Digitale Führung und digitale Unternehmenskultur


Hausarbeit, 2019

32 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielstellung
1.3 Aufbau der Arbeit

2 Theoretische Grundlagen
2.1 Megatrend Digitalisierung
2.2 Zusammenhänge zur Globalisierung
2.3 Kennzeichen und Herausforderungen digitaler Führung
2.4 Merkmale einer digitalen Unternehmenskultur

3 Anwendung
3.1 Voraussetzungen und Treiber für eine digitale Unternehmenskultur
3.2 Maßnahmen zur Implementierung
3.3 Herausforderungen bei der Implementierung einer digitalen Unternehmenskultur

4 Diskussion

5 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Partizipative Führung in digitalen Arbeitswelten

Abbildung 2: Kulturmodell nach Schein

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Der Megatrend Digitalisierung mit seinen rasanten technologischen Innovationen und einer umfassenden Vernetzung hat einen wesentlichen Einfluss auf unseren Alltag und bringt Veränderungen auf der ökonomischen, sozialen und gesellschaftlichen Ebene mit sich. Vor allem Unternehmen unterliegen einem immensen Veränderungsdruck, um die digitale Transformation rechtzeitig und langfristig bewältigen zu können. Sei es in der Veränderung der Geschäftsmodelle, der Entwicklung von digitalen Produkten und Dienstleistungen sowie der damit einhergehenden Gestaltung eines neuartigen Kundenerlebnisses. Doch die digitale Transformation spiegelt sich auch in einem veränderten Führungsverständnis und einer andersartigen Unternehmenskultur wider. Traditionelle Führungsmodelle und bisher gelebte Wertegemeinschaften müssen aus digitaler Sicht neu betrachtet werden. Nur so kann den erheblichen Herausforderungen und Treibern der Digitalisierung begegnet werden, um den Unternehmenserfolg und vor allem eine zufriedene Mitarbeiterschaft, die den Wandel nur gemeinsam bewältigen kann, sicherzustellen. Aufgrund dessen stellt sich die Frage, mit welchen Maßnahmen Schlüsselelemente einer digitalen Unternehmenskultur implementiert werden können und welche Herausforderungen hierbei zu beachten sind.

1.2 Zielstellung

In der vorliegenden Ausarbeitung soll zunächst ein Grundverständnis zum Megatrend Digitalisierung und den wechselseitigen Zusammenhängen zur Globalisierung geschaffen werden. Ausgehend von den Gegebenheiten einer digitalen Unternehmenswelt soll deutlich werden, welche Form von Führung es in diesem Zusammenhang bedarf und welche Anforderungen an die Führungskräfte gestellt werden. Einhergehend mit dem Wandel von Organisationsstrukturen braucht es ebenso eine dazugehörige Unternehmenskultur. Daher soll Sinn und Zweck sowie die wesentlichen Ausprägungen einer digitalen Unternehmenskultur vorgestellt werden. Mittels der Entwicklung einer Auswahl an konkreten Maßnahmen zur Implementierung einer digitalen Unternehmenskultur, wird ein direkter praktischer Einblick in die Ausgestaltung eines digitalen Unternehmens gegeben. Eine Darstellung der damit verbundenen Herausforderungen soll bei einer erfolgreichen Durchführung dieses Veränderungsprozesses unterstützen.

1.3 Aufbau der Arbeit

Im theoretischen Teil dieser Ausarbeitung wird eingangs der Megatrend Digitalisierung näher erläutert und anhand von praktischen Beispielen unterlegt. Des Weiteren werden die Zusammenhänge zum Trend der Globalisierung dargestellt. Mit Blick auf die Innenwelt von digitalen Unternehmen wird dann auf die Herausforderungen und Kennzeichen der digitalen Führung näher eingegangen. In digitalen Organisationen bedarf es gleichzeitig einer neuen Kultur, welche anhand ihrer wesentlichen Merkmale vorgestellt wird. In der anschließenden Anwendung wird ein Vorgehen mit einer Auswahl an geeigneten Maßnahmen zur Implementierung einer digitalen Unternehmenskultur aufgezeigt. In diesem Zusammenhang werden die Herausforderungen, die mit der Implementierung verbunden sind, diskutiert. Abschließend folgt eine Zusammenfassung des Gegenstands dieser Hausarbeit, einschließlich der sich ergebenden Schlussfolgerungen für die Praxis und einer kritischen Reflexion. Die Ausarbeitung endet mit einem Fazit und Ausblick der vorliegenden Thematik.

