. σκιάσι ‚Hut’. Nach Holzinger (1993).

[24] Romn. matśka ‚Katze’ < serbokroat. mačka ‚Katze’, romn. voxni ‚Fenster’ < sorb. wokno ‚Fenster’. Nach Holzinger (1993).

[25] Romn. kapa ‚Decke’ < lat. cappa ‚Mantel’, romn. tranśuri ‚Teller’ < franz. tranchoir ‘Holzteller’ Nach Holzinger (1993).

[26] Romn. śtaxleńgro ‚Igel’ < dt. Stachel, romn. bīra ‚Bier’ < dt. Bier.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Ist Grammatik ansteckend?
Untertitel
Über den Wandel der Passivkonstruktionen im Romnes, dem Dialekt der Sinti
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Institut für Deutsche Philologie)
Veranstaltung
Das Passiv (Form, Funktion, Entwicklung und Typologie)
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
26
Katalognummer
V91470
ISBN (eBook)
9783638057080
ISBN (Buch)
9783638948197
Dateigröße
509 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Grammatik, Passiv, Funktion, Entwicklung, Typologie, Sprachwandel, Sprachkontakt, Sinti, Zigeuner, Entstehung
Arbeit zitieren
Jesse Lehmann (Autor:in), 2008, Ist Grammatik ansteckend?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91470

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