Geschichte und Gegenwart der Zigeuner in Deutschland und in Ungarn


Dossier / Travail de Séminaire, 2002

15 Pages, Note: 2


Extrait


Inhalt

I. Zur Geschichte der Zigeuner

II. Die Ethnie der Zigeuner

III. Wodurch gibt es einen Konflikt zwischen Zigeunern und Sesshaften?

IV. Versuche zur Behebung des Konfliktes

V. Vergleich der gegenwärtigen Situation der Zigeuner in Deutschland und in Ungarn

I. Zur Geschichte der Zigeuner

Lange Zeit gab es Spekulationen über die Herkunft der Zigeuner. Ihr Herkunftsland konnte nicht bestimmt werden, durch Sagen, Märchen und Schutzbehauptungen der Zigeuner selbst wurde diese Unsicherheit der Herkunftsbestimmung noch verstärkt. So wiesen sich die Zigeuner als Israeliten, Ägypter oder wandernde christliche Büßer aus. Diese Aussagen wurden von Historikern aufgegriffen und festgeschrieben.

Die Sprachforschung bewies jedoch, dass es sich hier um Spekulationen handelte. Als eigentliches Herkunftsland konnte Indien bestimmt werden. Unabhängig voneinander gelang es mehreren Sprachwissenschaftlern zu beweisen, dass es bei dem Romanes, der Zigeunersprache, um eine ursprünglich indische Dialektform geht, die durch anschließende Forschungen auf das Sanskrit zurückgeführt wurde.

Bei der Suche nach indischen Volkstämmen, die eine ähnliche Lebensweise wie die in Europa beheimateten Zigeuner aufweisen, stieß man auf mehrere Volksgruppen, die nahezu identischen Merkmale zeigten.

Es ist auch nicht genau zu feststellen, zu welchem Zeitpunkt Angehörigen dieser Volksgruppen Indien verließen. Noch weniger bekannt sind die Gründe für den Auszug. Als Erklärungsmodelle werden Erzählungen persischer und arabischer Dichter angegeben. Sie sagen aus, dass gegen 420 n. u. Z. Bahram –Gor, ein Fürst aus Persien, an Shankal, König von Kambodscha und Maharadscha von Indien, die Bitte richtete, unter seinen Untertanen Musikanten und Tänzer auszusuchen, und diese zur Aufmunterung der persischen Untertanen in sein Reich zu schicken. Angeblich sollen 12000 Spielleute nach Persien gekommen sein. Der Auslöser für die Emigration war wahrscheinlich die Eroberung des Industales durch mohamedanische Truppen im 7. Jahrhundert n.u.Z. Das erste Einwanderungsland, durch das die Vorfahren der Zigeuner zogen, war Persien.

Heute sind drei dialektologische Hauptgruppen der Zigeuner feststellbar:

1. die armenische
2. die europäische
3. die syrische

Bei den armenischen Zigeunern ist eine ähnliche Veränderung der Sprache erkennbar, wie sie von den neuindischen Sprachen durchgemacht wurde. Dagegen haben die europäischen Zigeuner diese Veränderung in ihrer Sprache nicht, sie ist folglich älteren Ursprungs. Dies lässt den Schluss zu, dass es sich nicht um eine geschlossene Auswanderung handelte, sondern dass die Auswanderung in mehreren Wellen erfolgte. Ein Teil der ersten Gruppe wanderte über Persien in den Balkanraum, der andere über Syrien, Ägypten und Nordafrika bis nach Spanien. Die Nachkommen dieser Gruppe leben heute in Europa und Nordafrika.

Der Einwanderungsbeginn der Zigeuner in deutsches Sprachgebiet scheint zwischen 1407 und 1414 zu liegen. Ab 1414 dehnen sich die Zigeuner über ganz Deutschland aus, sie tauchen an der Schweizer Grenze, in Bayern, Hessen, Niedersachsen und Sachsen auf. Die Fremden wurden in Deutschland zunächst freundlich aufgenommen, was verschiedene Gründe gehabt haben kann:

- Schutzbriefe und Empfehlungsschreiben des Papstes und von Kaiser Sigismund
- Die Vorstellung, es handele sich um Pilger
- Die im Mittelalter herrschende moralische Pflicht, Bedürftigen zu helfen.

Gleichzeitig breiteten sich jedoch auch bereits Anzeichen von Ablehnung aus:

- man hielt die Neuankömmlinge für türkische Spione
- das fremdartige Aussehen und Auftreten und ihre ungeklärte Herkunft verunsicherten die Menschen
- die Frauen traten als Wahrsagerinnen auf, was sie schnell in die Nähe von „Hexen“ rückte

Bereits damals schwankte also das Verhältnis der einheimischen Bevölkerung zu den Zigeunern zwischen Verklärung und Ablehnung.

