Die Balance Scorecard. Verständnis und Anwendung für strategische Lieferanten


Bachelorarbeit, 2020

138 Seiten, Note: 1,00


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Kurzfassung

1 Einleitung

2 Theoretische Grundlagen
2.1 Kennzahlensysteme
2.1.1 Rechensysteme
2.1.1.1 DuPont-Kennzahlensystem
2.1.1.2 ZVEI-Kennzahlensystem
2.1.2 Ordnungssysteme
2.1.2.1 RL-Kennzahlensystem
2.1.3 Balanced Scorecard (BSC)
2.1.3.1 Perspektiven der Balanced Scorecard
2.1.3.2 Finanzperspektive
2.1.3.3 Kundenperspektive
2.1.3.4 Prozessperspektive
2.1.3.5 Potentialperspektive
2.1.3.6 Zusätzliche Perspektiven
2.1.3.7 Kennzahlen und Messgrößen der BSC
2.1.3.8 Verknüpfung der Kennzahlen zu einer Strategie
2.1.3.9 Strategieimplementierung

3 Methodisches Vorgehen
3.1 Anwendung der Theorie auf die Gestaltung einer eigenen BSC
3.1.1 Festlegung der Vision und Strategie
3.1.2 Festlegung der BSC-Perspektiven
3.1.3 Festlegung der Kennzahlen
3.2 Erhebungsinstrument
3.2.1 Vorbereitung des Interviewleitfadens
3.2.2 Auswahl der Interviewpartner
3.2.3 Datenerhebung
3.2.4 Auswertung und Vorstellung der Kernergebnisse
3.2.5 Aussagekraft der Daten
3.2.6 Praktische Implikationen

4 Fazit

Quellenverzeichnis

5 Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 - Navigationssystem nach Gälweiler (https://o.quizlet.com/9e8iYCQDiDTSvfjyRuJSgQ.jpg), abgerufen 24.05.2020

Abkürzungsverzeichnis

BSC Balanced Scorecard

bzw. beziehungsweise

CEO Chief Executive Officer

d. h. das heißt

ERP Enterprise Resource Planning

EVA Economic Value Added

evtl. eventuell

Fa. Firma

GE General Electric

ggf. gegebenenfalls

GuV Gewinn- und Verlustrechnung

KPI Key Performance Indicator

lt. laut

MS-Teams Microsoft Teams

R&D Research & Development

REFA Verband für Arbeitsstudien

RL Rentabilität-Liquidität

ROCE Return on Capital Employed

ROI Return on Invest

z. B. zum Beispiel

z. T. zum Teil

ZVEI Zentralverband der Elektrotechnischen Industrie

Kurzfassung

Verständnis und Anwendung der BSC für strategische Lieferanten

Die Balanced Scorecard ist ein Performance-Measurement-Instrument, welches sich sehr gut eignet, die in der heutigen Zeit erfolgswichtigen Kenngrößen zu messen. Die Vermittlung und Messung von Strategie wird immer wichtiger. Denn nur wenn alle wichtigen Stakeholder die strategische Ausrichtung eines Unternehmens verstehen und an der Erreichung der strategischen Ziele im Arbeitsalltag arbeiten, können diese Ziele erreicht werden. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich damit, ob es einem strategischen Lieferanten möglich ist, von einer Einkaufs-BSC auf die Einkaufsstrategie zu schließen und wie eine gute BSC aufgebaut sein muss, damit die sie vom strategischen Lieferanten verwendet wird und dieser seine Performance langfristig verbessern kann.

Understanding and application of the BSC for strategic suppliers

The balanced scorecard is a performance measurement instrument, which is very suitable for measuring today’s business success parameters. Carrying out and measuring strategy becomes more and more important because only if all important stakeholders understand the strategy and implement strategy as everyone’s everyday job these goals can be reached. This paper tries to find out if it is possible for a strategic supplier to conclude from a procurement-BSC to the procurement strategy and how a well structured BSC should look like to make this possible and that the strategic supplier uses this tool in order to improve the supplier’s overall performance in a long term.

1 Einleitung

Um einen Überblick über den aktuellen Zustand eines Unternehmens zu bekommen, haben Unternehmer schon immer ein hohes Interesse an sogenannten Kennzahlensystemen, welche die Erreichung der eigenen Ziele aus verschiedenen Bereichen messen und dabei prüfen, wie erfolgreich das Unternehmen während einer Periode war. Im Laufe der Geschichte wurden immer neue Performance-Measurement-Instrumente entwickelt und eingeführt. Die Welt ist im Zuge der Globalisierung und des raschen technologischen Fortschritts immer schnelllebiger und komplexer geworden und befindet sich in einem radikalen Wandel, in dem materielle Werte immer mehr in den Hintergrund treten und von immateriellen Werten abgelöst werden. Die Konkurrenz hat teilweise stark zugenommen und der Markt wird immer enger. Somit ist es heute wichtiger denn je, sich mit einer gut durchdachten Strategie von der Konkurrenz abzusetzen und zu positionieren, sie für alle wichtigen Stakeholder verständlich darzustellen und umsetzbar zu machen, seine Performance und Strategie zu überprüfen und ggf. aufgrund von internen oder externen Änderungen anzupassen und immer komplexere Vorgänge übersichtlich und einfach darzustellen sowie beherrschbar zu halten.

Bestehende Kennzahlensysteme eignen sich oft nur sehr bedingt, die in der heutigen Zeit ausschlaggebenden Faktoren richtig zu messen, übersichtlich darzustellen und den internen als auch den immer wichtiger werdenden externen Stakeholder (wie z. B. den Lieferanten) den richtigen Weg für die Zukunft zu weisen. Hier kommt die BSC ins Spiel, ein in den 90er Jahren entwickeltes Kennzahlensystem, das sich aufgrund neuartiger Ansätze sehr gut dazu eignet, die für ein Unternehmen in der heutigen Zeit überlebenswichtige Kennzahlenbasis zur Verfügung zu stellen und somit vor allem die Strategie messbar und prüfbar zu machen. Außerdem soll sie diese für alle wichtigen Stakeholder verständlich übersetzen, damit sie zur langfristigen Verbesserung der Unternehmensperformance beitragen können. Die Lieferanten als einer der Key-Stakeholder der meisten Unternehmen rücken durch die zugenommene Komplexität der Supply-Chain immer mehr in den Fokus für die Zielerreichung und Strategieumsetzung des eignen Unternehmens. In der bestehenden Fachliteratur zum Thema BSC ist zwar die Einführung, Gestaltung und Anwendung der BSC sowie die Strategievermittlung an die eigenen Mitarbeiter und deren Strategieverständnis zufriedenstellend dargestellt und erforscht, allerdings stellt sich im Zuge dieser Arbeit die Frage, wie eine Einkauf-BSC des eigenen Unternehmens richtig aufgebaut sein muss, damit es einem strategischen Lieferanten möglich ist, von der BSC auf die Einkaufsstrategie des zu beliefernden Unternehmens zu schließen und somit zur Erreichung der strategischen beitragen kann.

Im theoretischen Teil dieser Arbeit werden verschiedene bestehende Kennzahlensysteme untersucht, die Vor- und Nachteile beleuchtet sowie deren Funktionsweise dargestellt. Danach wird die BSC nach Kaplan und Norton in ihrer Grundidee und Funktionsweise vorgestellt, bevor die verschiedenen Perspektiven und die dazugehörigen Kennzahlen der BSC dargestellt werden. Am Ende des Theorieteils wird die Verknüpfung der BSC-Kennzahlen mit der Strategie betrachtet und auf die Strategieimplementierung eingegangen. Im empirischen Teil der Arbeit wird untersucht, wie die Erkenntnisse aus dem theoretischen Teil auf die Gestaltung einer eigenen Einkaufs-BSC angewandt werden können. Am Ende wird zunächst dargestellt, wie man ein qualitatives, leitfadengestütztes Experteninterview vorbereitet, durchführt und auswertet, um zum Schluss mit den zusammengefassten und ausgewerteten Ergebnissen der Interviews die Eingangsfrage zu beantworten und zu klären, wie diese Ergebnisse in der Praxis hilfreich sein könnten.

2 Theoretische Grundlagen

2.1 Kennzahlensysteme

Kennzahlensysteme dienen einerseits zur Beurteilung oder zum Vergleich eines Unternehmens oder eines Unternehmensbereichs, andererseits dienen sie dazu komplizierte Sachverhalte vereinfacht darzustellen, Veränderungen der Performance zu erkennen und die Ursachen für Soll-Ist-Abweichungen zu analysieren und einzelnen Entscheidungsträgern mit möglichst großer Genauigkeit über die aktuelle Situation eines Unternehmens oder eines Unternehmensbereichs zu informieren1 Sie sind ein wichtiges Instrument der Unternehmenssteuerung und können dabei hilfreich sein, ein Unternehmen oder einen Unternehmensbereich auf zukünftige Erfolge auszurichten bzw. frühzeitig vor bestehenden Gefahren zu warnen. Sie bestehen aus mindestens zwei verschiedenen Kennzahlen, die zueinander in Bezug gesetzt werden. Die Kennzahlen sollten sich möglichst ergänzen und nicht in Konflikt zueinander stehen.2 Es gibt zwei verschiedene Typen von Kennzahlensystemen: Rechensysteme (mathematische Systeme) sowie Ordnungssysteme (sachlogische Systeme). Unabhängig davon, welche Art von Kennzahlensystem eingesetzt wird, sollte dieses individuell auf das Unternehmen zugeschnitten sein.3 Im folgenden Teil der Arbeit werden jeweils zwei bekannte Vertreter der mathematischen, als auch sachlogischen Systeme vorgestellt.

2.1.1 Rechensysteme

Bei Rechensystemen werden die Kennzahlen von einer Spitzenkennzahl hierarchisch abgeleitet, untergeordnet und mathematisch und sachlogisch miteinander in Verbindung gebracht.4 Die Spitzenkennzahl wird Stück für Stück mathematisch zerlegt.5 Die Darstellung der Kennzahlen erfolgt in Form einer Pyramide mit der Spitzenkennzahl als Spitze der Pyramide.

2.1.1.1 DuPont-Kennzahlensystem

Das DuPont-Kennzahlensystem existiert bereits seit 1919 und geht auf das Chemieunternehmen DuPont zurück. Die Spitze des DuPont-Kennzahlensystems bildet eine Rentabilitätskennzahl, der Return on Invest (ROI), weshalb dieses System in der Fachliteratur auch oft als ROI-Kennzahlensystem bezeichnet wird. Weitere Kennzahlen wie die Umsatzrendite oder der Kapitalumschlag leiten sich pyramidenförmig von der Spitzenkennzahl ab. Das DuPont-Kennzahlensystem gilt als leicht verständlich und erlaubt einen guten Einblick in die Unternehmenszusammenhänge.6 Vorteile dieses Kennzahlensystems sind, dass das benötigte Datenmaterial zur Berechnung leicht verfügbar ist, da es aus Bilanz- und GuV-Positionen abgelesen werden kann7, es flexibel in Breite und Tiefe erweitert werden kann, übersichtlich gestaltet ist und somit auf unkomplizierte Art und Weise ein Bild der aktuellen Unternehmensverfassung gezeichnet werden kann. Nachteile dieses Kennzahlensystems sind die primär finanzielle Ausrichtung der Kennzahlen, welche in der heutigen Zeit immer weniger ausschlaggebend sind und die einseitige Ausrichtung auf die Steigerung der Rentabilität.

