Dienen terroristische Anschläge dazu, den Hobbesschen Kriegszustand herbeizuführen?


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2002

19 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhalt

1. Einleitung

2. Der Naturzustand bei Thomas Hobbes
2.1 Der Naturzustand als Kriegszustand
2.2 Der Naturzustand als Beispiel für ein Gefangenendilemma
2.3 Die Überwindung des Naturzustandes durch Installation des Leviathan

3. Terrorismus
Explikation des Begriffes, Mittel und Zielsetzung terroristischer Akte

4. Dienen terroristische Akte dazu, den Hobbesschen Kriegszustand herbeiführen?

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der Terrorismus ist zur Zeit wohl eines der größten Probleme, welches die Politik zu bewältigen hat. Die Anschläge vom 11. September 2001, die der Weltmacht USA mit dem Terrorismus einen neuen Kriegsgegner beschert haben; oder die Gewalt im Nahen Osten zwischen Israel und radikalen Palästinenserorganisationen, die jetzt schon seit Monaten immer weiter eskaliert und bei der ein Ende nicht absehbar ist. Die baskische Terrororganisation ETA, die in konsequenten Abständen immer wieder Anschläge auf spanische Politiker oder andere Diener des Staates verübt. Man kann sicher noch viele weitere aufzählen.

In dieser Arbeit möchte ich mich mit den Mitteln und Zielen des Terrorismus auseinandersetzen, wenn auch in nicht sehr konventioneller Hinsicht. Mein Ziel wird es sein, die Zielsetzungen terroristischer Aktionen darauf zu überprüfen, ob sie dazu dienen, Staaten zurück in einen vorstaatlichen Zustand zu versetzen. An Thomas Hobbes’ Natur- oder Kriegszustand, der ein Beispiel für einen solchen Zustand darstellt, will ich untersuchen, ob es Ziele des Terrorismus gibt, die Eigenschaften des Naturzustandes vorweisen.

Zunächst stelle ich Hobbes Naturzustand dar, zeige, warum er einen Kriegszustand darstellt. Danach möchte ich den Naturzustand als Beispiel für ein Gefangenendilemma beschreiben und damit erklären, was für Hobbes den Ausweg aus diesem Kriegszustand darstellt.

Den nächsten Teil widme ich dem Terrorismus. Zunächst werde ich erklären, was unter Terrorismus zu verstehen ist. Da dies in engem Zusammenhang mit den Mitteln und Zielen des Terrorismus steht, werden diese Faktoren ebenfalls unter diesem Punkt behandelt. Bei den Zielen und Mitteln werde ich zudem nur jene darstellen, die für nahezu alle Varianten des Terrorismus Gültigkeit besitzen.

Im dritten Teil versuche ich dann, auf Grundlage der vorigen Kapitel, die Zusammenhänge zwischen den Zielen terroristischer Anschläge und Kennzeichen des Hobesschen Kriegszustandes zu finden und zu erklären. Dieser Teil wird zudem großteils meine eigene Einschätzung widerspiegeln, da die Wissenschaft sich dem Zusammenhang zwischen Hobbes Naturzustand als Ziel terroristischer Akte – meines Wissens nach – noch nicht eingehender gewidmet hat.

Den Schluss werde ich hauptsächlich die Ergebnisse kurz bewerten und zudem noch einen kleinen Ausblick auf mögliche zukünftige gefahren des Terrorismus vornehmen.

1. Der Naturzustand bei Thomas Hobbes

1.1 Der Naturzustand als Kriegszustand

Der von Hobbes beschriebene Naturzustand ist ein rein hypothetisches Konstrukt (Heger 1981: 29). Zugrunde legt er den in einer zivilisierten Gesellschaft lebenden Menschen inklusive all seiner Bedürfnisse. Zum Naturzustand gelangt Hobbes dadurch, dass er das Verhalten der Menschen beschreibt wären diese nicht zur Einhaltung von Gesetzen und Verträgen gezwungen (Macpherson 1996: 132). Es gibt im Naturzustand keine Regeln, keine moralische und auch keine rechtliche oder staatliche Ordnung (Kersting 1994: 64). Daraus folgt, dass alle Individuen ihre Interessen ohne Beschränkung gegeneinander geltend machen können (Heger 1981: 30). Denn für Hobbes als Rechtspositivist stellt der Naturzustand keinen Naturrechtszustand dar (Kersting 1994: 73). Es gibt weder eine vernunftrechtliche, noch eine naturrechtliche Ordnung. Recht und Unrecht können nicht existent sein, da es nur Gesetze gibt wenn diese vom Staat festgelegt sind. Von „Natur aus“ gültige Gesetze gibt es nicht. Der Naturzustand ist die „Negation der zivilisierten Gesellschaft“ (Macpherson 1996: 134). So sind beispielsweise keine Industrie, Künste, Wissenschaften oder andere gesellschaftliche Errungenschaften vorhanden. Friedliche Kooperation zwischen den Menschen findet nicht statt, sondern es herrscht ein Konfliktzustand und die Bereitschaft zur Gewaltanwendung ist permanent vorhanden (Kersting 1994: 64). Das Leben in diesem Zustand bezeichnet Hobbes daher als „solitary, poore, nasty, brutish, and short.“ (1991: 89)

Dieser Zustand kann allerdings nur unter der Voraussetzung bestehen, dass alle Menschen nahezu „gleich“ sind, was bedeutet, dass die natürlichen Unterschiede hinsichtlich körperlicher und geistiger Kraft zu gering sind um eine dauerhafte Überlegenheit des Einen über den Anderen sicherzustellen. Der Schwächste kann, beispielsweise mit Hilfe von Verbündeten oder durch Hinterlist, den Stärksten töten (Nida-Rümelin 1996: 112). Somit ist keine Herrschaftsordnung von Natur aus möglich.