2 Theoretische Grundlagen

2.1 Megatrend Digitalisierung

Der Begriff Digitalisierung ist als digitale Revolution oder digitale Wende zu verstehen, da in einer globalen und schnelllebigen Welt die direkte Interaktion zunehmend an Bedeutung verliert. Daher ist mit Hilfe von Software-Lösungen und technischen Medien der Austausch von Leistungen und Daten das Kernelement der digitalen Welt, bei der neue Geschäftsmodelle, Prozesse, Produkte und Dienstleistungen entwickelt werden.1

Virtuelle Produkte und Dienstleistungen sind jederzeit und überall verfügbar. Sie befriedigen das individuelle Kundenbedürfnis und bereichern in ihrer effektiven Art und Weise das alltägliche Leben. Hinter dem Begriff "virtuell" verbirgt sich im Ursprung die Bedeutung von nicht real, aber dennoch möglich. Im weiteren Sinne beschreibt Virtualität die Anpassungsfähigkeit und Interaktion mit dem Kunden, um ein passgenaues Produkt zu entwickeln.2

Folgende Aspekte treiben den digitalen Wandel voran:

- In der Hyperkonnektivität geht es um die Vernetzung von Produkten, Diensten und Daten.
- Autonome Systeme übernehmen zunehmend komplexe Aufgabenbereiche.
- Die verstärkte Interaktion zwischen Mensch und Maschine unterstützen viele Bereiche im Alltag.
- Datenzentrierte Geschäftsmodelle ermöglichen individuelle und kundenzentrierte Produkt-Service-Pakete.
- Digitale Plattformen sorgen für eine effizientere Nutzung der Ressourcen und vernetzen zwischen jeglichen Akteuren.
- Durch den Zusammenschluss von mehreren Innovatoren werden digitale Ökosysteme geschaffen, die nicht mehr nur von einem Unternehmen ausgehen.3

Am Beispiel der Automobilindustrie lassen sich die Auswirkungen der Digitalisierung sehr gut zusammenfassen. Die Produktionsprozesse zur Herstellung eines Automobils werden unter Anwendung hoch technologischer Computersysteme wie 3-D-Druck oder kollaborative Robotersysteme immer vernetzter. Die Kundenbedürfnisse wandeln sich. So werden entweder Automobile individuell konfiguriert oder die Anforderung entwickelt sich lediglich zu einer Bedürfnisbefriedigung statt einem Besitzbedürfnis, wo das Geschäftsmodell des Car-Sharings seinen Anfang nahm. Mittels Fernwartung über Sensorik kann dem Kunden schneller Service entgegengebracht werden und die gewonnenen Daten können beispielweise in der Produktentwicklung weiter genutzt werden.4

Eine weitere Entwicklung ist demzufolge die Generierung und Verwendung von Daten, auch bekannt unter dem Begriff "Big Data". Durch intelligente Werkzeuge oder zum Beispiel durch eingenähte Chips in der Berufskleidung, Datenhandschuhe oder Firmenausweise werden ständig Daten der Mitarbeiter erfasst und es kann somit stets eine genaue Ortung und Ausführung der Aufgaben kontrolliert werden. Hinsichtlich der Kunden generieren sich detaillierte Nutzer- und Kundenprofile, die eine passgenaue Produkt- bzw. Dienstleistungskonfiguration ermöglichen. Weiterhin unterstützen Apps mit Assistenzsystemen den Nutzer in seinem Alltag.5