2.1.1.2 ZVEI-Kennzahlensystem

Das ZVEI-Kennzahlensystem wurde 1969 vom Zentralverband der Elektrotechnischen Industrie (ZVEI) entwickelt und gilt als Weiterentwicklung des DuPont-Systems. Oberstes Ziel des ZVEI-Kennzahlensystems ist die Ermittlung der Effizienz eines Unternehmens auf Basis einer Wachstumsanalyse und einer Strukturanalyse, wobei die Wachstumsanalyse einen Überblick über das betriebliche Geschehen, die bisherige Entwicklung und die zukünftige Erwartung gibt und die Strukturanalyse, die den Hauptteil des Systems darstellt und die Eigenkapitalrentabilität als Hauptkennzahl verwendet.8 Das System bedient sich insgesamt 210 verschiedenen Kennzahlen, wobei lediglich 88 davon eine hohe Aussagekraft haben und die verbleibenden Kennzahlen Hilfskennzahlen darstellen. Vorteile dieses Systems sind die einfache Verfügbarkeit der Daten, welche aus Bilanz, GuV sowie der Kosten- und Leistungsrechnung extrahiert werden können und dass es für die Erstellung jeder Kennzahl ein Definitionsblatt gibt, welches die Kennzahlenerstellung erleichtert. Nachteile des Systems ist die Menge der Kennzahlen, durch welche das System unüberschaubar wirken kann und die Fokussierung auf eine Spitzenkennzahl.9

2.1.2 Ordnungssysteme

Ordnungssysteme (sachlogische Systeme) sind Systeme, welche die Kennzahlen in logische und kausale Beziehung zueinander setzen, dabei allerdings keine mathematische Beziehung zwischen den einzelnen Kennzahlen herstellen. Ordnungssysteme ordnen Kennzahlen nach bestimmten Sachverhalten.10

2.1.2.1 RL-Kennzahlensystem

Das RL-Kennzahlensystem nach Reichmann und Lachnit stammt aus dem Jahr 1977 und unterscheidet sich zu anderen Kennzahlensystemen durch den Einsatz von zwei Kennzahlen an der Spitze, Liquidität und Rentabilität, welche gleichrangige Positionen innehaben. Es besteht aus einem allgemeinen Teil und einem Sonderteil. Der allgemeine Teil enthält die auf das Gesamtunternehmen bezogene Kennzahlen zu Erfolg und Liquidität. Im Sonderteil werden unternehmensspezifische Besonderheiten berücksichtigt. Die wichtigste Erfolgsgröße des Sonderteils ist das ordentliche Ergebnis, welches wiederum in neutrales und Betriebsergebnis zerlegt wird. Zu einem späteren Zeitpunkt wird der Bereich in Liquidität und Rentabilität aufgeteilt.11 Ein Vorteil des RL-Kennzahlensystems ist es, dass es sich durch die nicht bzw. nur wenig vorhandenen rechentechnischen Verknüpfungen sehr gut an die eigenen Informationsbedürfnisse anpassen lässt. Ein Nachteil ist auch hier die vorwiegend monetäre Betrachtung.

2.1.3 Balanced Scorecard (BSC)

Alle bisher beschriebenen Kennzahlensysteme haben jeweils einen hohen Fokus auf Finanzkennzahlen und materielle Werte eines Unternehmens. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die meisten dieser Kennzahlensysteme entstanden sind, als vorwiegend materielle Werte im Vordergrund standen. Obwohl die Betrachtung der finanziellen Größen für die Beurteilung des Erfolges als logisch erscheint, handelt es sich bei den finanziellen Kennzahlen um sogenannte Spätindikatoren oder nachlaufende Indikatoren, da die meisten dieser Kennzahlen zeitlich gesehen das Ende einer Periode abbilden und ausdrücken, wie erfolgreich die Organisation in der Vergangenheit gewirtschaftet hat. Diese Betrachtung ist natürlich von Bedeutung (z. B. aus Sicht der Shareholder)12, allerdings hat durch den Wandel vom Industriezeitalter hin zum Informationszeitalter eine Verschiebung der unternehmenserfolgswichtigen Werte stattgefunden. In der heutigen Zeit stellt das immaterielle Vermögen die wichtigste Quelle für den Wettbewerbsvorteil dar.13 Immaterielle Werte sind beispielsweise Kundenbeziehungen, innovative Produkte, flexible Arbeitsprozesse, etc.14 Die immateriellen Werte sind indirekt und können auch als Potentiale bezeichnet werden. Sie besitzen meist keinen direkten Einfluss auf die finanziellen Größen und wirken sich erst in Form von mehrstufigen Ursache-Wirkungs-Beziehungen (oft auch als Kausalkette bezeichnet) auf die finanziellen Größen aus. Die immateriellen Werte, welche eine immer höhere Bedeutung bekommen, haben einen Vorlaufcharakter und sind somit Frühindikatoren zur Steuerung der aktuellen und zukünftigen Perioden, welche dringend benötigt werden, damit die frühzeitige Erkennung des zukünftigen Erfolges bei Kunden, Zulieferern, Mitarbeitern oder Technologie möglich ist.15 Allerdings muss man feststellen, dass die isolierte Betrachtung der immateriellen Werte genauso wenig hilfreich ist, wie die isolierte Betrachtung der materiellen Werte. Im Navigationssystem nach Gälweiler (Abbildung 1) ist gut zu erkennen, dass durch die isolierte Betrachtung der Finanzen eines Unternehmens z. B. durch die Betrachtung der Einnahmen und Ausgaben oder der aus dem Jahresabschluss gebildete Kennzahlen wie EVA, ROI, Cashflow und weitere Kennzahlen, lediglich der kurzfristige Zeithorizont, nicht aber das langfristige Potential eines Unternehmens abgebildet wird und überwiegend das Ergebnis der operativen Steuerung darstellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 - Navigationssystem nach Gälweiler (https://o.quizlet.com/9e8iYCQDiDTSvfjyRuJSgQ.jpg), abgerufen 24.05.2020

Für die Planung und die Strategieformulierung des Unternehmens sind diese rein finanziellen Größen nicht geeignet, da das Management für die Planung des zukünftigen Erfolges einen Überblick sowohl über die kurzfristigen als auch die langfristigen Auswirkungen ihrer Handlungen benötigt und bei den finanziellen Kennzahlen meist kein Ursache-Wirkungs-Zusammenhang besteht.16 Die nicht monetären Größen wie beispielsweise die Mitarbeiterzufriedenheit oder der Anteil der verspäteten Lieferungen betrachten einen betrieblichen Teilaspekt, welche auf den ersten Blick keinen direkten Einfluss auf den Gewinn eines Unternehmens hat. Diese Größen haben erst in einem nachgelagerten Schritt und aufgrund der Ursache-Wirkungs-Beziehungen zueinander einen indirekten Einfluss auf das Finanzergebnis. Somit ist festzustellen, dass die meisten finanziellen Kennzahlen nicht ausreichend sind, ein Unternehmen erfolgreich zu steuern.

Da sich Rentabilitätskennzahlen und andere, rein auf Erträge ausgerichtete finanzielle Kennzahlen nicht dazu eignen, ein Unternehmen zu steuern und somit Defizite bei den Themen Strategie, Risiken und qualitative Erfolgsfaktoren entstehen17 und Strategie zum kritischen Faktor des Organisationserfolges geworden ist18, wurde in den frühen 90er Jahren durch Professor Robert S. Kaplan und David P. Norton ein neues Steuerungsinstrument und Kennzahlenssystem namens Balanced Scorecard (BSC) entwickelt, bei dem nicht nur externe Messgrößen für Teilhaber im Fokus stehen, sondern auch Messgrößen für Kunden, interne Prozesse und Lernen und Entwickeln.

Der Begriff „Balanced Scorecard“ besteht aus drei Bestandteilen. Der erste Teil, „balanced“ bedeutet ausgleichend, ausgewogen, integriert oder integrierend, der zweite Teil, „score“ bedeutet zielgerichtet, langfristig, strategisch und ergebnisorientiert. Der letzte Teil des Wortes „card“ heißt systematisieren, schriftlich verbindlich und einfach übersichtlich. Der Begriff Scorecard stammt ursprünglich aus dem Golfsport und bezeichnet eine Zählkarte, um Teilergebnisse und ein Gesamtergebnis auszuweisen.19

Dieses Kennzahlensystem umfasst sowohl materielle als auch immaterielle Kennzahlen. Eine gute BSC besteht aus einer Mischung von Ergebniskennzahlen, welche die Balance zwischen Ergebnissen vergangener Tätigkeiten misst und Leistungstreibern, welche die zukünftigen Leistungen des Unternehmens antreiben.20 Die Betrachtung des Unternehmens erfolgt bei der BSC aus verschiedenen Ebenen. Im Ursprungsmodell werden folgende vier Ebenen betrachtet: Finanzen, Kunden, interne Prozesse und Lernen und Entwickeln, die im Zuge dieser Arbeit noch genauer beleuchtet werden. Diese vier miteinander verbundenen Perspektiven ermöglichen ein Gleichgewicht zwischen kurzfristigen und langfristigen sowie zwischen harten Zielkennzahlen und weicheren Messwerten.21 Die Kennzahlen und Ziele sind nicht nur eine übersichtliche Sammlung von finanziellen und nichtfinanziellen Kennzahlen. Die Ziele und Kennzahlen der BSC werden über einen Top-Down-Prozess von der Vision und Strategie eines Unternehmens abgeleitet.22 Die BSC übersetzt die Strategie in Ziele und Kennzahlen23 und verwendet diese, um alle wichtigen Stakeholder über gegenwärtige und zukünftige Erfolge zu informieren.