Doch worin liegen die Ursachen dafür, dass sich dieser vorstaatliche Zustand als durchweg negativ darstellt? Für Hobbes sind drei Konfliktursachen verantwortlich und diese liegen schlicht „in the nature of man“ (Hobbes 1991: 88). Die erste Konfliktursache ist die Konkurrenz um knappe Güter, welche sowohl in einer staatlichen Ordnung als auch im Naturzustand vorhanden ist, jedoch mit dem entscheidenden Unterschied, dass diese Konflikte in einer staatlichen Ordnung entschärft und friedlich geregelt werden, sich im Naturzustand hingegen mit „naturwüchsiger Gewalt entfalten“ (Kersting 1994: 65). Diese Konkurrenz veranlasst daher die Menschen im Naturzustand zu gewaltsamen

Übergriffen auf andere um einen persönlichen Vorteil zu erlangen (Nida-Rümelin 1996: 112).

Weil aber aufgrund des oben erwähnten „Gleichheitspostulats“ (Nida-Rümelin 1996: 112) keine dauerhafte Überlegenheit eines Menschen über einen anderen möglich ist, führt die Konkurrenz zu dauerhafter Feindseligkeit und Furcht, denn da jeder das Recht auf alles besitzt, kann niemand sich zu keiner Zeit seines Besitzes sicher sein. Wenn beispielsweise ein Mensch Ländereien besitzt muss er immer damit rechnen, dass andere nach seinem Besitz streben und ihn überfallen (Macpherson 1996: 134). Dies führt dazu, dass ein jeder misstrauisch gegenüber allen anderen sein und danach streben muss, alle möglichen Gegner zu unterwerfen um seine Sicherheit zu gewährleisten. Er muss seine Macht erweitern. Hier zeigt sich auch die zweite Streitursache – das Misstrauen. Es ist im Naturzustand rational der Gewalt anderer zuvorzukommen (Kersting 1994: 67). Allein aus Gründen der Vernunft und des Selbsterhaltungstriebs ist es im Naturzustand sinnvoll misstrauisch zu sein, Macht über andere zu gewinnen und diese stetig zu vergrößern. Zu diesen beiden Ursachen für den Krieg aller gegen alle(„bellum omnium contra omnes“)im Naturzustand tritt als dritte eine menschliche Eigenschaft die Hobbes als Ruhmsucht bezeichnet hinzu. Demzufolge haben alle Menschen die „Neigung, andere herabzusetzen, um sich selbst zu erhöhen“ (Nida-Rümelin 1996: 113). All dies macht den Frieden im Naturzustand unmöglich und führt zwangsläufig zum Kriegzustand.

Der Krieg kann ohne Auferlegung von Schranken für die Individuen seitens eines Staates nicht enden (Heger 1981: 35). Dies ist bereits darin begründet, dass alle Menschen Chancengleichheit besitzen und es daher für das Individuum keinen Grund gibt, nicht seine Chance im Kriegzustand zu suchen.

Jeder kann jeden besiegen und deshalb wird auch der Sieger weiter bedroht bleiben. Die Freiheit des Einzelnen den freien Willen des anderen nicht als Grenze des eigenen Willens anzuerkennen führt gerade zur absoluten Unfreiheit aller – „every man has a Right to every thing; even to one anothers body“ (Hobbes 1991: 91) – das natürliche Recht auf alles führt zum Recht auf nichts (Heger 1981: 37). So lange dieses Recht bestand hat kann es für niemanden Sicherheit geben, zudem würde der Mensch die „Güter des zivilisierten Lebens“ vermissen und ohne jene Güter zu leben „widerspricht der Natur des Menschen“ (Macpherson 1996: 139). Darum verlangt die totale Negativität des Naturzustandes einen Übergang zu einer positiven Lösung durch die Beendigung der Bedingungen die „individuelles wie gesellschaftliches Leben verunmöglichen“ (Heger 1981: 37).

[...]

Fin de l'extrait de 19 pages

Résumé des informations

Titre
Dienen terroristische Anschläge dazu, den Hobbesschen Kriegszustand herbeizuführen?
Université
Johannes Gutenberg University Mainz  (Institut für Politikwissenschaft)
Cours
Seminar: Moderne Politische Theorie
Note
1,7
Auteur
Année
2002
Pages
19
N° de catalogue
V9192
ISBN (ebook)
9783638159623
Taille d'un fichier
500 KB
Langue
allemand
Mots clés
Hobbes Terrorismus Naturzustand Kriegszustand
Citation du texte
Sebastian Hoder (Auteur), 2002, Dienen terroristische Anschläge dazu, den Hobbesschen Kriegszustand herbeizuführen?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9192

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