Die heutige digitale Welt als Cyber-Physical-System beschreibt folglich das Zusammenspiel der physikalischen und virtuellen Welt, das auch die veränderten gesellschaftlichen Werte und Handlungen in der neuen Zeit andeuten. Den Anfang der Diskussionen zu den Auswirkungen der Digitalisierung nahm das Zukunftsprojekt "Industrie 4.0", anfangs noch unter den Namen "Faktor Mensch" oder "Mensch und Maschine" bekannt. In dieser Forschungsunion wurden Themen wie Qualität der Arbeit, Qualifikationsanforderungen oder Veränderungen der Arbeitsformen diskutiert.6 Im Rahmen des damaligen Programms "Humanisierung des Arbeitslebens" wurde versucht, die Faktoren Mensch, Organisation und Technik miteinander in Einklang zu bringen.7

Gleichzeitig eröffnet die Digitalisierung eine Vielzahl an neuen Möglichkeiten, um unter anderem auch auf den steigenden Ressourcen- und Energiebedarf zu reagieren.8 Mit der voranschreitenden Digitalisierung nimmt ebenso die Komplexität notwendiger Entscheidungen zu und das Produkt- und Serviceverständnis verändert sich immer weiter.9 Es entstehen wiederum neue Formen der Zusammenarbeit, Kommunikation und Projektorganisation, die auch unternehmensübergreifend wirken wie beispielsweise das Crowdsourcing.10 Ein virtuelles Unternehmen heutiger Zeit besteht nur noch aus einem konturlosen Gebilde, in dem sich Arbeitsgruppen und Bereiche ständig neu reformieren. Die Übergänge zwischen Beschäftigten, Lieferanten und Kunden sind fließend, da eine stetige Partizipation aller Beteiligten verfolgt wird. In der digitalen Transformation in einem Unternehmen geht es nicht allein um den Einsatz der neuen Technologien, sondern auch um die gesamte Überarbeitung der Aufbau- und Ablaufstruktur in der Organisation. Damit geht auch ein Kulturwandel einher, für den es qualifizierte Mitarbeitende braucht, die mit der Datennutzung umgehen können, für Veränderungen bereit sind und eine enge Zusammenarbeit mit allen Beteiligten verfolgen. Nur ein gemeinsamer Teamgeist zwischen allen Geschäftspartnern mit einer einvernehmlichen Zielstellung kann den Fortschritt ermöglichen.11

Die neue digitale Welt beinhaltet nicht nur die Anwendung neuer, intelligenter Technologien, welche sich unter dem Begriff Digitalisierung zusammenfassen lässt. Die digitale Transformation umschreibt vielmehr auch den gesellschaftlichen Wandel und die veränderten Anforderungen für ein erfolgreiches Unternehmen. Insgesamt ergeben sich daraus viele Vorteile für Kunden und Unternehmer hinsichtlich Flexibilisierung, Entgrenzung, neue Wertschöpfung und Problemlösung. Die Herausforderungen in Bezug auf die Ausgestaltung des Arbeitslebens und der Zusammenarbeit sind ein Veränderungsprozess, der begleitet werden muss und auch weiterer Regelungen bedarf.

2.2 Zusammenhänge zur Globalisierung

Die Megatrends Digitalisierung und Globalisierung sind keine Entwicklungen, die vollkommen parallel voneinander entstanden sind und sich entwickelt haben. Es lassen sich einige wichtige Zusammenhänge zwischen diesen Phänomenen erkennen.