Die BSC ist nicht nur ein Kennzahlensystem zur Messung und Dokumentation, stattdessen ist sie ein Instrument für Manager, womit sie sie ihre Organisation auf langfristige Erfolgsstrategien ausrichten können. Durch die Identifizierung der wichtigen Ziele, auf die eine Organisation ausgerichtet sein sollte, bietet die BSC einen Rahmen für ein strategisches Managementsystem, das verschiedene Themen, Initiativen, Informationen und weitere Managementprozesse organisiert.24 Manager haben festgestellt, dass die BSC das Bindeglied ist, das die bisher vorhandene Lücke zwischen der Entwicklung und Formulierung einer Strategie und ihrer Umsetzung schließt.25

In der Literatur polarisiert die BSC stark bezüglich ihrer Sinnhaftigkeit und Anwendbarkeit.26 Auf der einen Seite wird die BSC als ein gutes Werkzeug gesehen, um komplexe Sachverhalte einfach und übersichtlich darzustellen. Auf der anderen Seite birgt die BSC einige Gefahren wie z. B. die Erzeugung einer Vielzahl von unnützen Kennzahlen, welche die Bürokratisierung erhöhen und somit zur einer „Verschlimmbesserung“ führen können.27

2.1.3.1 Perspektiven der Balanced Scorecard

Die BSC übersetzt aus der Vision und der davon abgeleiteten Strategie, Ziele und Kennzahlen und teilt diese im Ursprungsmodell von Norton und Kaplan in vier verschiedene Betrachtungsperspektiven ein: Die finanzwirtschaftliche Perspektive, die Kundenperspektive, die interne Prozessperspektive und die Lern- und Entwicklungsperspektive.28 Da sich Unternehmen durch verschiedene Faktoren unterscheiden, gibt es keine standardgültige BSC, stattdessen muss sich jedes Unternehmen seine auf die eigenen Bedürfnisse und Anforderungen zugeschnittene Scorecard selbst erstellen29 Aufgrund der Diversität von Unternehmen kann das Ursprungsmodell auch um zusätzliche Perspektiven wie z. B. einer Lieferanten- oder Umweltperspektive ergänzt werden. Es sollte erwähnt werden, dass sich die jeweiligen Perspektiven zueinander ergänzen sollten30 und sie sich mit ihren Sichtweisen (extern/intern), Kennzahlen und materieller Orientierung (monetär/nicht-monetär), zeitlicher Orientierung (kurzfristig/langfristig) in der Balance halten sollten. Jeder Perspektive steht jeweils eine Grundfrage zugrunde, die im Nachfolgenden jeweils gestellt wird.

2.1.3.2 Finanzperspektive

Die Grundfrage bei dieser Perspektive ist, welche finanziellen bzw. ergebnisorientierten Kennzahlen sich aus den Erwartungen der Eigentümer ableiten. Die finanzwirtschaftliche Perspektive wird in der Literatur in der Regel als wichtigste Perspektive dargestellt, die an der Spitze der BSC steht. Die Finanzperspektive stellt allerdings lediglich die Ergebnisse der betrieblichen Tätigkeiten dar, nicht aber wie diese Ergebnisse zustande gekommen sind. Das Zustandekommen der Ergebnisse einer Periode wird durch die anderen drei Perspektiven dargestellt. Dementsprechend sind Finanzziele immer Endziele der übrigen Perspektiven.31 Die Finanzperspektive ist immer mit Rentabilität verbunden und zeigt an, ob die Unternehmensstrategie, ihre Umsetzung und Durchführung eine grundsätzliche Ergebnisverbesserung bewirkt.32 Beispiele für Ziele der Finanzperspektive können die Erhöhung der ROI, die Erhöhung der Eigenkapital- oder Gesamtkapitalrentabilität, die Steigerung des Jahresgewinns, die Erhöhung des Deckungsbeitrages, etc. sein. Die definierten Zielwerte sollen dabei ehrgeizig aber auch realistisch formuliert werden und ggf. auch in Teilziele unterteilt werden.33

2.1.3.3 Kundenperspektive

Die Grundfrage für diese Perspektive der Scorecard ist, welche Zielsetzung sich aus den Anforderungen und Erwartungen der Kunden ableitet. In einem Unternehmen gibt es zwei verschiedene Arten von Kunden. Einerseits gibt es die externen Kunden, die als Empfänger einer Ware oder Dienstleistung außerhalb des Unternehmens beschrieben sind, andererseits gibt es die internen Kunden eines Unternehmens, welche Empfänger einer Leistung oder Ware innerhalb des Unternehmens beschreibt. Der interne Kunde ist in der Regel der Empfänger eines nachgelagerten Arbeitsschrittes eines Prozesses. Die Kennzahlen der Kundenperspektive sind sogenannte Frühindikatoren und haben eine Vorlauffunktion, da sie, sofern sinnvoll verknüpft, Auswirkungen auf das Finanzergebnis bereits vorher anzeigen.34 Die Kundenperspektive wird selbst von der nachgelagerten Prozessperspektive beeinflusst.35 Die Kundenperspektive befähigt das Management, kundenspezifische und letztlich zu Gewinn führende Strategien zu formulieren.36 Beispiele für Kennzahlen der Kundenperspektive sind der Marktanteil, die Kundenzufriedenheit, die Reklamationsquote oder der Bekanntheitsgrad etc.

2.1.3.4 Prozessperspektive

Gegenstand der Prozessperspektive, welche im Ursprungsmodell die dritte Perspektive darstellt, beschreibt grundsätzlich alle betrieblichen Prozesse und identifiziert die kritischen Prozesse, in denen die Organisation ihre Verbesserungsschwerpunkte setzen muss.37 Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Innovationsprozessen.38 Die Kernfrage der Prozessperspektive ist es, wie die Prozesse gestaltet sein müssen, um die Kundenwünsche zu erfüllen. Bei herkömmlichen Performance-Measurement-Ansätzen, liegt das Hauptaugenmerk auf der Verbesserung und Überwachung bereits vorhandener Prozessen, bei der BSC hingegen werden auch neue Prozesse identifiziert, die zur Erreichung der Kundenzufriedenheit geschaffen werden müssen.39 Beispiele der möglichen Ziele der Prozessperspektive sind z. B. die Senkung der Durchlaufzeit, die Verbesserung der Prozessqualität, die Reduzierung der Ausschuss- und Fehlerquote oder der Anteil der automatischen Bestellungen etc.

2.1.3.5 Potentialperspektive

Die vierte und letzte Perspektive des ursprünglichen Modells der BSC beschreibt die Potentialperspektive, die in der Fachliteratur oftmals als Lern- und Entwicklungsperspektive oder auch als Mitarbeiterperspektive bezeichnet wird. Die Potentialperspektive soll die grundsätzliche Frage beantworten, wie Potentiale gefördert werden müssen, damit die Organisation zukünftigen Herausforderungen gewachsen ist. Sie identifiziert die Infrastruktur, die nötig ist um langfristig Wachstum und Verbesserung zu sichern.40 Dies ist wichtig, da es unwahrscheinlich ist, dass ein Unternehmen mit der heutigen Technologie und den heutigen Potentialen langfristige Ziele in Bezug auf Kunden und interne Prozesse erreichen kann.41 Durch immer schneller werdenden Veränderungen durch die Globalisierung und Digitalisierung sowie anderen Faktoren ist es heute wichtiger denn je, sich nicht auf den heutigen Erfolgen auszuruhen, sondern sich Gedanken zu machen, was in Zukunft wichtig sein könnte und wie man auf diese Entwicklungen schon in der Gegenwart reagieren kann, damit man nicht von der Konkurrenz abgehängt wird. Der ehemalige CEO von General Electric (GE), Jack Welch, hat diesen Umstand in folgenden Zitat sehr treffend zusammengefasst: „If the rate of change outside exceeds the rate of change inside, the end is in sight”.42 Die Potentialperspektive ist der treibende Faktor für hervorragende Ergebnisse der ersten drei Scorecard-Perspektiven, da diese in der Regel große Lücken zwischen den vorhandenen Potentialen in Bezug auf Menschen, Systeme und Prozesse und den zur Höchstleistung notwendigen Faktoren aufweisen. Um diese Lücke zu schließen, müssen Unternehmen in Weiterbildung und Training von Mitarbeitern und anderer Stakeholder sowie in die Weiterentwicklung von Systemen und Prozessen investieren.43 Kaplan und Norton vergleichen die Potentialperspektive mit den Wurzeln eines Baumes. Sie unterstützen die Nährstoffaufnahme sowie das Wachstum der Blüten und Blätter (Finanzerfolg).44 Häufig verwendete Ziele der Potentialperspektive sind z.B. die Verbesserung des Betriebsklimas, die Minimierung von Fehlzeiten oder die Erhöhung der Schulungstage je Mitarbeiter, etc.

2.1.3.6 Zusätzliche Perspektiven

Im Zuge dieser Arbeit wurde bereits festgestellt, dass es keine allgemeingültige BSC gibt und sich jedes Unternehmen stattdessen seine eigene Scorecard auf Basis der eigenen Anforderungen und Ziele erarbeiten muss. Je nach Unternehmen kann man zusätzlich zu den ursprünglich festgelegten vier Perspektiven auch noch weitere Perspektiven wie z. B. eine Lieferanten-, Umwelt-, Kreditgeber- oder Gesellschaftsperspektive zu seiner eigenen BSC hinzufügen oder bei Bedarf auch mit einer der ursprünglich definierten Perspektiven austauschen.

2.1.3.7 Kennzahlen und Messgrößen der BSC

Zwei dringende Probleme unseres heutigen Informationszeitalter sind es, dass zwar einerseits immer mehr Daten durch den Einsatz moderner ERP-Systeme zur Auswertung zur Verfügung stehen, diese aber aufgrund der hohen Quantität sehr oft auf sogenannten „Datenfriedhöfen“ enden und die Daten nicht oder nur selten verwendet werden. Auch kann es passieren, dass die falschen Daten für die Entscheidungsfindung betrachtet werden. Auf der anderen Seite befindet sich gerade das Management immer mehr unter Druck, da es oft in kürzester Zeit anhand der vorhandenen Informationen wichtige Entscheidungen treffen muss. Oft gelingt es nicht, die strategisch relevanten Daten in der Art aufzubereiten, dass das Management eine fundierte Entscheidung treffen kann. Somit stellt sich die Frage, welche Informationen eine gute BSC enthalten muss, wie diese gegliedert sein muss und in welchem Umfang diese Messgrößen auf der BSC abgebildet sein müssen. Eine gute BSC besteht aus einem Mix von Ergebniskennzahlen und Leistungstreibern. Die Zielsetzung jedes Kennzahlensystems sollte sein, alle Manager und Mitarbeiter einer Geschäftseinheit zu motivieren, deren Strategie erfolgreich umzusetzen.45 Es ist wichtig eine BSC zu erstellen, in der die Strategie des Unternehmens bzw. der Unternehmenseinheit zum Ausdruck kommt, da Unternehmen, welchen es gelingt, ihre Strategie in ihrem Kennzahlensystem auszudrücken, besser in der Lage sind, ihre Strategie auszuführen.46

Die Frage nach der Anzahl von Messgrößen beantworten Kaplan und Norton mit zwanzig bis fünfundzwanzig Messgrößen. Eine typische Verteilung würde wie folgt aussehen:

- Finanzen à 5 Messgrößen bzw. 22 %
- Kunden à 5 Messgrößen bzw. 22 %
- Prozesse à 8-10 Messgrößen bzw. 34 %
- Potentiale à 5 Messgrößen bzw. 22 %47

Zusammenfassend ist festzustellen, dass ca. 80 % der Messgrößen einen nicht-finanziellen Hintergrund haben sollten. Ist die Anzahl der Messgrößen höher als 20-25, besteht die Gefahr, dass es durch die Vielzahl der Messgrößen zu einer deutlichen Verlangsamung und Bürokratisierung der Entscheidungsprozesse kommt.48 Als Faustregel gilt: „twenty is plenty“, was übersetzt bedeutet, dass zwanzig Kennzahlen genug sind.

