Caligula - Eine Untersuchung zum Cäsarenwahnsinn


Hausarbeit, 2007

20 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Quellenlage

III. Caligulas Darstellung in den Quellen

IV. Mögliche Gründe für Caligulas Handeln

V. Cäsarenwahnsinn

VI. Schlussbetrachtung

VII. Literaturverzeichnis

Quellen:

Sekundärliteratur:

I. Einleitung

Nachdem Tiberius im Jahr 37 n. Chr. gestorben war, folgte ihm Caligula, der Enkel seines Bruders Drusus d. Ä. und zugleich Urenkel des Augustus, als römischer Kaiser nach. Er regierte bis zu seiner Ermordung im Jahr 41 n. Chr.

In seiner Herrschaftszeit wird von vielen willkürlich erscheinenden Taten berichtet: Überhebliche Bautätigkeiten, blutige Gladiatorenspiele, sinnlose Militärakte und allgemeine Tyrannei über das römische Volk. In diesem Zusammenhang wird in den antiken Quellen und den Forschungsberichten der Neuzeit oftmals herausgestellt, dass Caligula dem Wahnsinn verfallen sein soll.[1] Die moderne Forschung hat dafür den Begriff des „Cäsarenwahnsinns“[2] eingeführt.

In der folgenden Arbeit soll geklärt werden, welches Caligula-Bild die antiken Quellen vermitteln und welche Rückschlüsse die moderne Forschung daraus gezogen hat. Insbesondere die These des Cäsarenwahnsinns in der antiken und modernen Darstellung und ihre Glaubhaftigkeit werden untersucht. Eine Definition des Cäsarenwahnsinns wird im Nachfolgenden gegeben. Sueton, Cassius Dio und Tacitus werden als antike Quellen behandelt.

II. Quellenlage

Als erstes werden die Kaiserviten (De Vita Caesarum) des Gaius Suetonius Tranquillus als literarische Quelle herangezogen, die er nach 120 n. Chr. verfasste. Sueton hatte als Schreiber im kaiserlichen Archiv Zugang zu diesem und dadurch Zugriff auf Archivmaterial und Privatbriefe der Kaiser, so dass die beschriebenen Vorgänge zu einem großen Teil als wahr betrachtet werden können. Jedoch muss in Betracht gezogen werden, dass Sueton nach 122 n. Chr. nicht mehr im Dienst des Archivs stand und somit auch weniger Zugriff auf die Quellen gehabt haben dürfte. Die Auswahl der Quellen ist für die Antike üblich, aber sie konzentriert sich nicht auf eine „chronique scandaleuse“[3] ; jedoch berichtet Sueton auch über den am Hof üblichen Klatsch, dessen Wahrheitsgehalt heute nicht mehr nachvollziehbar ist. Daneben werden die Informationen oftmals mit einer persönlichen Wertung wiedergegeben[4], was einer neutralen Berichterstattung widerspricht. Es lässt sich nicht ausschließen, dass die Informationsvermittlung nicht primär im Vordergrund stand, sondern vielmehr die Unterhaltung der Leser.[5] Die Qualität der Quelle wird im Allgemeinen als niedrig veranschlagt.[6]

Als weitere Quelle dient das analistische Werk Römische Geschichte (Historia Romana) von Lucius Claudius Cassius Dio Cocceianus, speziell das 59. Buch. Der Wert der Quelle gilt als sehr hoch, da in ihr Informationen über die römische Kaiserzeit stecken, die nirgendwo anders zu finden sind.[7] Die oftmals eingelegten, wahrscheinlich erfundenen Reden stören den analistischen Aufbau jedoch teilweise und mindern die Glaubwürdigkeit der Quelle etwas.[8] Daneben muss beachtet werden, dass Dio mit einem zeitlichen Abstand von mehr als 150 Jahren über das Leben Caligulas berichtet. Er ist also, wie die anderen Quellenautoren, nicht als Zeitgenosse zu behandeln. Insgesamt darf Cassius Dio jedoch als zuverlässige Quelle dienen, weil die Sorgfalt, mit der er sein Werk geschrieben hat, auch auf eine sorgfältige Auseinandersetzung mit seinen eigenen Quellen schließen lässt.[9]