Die europäische Geschichte der Zigeuner lässt sich auch als Etappen von unterschiedlichen Verfolgungsmaßnahmen erzählen, angefangen im 15. Jahrhundert bis zum Ende des 20. Jahrhunderts. Wo, wann und warum dieses Volk verfolgt wurde, hat verschiedene Gründe, die ich in den nächsten Kapiteln deutlich zu machen versuche.

II. Die Ethnie der Zigeuner

Etwa 8 Millionen Roma leben in Europa. Sie verteilen sich wie folgt: Albanien 60 000; Griechenland 180 000; Mazedonien 55 580 (1991=2.7% der Bevölkerung; nach der Volkszählung von 1994 hat ihre Anzahl um 15% auf 2,3% abgenommen); Serbien/Montenegro 400 000; Bosnien(vor dem Krieg) 300 000; Kroatien 30 000; Bulgarien 800 000(Untersuchung des Innenministeriums für das ZK 1989: 576 927); Rumänien 2 000 000 (Volkszählung 1992: 409 723); Ungarn 600 000; Tschechische Republik 300 000; Slowakei 400 000; Polen 40 000; Finnland 8000; Schweden 15 000; Norwegen 1000; Dänemark 2000; Deutschland 100 000; Niederlande 35 000; Belgien 15 000; Frankreich 300 000; Großbritannien 50 000; Irland 22 000(Fahrende); Spanien 700 000; Portugal 40 000; Italien 100 000; Schweiz 30 000; Österreich 25 000.

Statistische Erhebungen nach ethnischer Zugehörigkeit wurden im Rahmen von Volks – oder anderen Zählungen nur in den ehemals sozialistischen Ländern durchgeführt. Diese Ergebnisse sind in Klammern angegeben. Sie liegen grundsätzlich weit unterhalb der tatsächlichen Zahl an Roma, da diese ihre ethnische Zugehörigkeit oft nicht angeben möchten.

Klassifizierungen der Romagruppen gibt es so viele wie es Forscher oder Roma gibt, die sie vornehmen. Diese wurden anhand unterschiedlicher Klassifikationsmodelle nach Einwanderungswellen oder Herkunftsregion, nach Zugehörigkeit zu einem Sprachzweig, nach Berufen oder Religionszugehörigkeit aufgestellt.[i]

Die Roma in Europa sind kein homogenes Volk, sondern weisen erhebliche sprachliche, kulturelle, soziale und historische Binnendifferenzierungen auf.

Zu den Kulturelementen, durch die sich Roma von den Mehrheitsbevölkerungen unterscheiden, gehören folgende:

- Abgrenzungen unterschiedlicher Intensität gegenüber den Mehrheitsbevölkerungen (gadze) und gegenüber anderen Romagruppen
- Die Sprache, wobei die einzelnen Sprachzweige und Dialekte sehr unterschiedlich sein können
- die Sozialorganisation
- Formen der mehr oder weniger stark institutionalisierten internen rechtlichen und politischen Selbstverwaltung
- Die Existenz eines sozialen Kontrollsystems
- Die Berufsstruktur
- Ein historisches Selbstverständnis als reisende oder sesshafte Gruppe
- Die Religion
- Die Sozialisation der Kinder
- Die starke Trennung der männlichen und weiblichen Lebenssphären
- Die Bedeutung der Heirat zur Herstellung von Allianzen zwischen Familien
- Die mehrschichtige Identität, d.h. die meisten Roma verstehen sich gleichzeitig als Angehörige einer bestimmten Romagruppe oder als Roma und als Angehörige der jeweiligen Mehrheitsbevölkerungen

Diese gemeinsamen Merkmale, und der Wille und das Bewusstsein, zu dieser Gruppe der Menschen zugehörig zu sein, zeichnen die Zigeuner als Ethnie aus.

[...]


[i] Katrin Reemtsma: Sinti und Roma Geschichte Kultur Gegenwart S 57-58 Verlag C.H. Beck München 1996

Fin de l'extrait de 15 pages

Résumé des informations

Titre
Geschichte und Gegenwart der Zigeuner in Deutschland und in Ungarn
Université
University of Education Freiburg im Breisgau  (Institut für Soziologie)
Cours
Ethnische Konflikte
Note
2
Auteur
Année
2002
Pages
15
N° de catalogue
V9200
ISBN (ebook)
9783638159661
Taille d'un fichier
472 KB
Langue
allemand
Annotations
Über Konflikte zwischen Zigeunern und Sesshaften. 297 KB
Mots clés
Geschichte, Gegenwart, Zigeuner, Deutschland, Ungarn, Ethnische, Konflikte
Citation du texte
István Józsa (Auteur), 2002, Geschichte und Gegenwart der Zigeuner in Deutschland und in Ungarn, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9200

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