Die Präsidentschaftswahl gilt als Höhepunkt des politischen Lebens in der V. Republik.
Auffallend bei der Wahl 2002 war die Tatsache, dass Protestkandidaten- Rechtsextreme, Trotzkisten und mit Einschränkung auch der Kandidat der Jäger und Angler- ein Drittel der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigten. Die Wahlbeteilung von nur 71, 6% war die niedrigste Wahlbeteiligung bei einer Präsidentenwahl in der V. Republik. Kann bei der Präsidentschaftswahl 2002 von einer Protestwahl gesprochen werden? Kann die sinkende Wahlbeteiligung als Ausdruck von Protest interpretiert werden?
Bei der Analyse dieser Fragen wird - im Sinne des Mehr- Ebenen- Modells- zunächst die Ebene der gesellschaftlichen Strukturen und Prozesse betrachtet. Welche Veränderungen der politischen, ökonomischen und sozialen Situation haben Frankreichs Nationalstaat in den letzten Jahren beeinflusst? Wie beschreiben die beiden Hauptkontrahenten Jean- Marie Le Pen und Jacques Chirac diese Veränderungen? Anschließend werden soziale Gebilde wie die Sozialisationsinstanzen (Schule, Universität etc.), die staatlichen Institutionen (Verwaltungen, Gerichte, Parlamente), die intermediären Strukturen (Parteien, Kirchen, Verbände) sowie die Rolle der Medien beim Wahlkampf 2002 kurz analysiert. Diese Analyse versteht sich als Einstieg- im Mittelpunkt steht keineswegs ein Vergleich der unterschiedlichen Parteiprogramme oder ähnliches, sondern vielmehr die Frage, wie die Wahrnehmung der Veränderungen der Makro- Ebene durch die unterschiedlichen Instanzen modifiziert wird. Anschließend geht es um die Ebene des individuellen Akteurs. Wie empfand der „kleine Bürger“ das Programmangebot, die Kandidatenvielfalt oder was könnte ihn zur Wechselwahl ermutigt haben?
Abschließend soll dann geklärt werden, in wie weit die französische Regierung diese Meinungen aufnimmt und sich den Weg aus den Reformbaustellen vorstellt.
Muss Frankreichs Regierung gegen zunehmende Ernüchterung im Land kämpfen?
Diese abschließende Diskussion versteht sich als Einstieg in eine Debatte über den politischen Umgang mit einem misstrauischen Wähler, die wohl in Zukunft nicht oft genug geführt werden kann.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung und Fragestellung
- Theoretische Zugänge zum Problem
- Der Begriff der politischen Verdrossenheit
- Das generische Mehr-Ebenen-Modell zur Erklärung von „Politikverdrossenheit“
- Die Makro- Ebene der gesellschaftlichen Strukturen und Prozesse
- Die Meso-Ebene der sozialen Gebilde
- Die Rolle der Medien
- Die Mikro- Ebene des individuellen Akteurs
- Die Präsidentschaftswahl 2002
- Die Präsidentschaftswahl 2002 in Frankreich- ein Überblick
- Frankreich ein „reifer“ Nationalstaat in der Diskussion
- Die politischen Organisationen bei der Präsidentschaftswahl
- Die Rolle der Medien im Wahlkampf
- Präsidentschaftswahl 2002- ein Protest des „kleinen“ Bürgers?
- Frankreich zwischen Anpassung und Eigenständigkeit- Stress in einer der ältesten Demokratien Europas
- Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
- Bibliographie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die politische Kultur in Frankreich und untersucht die Ursachen und Folgen der „Politikverdrossenheit“, insbesondere im Kontext der Präsidentschaftswahl 2002. Die Arbeit befasst sich mit den Herausforderungen des französischen Nationalstaates in Zeiten der Globalisierung und europäischen Integration.
- Der Begriff der „Politikverdrossenheit“ und seine Bedeutung in der politischen Kultur Frankreichs
- Die Auswirkungen der Globalisierung und europäischen Integration auf den französischen Nationalstaat
- Die Rolle der Medien und der Sozialisationsinstanzen im politischen Prozess
- Die Ursachen für Protestwahlverhalten und Wahlenthaltung bei der Präsidentschaftswahl 2002
- Die Bedeutung der „inneren“ politischen Kultur für die Stabilität und Zukunft des französischen Nationalstaates
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema „Innere politische Kultur in Frankreich“ ein und stellt die zentrale Fragestellung der Arbeit vor: Inwiefern beeinflusst die „Politikverdrossenheit“ die politische Kultur Frankreichs und welche Rolle spielt sie bei der Präsidentschaftswahl 2002?
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit theoretischen Zugängen zum Problem der „Politikverdrossenheit“. Es wird eine Arbeitsdefinition des Begriffs vorgestellt und das generische Mehr-Ebenen-Modell zur Erklärung von „Politikverdrossenheit“ erläutert.
Kapitel drei analysiert die Präsidentschaftswahl 2002 in Frankreich. Es werden die wichtigsten Ereignisse und die Rolle der Medien im Wahlkampf betrachtet. Zudem wird die Frage untersucht, ob bei der Präsidentschaftswahl 2002 von einer Protestwahl gesprochen werden kann.
Schlüsselwörter
Politische Kultur, Frankreich, Politikverdrossenheit, Präsidentschaftswahl 2002, Globalisierung, Europäische Integration, Medien, Sozialisationsinstanzen, Protestwahlverhalten, Wahlenthaltung, Nationalstaat.
- Quote paper
- Nadine Buschhaus (Author), 2005, „Innere“ politische Kultur in Frankreich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92235