Schulsozialarbeit für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Betreuung und Begleitung


Hausarbeit, 2017

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederunq

Abstract

1. Einleitung

2. Begriffserklarungen
2.1. Fluchtling
2.2. Schulsozialarbeit

3. Hauptteil
3.1. Rolle und Ziele der Schulsozialarbeit
3.2. Handlungsprinzipien
3.3. Probleme im Schulalltag

4. Praxisgestaltung
4.1. Erlebnispadagogische Angebote

5. Fazit Literaturverzeichnis

Abstract

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die wichtigsten Grundlagen fur eine professionelle Betreuung und Begleitung von unbegleiteten minderjahrigen Fluchtlinge im Rahmen der Schulsozialarbeit herauszuarbeiten und zu uberprufen. Dazu wurde vorab die Rolle und Ziele der Schulsozialarbeit dargestellt und uberpruft, inwiefern sich diese mithilfe von speziellen Handlungsprinzipien fur die unbegleiteten minderjahrige Fluchtlinge umsetzen lassen kann. Die Ergebnisse der vorgelegten Arbeit zeigen deutlich, dass gefluchtete Kinder und Jugendliche neben der praktischen Grundversorgung auch padagogische Angebote benotigen, um ihren Anspruch auf Personlichkeitsentfaltung gerecht zu werden und um ihnen Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen zu ermoglichen und so ihre Inklusion befordern. Dazu mussen die unbegleiteten minderjahrigen Fluchtlinge als eigene Individuen, mit eigenen Wunschen und Entscheidungen angesehen werden.

1. Einleitung

Unsere heutige Welt wird gepragt durch Armut, Kriege und Verfolgungen. In den Medien wird das Thema ..Fluchtlinge" intensiv diskutiert, oft wird von einer Krise gesprochen. Mai hort man wie viele Menschen im Mittelmeer versunken sind, mal wie viele es illegal uber die Grenzen geschafft haben. Ende 2015 waren laut der Uno-Fluchtlingshilfe 63,5 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht, dies ist die hochste Zahl, die jemals von UNCHR verzeichnet wurde. Die Zahl der unbegleiteten minderjahrigen Kinder und Jugendliche in Deutschland lag Ende Februar2016 bei rund 69.000. Die Erfahrung der Flucht, das Unbegleitet-sein und die Minderjahrigkeitfuhren dazu, dass unbegleitete Fluchtlinge im Gegensatz zu anderen Schutzsuchenden ganz spezifische Bedurfnisse haben. So leiden sie oftmals in besonderem MaBe unter den Erfahrungen von Gewalt und Misshandlung, von Armut und Hunger sowie unter politischem und sozialem Druck und dem Verlust von familiaren Bindungen. Aus diesen Grunden zahlen die unbegleiteten minderjahrige Fluchtlinge zu der Gruppe der besonders verletzlichen und gleichzeitig besonders schutzbedurftigen Fluchtlinge.

Ziel dieser Arbeit ist, die Bedeutung der Schulsozialarbeit im Hinblick auf die Betreuung und Begleitung der unbegleiteten minderjahrigen Fluchtlinge herauszuarbeiten. Dabei wird gezielt der Frage nachgegangen, welchen Handlungskompetenzen und Handlungsprinzipien die Schulsozialarbeit nachgehen muss, urn eine professionelle Betreuung und Begleitung zu gestalten. Dabei ist es wichtig zu uberprufen, wie die Schulsozialarbeit zur Integration des einzelnen und zur Bewaltigung alltaglicher Probleme beitragen kann. Aufgrund des Umfangs der Hausarbeit, beschranke ich mich darauf, die fur die Fragestellung exemplarisch wichtigsten Methoden und Konzepte wiederzugeben. Vorerst werden im zweiten Kapitel die wichtigsten Begrifflichkeiten im Rahmen dieser Arbeit erklart. AnschlieBend wird im Hauptteil auf die Rolle und Ziele der Schulsozialarbeit eingegangen und die Bedeutung dieser fur die unbegleiteten minderjahrigen Fluchtlinge erarbeitet. Weiterhin werden wir uns unter Berucksichtigung der Fluchterfahrungen, mitden Handlungsprinzipien zu Umsetzung dieser Ziele auseinandersetzen. Dabei werden im letzten Punkt des Hauptteils die wichtigsten Probleme, mit denen die unbegleiteten minderjahrigen im Schulalltag konfrontiert werden konnen, erlautert. AnschlieBend wird im vierten Kapitel anhand eines Fallbeispiels verdeutlicht, wie man diese Probleme im Rahmen der Schulsozialarbeit und die dazugehorigen Angeboten, losen kann. Der Hausarbeit liegt Literatur zugrunde, welche ich aus der Bibliothek der FHdD, Universitat Bielefeld sowie aus dem Internet recherchiert habe.