Güter, die im Rahmen der Digitalisierung produziert werden, zeichnen sich durch besondere physische und ökonomische Eigenschaften aus. Digitalisierte Güter lassen sich nach erstmaliger Erstellung zu geringen Kosten und in einer sehr hohen Geschwindigkeit reproduzieren. Hierdurch verändert sich die Anwendung der Produkte hin zu einer neuartigen und globalen Art und Weise.12

Die Vernetzung der Welt hebt auch politische, soziale oder technologische Ereignisse unmittelbar von der lokal-regionalen auf die global-überregionale Ebene. Man spricht hier auch von „Glokalisierung“, einem Prozess, bei dem die Auswirkungen der Globalisierung im eigenen, lokalen Alltag erlebt werden. Dies ist als weiterer Aspekt festzuhalten, der auf die Entwicklung von digitalen Geschäftsmodellen Einfluss nehmen kann.13

Nach aktuellen Schätzungen gibt es derzeit ungefähr 80.000 transnationale Konzerne, die auch mit einer Veränderung ganzer Wirtschaftssektoren einhergehen. Innerhalb von Unternehmen, aber auch innerhalb ganzer Nationen bedarf es hierdurch neuer Kompetenzen durch veränderte Beschäftigungsarten. Immer häufiger übernehmen dabei Unternehmen Verantwortung für die (Weiter-)Bildung der Mitarbeitenden, was nur durch eine weltweite Vernetzung gelingt.14

Ein weiterer Zusammenhang ist die weltweite Kundschaft, für die Unternehmen ihre Arbeitsprozesse und Unternehmensorganisation entsprechend umbauen müssen. Dies bedeutet auch, dass eine interne und externe Flexibilisierung notwendig wird, um dem steigenden Wettbewerbsdruck in Form von Innovationsfähigkeit, Effizienz und Kostensenkung gerecht zu werden.15

Zusammenfassend ist eine wechselseitige Beeinflussung zwischen der Digitalisierung und der Globalisierung hinsichtlich der Geschäftsmodelle, dem angebotenen Produktportfolio und der Unternehmensausgestaltung festzustellen.

2.3 Kennzeichen und Herausforderungen digitaler Führung

Führung ist kein statischer Mechanismus, sondern entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte und wird stets durch technische, ökonomische und gesellschaftliche Entwicklungen geprägt. Organisationen des 21. Jahrhunderts sind zunehmend geografisch sowie zeitlich verteilt und setzen in der Kooperation auf neue Informations- und Kommunikationsmedien. Somit verändert sich die direkte Interaktion zwischen den Beschäftigten und bisherige traditionelle Führungsmodelle können keine Anwendung mehr finden. Die ersten Überlegungen zum virtuellen Unternehmen und dem damit einhergehenden Führungskonzept stammen aus den 80er Jahren von den Autoren Davidow und Malone.16

Digitale Führung

Digitale Führung wird im Wesentlichen durch die Fähigkeit geprägt, die disruptive Kraft von Technologien zu erkennen und für das Unternehmen gewinnbringend zu nutzen. Demnach gestalten Unternehmen ihre Arbeitsumgebung mit neuen Medien offener und partizipativer, zum anderen entwickeln sie kundenzentrierte Lösungen.

Digitale Führung umfasst die vier folgenden Gestaltungsebenen:

I. die eigene Persönlichkeit
II. die unmittelbare Arbeits- und Führungsumgebung
III. das gesamte Unternehmen
IV. den Einfluss des Unternehmens aufgrund seiner eigenen digitalen Transformation auf die dazugehörige Branche oder den gesamten Markt

Für jede dieser Ebenen bedarf es zusätzlicher Führungskompetenzen, die im Kern auf dem Prinzip der partizipativen Führung beruhen. Aus der Kombination von bewährten Führungsansätzen werden Excellence und gleichzeitig Innovation im Unternehmen vorangetrieben.17

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Partizipative Führung in digitalen Arbeitswelten

Eigene Darstellung in Anlehnung an Lemke et al. (2018), S. 256

Vor allem Mitarbeiter der jüngeren Generationen, die den Einsatz von Medien und die Parallelität von kreativen und automatisierten Arbeitsprozessen als Normalität empfinden, verfolgen ein selbstorganisiertes Arbeiten, welches durch die digitale Führung gefördert werden muss. Sie gelten vornehmlich als Coach oder Sparringpartner und koordinieren die Arbeitsabläufe im Hinblick auf die Unternehmensziele. Der abteilungs- und unternehmensübergreifende Austausch in Expertengruppen muss durch die Führungskraft dabei ermöglicht werden.18