Bei der Definierung der Messgrößen ist darauf zu achten, dass je nach Reifegrad des Unternehmens und der allgemeinen Strategie eines Unternehmens der Fokus auf unterschiedlichen Messgrößen liegt. Für Unternehmen mit einem niedrigen Reifegrad spielen Kennzahlen wie Umsatzwachstum, Neukunden oder Neuinvestitionen eine wichtige Rolle. Für reifere Unternehmen stehen stattdessen Messgrößen wie z. B. Auslastungsgrade, Stückkosten oder Rentabilitäten im Fokus.49 Verfolgt ein Unternehmen die Strategie der operationalen Exzellenz, hebt die Scorecard des Unternehmens in der Regel Messgrößen in Zusammenhang mit Kosten, Qualität, Zulieferbeziehungen oder Zykluszeiten hervor.50 Bei der Strategie der Produktführerschaft oder der Strategie der Kundenverbundenheit bedarf es hingegen anderer Messgrößen wie z. B. Innovationen, Cycle-Times, Marktanteile oder Kundenzufriedenheit. Ein häufiger Fehler von Unternehmen ist es, dass sie sich für eine bestimmte Strategie entscheiden, jedoch die falschen Messgrößen zur Überwachung und Steuerung des Erfolges der gewählten Strategie einsetzen. Durch diese vollständige Trennung der Strategie von den Messgrößen erscheint es logisch, dass viele Unternehmen Schwierigkeiten haben, ihre Strategie umzusetzen.51 Die Messung und Darstellung der Kennzahlen kann auf verschiedene Arten erfolgen. Die Zahl der Reklamationen einer Periode kann systemisch oder manuell ausgewertet, in einer Gesamtzahl ausgedrückt, ins Verhältnis zu einer anderen Zahl gesetzt (z. B. dem Umsatz) oder alternativ in Form einer Ampel dargestellt werden. Die Anzeige der Werte als Ampelfunktion, welche Zeilen, Spalten und Zahlen ersetzt oder ergänzt die z. T. schwierig zu lesen und zu interpretieren sind, hat den Vorteil, dass die Werte für alle Stakeholder leicht verständlich sind und über die Abweichung vom Soll- zum Istwert durch farbliche Hervorhebung informiert. Diese vereinfachte Darstellung spielt für das Strategieverständnis und für die Strategieimplementierung bei allen Stakeholdern eine wichtige Rolle und wird in einem späteren Kapitel dieser Arbeit analysiert.

2.1.3.8 Verknüpfung der Kennzahlen zu einer Strategie

Um zu verstehen, wie die Kennzahlen der BSC richtig miteinander verknüpft sein müssen, um die strategischen Ziele eines Unternehmens oder Unternehmensbereichs zu erreichen, muss zunächst geklärt werden, was Strategie überhaupt bedeutet und warum sie für ein Unternehmen ein lebenswichtiger Faktor ist. Der Strategiebegriff hat seinen Ursprung im Griechischen und geht auf die Worte „stratós“ (Heer) und „ágein“ (führen) zurück. Strategie bedeutet demnach die Kunst der Heeresführung oder die Feldherrnkunst.52 Im Lehrbuch „Einführung in die Betriebswirtschaftslehre“, wird Strategie so beschrieben, dass sie das rational geplante Entscheidungs-, Maßnahmen- und Verhaltensbündel ist, das der langfristigen Sicherung des Unternehmenserfolgs dient.53

Aufgrund der zunehmenden Konkurrenz und des sich schnell verändernden Marktes war die Formulierung, Implementierung und Umsetzung einer Strategie noch nie so wichtig wie heute und ist ein Schlüsselelement für ein langfristig erfolgreiches Unternehmen. Es ist wichtig an dieser Stelle zu erwähnen, dass die BSC kein Tool ist, um eine Strategie zu erarbeiten. Stattdessen ist sie ein beschreibender Rahmen, mit dessen Hilfe eine bereits bestehende Strategie umgesetzt werden kann. Es ist wichtig, dass ein Unternehmen oder ein Unternehmensbereich seine Strategie sorgfältig wählt, strategische Ziele festlegt und Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele definiert.

Die Verknüpfung der Kennzahlen mit der Unternehmensstrategie erfolgt durch drei Prinzipien:

1) Ursache-Wirkungs-Beziehungen
2) Leistungstreiber
3) Verknüpfung mit den Finanzen54

Nachdem Kaplan und Norton in einem ihrer Bücher beschreiben, dass Strategie aus sich zu ergänzenden Themen besteht55 und sie ein Katalog von Hypothesen von Ursache und Wirkung ist, kann die Strategie in einer Reihe von Wenn-Dann-Aussagen ausgedrückt werden. Dieses Prinzip wird in der Literatur entweder als Ursache-Wirkungsbeziehung oder auch als Kausalkette bezeichnet. Als Beispiel für das Grundprinzip „Ursache-Wirkungs-Beziehung“, kann ein Verkaufstraining für Mitarbeiter genannt werden, die durch eine Schulung bessere Produktkenntnisse erlangen, somit vertrauter mit den Produkten werden und in Folge ihre Verkaufseffektivität erhöhen und schlussendlich höhere Gewinne erzeugen.56

Das zweite der drei erwähnten Prinzipien ist der Mix der BSC aus Ergebniskennzahlen und Leistungstreibern. Der Primärliteratur ist zu entnehmen, dass eine gute BSC aus einer Mischung von Ergebniszahlen (Spätindikatoren) und Leistungstreibern (Frühindikatoren) bestehen sollte. Dabei ist darauf zu achten, dass die interne Perspektive bzw. die Prozessperspektive höher zu gewichten ist als die restlichen Perspektiven, da diese den Treiber der Kunden- und Finanzperspektive darstellt.57 Wichtig ist, das zu messen, worauf es wirklich ankommt („measure the right things“).58 Ergebniskennzahlen haben in der Regel einen finanziellen Hintergrund und können ohne Leistungstreiber nicht vermitteln, wie die Ergebnisse erreicht werden sollen. Sie sind kurzfristig und können durch externe Faktoren wie das Wetter, Zinssätze, Wechselkursschwankungen etc. beeinflusst sein.59 Man erhält von ihnen keine Rückmeldung, ob man sich bei der Umsetzung der Strategie noch auf dem richtigen Weg befindet. Leistungstreiber sind in der Regel langfristig und nicht so stark durch externe Faktoren wie die Ergebniskennzahlen beeinflussbar. Sie werden als Frühindikatoren bezeichnet und sind nicht nur vorlaufend, sondern auch dauerhaft und somit ausschlaggebend für die Entwicklung eines Unternehmens.

Das dritte Prinzip zur Verknüpfung der Kennzahlen mit der Unternehmensstrategie ist die Verknüpfung der Messgrößen mit den Finanzen. Zwar sollten nur ca. 20 % der Messgrößen aus der Finanzperspektive der BSC stammen, allerdings sollte die BSC stets eine starke Betonung auf Finanzergebnisse wie ROCE und EVA legen, da diese für den Bestand des Unternehmens essentiell sind und an der Spitze der BSC stehen.60

Das Ziel jeder Organisation sollte es sein, seine BSC so zu formulieren und zu strukturieren, damit es für eine ausstehende Person möglich ist, auf die in der BSC abgebildete Strategie zu schließen.

2.1.3.9 Strategieimplementierung

Untersuchungen von Kaplan und Norton haben gezeigt, dass weniger als 5 % der Mitarbeiter an der Basis die Strategie ihrer Organisation verstehen.61 Dieses Ergebnis ist fatal, da es für die Zielerreichung eines Unternehmens oder eines Bereichs essentiell ist, dass alle wichtigen Stakeholder wissen, welche Strategie das Unternehmen oder der Unternehmensbereich verfolgt und wie jeder einzelne Mitarbeiter zur Zielerreichung beitragen kann. Das Top-Management ist nicht alleinig in der Lage, Strategie zu implementieren. Eine aktive Unterstützung aller Mitarbeiter in der Organisation ist dazu notwendig,62 denn Erfolg entsteht erst dann, wenn die Strategie als „Everyones everyday job“63 aufgefasst wird.64 Alle Mitarbeiter müssen die Strategie verinnerlichen und ihre tägliche Arbeit so ausführen und verbessern, damit sie einen Teil zur strategischen Zielerreichung beitragen.65 Somit stellt sich die Frage, wie man es erreicht, dass alle wichtigen Stakeholder die Strategie als selbstverständlichen Teil ihrer täglichen Arbeit betrachten, denn Strategie kann nicht umgesetzt werden, solange die wichtigen Stakeholder nichts von ihr wissen oder sie nicht verstehen. Durch die BSC soll Strategie übersetzt werden und als verständlicher Bezugspunkt für sämtliche Organisationseinheiten und Mitarbeiter dienen.66

Die BSC dient dabei als Brücke, um die Strategie, die vom Management festgelegt wurde, in einem Top-Down-Prozess in operative Tätigkeiten auf der Arbeitsebene des Unternehmens zu überführen, jene Bereiche, in der die Strategie im Alltag umgesetzt werden muss.67

Bei der Einführung der neuen Strategie und der BSC kann es hilfreich sein, die Themen Strategie und BSC in spielerischen Ansätzen zu vermitteln. Auch ein Anreizsystem oder Bonusmodell kann bei der Einführung der BSC hilfreich sein und als Hebel fungieren, da Mitarbeiter dadurch nicht nur einen intrinsischen, sondern auch einen extrinsischen Anreiz bekommen, die neue Strategie und die BSC in ihre tägliche Arbeit zu integrieren und die Themen anzugehen, welche die für die Erreichung des Bonus nötig sind. Eine offene Berichtskultur ist essentiell, d. h. die Leistungskennzahlen der Scorecard sollten immer für alle Beteiligten einsehbar sein, damit der Ist-Zustand mit dem Soll-Zustand verglichen werden kann und es bei Abweichungen möglich ist, die Lücke zu schließen. Durch den stets verfügbaren Zugang aller Mitarbeiter zur BSC verstärkt die Organisation die Fähigkeit zur Problemidentifikation, Problemlösung, Ideengenerierung und zum Wissensaustausch. Sie bezieht Motive und Gedanken sämtlicher Mitarbeiter ein, nicht nur derer an der Spitze.68 Für die erfolgreiche Einführung der BSC sollte die Scorecard als Leitfaden für sämtliche Meetings und Sitzungen dienen.