2. Begriffserklarungen

Um der Forschungsfrage nachgehen zu konnen, ist es wichtig, die Begrifflichkeiten kontextgetreu einzuordnen. Die Begriffe werden im Folgenden wissenschaftlich nachvollziehbar erklart.

2.1. Fluchtling

Das Thema (unbegleitete minderjahrige) Fluchtlinge wird innerhalb der Fachoffentlichkeit intensiv diskutiert. Es bleibt jedoch unklar, welche Menschen genau mit der Begrifflichkeit erfasst werden. Denn im umgangssprachlichen Gebrauch wird der Begriff Fluchtling in der Regel in einer breiten und nicht nur auf anerkannte Fluchtlinge begrenzten Definition verwendet. „Gerade in Deutschland haben in den letzten zwei bis drei Generationen zig Millionen Menschen Fluchterfahrungen gesammelt, die oft nicht in das spezifische Begriffsraster der Genfer Fluchtlingskonvention fallen" (Gansberger, Pries und Witkowski, 2016, S.9).

Die Gesellschaft fur deutsche Sprache erklart das Wort ..Fluchtling" zum ..VVort des Jahres 2015" und gibtfolgende Erklarung:

Gebildet aus dem Verb fluchten und dem Ableitungssuffix-ling ( Person, die durch eine Eigenschaft oder ein Merkmal charakterisiert ist), klingt Fluchtling fur sprachsensible Ohren tendenziell abschatzig: Analoge Bildungen wie Eindringling, Emporkommling oder Schreiberling sind negativ konnotiert, andere wie Prufling, Lehrling, Findling, Strafling oder Schutzling haben eine deutlich passive Komponente. Neuerdings ist daher offers alternativ von Gefluchteten die Rede" (GfdS, 2015).

Im Brockhaus ist folgendes zu lesen; ein ..Fluchtling" sei ein ..unpraziser und umstrittener Sammelbegriff fur Personen, die durch polit. (Zwangs-)MaBnahmen, Kriege und existenzgefahrdende Notlagen veranlasst wurden, ihre Heimat vorubergehend oder auf Dauerzu verlassen" (Brockhaus, 1998, S.400). GleichermaBen beschreibe die Genfer Fluchtlingskonvention in Art. 1 Abs. A Satz 2 jene Person als Fluchtling, die aus der begrundeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalitat, Zugehorigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Uberzeugung sich auBerhalb des Landes befinde, dessen Staatsangehorigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen konne oder wegen dieser Befurchtungen nicht in Anspruch nehmen wolle (Boumans und Unal, 1997, S.36).Aus den oben aufgefuhrten Definitionen lasst sich herausstellen, dass der Begriff in erster Linie Menschen beschreibt, die aus verschiedenen Grunden gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen. Daher soil der Begriff Fluchtling im Folgenden nicht im engeren juristischen Sinne verstanden werden, wonach ein Fluchtling diesen Status erst nach dem Durchlaufen eines Anerkennungsverfahrens gemafc derGenfer Konvention erhalt. „Unter Fluchtling soil in diesem Zusammenhang vielmehr auch jede minderjahrige Person angesehen werden, welche den Status eines anerkannten Fluchtlings oder eine andere Form des humanitaren Aufenthalts in Deutschland lediglich anstrebt" (Schmieglitz, 2014, S.17). Zudem wird angestrebt, den Begriff ..Gefluchtete" anstelle von ..Fluchtlinge" zu verwenden, da das Suffix- ling der Bezeichnung Fluchtling inzwischen teils als klein machend und abwertend empfunden werde (Huf und Schemmel, 2017, 11). Es wird sich nicht an alien Stellen der nachfolgenden Ausfuhrungen vermeiden lassen, den Terminus ..Fluchtling" zu verwenden, da er in vielen Quellen benutzt wird. Dieser Beschreibung wird auch in der vorliegenden Arbeit gefolgt.

Unbegleitete minderjahrige Fluchtlinge

Bei der Beschaftigung mit den Begriffen ..unbegleitete" und ..minderjahrige" Fluchtlinge stellt sich heraus, dass die Definition dessen, wer unbegleitet und minderjahrig ist, klar festgelegt ist.