Führungskompetenzen

Eingangs ist klarzustellen, dass es bei dem Führungskonzept der digitalen Führung nicht um die einzig wahre digitale Führung geht, sondern um digitale Führungskompetenzen. Die Kompetenz beschreibt generell die vorhandenen Leistungsfähigkeiten eines Individuums, eines Teams und eines Unternehmens. Das besondere an der Führungskompetenz ist das Ergebnis eines Querschnitts verschiedener Schlüsselkompetenzen (personale, aktivitätsbezogene, fachlich-methodische und sozial-kommunikative Kompetenzen). Die notwendigen Führungskompetenzen ergeben sich aus den Anforderungskriterien, die an zukünftige Führungskräfte gestellt werden. Dabei ergeben sich in Summe die drei folgenden Schlüsselkompetenzen: Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit, Teamfähigkeit und Entscheidungsfähigkeit. Allerdings unterliegen diese im digitalen Zeitalter keiner maßgeblichen Veränderung. Die erforderlichen Verhaltensanker aus der analogen und digitalen Perspektive müssen lediglich neu betrachtet werden und der Schwerpunkt der Führung verlagert sich im digitalen Kontext.19 Für die digitale Führungskompetenz kommen Querschnittskompetenzen hinzu, welche sowohl in der Personalauswahl als auch in der Personalentwicklung für Führungskräfte berücksichtigt werden müssen. Dabei geht es zum einen um die Medienkompetenz für den Umgang mit sozialen Medien und zum anderen die interkulturelle Kompetenz zur Führung diverser Teams.20 In der modernen Führung ist die Diversität von Teams unbedingt als Chance anzusehen, um individuelle Fähigkeiten der Mitarbeitenden zu nutzen. Dabei sieht sich die Führungskraft als Ermöglicher für die persönliche Entfaltung.21

Neben den konventionellen Führungsfähigkeiten werden unter virtuellen Rahmenbedingungen weitere Anforderungen an die Führungskräfte gestellt: Beratungskompetenz, Ergebnissicherung durch Kontrolle der Arbeitsfortschritte aus der Distanz, Arbeit und Privatleben bei ständiger Verfügbarkeit in Einklang zu bringen, Vertrauen bei vorhandener Diversität aufzubauen sowie kommunikative Fähigkeiten in Bezug auf das Zuhören und Sondieren. Dafür braucht es unterstützende Methoden, um Klarheit über Ziele zu schaffen und die Zusammenhänge im Gesamtkontext zu überblicken, das einer Komplexitätsreduktion bei der Masse an vorhandenen Informationen bedarf.22 Vor allem in Bezug auf die jüngeren Generationen besteht die Herausforderung, diese für die Ziele und Tätigkeiten zu begeistern. Die Führungskraft als konstruktiver Lernbegleiter kann hier wirksame Perspektiven für die Problemlösung und die persönliche Entwicklung bieten.23

Aufgrund der Kombination verschiedenster Technologien entsteht eine Vielschichtigkeit an Informationen, die die Entscheidungsprozesse erheblich beeinflussen. Daher müssen Führungskräfte zunehmend tiefgründigeres Wissen ansammeln, um eine Entscheidungsgrundlage bilden zu können. Des Weiteren braucht es ein Grundverständnis für Technologien, Werkzeuge und Methoden, um die gegenseitigen Interdependenzen zu verstehen.24

Motivation

Zur Motivation von Mitarbeitenden ergeben sich in der digitalen Führung neue Quellen:

- Mit einer Mission kann den Mitarbeitenden der eigene Beitrag zum Gesamtziel verdeutlicht werden.
- Mitarbeitenden muss die Gelegenheit gegeben werden, ihre eigene Karriere zu kontrollieren und zu gestalten.
- Durch gezielte Anreize kann das Team am Unternehmenserfolg teilhaben.
- Mitarbeitenden sollte die Bühne gegeben, um sich mit ihrer Leistung und ihrem Können profilieren zu können.