3 Methodisches Vorgehen

3.1 Anwendung der Theorie auf die Gestaltung einer eigenen BSC

Um zu untersuchen, ob es für die strategischen Lieferanten eines Unternehmens möglich ist, durch die Einkaufs-BSC auf die Einkauf-Strategie zu schließen, wurde im Zuge dieser Arbeit eine fiktive BSC erstellt, welche verschiedenen geschäftsführenden Interviewpartnern von strategischen Lieferanten der Steelcase AG vorgelegt wurde, um zu sehen, ob die Strategie daraus abgeleitet und verstanden werden kann. In den folgenden Punkten wird beschrieben, wie bei der Erstellung der Scorecard vorgegangen wurde, bevor überprüft wird, ob die Schlussfolgerung der Strategie aus der BSC für strategische Lieferanten möglich ist.

3.1.1 Festlegung der Vision und Strategie

Die Vision eines Unternehmens oder eines Geschäftsbereichs soll die Frage beantworten, wo sich das Unternehmen bzw. der Bereich langfristig betrachtet selbst sieht. Die Vision dient somit als Navigationshilfe, wohin sich das Unternehmen bzw. der Geschäftsbereich in der Zukunft entwickeln möchte. Lt. Vahs und Schäfer-Kunz wird unter Vision eine generelle Leitidee verstanden, die szenarische, aber dennoch realistische und glaubwürdige Aussagen hinsichtlich einer anzustrebenden und im Prinzip auch erreichbaren Zukunft formuliert.69 Die Vision sollte so formuliert werden, dass sie eine große Motivationswirkung hat und als erstrebenswert betrachtet wird.70 Aus der Vision wird in einem zweiten Schritt die Strategie eines Unternehmens abgeleitet. Die Strategie beschreibt, wie die Vision erreicht werden soll.

Die Vision für den fiktiven Einkauf lautet: „Der Einkauf als Motor für Innovationen, Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit im Unternehmen“. Die daraus abgeleitete Strategie wurde folgendermaßen festgelegt: „Der Einkauf unterstützt den kontinuierlichen aber nachhaltigen Wachstumskurs des Unternehmens sowie die Zufriedenstellung von anspruchsvollen großen und kleinen Kunden aus aller Welt. Langfristige und stabile Mitarbeiter- und Lieferantenbeziehungen, welche helfen, die Innovationen im Unternehmen voranzutreiben, Kosten zu senken, Prozesse zu verbessern und den Wandel hin zu einem grünen Unternehmen zu vollziehen, stehen dafür im Fokus und sind wichtige Eckpfeiler der Zielerreichung.“

3.1.2 Festlegung der BSC-Perspektiven

Statt den klassischen vier BSC-Perspektiven, welche in der Literatur beschrieben wurden, enthält die fiktive Einkaufs-BSC die zusätzlichen Perspektiven „Lieferanten“ und „Umwelt“. Wie bereits im Theorieteil beschrieben, werden die strategischen Lieferanten immer wichtiger und werden im Zuge dieser Arbeit als „verlängerter Mitarbeiter“ des eigenen Unternehmens angesehen, bei dem es ähnlich wichtig ist, dass dieser ebenso die Strategie des zu beliefernden Unternehmens versteht, wie es auch bei den eigenen Mitarbeitern der Fall ist. Die Umweltperspektive ist gerade in Zeiten des Klimawandels nicht wegzudenken, denn ohne eine intakte Umwelt kann ein Unternehmen auf Dauer nicht richtig funktionieren bzw. überleben. Die fiktive Einkauf- BSC kann dem Anhang entnommen werden.

3.1.3 Festlegung der Kennzahlen

Die Festlegung der Kennzahlen sowie die Verteilung der Kennzahlen je Perspektive wurden bereits im Theorieteil ausführlich erläutert. Die erstellte fiktive Scorecard enthält wie in der Literatur beschrieben nicht mehr als 25 Kennzahlen, von welchen nicht mehr als 20 % der Kennzahlen einen finanziellen Hintergrund haben.

3.2 Erhebungsinstrument

Als Erhebungsinstrument zur Beantwortung der Forschungsfrage dient in dieser Arbeit das sogenannte leitfadengestützte offene Experteninterview, welches eine Form der qualitativen Interviewarten darstellt. Die sogenannten qualitativen Ansätze haben ihren Ursprung in der Sozial- und Erziehungsforschung. Hauptsächlich werden qualitative Untersuchungen für Themen verwendet, welche nicht durch quantitative Untersuchungen geklärt werden können. Der Einsatz des leitfadengestützten Interviews bietet sich an, um ein Feld zu erforschen, das bisher nur teilweise oder nicht erschlossen wurde und demensprechend keine bis wenig Daten zur Verfügung stehen. Bei der Gewinnung von qualitativen Informationen geht es darum, individuelle und persönliche Einschätzungen von z. B. Experten eines Feldes zu bekommen.71 Bei der qualitativen Befragung ist das Ziel, eine bestimmte Zielgruppe zu befragen und den Inhalt auf Übereinstimmungen zu überprüfen. Dem steht die quantitative Untersuchung gegenüber, bei der eine größere Anzahl von Menschen befragt wird, um mit einer Stichprobe Rückschlüsse zu ziehen.72

3.2.1 Vorbereitung des Interviewleitfadens

Um gut für das Experteninterview vorbereitet zu sein, ist die Erstellung eines Interviewleitfadens nötig. Zunächst wird festgelegt, welche Art von Experteninterview man führen möchte. Man unterscheidet in der Regel zwischen einem strukturierten Interview, bei dem man streng nach dem erstellten Fragebogen vorgeht und die Antworten der Experten in eine bestimmte Kategorie passen, einem unstrukturiertem Interview, bei dem der Befragte nach einer anfänglichen Erzählaufforderung frei erzählen kann und das Gespräch gelenkt wird und dem semistrukturiertem Interview, welches einen Mix aus strukturierten und unstrukturierten Interview darstellt. Für diese Arbeit kam das semistrukturierte Interview zum Einsatz, da das Interview dadurch einerseits thematisch gelenkt werden kann, anderseits die Antworten des Interviewpartners nicht eingeschränkt werden und damit umfangreichere Rückschlüsse zur Forschungsfrage gezogen werden können.

3.2.2 Auswahl der Interviewpartner

Bei der Auswahl der Interviewpartner zur Beantwortung der Forschungsfrage wurde folgendermaßen vorgegangen: Zunächst wurde der Kreis der möglichen Interviewpartner definiert. Dies waren Geschäftsführer oder Mitarbeiter im hohen Management strategischer Lieferanten meines Arbeitgebers Steelcase AG, da diese die Möglichkeit haben, das Verhalten des strategischen Partners aufgrund der BSC und der damit verbundenen Strategie zu verändern bzw. daraufhin anzupassen. Es wurden keine kaufmännischen Angestellte ohne Führungskompetenz befragt, da diese keinen oder nur geringen Einfluss auf die Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen haben und keine Legitimation besitzen die Arbeitsweisen oder die Strategie des gesamten eigenen Unternehmens anzupassen.

Um möglichst viele Perspektiven und Sichtweisen abzubilden und festzustellen, ob die Unternehmensgröße einen Einfluss auf das Strategieverständnis hat, wurden sowohl kleine, mittelgroße als auch große Unternehmen befragt. Die Unternehmen kommen aus verschiedenen Bereichen der industriellen Fertigung von Metallwaren, Holzwerkstoffen und elektronischen Komponenten, um einen breiten Querschnitt zu garantieren und zu überprüfen, ob sich die Expertenaussagen unabhängig von der Branche überschneiden. Insgesamt wurden im Zuge dieser Arbeit fünf verschiedene Experten befragt.

3.2.3 Datenerhebung

Die Datenerhebung fand mittels eines Experteninterviews statt. Im SpringerGabler-Wirtschaftslexikon wird Expertenwissen als die weit überdurchschnittliche Fähigkeit oder das überdurchschnittliche Fachwissen einer Person beschrieben.73 Charakteristisch für diese Interviewmethode ist die Bindung des Interviews an einen Leitfaden.74 Beim Experteninterview wird der Interviewer zum intimen Mitwisser verschiedener, teilweise vertraulicher Daten und Zustände. Demnach ist es wichtig, dem Interviewpartner vorab zu versichern, dass alle genannten Namen, Orte etc. für die Transkription anonymisiert werden. Somit wird sichergestellt, dass der Interviewpartner die gestellten Fragen offen und ehrlich beantwortet. Da mit lediglich einer Ausnahme bereits zu allen Interviewpartnern eine Beziehung über die Steelcase AG bestand, war der Interviewstil vorwiegend persönlich geprägt. Ein zusätzlicher Vorteil dieser bereits bestehenden Beziehung war, dass die Fragen durch das bereits vorhandene Vertrauen zueinander offen und ehrlich beantwortet werden konnten. Die Interviews wurden in dem Zeitraum vom 10.06.2020 bis zum 23.06.2020 mittels MS-Teams durchgeführt und aufgezeichnet. Vier von fünf Gesprächen dauerten zwischen achtzehn und vierunddreißig Minuten, ein Interview dauerte 62 Minuten.