In der Bundesrepublik Deutschland gelten minderjahrige Kinder und Jugendliche, die ohne einen nachweislich personensorgeberechtigten Erwachsenen einreisen als ..unbegleitete minderjahrige" Fluchtlinge (Jordan, 2000, S.59).

Als ..unbegleitet" gelten nach gangiger Definition Kinder und Jugendliche, die ohne Eltern oder Erziehungsberechtigte in das Gebiet der Bundesrepublik einreisen. Gleiches gelte fur den Fall, dass Kinder nach der Einreise von ihren Eltern getrennt werden und davon ausgegangen werden musse, dass diese Trennung von langfristiger Dauer sei und die Eltern nicht in der Lage seien, sich urn ihre Kinder zu kummern ( Schmieglitz, 2014, S.17).

Als ..minderjahrig" gelte gemafc den zivilrechtlichen Vorgaben des deutschen Rechts jede Person unter 18 Jahren. Nach der Definition der UN-Kinderrechtskonvention sei „ein Kind jeder Mensch, der das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, soweit die Volljahrigkeit nach dem auf das Kind anzuwendenden Recht nicht fruher eintritt" (Schmieglitz, 2014, S.17). Nach den Bestimmungen der UN-Kinderrechtskonvention sei bei alien MaBnahmen, die Kinder betreffen, das Kindeswohl vorrangig zu berucksichtigen (Schmieglitz, 2014, S.8).

Demzufolge gelten alle Kinder, die das 18. Lebensjahr nicht vollendet haben und alleine einreisen als unbegleitet und minderjahrig. Im Nachsten werden die Fluchtgrunde der unbegleiteten minderjahrigen Gefluchteten dargestellt, um einen genaueren Einblick zur psychischen Situation zu bekommen.

Fluchtgrunde

Die Fluchtbewegungen sind eng mit den weltpolitischen Ereignissen verbunden. Wirtschaftliche, soziale oder politische Umbruche und Note sind ausschlaggebend fur die Zuwanderung der Fluchtlinge. Die Fluchtgrunde der unbegleiteten minderjahrigen Fluchtlinge stimmen in den meisten Fallen mit den der Erwachsenen uberein. Nichts desto trotz existiere eine Reihe von kinderspezifischen Fluchtursachen. Hierzu zahle, dass die Betroffenen von einer Zwangsrekrutierung als Kindersoldat sowie von Kinderhandel bedroht oder bereits Opfer davon geworden seien (Rieger, 2012, S. 33). Kinder fliehen auBerdem wegen korperlicher Ausbeutung, weil sie als Geiseln festgehalten und gefoltert wurden oder weil sie befurchten, fur politische Aktivitaten ihrer Eltern zur Rechenschaft gezogen zu werden. Manche Kinder fliehen, weil sie auf der Suche nach Familienangehorigen oder der Chance auf Bildung und einer Perspektive in ihrem Leben seien (Detemple, 2015, S.15).

Auch Zwangsprostitution, Zwangsverheiratung, Sippenhaft, Diskriminierungen und die Zugehorigkeit zu einer benachteiligten sozialen Gruppe gelten fur Erwachsene wie auch fur Kinder als Flucht auslosende Faktoren. Einige der unbegleiteten minderjahrigen Fluchtlinge haben zudem Gewalterfahrungen gemacht oder wurden sexuell missbraucht. Madchen sind daruber hinaus nicht selten von geschlechtsspezifischen Formen der Gewalt bedroht beziehungsweise waren ihnen ausgesetzt (etwa Genitalverstummelung) (Schmieglitz, 2014, S. 23).

Es wird deutlich, dass die Beweggrunde der unbegleiteten minderjahrigen Gefluchteten ausschlaggebend fur eine Flucht sind. Diese ausgefuhrten Grunde zur Flucht hinterlassen bei alien unbegleiteten minderjahrigen unterschiedlichste Erfahrungen. „Aber haufig sind es Erfahrungen von Tod, Elend, Angst und Monate - bzw. Jahrelange Erfahrungen und das jahrelange (Uber-)Leben in den Fluchtlingslagern" (Seibold, 2017, S. 15). Die rechtlichen Rahmenbedingungen fur unbegleitete minderjahrige Gefluchtete in Deutschland ermoglicht ihnen in erster Linie Schutz und legt hohen Wert auf Kindeswohl. Diese werden nun im Folgenden geschildert.

Rechtliche Grundlagen

Unbegleitete minderjahrige Gefluchtete sind eine besonders schutzbedurftige Gruppe, als Fluchtling und als Kind. Als Fluchtling benotigen sie rechtlichen Schutz und als Kind mussen sie im Hinblick auf das Kindeswohl behandelt und versorgt werden. Im Folgenden werden nur die Rechtsgrundlagen beschrieben, die fur die vorgelegte Arbeit relevant sind.