Hinsichtlich der Mitarbeiterbindung steht nicht mehr die Loyalität zur Führungskraft oder zum Unternehmen im Vordergrund, sondern der eigene Leistungsanspruch, das persönliche Wachstum und die Wertschätzung der erzielten Ergebnisse.25

Kommunikation

Zu den klassischen Informations- und Kommunikationsmitteln gehören beispielsweise E-Mail-Dienste, Intranet-Lösungen, Foren und Chats, die dem Informationsaustausch und der Vernetzung dienen. Die Entwicklungen des Web 2.0 erzeugen eine unmittelbare Interaktion miteinander und somit das Einbringen der Mitarbeitenden in die Organisation.26 Der Umgang mit Informationen wird sich hin zu einem Wissensaustausch über digitale Plattformen verändern, um funktions- und bereichsübergreifend für Transparenz zu sorgen und gleichzeitig Kommunikationskosten zu reduzieren.27

Für die Führungskräfte ergeben sich hierbei neue Möglichkeiten der Informationsweitergabe und der Netzwerkbildung. Andererseits ergibt sich durch die Schnelllebigkeit und der hohen Transparenz ein immenser Handlungsdruck, der dennoch mit ausreichenden Überlegungen zu reflektieren ist. Zwar werden dank der Medien weitere Kontroll- und Steuerungsinstrumente beispielsweise in Form von Dashboards geboten, jedoch stellt sich die Frage, inwieweit diese den Führungskräften die Kontrolle entziehen können.28

Der zentrale Ausgangspunkt für eine offene Kommunikations- und Teamkultur ist das gegenseitige Vertrauen, bei der keine Informationen zurückgehalten und Konflikte offen angesprochen werden. Daher sind neben der Aufgabenzuteilung, soziale Aspekte auf der Beziehungsebene zu kommunizieren. In der digitalen Führung sind daher für die Umsetzung folgende Elemente essentiell: Schaffung von persönlichem Kontakt, Vereinbaren von Zielen und Definieren von Erwartungen, kontinuierliche Feedbackschleifen, das Herausstellen der einzelnen Kompetenzen und das Forcieren des gegenseitigen kulturellen Verständnisses. Daher sind zu Beginn Kommunikationsstandards festzulegen, an denen sich die Mitarbeiter orientieren können. Vor allem Führungskräfte benötigen eine Medienkompetenz, bei der sie den Einsatz der Kommunikationsmittel anlassbezogen und zielgerichtet ausrichten können.29

Herausforderungen

Aufgrund des Wandels von der klassischen Arbeitsteilung hin zu einer Produktion entlang der Wertschöpfungskette entstehen neue Anforderungsprofile. Es braucht daher insgesamt neue Ansätze für Strukturen, Prozesse und vor allem für das Führungsverständnis. Dies muss von den Unternehmen aktiv gestaltet werden. Die Herausforderung liegt darin, die technologischen Entwicklungen rechtzeitig zu antizipieren und ihre disruptiven Auswirkungen für das Unternehmen zu nutzen. Hierfür muss jedoch die Organisation eine Veränderungsbereitschaft und Flexibilität aufbauen, die bisher in einer solchen Ausprägung noch nicht erforderlich war.

Diese digitale Arbeitswelt, in der sich Führungskräfte und Mitarbeitende bewegen, wird auch als VUCA-Welt (Volatility, Uncertainty, Complexity und Ambiguity) bezeichnet. Volatility steht für ein fluides, bewegliches Unternehmen. Uncertainty umschreibt ungewissere Situationen, in denen Entscheidungen getroffen werden müssen. Complexity zeigt die gesamthafte Komplexität vor allem in Prozessabläufen auf. Ambiguity steht für das Verschwinden von einfachen und eindeutigen Aussagen beziehungsweise Erklärungen. Vor allem Führungskräfte befinden sich hier in einem Balanceakt zwischen Stabilität und Agilität, Perfektion versus ungewisses Neuland, Hierarchie und partizipative Einbindung sowie klar definierte Prozesse entgegen Improvisation.30 Für Führungskräfte heißt es darüber hinaus, eine dynamische Umgebung zu schaffen, in der Innovation und Kreativität ermöglicht wird. Es kann nicht mehr auf bewährte Systeme und Verfahren vertraut werden. Bei der gebotenen Vielfalt an Beschäftigten liegt die Herausforderung in einer gemeinsamen Zielverfolgung sowie eine Balance aus Führung und Zurückhaltung zu finden, bei der die Führungskraft dennoch über alle Interessen und Verantwortlichkeiten Bescheid weiß.