Die Historiae und die Annales des Publius Cornelius Tacitus dienen als dritte Quelle. Jedoch ist der Teil der Historiae, in dem über die Herrschaft Caligulas berichtet wird, nicht mehr erhalten[10], so dass zur Beschäftigung mit dem Thema ausgewählte Stellen aus der Regierungsbeschreibung anderer Kaiser herangezogen werden, bei denen es Querverweise gibt. Die taciteische Geschichtsschreibung wird als die Vollendung der erhabenen Kunstprosa angesehen und beendet die erste große Ära römischer Geschichtsschreibung auf eindrucksvolle Weise.[11] Die Historiae/Annales gelten zudem als exemplarisches Beispiel für senatorische Geschichtsschreibung, die die Unvereinbarkeit von Kaiserherrschaft und Adelskodex aufzeigt[12] – eine Problematik, die Tacitus´ Werk stark beeinflusst hat. Bei dieser Quelle muss also - wie auch bei Cassius Dio - bedacht werden, dass die geschilderten Ereignisse aus der Sicht eines Senators beurteilt werden. Eine ironische, auch sarkastische Färbung in diesem von „grandioser Negativität“[13] geprägten Werk ist daher sehr auffällig und muss bei der Quellenanalyse in Betracht gezogen werden. Aufgrund der Tatsache, dass der Quellenwert von Tacitus´ Werk wegen der fehlenden Caligula-Biografie für die Auseinandersetzung mit dem Thema als gering einzuschätzen ist, wird seine Darstellung zur Regierungszeit des Kaisers im Punkt über die Darstellung Caligulas in den Quellen nicht berücksichtigt. Jedoch werden Quellenanteile in dem Kapitel über den Cäsarenwahnsinn behandelt.

III. Caligulas Darstellung in den Quellen

Suetons Lebensbeschreibung Caligulas wird in seiner Biografie in zwei Teile unterteilt. Der erste Teil behandelt die kurze Vita seines Vaters Germanicus, Caligulas Jugend sowie seine ersten beiden Regierungsjahre. Sueton weist auf die Leichtigkeit hin, mit der Caligula nach Tiberius´ Tod alle Amtsgewalten übertragen worden sind[14] und auch auf die öffentliche Beliebtheit des jungen Kaisers, die dieser vom ersten Moment seines Regierungsantritts inne zu haben schien.[15] Hier attestiert Sueton ihm früh eine „Sucht nach Popularität“[16], die sich in mehreren öffentlichen Spielen und Stiftungen äußert. Die frühe Anerkennung des jungen Kaisers erklärt somit, warum er so lange Zeit ohne Eingriff der Bevölkerung und des Senats in seine Herrschaftsgeschäfte regieren konnte. Die zweite Hälfte der Biografie leitet Sueton ein, indem er anführt, dass er „bis zu diesem Punkt über den Kaiser erzählt hat“[17], nun aber „über das Ungeheuer sprechen muss“[18]. Er beginnt seinen Bericht mit den Plänen Caligulas, sich als Gott darzustellen, indem er Götterstandbildern den Kopf abnehmen und Nachbildungen seines eigenen darauf setzen ließ. Auch berichtet er von einem Gespräch mit dem Kapitolinischen Jupiter, in dem Caligula ihm gedroht haben soll. Jedoch habe sich Caligula erweichen lassen und sich dazu bereit erklärt, sich mit ihm ein Haus zu teilen.[19]

Im Weiteren schildert Sueton, wie Caligula Teile seiner Familie scheinbar willkürlich töten ließ und sich dem Inzest mit seinen Schwestern hingab.[20] Danach beschreibt er die vielen Ehen Caligulas, die Geburt seines einzigen Kindes und sein Verhältnis zu Freunden und Verwandten, denen er allen ein „grausames Ende“[21] bereitete.

Sein Vorgehen gegen den Senat und die übrigen Stände charakterisiert Sueton als gewaltsam, was er durch die Aneinanderreihung von Anekdoten (zumeist grausamer Natur) bekräftigt. Hier spart Sueton nicht mit blutigen Details. So führt er sowohl Verstümmelungen als auch Auftragsmorde als auch fingierte Hungersnöte an, mit denen der Kaiser das römische Volk schikaniert haben soll.[22] Zur Untermalung der kaiserlichen Grausamkeit zitiert Sueton Caligula mehrfach mit Aussagen, die seine Taten noch scheußlicher erscheinen lassen. Unter anderem schreibt er dem Kaiser die Sätze „Sollen sie mich hassen, solange sie mich fürchten“[23] und „Hätte doch das römische Volk nur einen einzigen Hals“[24] zu. Abgesehen von der Auflistung weiterer Anekdoten nennt Sueton folgende Gründe für das Verhalten des Kaisers: Neid und Grausamkeit[25], Eifersucht[26] und fehlendes Schamgefühl.[27]