Laut den gesetzlichen Vorgaben des VIII. Sozialgesetzbuches, sind alle unbegleiteten minderjahrige Fluchtlinge unter 18 Jahren unverzuglich durch das Jugendamt in Obhut zu nehmen (SGB VIII, §42). Dementsprechend ist das Jugendamt fur das Wohlbefinden des Kindes, sowie Erfullung der Grundbedurfnisse verantwortlich.

Die Kinderrechtskonvention, die seit 2010 in Deutschland vorbehaltlos anzuwenden ist, verpflichtet Deutschland das Recht auf Bildung anzuerkennen (Art. 28 und Art. 29 der UN-KRK9). Die Vertragsstaaten sollen sicherstellen, dass jedes unbegleitete und von seinen Eltern/Sorgeberechtigten getrennte Kind unabhangig von seinem Status vollen Zugang zum Bildungswesen des Landes hat" (Schmieglitz, 2014, S. 137).

Der Zugang zu Schulbildung werde in den verschiedenen Bundeslandern unterschiedlich gehandhabt. In einigen Bundeslandern bestehe Schulpflicht fur junge Fluchtlinge, in anderen haben sie ein Schulbesuchsrecht, mancherorts werden sie in Regelschulen integriert, anderswo separiert in ihren Unterkunften unterrichtet (Detemple, 2016, S.43). In Nordrhein-Westfalen sei schulpflichtig, wer dort,,seinen Wohnsitz oder seinen gewohnlichen Aufenthalt oder seine Ausbildungs- oder Arbeitsstatte hat" (§ 34 Abs. 1 Schulgesetz Nordrhein-Westfalen). Daneben besteht Schulpflicht fur „Kinder von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern und alleinstehenden Kinder und Jugendlichen, die einen Asylantrag gestellt haben, sobald sie einer Gemeinde zugewiesen sind und solange ihr Aufenthalt gestattet ist. Fur ausreisepflichtige auslandische Kinder und Jugendliche besteht die Schulpflicht bis zur Erfullung ihrer Ausreisepflicht" (§ 34 Abs. 6 Schulgesetz Nordrhein-Westfalen).

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen erlauben den unbegleiteten minderjahrigen Gefluchteten den Zugang zu Schulbildung. Urn herauszuarbeiten wie eine professionelle Betreuung und Begleitung im Rahmen der Schulsozialarbeit zu gestalten ist, wird im Folgenden der Begriff ..Schulsozialarbeit" erklart.

2.2. Schulsozialarbeit

Schulsozialarbeit umfasse, laut Baier (2011), alle Formen kontinuierlicher und verbindlicher Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule, die durch die Tatigkeit von sozialpadagogischen Fachkraften in der Schule und deren Zusammenarbeit mit Lehrkraften dort zur Wahrnehmung von Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe fur die Schulerinnen und Schuler der Schule gekennzeichnet sei (Baier 2011, S.39). Speck (2006) definiert Schulsozialarbeit gleicherma&en: Unter Schulsozialarbeit wird ein Angebot der Jugendhilfe verstanden, bei dem sozialpadagogische Fachkrafte kontinuierlich am Ort Schule tatig sind und mit Lehrkraften auf einer verbindlich vereinbarten und gleichberechtigten Basis zusammenarbeiten, um junge Menschen in ihrer individuellen, sozialen, schulischen und beruflichen Entwicklung zu fordern, dazu beizutragen, Bildungsbenachteiligte zu vermeiden. (...). Zu den sozialpadagogischen Angeboten und Hilfen der Schulsozialarbeit gehoren insbesondere die Beratung und Begleitung von einzelnen Schuler und Schulerinnen (...)" (Speck; 2006, S.28). '

Beide Autoren definieren die Schulsozialarbeit als ein Angebot der Jugendhilfe, die sich in erster Linie an junge Menschen bzw. SchulerAinnen richtet. Hinzu kommt, dass die zentralen Aufgaben, wie z.B. die Betreuung und Begleitung der einzelnen, sowie die Unterstutzung der sozialen, schulischen und beruflichen Entwicklung dabei im Vordergrund stehen. Die genannten Aspekte sind Grunde dafur, weshalb wir uns fur eine Orientierung an dieser Definition entschieden haben.