Auch in den nächsten Jahrzehnten wird das Management die Aufgabe haben, Ergebnisse mit Blick auf den Kunden kurzfristig und langfristig zu produzieren. Jedoch wird sich im Sinne der digitalen Führung der Weg dorthin verändern müssen. Es geht nicht mehr um das transaktionale Vermitteln von Anweisungen, sondern um einen reibungslosen Prozessablauf, in dem Hierarchien eine untergeordnete Rolle spielen.31 Führungskräfte haben auch weiterhin in agilen, sich selbst steuernden Strukturen ihre Daseinsberechtigung, indem sie jedoch zunehmend die Rolle der Katalysatoren, Inspiratoren, Coaches einnehmen.32 Aufgrund der vorhandenen Möglichkeiten der Informationsvernetzung verliert die Ebene des mittleren Managements zunehmend an Bedeutung, da sie nicht mehr als Vermittler von Anweisungen und Informationen fungieren muss. Des Weiteren benötigen qualifizierte, selbstorganisierte Mitarbeitende weniger Anweisungen zur Steuerung durch das mittlere Management. Mit den flacheren Hierarchien gehen jedoch auch größere Kontrollspannen für Führungskräfte einher. Neue technische Managementmethoden unterstützen bei der Koordination und Leistungsmessung. Jedoch können solche Informationssysteme auch zu einer Verschleierung der Realität führen, denn digitale Medien können nicht das irrationale, subjektive und intuitive Wissen abbilden. Des Weiteren entsteht eine Datenflut, die sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeitende nur schwer bewältigen. Es besteht die Gefahr, dass Führungskräfte stetig versuchen, die Komplexität in Form von Zusammenfassungen für den Mitarbeitenden zu reduzieren, das jedoch zu einem unzureichend reduzierten Inhalt führen kann.33

Für die Vorstandsebene bleibt der relevante Entscheidungsspielraum erhalten. Allerdings heißt es mehr denn je, Gesicht zu zeigen und mit dem vorhandenen Einfluss die notwendigen Korrekturen vorzunehmen. Der Vorstand muss eine Vision entwickeln und diese in ihrer eigenen Geschichte authentisch den Mitarbeitenden vermitteln können. Er gilt ebenso als ruhender Pol in der schnelllebigen, digitalen Unternehmenswelt. Des Weiteren muss der Vorstand als Knotenpunkt der Informationsflüsse stets auf der Höhe des Wandels sein, um schnell notwendige, kritische und unternehmensweite Entscheidungen treffen zu können. Ein Hinzuziehen von externen Experten ist bei dem Tempo der Veränderung nur noch selten möglich.34

Es ist festzustellen, dass die heutige Macht sich nicht über den Status definiert, sondern über das Wissen, welches ebenenübergreifend verfügbar sein muss, um Entscheidungen flexibel treffen zu können. Die bisherigen klassischen Führungskompetenzen müssen aus digitaler Perspektive betrachtet werden und neue Anforderungen kommen hinzu, die die Rolle der Führungskraft auf eine neue Ebene heben.

