Da seit 1990 eine gewisse Identifikation der ehemaligen DDR-Bürger mit den neugegründeten Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen ausgemacht werden kann, konstatiert die historische Forschung, dass diese Identifikation mit dem Bestehen der ähnlich gegliederten und benannten Länder in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und frühen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und einem Eigenständigkeitsbewusstsein der damaligen Landespolitiker zusammenhängen könnte. Abgesehen davon, dass zwischen der Auflösung der Länder 1952 und ihrer Neugründung 1990 fast vierzig Jahre vergangen sind und eine Generation gänzlich ohne föderales Verständnis aufgewachsen ist, muss die Frage aufgeworfen werden, welchen Charakter, der diesen Zusammenhang rechtfertigen könnte, die Länder der SBZ tatsächlich hatten. Neben zentralen Aspekten der Besatzungsherrschaft und der unmittelbaren totalitären Vergangenheit spielen hier als Gradmesser folgende Punkte eine wichtige Rolle: Die Identifikation der deutschen Politiker, sowie der Bevölkerung mit den geschaffenen administrativen Einheiten, die unterschiedlichen strukturellen Voraussetzungen der Länder und Provinzen, die Herkunft der Landespolitiker, beruflich wie auch parteipolitisch, und deren Politikverständnis unter den Bedingungen der Besatzungsherrschaft. Hinsichtlich der möglicherweise vorhandenen Eigenständigkeit der Länder rückt das Verhältnis zu den Zentralverwaltungen in der SBZ und zur Besatzungsmacht, aber auch das Verhältnis der Landespolitiker zu den Parteizentralen in den Blickpunkt. Falls von einer Eigenständigkeit der Länder gesprochen werden kann, so ist einerseits nach ihrer Qualität zu fragen, andererseits auch nach ihrer Dauer – insbesondere da die Auflösung der Länder in der DDR 1952 als historische Tatsache feststeht.
Zunächst wird dazu der Stand der Forschung befragt. Darauf folgt die Untersuchung und präzise Definition des Terminus Eigenständigkeit. Auf dieser Grundlage erfolgt eine Vertiefung und Ausdifferenzierung der Fragestellung, die im Verlauf der Arbeit untersucht wird.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 1.1 Fragestellung
- 1.2 Literatur und Quellen
- 1.3 Erweiterte Fragestellung unter Berücksichtigung des Terminus Eigenständigkeit.
- 2 Grundlagen der Besatzungsherrschaft
- 3 Gründe, Motive und Verlauf der Ländergründungen durch die SMAD
- 4 Die Politik der Länder zwischen Abhängigkeit und Handlungsfreiheit
- 4.1 Ausprägungen des Abhängigkeitsverhältnisses von der Besatzungsmacht
- 4.2 Zugeständnis oder Errungenschaft – Handlungsspielräume der Länder
- 4.2.1 Wille zur Mitgestaltung
- 4.2.2 Deutsche Einflussnahme auf die Einsetzung der Landesverwaltungen
- 4.2.3 Abgrenzungsbestrebungen gegenüber den Zentralverwaltungen
- 4.2.4 Widerstände in der Gesetzgebung und Eigenregie in der Ausführung
- 4.2.5 Durchsetzungsfähige Persönlichkeiten an der Landesspitze
- 5 Die Dominanz des zentralistischen Prinzips
- 6 Zusammenfassung
- 7 Quellenverzeichnis
- 8 Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit untersucht die Handlungsspielräume der Länder in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ). Sie analysiert die Beziehungen der Länder zu den Zentralverwaltungen und der Besatzungsmacht, sowie die Rolle der Landespolitiker in diesem Kontext. Die Arbeit befasst sich mit der Frage, ob von einer Eigenständigkeit der Länder gesprochen werden kann und wenn ja, in welcher Form und Dauer diese bestand.
- Identifikation der deutschen Politiker und der Bevölkerung mit den Ländern
- Strukturelle Voraussetzungen der Länder und Provinzen
- Herkunft und Politikverständnis der Landespolitiker unter den Bedingungen der Besatzungsherrschaft
- Verhältnis der Landespolitiker zu den Parteizentralen
- Qualität und Dauer der Eigenständigkeit der Länder
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Fragestellung der Arbeit vor, die sich mit dem Charakter und der Eigenständigkeit der Länder in der SBZ beschäftigt. Sie beleuchtet den Forschungsstand und die verwendeten Quellen. Kapitel 2 analysiert die Grundlagen der Besatzungsherrschaft, während Kapitel 3 die Gründe und den Verlauf der Ländergründungen durch die SMAD untersucht. Kapitel 4 fokussiert auf die Politik der Länder zwischen Abhängigkeit und Handlungsfreiheit, wobei verschiedene Aspekte des Abhängigkeitsverhältnisses von der Besatzungsmacht und mögliche Handlungsspielräume der Länder beleuchtet werden. Kapitel 5 befasst sich mit der Dominanz des zentralistischen Prinzips in der SBZ.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Sowjetische Besatzungszone (SBZ), Ländergründungen, Handlungsspielräume, Eigenständigkeit, Abhängigkeit, Besatzungsherrschaft, Landespolitik, Zentralismus, Föderalismus, Parteizentralen, DDR-Forschung und Quellenanalyse.
- Arbeit zitieren
- Ramona Bechler (Autor:in), 2006, Die Länder der Sowjetischen Besatzungszone, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91521