3.2.4 Auswertung und Vorstellung der Kernergebnisse

Um zu überprüfen, welche Auswirkung die Mitarbeiteranzahl bzw. die Größe eines Unternehmens auf das allgemeine Strategieverständnis und der Fähigkeit von einer BSC eines Kunden auf die Bereichsstrategie zu schließen hat, wurde im Rahmen der Befragung zunächst geprüft, wie viele Mitarbeiter im Unternehmen arbeiten. Um einschätzen zu können, wie die Unternehmen der befragten Personen Strategie aktuell im eigenen Unternehmen festlegen, umsetzen und messen, wurden zu Beginn des Interviews zunächst Fragen zum Thema Strategie gestellt. Im weiteren Textverlauf werden Unternehmen 1-5 mit U1-U5 und die Interviewpartner mit I1-I5 bezeichnet. Die erste Schlüsselfrage des Interviewleitfadens versucht zu klären, was Strategie für das eigene Unternehmen bedeutet, um anschließend im weiteren Verlauf herauszufinden, über welchen Zeithorizont Strategie definiert wird, ob bei der Festlegung Strategietools verwendet werden und wie die strategischen Unternehmensziele festgelegt, überprüft und ggf. angepasst werden. Bei der Auswertung der Befragung ist ein deutlicher Unterschied zwischen großen und kleineren Unternehmen zu erkennen. Die größeren Unternehmen, U1 (96 Mitarbeiter, 2.500 Mitarbeiter konzernweit), U3 (900 Mitarbeiter) und U4 (1.050 Mitarbeiter, 9.400 konzernweit) haben einen klaren Strategiefindungsprozess im Unternehmen implementiert. Sie haben durch verschiedene Gremien und Organe und teilweise mithilfe von Strategietools oder externen Beratern klare Strategien und strategische Ziele definiert. Die Strategie und die strategischen Ziele dieser Unternehmen sind zum Teil auch von Schlüsselkunden und anderen Faktoren wie z. B. der Umwelt beeinflusst. Sie werden in der Regel über einen Top-Down-Prozess von der Vision und der Gesamtunternehmensstrategie runtergebrochen. Sie sollen dabei helfen die übergeordneten Ziele wie beispielsweise Wachstum und Profitabilität zu erreichen.75 Die kleineren Unternehmen, U2 (30 Mitarbeiter) und U5 (95 Mitarbeiter) hingegen haben keine eigene klassische Strategie und legen auch keine strategischen Unternehmensziele fest.76 Statt eine eigene Strategie zu verfolgen, stellen sich diese kleineren Unternehmen zu einem hohen Grad flexibel auf deren strategische Großkunden ein und versuchen das eigene Unternehmen an die Bedürfnisse dieser auszurichten.77 Auch wenn die kleineren Unternehmen keine eigene Strategie im klassischen Sinne festlegen, sollte man dennoch festhalten, dass auch die flexible Ausrichtung des eigenen Unternehmens an einige große Kunden eine Strategie darstellen kann. Diese Anpassung birgt natürlich auch Gefahren, da man sich durch die starke Ausrichtung auf einige wenige Kunden in eine hohe Abhängigkeit begibt und evtl. inkompatibel mit anderen Kunden werden könnte.

Die Erreichung der strategischen Ziele wird bei den großen Unternehmen frühzeitig in unterschiedlichen Abständen geprüft (z. T. mit KPI’s)78 und falls nötig angepasst. Die kleineren Unternehmen haben das Problem, dass sie keine eigene klassische Strategie verfolgen und diese demensprechend auch nicht überprüfen. Dadurch kann es passieren, dass erst zu spät bemerkt wird (wenn das Geschäft rückläufig ist oder das abgelaufene Jahr betrachtet wird), dass sich das Unternehmen auf dem falschen Weg befindet. Bei der Festlegung der Strategiezeiträume sind keine Übereinstimmungen zu erkennen. U1 legt seine strategischen Ziele auf 5 Jahre fest, U3 auf 1 Jahr, U4 hat sowohl kurz- als auch mittelfristige- und langfristige Ziele. I5 hat zu diesem Thema ein interessantes Feedback gegeben und erwähnt, dass Planungen seiner Meinung nach auf immer kürzere Zeiträume gemacht werden, da die Gesellschaft immer kurzfristiger und kurzlebiger wird und Planungen normalerweise nur noch über zwei bis maximal drei Jahre festgelegt werden können.79

Da es bei einer gut formulierten BSC laut Primärliteratur von Kaplan und Norton im Idealfall so sein sollte, dass ein außenstehender von der BSC auf die Strategie eines Unternehmens oder eines Unternehmensbereichs schließen kann, soll Schlüsselfrage 2 zunächst klären, ob es für die befragten Unternehmen überhaupt wichtig und erstrebenswert ist, die Einkaufsstrategie des strategischen Kunden zu kennen und ob diese ihre eigene bestehende Strategie aufgrund der Strategie des Kunden anpassen würden. Diese Frage wurde von allen fünf Unternehmen ganz klar mit „ja“ beantwortet. Hier gibt es demnach keinen Unterschied zwischen großen und kleinen Unternehmen. Gemeinsames Hauptziel aller befragten Unternehmen ist es, mehr oder hochwertigere Ware an den strategischen Kunden zu verkaufen und dadurch mehr Umsatz und Gewinn zu generieren. I1 bezeichnet diesen Versuch als einen möglichst hohen „share of the wallet“ zu haben.80. Ihm ist es wichtig zu verstehen, warum ein strategischer Kunde bei ihm kauft, was er kauft und warum er bestimmte Produkte oder Produktgruppen nicht bei ihm bezieht, um diese Erfahrung im neuen Strategiefindungsprozess einzubringen oder sogar sein Produktportfolio oder seine Preispolitik anzupassen.81 Das heißt, dass das Unternehmen seine eigene Strategie anpassen würde, falls es sich um einen großen und strategisch wichtigen Kunden handelt. I3 fasst zusammen, dass es für ihn wichtig ist die Einkaufsstrategie zu kennen, da sein eigenes Unternehmen dadurch die Lieferstrategie und sein Produktportfolio daraufhin abstimmen kann und es für ihn einen großen Nutzen darstellt, wenn er sich, seine Supply-Chain und seine Prozesse daraufhin abstimmen kann, um durch die erhöhte Schnittmenge eine bessere und gemeinschaftlichere Zusammenarbeit zu erlangen.82 U3 würde bei Abweichungen von der Kundenstrategie zur Lieferantenstrategie Maßnahmen ergreifen, um diese Abweichungen zu glätten oder wie es der I3 nennt „smoother zu machen“.83 Da U4 sehr kundenorientiert ist, ist es für das Unternehmen lt. I4 sehr wichtig seinen strategischen Kunden mit dem richtigen Produkt, zum richtigen Zeitpunkt und in der richtigen Qualität zu beliefern.84 Für U4 ist es wichtig, die genauen Anforderungen des Kunden zu kennen, da es ihm aufgrund des Produktionsvorgangs nicht möglich ist, für unterschiedliche Kunden unterschiedliche Qualitäten oder Produkte zu produzieren und er sich demnach über andere Leistungsfaktoren wie z. B. das Servicelevel differenzieren muss. Kennt U4 die Einkaufsstrategie und die Prioritäten des strategischen Kunden (z. B. kurze Lieferzeiten, Sammellieferungen, hohe Variantenvielfalt usw.) kann er seine Services demensprechend kundenspezifisch anpassen. I4 benutzt beim Interview eine sehr interessante Metapher, für ihn ist ein Unternehmen wie ein Organismus anzusehen, der nicht nur über eine große Arterie versorgt wird, sondern über viele kleine Adern,85 durch welche Feedback vom Markt und von den strategischen Kunden kommt. Für den Fall, dass neuer Input durch eine dieser feinen Adern zum Organismus kommt, muss der Organismus merken, dass sich etwas verändert und letztendlich muss sich der Organismus selbst verändern, falls dieser Input auch noch von anderen Adern kommt, um sein Überleben zu sichern. Für die kleineren befragten Unternehmen ist es essentiell und sogar überlebensnotwendig, die Einkaufsstrategie des zu beliefernden strategischen Kunden zu kennen und sich auf die Kunden anzupassen, da sie ihr eigenes Unternehmen sehr stark auf die strategischen Kunden ausrichten. Das haben beide Interviewpartner der kleineren Unternehmen im Gespräch bestätigt.

Da Kaplan und Norton in der Literatur immer wieder erwähnen, dass die strategischen Ziele eines Unternehmens erst dann erreicht werden können, wenn Strategie klar an die Mitarbeiter mithilfe einer BSC vermittelt wurde und sie somit fester Bestandteil der täglichen Arbeit eines jeden Mitarbeiters ist, soll Schlüsselfrage 3 klären, ob sich die befragten Unternehmen selbst als „verlängerter Mitarbeiter“ der zu beliefernden strategischen Kunden identifizieren können und somit bei der Erreichung der Teilbereichsstrategie aktiv unterstützen können, oder ob die Interviewpartner der Meinung sind, dass man nicht von einem „verlängerten Mitarbeiter“ sprechen kann, sondern klassisch von einer Kunden-Lieferanten-Beziehung, bei welcher es etwas mehr Abstand zwischen den beiden Unternehmen gibt. Vier der fünf befragten Interviewpartner haben während des Interviews bestätigt, dass sie ihr Unternehmen als verlängerten Mitarbeiter des zu beliefernden strategischen Kunden sehen. I1 bergründet seine Bestätigung damit, dass er als Vorlieferant nur dann verkaufen kann, wenn sein strategischer Kunde letztendlich verkauft.86 I3 bestätigt den Begriff „verlängerter Mitarbeiter“ ebenso und erwähnt Ähnlichkeiten zu einem ihm bekannten Ausdruck, der „verlängerten Werkbank“, welcher ein gängiger Begriff in Produktionsbetrieben ist. Er begründet seine Zustimmung zum verlängerten Mitarbeiter damit, dass beide Unternehmen das gemeinsame Ziel haben, den gemeinsamen Kunden zufriedenzustellen.87 Seiner Meinung nach erleichtert es dem gemeinsamen Endkunden seine Anforderungen umgesetzt zu bekommen, wenn der Endkunde U3 und das zu beliefernde Unternehmen als eine Einheit wahrnimmt.88 I5 verwendet ebenfalls den Begriff „verlängerte Werkbank“ und bestätigt, dass es seiner Meinung nach Sinn macht sein Unternehmen als verlängerten Mitarbeiter anzusehen. I2 findet den Begriff ebenfalls treffend. I4 stimmt dem Begriff des verlängerten Mitarbeiters zwar im Grundsatz zu, allerdings fordert dieser eine gesunde Distanz beider Unternehmen zueinander um die richtigen strategischen Entscheidungen zu treffen.89 Seiner Meinung nach ist es zwar einerseits wichtig, dass sich die Mitarbeiter seines Unternehmens in den Kunden reinfühlen können und in der Dimension des Kunden denken, anderseits erwähnt er, dass man diesen Begriff entideologisieren müsse, da es passieren könne, dass die Innovationskraft seines eigenen Unternehmens geschwächt werden könne und man den globalen Blick verlieren würde und somit evtl. stecken bleiben könne bei der Erfüllung des Kundenwunsches90, falls er sich komplett als verlängerten Mitarbeiter sehen würde. Dieser verlängerte Mitarbeiter würde seiner Meinung nach nicht so viel nach links oder nach rechts schauen.91 Seiner Meinung nach müsse eine Befruchtung von beiden Seiten stattfinden und der Markt müsse als großes Ganzes verstanden werden, um diesen mit zu beeinflussen und mitgestalten zu können.92 Im weiteren Verlauf der Interviews wurde geprüft, ob die Interviewpartner grundsätzlich bereit wären mit einem Berichtsbogen eines strategischen Kunden zu arbeiten oder ob sie zusätzliche Anreize bräuchten, diesen kundenspezifischen Berichtsbogen in ihr Tagesgeschäft zu integrieren. Für vier der fünf befragten Unternehmen wäre es vorstellbar, einen kundenspezifischen Berichtsbogen im Arbeitsalltag zu integrieren. Begründet wird dies von I3 mit dem noch tieferen Einblick in das zu beliefernde Unternehmen, welcher Motivation genug wäre, diesen Berichtsbogen zu benutzen.93 I5 merkt an, dass er auf jeden Fall mit einem solchen Berichtsbogen arbeiten würde, er sich aber gut vorstellen könne, einen zusätzlichen finanziellen Anreiz zu schaffen und bei der Erreichung der strategischen Ziele z. B. bessere Verkaufspreise für sein Unternehmen zu bekommen.94 I4 schlägt als Incentive vor, mit den strategischen Lieferanten ein Lieferantenmeeting beim Kunden zu veranstalten, bei dem es einen Austausch geben könne. I2 äußert sich zu der Verwendung von einem kundenspezifischen Berichtsbogen bzw. einer Scorecard kritisch, da das seiner Meinung nach sehr „industriell“ wäre und im Handwerk nicht oder nur zu Teilen funktionieren könne.95