2.4 Merkmale einer digitalen Unternehmenskultur

Um den beschriebenen Herausforderungen zu begegnen und die Disruptionen zu nutzen, geht die Veränderung über ein kundenzentriertes Produktportfolio, technologische Excellenz und den Einsatz digitaler Medien hinaus. Es braucht eine Organisation mit dem entsprechenden Mindset, in der die Mitarbeitenden offen für Veränderungen sind, sich dank ausreichendem Handlungs- und Entscheidungsspielraum mit eigenen Ideen beteiligen und flexibel interdisziplinär zusammenarbeiten können.35

Die Organisationskultur stellt dabei das angesammelte Wissen aus Denken, Empfinden und Wahrnehmen über ein Unternehmen dar. Sie spiegelt sich dabei auf drei Ebenen wider. Auf der sichtbaren Ebene wird sie durch die von Menschen erzeugten Gegenstände und Verhaltensmuster wie beispielsweise Sprache, Logos, Symbole, Räume oder Umgangsformen dargestellt. Auf der zweiten Ebene der Unternehmenskultur befinden sich dann die Werte, Normen, Führungsgrundsätze und Tabus einer Organisation. Dies sind öffentlich propagierte Werte, die in Form eines Unternehmensleitbildes oder im Rahmen von Führungsgrundsätzen kommuniziert werden. Die tiefste Schicht der Unternehmenskultur ist geprägt von den unausgesprochenen und teilweise unbewussten Annahmen, Überzeugungen und Gedanken, die im Wesentlichen die Strategie der Unternehmensführung beeinflussen.36

[...]


1 Vgl. Barton et al. (2018), S. 3 f.

2 Vgl. Davidow/Malone (1993), S. 9-17

3 Vgl. Jacobs et al. (2018), S. 24 f.

4 Vgl. BMAS (2016), S. 19-20

5 Vgl. BMAS (2016), S. 56-65

6 Vgl. Botthof (2015), S. 4

7 Vgl. Botthof/Hartmann (2015), S. 9-10

8 Vgl. Bruckner et al. (2018), S. 5

9 Vgl. Gläß/Leukert (2017), S. 193-196

10 Vgl. Carstensen (2015), S. 197-198

11 Vgl. Davidow/Malone (1993), S. 9-17

12 Vgl. Mühlfelder et al. (2017), S. 90

13 Vgl. Maisch/Valdés (2018), S. 36

14 Vgl. Bruckner et al. (2018), S. 181

15 Vgl. BMAS (2016), S. 26

16 Vgl. Lang/Rybnikova (2014), S. 356

17 Vgl. Lemke et al. (2018), S. 254-257

18 Vgl. Lemke et al. (2018), S. 254-257

19 Vgl. Ciesielski/Schutz (2016), S. 119-126

20 Vgl. Lippold (2019), S. 39-41

21 Vgl. Kofler (2018), S. 90

22 Vgl. Lang/Rybnikova (2014), S. 374-377

23 Vgl. Ciesielski/Schutz (2016), S. 119-126

24 Vgl. Kofler (2018), S. 34 f.

25 Vgl. Davidow/Malone (1993), S. 180-200

26 Vgl. Lang/Rybnikova (2014), S. 358 f.

27 Vgl. Doyé (2018), S. 199 f.

28 Vgl. Lang/Rybnikova (2014), S. 358 f.

29 Vgl. Lang/Rybnikova (2014), S. 374-377

30 Vgl. Doyé (2018), S. 197-199

31 Vgl. Davidow/Malone (1993), S. 180-200

32 Vgl. Doyé (2018), S. 200-202

33 Vgl. Davidow/Malone (1993), S. 180-200

34 Vgl. Davidow/Malone (1993), S. 180-200

35 Vgl. Jacobs et al. (2018), S. 25

36 Vgl. Brohm (2017), S. 8-11

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Digitale Führung und digitale Unternehmenskultur
Hochschule
SRH Fernhochschule
Note
1,0
Autor
Jahr
2019
Seiten
32
Katalognummer
V922969
ISBN (eBook)
9783346245090
ISBN (Buch)
9783346245106
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Führung, Digitalisierung, Unternehmenskultur, digitale Unternehmenskultur, digitale Führung
Arbeit zitieren
Maxie Kreklau (Autor:in), 2019, Digitale Führung und digitale Unternehmenskultur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/922969

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