Diese Arbeit befasst sich mit Ungarettis Kriegstagebuch L’Allegria und wird zeigen, dass Ungarettis Dichtung über die Ambitionen, eine schöne Biographie zu hinterlassen, hinausgeht und das Ich im Dichtungsprozess zu sich selbst findet, d.h. seine Identität entfalten bzw. erneuern kann. Dichtung ist somit eng gekoppelt an das individuelle Erleben, in der L’Allegria insbesondere die Erfahrungen des Ersten Weltkrieges. Jene Bewusstwerdung seiner selbst in der Dichtung setzt jedoch auf der formalen Ebene eine Erneuerung der ‚Parola’ voraus. Ohne eine solche Neuentdeckung bzw. Befreiung des Wortes ist die Entfaltung des Ich nicht möglich. Wir werden also sehen, dass Lyrik als Autobiographie und die ‚Poetica della Parola’ in Ungarettis L’Allegria in einem reziproken Verhältnis zueinander stehen.
Dafür werde ich zunächst auf die Allegria als biographischen Zyklus eingehen, um anschließend Ungarettis innovativen Stil in Bezugnahme auf Alfred Noyer-Weidners Aufsatz „Zur Frage der ‚Poetik des Wortes’ in Ungarettis L’Allegria“ zu erläutern. Exemplarisch dafür werde ich I Fiumi und Girovago analysieren. Schließlich werde ich die daraus resultierende Rolle des Dichters und jene des Lesers und ihr Verhältnis zueinander untersuchen und darüber reflektieren, ob Ungarettis Dichtung, indem sie sich auf Selbstfindung und Neusemantisierung bezieht, nicht einen gewissen Ausschluss des Lesers impliziert und letztendlich im Narzissmus des Dichters mündet.
Inhaltsverzeichnis
- 0) Einleitung
- 1) Die Allegria als Identitätssuche des Ich
- 1.1) Die Allegria als Zyklus
- 1.1.1) Die Form des Tagebuches
- 1.2) Der Titel der Allegria
- 1.3) „Innocenza“ und „Memoria“ als biographische Schlüsselbegriffe
- 2) Ungarettis Stil
- 2.1) „La Poetica della Parola“
- 2.1.1) Elementarisierung
- 2.1.2) Neusemantisierung
- 3) I Fiumi
- 3.1) I Fiumi als Biographie
- 3.2) Die „Tendenz zum bedeutungsträchtigen Wort“ in I Fiumi
- 4) Girovago
- 4.1) Girovago als Selbstbild des Ich
- 4.2) Die Tendenz zum „bedeutungsträchtigen Wort“ in Girovago
- 5) Das Verhältnis von Dichter und Leser bei Ungaretti
- 5.1) Die Rolle des Lesers
- 5.2) Die Rolle des Dichters
- 6) Die Allegria als Spiegel von Ungarettis Narzissmus?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit beschäftigt sich mit Ungarettis Kriegstagebuch L'Allegria und zeigt, dass Ungarettis Dichtung über die Ambitionen hinausgeht, eine schöne Biographie zu hinterlassen, und das Ich im Dichtungsprozess zu sich selbst findet, d.h. seine Identität entfalten bzw. erneuern kann. Dichtung ist somit eng gekoppelt an das individuelle Erleben, in der L'Allegria insbesondere die Erfahrungen des Ersten Weltkrieges. Jene Bewusstwerdung seiner selbst in der Dichtung setzt jedoch auf der formalen Ebene eine Erneuerung der „Parola“ voraus. Ohne eine solche Neuentdeckung bzw. Befreiung des Wortes ist die Entfaltung des Ich nicht möglich. Die Arbeit untersucht das reziproke Verhältnis zwischen Lyrik als Autobiographie und der „Poetica della Parola“ in Ungarettis L'Allegria.
- Die Allegria als biographischer Zyklus und die Suche nach der Identität des lyrischen Ichs
- Ungarettis innovativer Stil und die „Poetica della Parola“
- Die Rolle des Dichters und des Lesers im Kontext von Selbstfindung und Neusemantisierung
- Die Frage nach einem möglichen Ausschluss des Lesers und der Rolle des Narzissmus in Ungarettis Dichtung
- Die Verbindung zwischen Sprache und Ich in Ungarettis Werk
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt Ungarettis Aussage "L'autore non ha altra ambizione, e crede che anche i grandi poeti non ne avessero altre, se non quella di lasciare una sua bella biografia.” in den Kontext der Arbeit und stellt die These auf, dass Ungarettis L'Allegria über eine bloße biographische Darstellung hinausgeht und das Ich im Dichtungsprozess seine Identität neu erfindet. Die Arbeit untersucht die Rolle des Krieges in der Entstehung der Allegria und analysiert die „Poetica della Parola“ als entscheidenden Faktor für die Selbstfindung des lyrischen Ichs.
Kapitel 1 untersucht die Allegria als biographischen Zyklus und beleuchtet die Rolle des Krieges und der Sprache in Ungarettis Selbstsuche. Das Kriegstagebuch wird als „Libro dell'io“ betrachtet und die Frage nach der therapeutischen Funktion der Dichtung angesprochen. Das Kapitel beleuchtet den Einfluss von Ungarettis Kindheit und Jugend auf seine poetische Entwicklung und stellt die Bedeutung der Sprache als Medium für seine Identitätssuche heraus. Der Fokus liegt hier auf der Verbindung von Sprache und Ich und der Suche nach der „Purezza“ der „Parola“.
Kapitel 2 widmet sich Ungarettis Stil und analysiert die „Poetica della Parola“. Die „Elementarisierung“ und „Neusemantisierung“ des Wortes werden als zentrale Elemente seiner Poetik vorgestellt. Hierbei wird auf die Bedeutung der Sprache für die Entfaltung des Ichs eingegangen und die Frage nach der Krise der Sprache in Ungarettis Werk aufgeworfen.
Kapitel 3 bietet eine exemplarische Analyse von I Fiumi und beleuchtet dieses Gedicht als Biographiebild und als Beispiel für Ungarettis „Tendenz zum bedeutungsträchtigen Wort“. Die Bedeutung des Gedichts im Kontext der gesamten Allegria wird erörtert und seine Funktion als Resumée der Sammlung hervorgehoben.
Kapitel 4 analysiert das Gedicht Girovago ebenfalls als Selbstbild des Ichs und untersucht die „Tendenz zum bedeutungsträchtigen Wort“ in diesem Kontext. Die Bedeutung von Girovago als Spiegel des Ichs und die Rolle des Wortes als Mittel der Selbstfindung werden beleuchtet.
Kapitel 5 befasst sich mit dem Verhältnis von Dichter und Leser bei Ungaretti. Die Rolle des Lesers und des Dichters im Kontext von Selbstfindung und Neusemantisierung wird analysiert. Hierbei wird die Frage nach einem möglichen Ausschluss des Lesers und der Rolle des Narzissmus in Ungarettis Dichtung aufgeworfen.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Giuseppe Ungaretti, L'Allegria, Kriegstagebuch, Identitätssuche, „Poetica della Parola“, „Parola“, Elementarisierung, Neusemantisierung, autobiographische Dichtung, Lyrik als Autobiographie, Selbstfindung, Narzissmus, Leserrolle, Dichterrolle, Sprache als Medium der Selbstfindung, „Innocenza“, „Memoria“, I Fiumi, Girovago, Erste Weltkrieg.
- Citar trabajo
- Rafaela Breuer (Autor), 2006, Die reziproke Entfaltung des Ich und der ‚Parola’ in Ungarettis "L’Allegria", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91704