Sueton setzt sich außerdem mit der Außenpolitik Caligulas auseinander, die er als wenig erfolgreich darstellt, was dazu geführt haben soll, dass Kriegshandlungen sogar fingiert wurden. Bei einem Manöver am Rhein soll der Kaiser verkleidete Germanen aus seiner Leibwache attackiert haben, um seinem Heer einen Kriegserfolg zu bescheren.[28] Aus den letztlich schwachen Erfolgen in den Kriegszügen und wegen seines „unehrenhaften Benehmens“[29] sei es dann zur Verstimmung mit dem Senat gekommen. Im Zuge derer habe er beschlossen, den Sitz des Reichs nach Alexandria zu verlegen – eine Tendenz, die Köberlein seinem wachsenden Interesse für die ägyptischen Kulte zuschreibt.[30]

Bevor Sueton die Ermordung Caligulas ausführt, beschreibt er die äußere Erscheinung des Kaisers, der durch und durch als hässlich dargestellt wird. Daneben wird sein seelischer und gesundheitlicher Zustand als „nicht stabil“[31] beschrieben – erstmals wird auch der Begriff einer „Krankheit des Gehirns“[32] genannt, die durch die Verabreichung eines „Liebestranks“[33] seiner Gattin verstärkt worden sein soll. Sueton vermutet bei dem Kaiser eine Geisteskrankheit, die sich in Dreistigkeit und Furcht unterteilte.[34] Um den Wahnsinn Caligulas zu unterstreichen, führt Sueton mehrere Beispiele an: Die übertriebene Kleidung des Kaisers, übermäßige Förderung von Künstlern und die beabsichtigte Verleihung der Konsulwürde an sein Pferd.[35] Bezüglich des Pferdes findet sich eine entsprechende Stelle bei Dio, an welcher er glaubhaft versichert, dass Caligula dem Pferd tatsächlich die Konsulwürde verliehen hätte, wenn er nur ein wenig länger gelebt hätte.[36]

[...]


[1] Z.B. zu finden in Quidde, Ludwig: Caligula. Eine Studie über römischen Cäsarenwahnsinn, Leipzig 1894, passim, und Köberlein, Ernst: Caligula und die ägyptischen Kulte, Meisenheim am Glan 1962, 2.

[2] Quidde: Cäsarenwahnsinn, passim.

[3] Sallmann, Klaus: s.v. Suetonius Tranquillus [2], DNP 11, 2001, 1086.

[4] C. Suetonius Tranquillus: Die Kaiserviten. De Vita Caesarum. Berühmte Männer. De Viris Illustribus, lat.-dt., hg. von Hans Martinet, Düsseldorf/Zürich 1997, 1200 (Nachwort).

[5] Sallmann: Suetonius, 1088.

[6] Fuhrmann, Manfred: s.v. Suetonius [2], KlP 5, 1979, 412.

[7] Kudlien, Fridolf: s.v. Cassius Dio, KlP 1, 1979, 1077.

[8] Ebd., 1077.

[9] Ebd., 1077.

[10] Fuhrmann, Manfred: s.v. Tacitus, KlP 5, 1979, 489.

[11] Ebd., 490f.

[12] Ebd., 491.

[13] Fuhrmann, Tacitus, 491.

[14] Suet. Cal. 14,1.

[15] Ebd. 14,2–14,3.

[16] Ebd. 15,4.

[17] Ebd. 22,1.

[18] Ebd, 22,1.

[19] Suet. Cal. 22,2–22,4.

[20] Ebd. 23,2–24,1.

[21] Suet. Cal. 26,1.

[22] Ebd. 26,2–29,1.

[23] Ebd. 30,1.

[24] Ebd. 30,2.

[25] Ebd. 34,1.

[26] Ebd. 35,3.

[27] Ebd. 36,1.

[28] Ebd. 45,1.

[29] Ebd. 48,2.

[30] Köberlein: Ägyptische Kulte, 4.

[31] Suet. Cal. 50,2.

[32] Ebd. 50,2.

[33] Ebd. 50,2.

[34] Ebd. 51,1.

[35] Ebd. 52,1–55,3.

[36] Cas. 59,14,7.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Caligula - Eine Untersuchung zum Cäsarenwahnsinn
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel
Note
2,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
20
Katalognummer
V91621
ISBN (eBook)
9783638051873
ISBN (Buch)
9783638944779
Dateigröße
441 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Caligula, Eine, Untersuchung, Cäsarenwahnsinn
Arbeit zitieren
Alexander Müsegades (Autor:in), 2007, Caligula - Eine Untersuchung zum Cäsarenwahnsinn, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91621

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