3. Hauptteil

In diesem Kapitel werden im Hinblick auf die Fluchterfahrungen der unbegleiteten minderjahrigen Gefluchteten, die Rolle der Schulsozialarbeit, sowie die Ziele erlautert. Um auf die Forschungsfrage zuruckgreifen zu konnen, werden Handlungsprinzipien zu Umsetzung der Ziele herausgearbeitet, die eine professionelle Betreuung und Begleitung der Gefluchteten Kinder und Jugendliche ermoglichen.

3.1. Rolle und Ziele der Schulsozialarbeit

Fur unbegleitete minderjahrige Gefluchteten beginnt in Deutschland ein neues Leben. Sie haben viel hinter sich und wissen kaum, was noch kommt. Eine fremde Sprache, neue Menschen, eine andere Kultur. Die jungen Fluchtlinge treffen auf schwierige und unsichere Lebensumstande - und auf neue Chancen.

An diesem Punkt kann die Schulsozialarbeit eine wichtige Rolle bei der Bewaltigung alltaglicher, sowie psychischer Probleme ubernehmen. Laut Baier (2011) unterscheide sich die Schulsozialarbeit strukturell von anderen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit, aber sei dennoch als ein Handlungsfeld der Kinder- und Jugendhilfe - und somit Sozialer Arbeit - zu verstehen und konne sich somit auf die Rollenklarungen und fachliche Uberlegungen beziehen, die bereits ubergreifend fur das Gesamtspektrum Sozialer Arbeit entworfen wurden (Baier, 2011, S. 86). Mit dieser Aussage bezieht sich Baier auf bereits existierende Methoden-, Konzept- und Theoriespektrum der Sozialen Arbeit, wie z.B. Soziale Arbeit als „Menschenrechtsprofession" nach Staub-Bernasconi, sowie als „ Anwalt sozialer Gerechtigkeit" im Rahmen der Lebensweltorientierung nach Thiersch (Baier, 2011, S. 87). Diese Annahme ist besonders wichtig, wenn es darum geht, die unbegleiteten minderjahrigen Fluchtlinge im Schulalltag gegen Diskriminierungenjeglicher Artzu unterstutzen. Denn das Bildungssystem habe die Aufgabe, xenophoben Tendenzen entgegenzuwirken" (Ott, 2016, S. 66).

Unter Berucksichtigung der Fluchterfahrungen, welche die unbegleiteten minderjahrige Gefluchtete hinter sich haben, ist es von gro&er Bedeutung im Rahmen der Schulsozialarbeit, dass die Bildung der Kinder und Jugendlichen darauf gerichtet ist „dem Kind Achtung vor seinen Eltern, seiner kulturellen Identitat, seiner Sprache und seinen kulturellen Werten, den nationalen Werten des Landes, in dem es lebt,- und gegebenenfalls des Landes, aus dem es stammt, sowie vor anderen Kulturen als der eigenen zu vermitteln" (Rieger, 2012, S.130).

Fur die Schulsozialarbeit kommt es in diesem Kontext darauf an, die eigene, fachlich definierte Rolle als Anwaltin sozialer Gerechtigkeit nicht zu Gunsten eines moglicherweise pragmatischeren Vorgehens aufzugeben, sondern nach Wegen und Losungen zu suchen, die dazu beitragen, Gerechtigkeit zu realisieren" (Baier, 2011, S. 91).

Eines der wichtigsten Ziele der Schulsozialarbeit sei demzufolge nach Speck, junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung zu fordern und dazu beizutragen, Benachteiligungen zu vermeiden und abzubauen (Speck, 2006, S.31).

Bei unbegleiteten minderjahrigen Gefluchteten komme erschwerend hinzu, dass es sich hierbei urn Kinder beziehungsweise Heranwachsende handle, die nun auf sich allein gestellt Hilfe und Schutz in einem ihnen fremden Land suchen. Wahrend auch erwachsene Fluchtlinge bereits in ihren Herkunftslandern und wahrend der Flucht oftmals dramatische Erfahrungen gemacht haben, beruhe die besondere Verletzhchkeit von unbegleiteten minderjahrigen Fluchtlingen jedoch auch „auf der wahrend der Entwicklungsphase stattfindenden Herauslosung aus dem sozialen Umfeld und der Trennung von ihrer Familie" (Schmieglitz, 2014, S. 25).

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Schulsozialarbeit für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Betreuung und Begleitung
Note
1,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
20
Katalognummer
V915399
ISBN (eBook)
9783346225382
ISBN (Buch)
9783346225399
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schulsozialarbeit, Flüchtlinge, Soziale arbeit
Arbeit zitieren
Dilan Demir (Autor:in), 2017, Schulsozialarbeit für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Betreuung und Begleitung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/915399

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