Nachdem geklärt wurde, ob die Benutzung eines kundenspezifischen Berichtsbogen vorstellbar wäre, wurde den Interviewpartnern die fiktive Einkaufs-BSC vorgelegt und Ihre Meinung zur allgemeinen Darstellung und des Inhalts überprüft sowie festgestellt, ob es ihnen möglich ist, von der BSC auf die vorher festgelegte Einkaufsstrategie zu schließen. Zusätzlich wurde noch abgefragt über welche Kanäle die Kommunikation zur BSC bevorzugt erfolgen sollte, wie oft ein Update nötig wäre, ob der stetige Zugriff darauf wichtig ist und wer Zugriff auf die BSC haben sollte. Die erste Reaktion der Interviewpartner kann man als sehr positiv zusammenfassen. I1 beschreibt die fiktive Einkaufs-BSC als sehr detailliert und quantifiziert.96 I3 beschreibt die Darstellung als gut und übersichtlich gegliedert und behauptet, dass diese ohne jegliche zusätzliche Umschreibung die strategischen Ziele und deren Umsetzung vermittelt.97 I5 findet die Scorecard sehr gut und sogar so attraktiv, dass er während des Interviews um Erlaubnis gefragt hat, diese BSC in abgewandelter Form in seinem eigenen Unternehmen zu implementieren.98 Lediglich I2 findet die BSC wie bereits schon erwähnt zu „industriell“. Allen Interviewpartnern wurde im Zuge des Interviews die fiktive Einkaufsstrategie vorgelesen und gefragt, ob sie fähig gewesen wären anhand der vorliegenden fiktiven BSC auf die fiktive Einkaufsstrategie zu schließen. I3 empfindet die BSC als schlüssig. I4 behauptet, dass er alles nur unterstützen und unterstreichen könne.99 I1 bestätigt, dass die vorliegende BSC auf jeden Fall mit der genannten Strategie zusammenpasst,100 merkt aber auch an, dass es zwischen dem Punkt „große und kleine Kunden zufriedenstellen“ und dem strategischen Ziel „Bestelleffizienz steigern“ einen Zielkonflikt geben könne.101 Auch bestätigt I2, dass man mithilfe der BSC auf die Strategie hätte schließen können.

Nachdem ein erstes Feedback gewonnen werden konnte, wurden die Interviewpartner gefragt, wie die einzelnen Perspektiven ihrer Meinung nach zueinander dargestellt werden sollten, da der Primärliteratur zu entnehmen ist, dass eine BSC eine übergeordnete Perspektive haben sollte (z. B. die Finanzen) und alle anderen Perspektiven darunter angeordnet sein sollten und die jeweils darüberliegende Perspektive unterstützen sollten. I1 stimmt dieser Anordnung der Perspektiven zueinander zu und begründet seine Aussage damit, dass so letztlich auch die Unternehmensziele von der Vision und Mission heruntergebrochen werden.102 I2 findet die Darstellung der Perspektiven pyramidenförmig ebenfalls sinnvoll.103 I4 hingegen findet die Darstellung als Pyramide schwierig, da dadurch eine starke Priorisierung der Perspektiven stattfinden würde,104 stimmt aber dennoch zu, dass am Ende die Wirtschaftlichkeit eine der wichtigsten Messgrößen ist.105 I5 findet die Darstellung als Pyramide sinnvoll und begründet seine Entscheidung dadurch, dass manche Perspektiven wichtiger seien und eine höhere Priorität hätten.106 I3 plädiert dafür alle Perspektiven auf der gleichen Ebene zu betrachten.

Im weiteren Verlauf wurden die Interviewpartner gefragt, wie viele Perspektiven eine gute BSC ihrer Meinung nach haben sollte und wie viele Kennzahlen jede Perspektive enthalten sollte. Alle Interviewpartner halten die Anzahl der Perspektiven mit 6 Stück für angemessen und übersichtlich. I3 würde die fiktive BSC noch um die Perspektive „Sales“ ergänzen, I1 würde sich wünschen, dass die BSC eine zusätzliche Perspektive „R&D oder Innovationen“ beinhalten würde. Ein wichtiges Feedback von I4 ist, dass es gefährlich sein kann, die BSC zu überfrachten, da sie dadurch zu kompliziert werden könnte und es gerade die komplizierten Dinge sind, die negativ hinterfragt werden.107 Die Frage auf die Anzahl der Kennzahlen je Perspektive beantworten die Interviewpartner unterschiedlich. Laut I1 sollten es 3-4 sein, I2 findet drei gut, I5 ist der Meinung, dass es fünf bis sechs sein könnten und für I3 variiert es je nach Bereich, jedoch sollte dem Motto „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“ gefolgt werden.108

Bezüglich des passenden Kommunikationskanals zur BSC äußerten sich alle Interviewpartner ähnlich, da sie alle die persönliche Ansprache bevorzugen und sich demensprechend ein persönliches Treffen oder eine Videokonferenz wünschen würden. Bei der Frage, wie oft sich die Lieferanten ein Update zum Thema BSC wünschen würden, gehen die Meinung etwas auseinander. Drei Interviewpartner (I1, I2 und I4) halten ein Update in längeren Zeitabständen für sinnvoll (I1 quartalsmäßig), I2 (quartalsmäßig und nach erfolgreicher Implementierung halbjährlich), I4 (jährlich). I2 und I5 wünschen sich ein regelmäßigeres Update. I3 (wöchentlich), um bei Missständen gegensteuern zu können109, I5 (14-tägig). Die Zeitabstände für die Besprechung der BSC mit dem strategischen Kunden werden von allen Lieferanten als langfristiger eingeordnet, da es durch die teilweise sehr langfristig angelegten Maßnahmen und Ziele keinen Sinn macht, wöchentliche Updates zu geben.110

Nachdem viele BSCs schwierig zu verstehen und zu lesen sind, wurden die Interviewpartner befragt, ob sie als Erweiterung der BSC-Kennzahlen zusätzlich eine Ampelfunktion für sinnvoll halten würden, damit man auf einen Blick sieht, in welchen Bereichen noch Lücken vom Soll- zum Istzustand bestehen. Diese Ampelfunktion finden alle Befragten sinnvoll und haben diese Funktion wie z. B. Unternehmen 1 in eigenen Berichten integriert und gute Erfahrungen damit gesammelt.111 Kaplan und Norton erwähnen in Ihren Büchern, dass es enorm wichtig sei, dass jeder im Unternehmen zu jedem Zeitpunkt Zugriff auf die BSC haben sollte. Um zu überprüfen, ob das den strategischen Lieferanten ebenfalls wichtig wäre und warum, wurde am Ende des Interviews die Frage gestellt, wie wichtig es den Lieferanten wäre, immer Zugriff auf die BSC zu haben und wer im Unternehmen Zugriff auf die BSC haben sollte. I2 hält es für nötig, dass lediglich die Geschäftsleitung Zugriff auf die BSC haben sollte.112 I2 hält es nicht für nötig, ständigen Zugriff auf die BSC zu haben. Stattdessen würde er sich wünschen, diese nach Aufforderung zu erhalten.113 I5 wäre ein ständiger Zugriff zur BSC wichtig,114 um prüfen zu können, wo man aktuell steht. Seiner Meinung nach sollten neben der Geschäftsführung auch die Abteilungsleiter Zugriff auf die BSC haben, da nur diese für die Umsetzung der Maßnahmen für die Erreichung der strategischen Ziele nicht wegzudenken sind.115 I3 ist der Meinung, dass Unileiter und Teamleiter ständigen Zugriff auf die BSC haben sollten, damit die Ziele und deren Erreichung immer greifbar sind.116 I4 wiederum widerspricht den anderen Interviewpartnern in dem er sagt, dass er die ständige Verfügbarkeit der BSC eher als schädlich ansieht.117 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es allen Lieferanten möglich war von der BSC auf die fiktive Einkaufsstrategie zu schließen und alle Interviewpartner die fiktive BSC als inhaltlich gut und logisch wahrgenommen haben, welche zusätzlich auch übersichtlich aufgebaut war.

3.2.5 Aussagekraft der Daten

Die Aussagekraft von qualitativen Interviews kann man nicht pauschal messen, da sich jedes Interview von dem anderen unterscheidet. Da für die Interviews sowohl kleine als auch mittlere und große Unternehmen aus verschiedenen Branchen befragt wurden, waren die Daten ausreichend, um die Forschungsfrage dieser Arbeit zu beantworten. Allerdings muss man hinzufügen, dass eine Erhöhung der Anzahl von Experteninterviews zu einem noch besseren Überblick verholfen hätte und die Ergebnisse noch aussagekräftiger wären. Da der Rahmen dieser Arbeit begrenzt ist, wurde bei dieser Arbeit darauf verzichtet, weitere Experteninterviews zu führen, obwohl klar war, dass mit einer höheren Anzahl an Interviews die Daten aussagekräftiger wären.

3.2.6 Praktische Implikationen

Die Ergebnisse dieser Arbeit können für die Praxis wertvoll sein, da festgestellt werden konnte, dass es einem Lieferanten möglich ist, von der BSC auf die Unternehmens- oder Teilbereichsstrategie zu schließen, wenn diese richtig aufgebaut ist. Die strategischen Lieferanten sind alle sehr daran interessiert einen vertieften Einblick in die Strategie ihrer Kunden zu bekommen, um sowohl ihr Produkt- oder Dienstleistungsangebot als auch ihre Performance weiter zu verbessern. Lieferanten sollten sich daher verstärkt mit der Unternehmens- oder Teilbereichsstrategie ihrer strategischen Kunden befassen, um ihr eigenes Portfolio sowie ihre Services immer besser auf die Bedürfnisse ihrer Kunden anzupassen und damit die langfristige Performance zu verbessern. Für Unternehmen, die selbst eine BSC verwenden und diese bislang immer nur intern kommuniziert haben, konnte in dieser Arbeit der Nachweis erbracht werden, dass die BSC ein geeignetes Tool ist auch strategische Lieferanten noch enger an sich zu binden und dadurch einen höheren Nutzen aufgrund von besseren Preisen, Produkten und Services zu erzielen. Will man einen Lieferanten verbessern und seine strategischen Ziele erreichen, führt mittlerweile kein Weg daran vorbei, ihn als verlängerten Mitarbeiter anzusehen und ihn dementsprechend auch beim Thema Strategie stark mit einzubinden. Durch eine starke Partnerschaft könnte man sich besser und effektiver von der Konkurrenz abheben.

