In dieser Arbeit soll Kants Argumentationsgang sukzessive nachvollzogen werden. Im Fokus steht stets die Frage, inwiefern sich hieraus besitzindividualistische oder sozialstaatliche Prinzipien ableiten lassen. Es soll hierbei gezeigt werden, dass beide Interpretationsansätze in verschiedener Hinsicht zu kurz greifen.
Die Rechtslehre gehört zweifellos zu den am kontroversesten diskutierten Schriften Kants. Insbesondere in der Beurteilung der Eigentumslehre liegen die Meinungen weit auseinander. Ein besonders drastisches wie einflussreiches Urteil zog bekanntlich Schopenhauer, der die gesamte Rechtslehre als Produkt von Kants zunehmender Senilität geißelte und speziell die Eigentumslehre als gewaltsames "Princip des Faustrechts" abtat.
Und auch wenn im Zuge einer seit den 1970er-Jahren verstärkt einsetzenden Rezeption durch die Sekundärliteratur diese Einschätzung heute freilich nicht mehr als zeitgemäß gelten kann, herrscht nach wie vor Uneinigkeit, wie große Teile der Rechtsphilosophie, allen voran die Eigentumstheorie, im Einzelnen zu verstehen sind.
Kant wird hierbei wahlweise als besitzindividualistischer Apologet bürgerlicher Eigentumsverhältnisse kritisiert oder aber als Vordenker sozialstaatlicher Prinzipien gefeiert. Diese auffallend stark divergierenden Charakterisierungen geben Anlass zu einer eingehenderen Untersuchung der kantschen Eigentumstheorie.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Der intelligible Besitz
- a) Der systematische Platz des intelligiblen Besitzes
- b) Die Debatte um die Textgrundlage
- c) Die Deduktion des intelligiblen Besitzes
- d) Enthält Kants Argument eine petitio principii?
- III. Eigentum und Sozialstaatlichkeit
- a) Legitimiert Kant Privateigentum?
- b) Erstokkupation, communio fundi originara und der vereinigte Wille
- c) Eigentumsschutz oder Eigentumsregulierung?
- d) Formale und materiale Freiheit
- IV. Fazit
- V. Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Ziel dieser Arbeit ist es, Kants Argumentationsgang in seiner Rechtslehre im Hinblick auf die Frage nach der Legitimation von Privateigentum und möglichen sozialstaatlichen Implikationen nachzuvollziehen. Dabei sollen die verschiedenen Interpretationsansätze, die Kant entweder als Besitzindividualist oder als Vordenker sozialstaatlicher Prinzipien ausweisen, kritisch beleuchtet und auf ihre Stichhaltigkeit hin untersucht werden.
- Der systematische Platz des intelligiblen Besitzes in Kants Rechtsphilosophie
- Die Debatte um die Textgrundlage und die Rekonstruktion von Kants Argumentation
- Die Deduktion des rechtlichen Postulats der praktischen Vernunft
- Die Frage nach der Legitimation von Privateigentum in Kants Rechtslehre
- Die Beziehung zwischen Eigentum und Sozialstaatlichkeit in Kants Werk
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die kontroversen Diskussionen um Kants Rechtslehre und die Eigentumslehre, die sich bereits bei Schopenhauer deutlich zeigen. Die Arbeit setzt sich zum Ziel, Kants Argumentationsgang zu rekonstruieren und die Frage nach der Legitimation von Privateigentum und möglichen sozialstaatlichen Implikationen zu untersuchen.
Kapitel II beschäftigt sich mit dem "intelligiblen Besitz" und seiner systematischen Bedeutung in Kants Rechtsphilosophie. Es wird erläutert, warum sich Kant mit der Eigentumsfrage auseinandersetzt und welche Rolle der "intelligible Besitz" für die Begründung des gesamten Klassen von erworbenen Rechten spielt. Die Debatte um die Textgrundlage und die Rekonstruktion von Kants Argumentation werden im Detail beleuchtet.
Kapitel III untersucht Kants Argumentation im Hinblick auf die Frage nach der Legitimation von Privateigentum. Es wird diskutiert, ob Kant die Institution des Privateigentums befürwortet und ob sich aus seiner Rechtslehre sozialstaatliche Prinzipien ableiten lassen. Dabei werden verschiedene Interpretationsansätze kritisch beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Immanuel Kant, Rechtslehre, intelligibler Besitz, Eigentum, Privateigentum, Sozialstaatlichkeit, formale Freiheit, materiale Freiheit, Rechtstheorie, Besitzindividualismus, Rechtsphilosophie.
- Citation du texte
- Maximilian Strietholt (Auteur), 2019, Eigentum und Sozialstaatlichkeit in Kants Rechtslehre. Was ist "intelligibler Besitz“?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/919278