4 Fazit

Es ist festzustellen, dass die Grundannahmen von Kaplan und Norton zur BSC nicht nur auf die eigenen Mitarbeiter zutreffen, sondern auch bei strategischen Lieferanten gültig sind, welche als verlängerte Mitarbeiter des eigenen Unternehmens anzusehen sind. Die in der Literatur beschriebenen BSC-Perspektiven sollten in der heutigen Zeit um weitere wichtige Perspektiven (z. B. Umwelt oder Lieferanten) je nach Bedarf des jeweiligen Unternehmens erweitert werden. Die Kommunikation zur BSC sollte nach Möglichkeit in einer persönlichen Ansprache erfolgen, um die Wichtigkeit der BSC zu vermitteln. Die Darstellung der Perspektiven sollte pyramidenförmig aufgebaut sein, mit der Finanzperspektive als Spitze, welche von den darunterliegenden Perspektiven unterstützt wird. Die BSC sollte transparent sein und jederzeit der Geschäftsführung der strategischen Lieferanten zugänglich sein. Eine Erweiterung der Kennzahlengrößen durch eine Ampelfunktion wird zum leichteren Verständnis empfohlen. Bei der Recherche dieser Arbeit konnte festgestellt werden, dass Strategie nicht immer klar definiert ist und verstanden wird und es durchaus auch Unternehmen gibt, welche keine klare Strategie verfolgen und dennoch erfolgreich sind. Festzustellen war, dass größere Unternehmen im Vergleich zu kleineren Organisationen ein besseres Grundverständnis von Strategie haben und ihre Strategie nicht nur aufgrund von einigen wenigen Kunden ausrichten. Stattdessen berücksichtigen viele große und kleine interne und externe Indikatoren und Faktoren für die Strategiefindung berücksichtigen. Die Verwendung der BSC für strategische Lieferanten ist zu empfehlen und ist für die Erreichung der strategischen Ziele, die Verbesserung der Lieferantenperformance und den langfristigen Erfolg des eigenen Unternehmens sehr wertvoll. Eine gute BSC zu formulieren ist zwar in der Theorie gut beschrieben, weshalb viele Unternehmen versuchen, die BSC bei sich in einem kurzen Zeitraum zu implementieren, allerdings ist es sehr komplex eine adäquate BSC zu formulieren, welche von der Unternehmens- oder Teilbereichsstrategie abgeleitet ist und bei der es möglich ist, von der BSC auf die jeweilige Strategie zu schließen. Dies ist ein langfristiger Prozess, welcher die Mitarbeit aller wichtigen Stakeholder erfordert. Die BSC ist für die Strategievermittlung und Messung sehr gut als Kennzahleninstrument geeignet. Die BSC für Lieferanten sollte im Zuge weiterer Arbeiten noch intensiver erforscht werden, um den größtmöglichen Benefit für alle beteiligten Stakeholder zu ermöglichen.

[...]


1 Vgl. Steger (2014), S. 121.

2 Vgl. Steger (2014), S. 123.

3 Vgl. Steger (2014), S. 123.

4 Vgl. Steger (2014), S. 124.

5 Vgl. Refa-Lexikon.

6 Vgl. Steger (2014), S. 130.

7 Vgl. Steger (2014), S. 130.

8 Vgl. Steger (2014). S. 131-132.

9 Vgl. Steger (2014), S. 135-136.

10 Vgl., Controllingportal.de, Kennzahlen-Systeme.

11 Vgl Helming (2015).

12 Vgl. Jossé (2018), S. 6.

13 Vgl. Kaplan/Norton (2001), S. 4.

14 Vgl. Kaplan/Norton (2001), S. 4.

15 Vgl. Kaplan/Norton (2001), S. 21-22.

16 Vgl. Jossé (2018), S. 6-7.

17 Vgl. Fleig (2016).

18 Vgl. Kaplan/Norton (2001), S .248.

19 Vgl. Jossé (2018), S. 5.

20 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 10.

21 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 24.

22 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 10.

23 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 23.

24 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 263.

25 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S.184.

26 Vgl. Stöger (2017), S. 246.

27 Vgl. Stöger (2017), S. 247.

28 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S.23.

29 Vgl. Jossé (2018), S12.

30 Vgl. Jossé (2018), S. 12.

31 Vgl. Jossé (2018), S. 31.

32 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 24.

33 Vgl. Jossé (2018), S.33.

34 Vgl. Jossé (2018), S. 38.

35 Vgl. Jossé (2018), S. 39.

36 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 25.

37 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 25.

38 Vgl. Jossé (2018), S. 40.

39 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 25.

40 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 27.

41 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 27.

42 Deutsche Übersetzung: “Wenn sich die Welt um einen schneller verändert, als jemand selbst, das Ende nahe ist.“

43 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 27.

44 Vgl. Kaplan/Norton (2001), S. 87.

45 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 142.

46 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 142.

47 Vgl. Kaplan/Norton (2001), S. 330.

48 Vgl. Kaplan/Norton (2001), S. 209.

49 Vgl. Hahn/Hungenberg (2014), S. 156ff.

50 Vgl. Kaplan/Norton (2001), S. 84.

51 Vgl. Kaplan/Norton (2001), S. 84.

52 Vgl. Vahs/Schäfer-Kunz (2015), S. 346.

53 Vgl. Vahs/Schäfer-Kunz (2015), S. 346.

54 Vgl. Kaplan/Norton (2001), S. 143.

55 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 71.

56 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 144.

57 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 330.

58 Vgl. Hochschule Luzern, Balanced Scorecard.

59 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 54.

60 Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 144-145.

61 Vgl. Kaplan/Norton (2001), S. 193.

62 Vgl. Kaplan/Norton (2001), S. 12.

63 Deutsche Übersetzung: „Jeder Mitarbeiter muss die Strategie im Berufsalltag als selbstverständlichen Teil seiner Arbeit ansehen“.

64 Vgl. Kaplan/Norton (2001), S. 5.

65 Vgl. Kaplan/Norton (2001), S. 13.

66 Vgl. Kaplan/Norton (2001), S. 12.

67 Vgl. Kaplan/Norton (2001), S. 45.

68 Vgl. Kaplan/Norton (2001), S. 293.

69 Vgl. Vahs/Schäfer-Kunz (2015), S. 25.

70 Vgl. Vahs/Schäfer-Kunz (2015), S. 25.

71 Vgl. Weber (2015), S. 84.

72 Vgl. Weber (2015), S. 84.

73 Vgl. SpringerGabler Wirtschaftslexikon, Expertenwissen.

74 Vgl. Bogner/Littig/Menz (2005), S. 17.

75 Vgl. Anhang Interview 1, Zeile 134-135.

76 Vgl. Anhang Interview 2, Zeile 45-50.

77 Vgl. Anhang Interview 5, Zeile 69-70.

78 Vgl. Anhang Interview 3, Zeile 95.

79 Vgl. Anhang Interview 5, Zeile 88-96.

80 Vgl. Anhang Interview 1, Zeile 214-215.

81 Vgl. Anhang Interview 1, Zeile 229-239.

82 Vgl. Anhang Interview 3, Zeile 183-195.

83 Vgl. Anhang Interview 3, Zeile 208.

84 Vgl. Anhang Interview 4, Zeile 320-321.

85 Vgl. Anhang Interview 4, Zeile 380-382.

86 Vgl. Anhang, Interview 1, Zeile 246-247.

87 Vgl. Anhang, Interview 3, Zeile 235-236.

88 Vgl. Anhang, Interview 3, Zeile 244-246.

89 Vgl. Anhang, Interview 4, Zeile 591-594.

90 Vgl. Anhang Interview 4, Zeile 516-520.

91 Vgl. Anhang, Interview 4, Zeile 511-512.

92 Vgl. Anhang, Interview 4, Zeile 499-502.

93 Vgl. Anhang, Interview 3, Zeile 552-556.

94 Vgl. Anhang, Interview 1, Zeile 554-555.

95 Vgl. Anhang Interview 2, Zeile 126-131.

96 Vgl. Anhang, Interview 1, Zeile 309-311.

97 Vgl. Anhang E-Mail Interviewpartner 3.

98 Vgl. Anhang, Interview 5, Zeile 447+495.

99 Vgl. Anhang, Interview 4, Zeile 789.

100 Vgl. Anhang, Interview 1, Zeile 344-345.

101 Vgl. Anhang, Interview 1, Zeile 353-356.

102 Vgl. Anhang, Interview 1, Zeile 423-425.

103 Vgl. Anhang, Interview 2, Zeile 256.

104 Vgl. Anhang, Interview 4, Zeile 898-899.

105 Vgl. Anhang, Interview 4, Zeile 914-915.

106 Vgl. Anhang, Interview 5, Zeile 424-425.

107 Vgl. Anhang, Interview 4, Zeile 959-960.

108 Vgl. Anhang, E-Mail Interviewpartner 3.

109 Vgl. Anhang, E-Mail Interviewpartner 3.

110 Vgl. Anhang, Interview 1, Zeile 526-528.

111 Vgl. Anhang, Interview 1, Zeile 504-505.

112 Vgl. Anhang, Interview 2, Zeile 306.

113 Vgl. Anhang, Interview 2, Zeile 330-332.

114 Vgl. Anhang, Interview 5, Zeile 603-606.

115 Vgl. Anhang, Interview 5, Zeile 569-570.

116 Vgl. Anhang, E-Mail Interviewpartner 3.

117 Vgl. Anhang, Interviewpartner 4, Zeile 1064-1066.

Ende der Leseprobe aus 138 Seiten

Details

Titel
Die Balance Scorecard. Verständnis und Anwendung für strategische Lieferanten
Hochschule
Fachhochschule Kufstein Tirol
Note
1,00
Autor
Jahr
2020
Seiten
138
Katalognummer
V922227
ISBN (eBook)
9783346244376
ISBN (Buch)
9783346244383
Sprache
Deutsch
Schlagworte
BSC, Balanced Scorecard, Strategie, Lieferanten, Kaplan, Norton
Arbeit zitieren
Korbinian Kaulisch (Autor:in), 2020, Die Balance Scorecard. Verständnis und Anwendung für strategische Lieferanten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/922227

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