"Eine Verletzung der Verfassung wäre im übrigen einem Manne wie dem Reichspräsidenten Hindenburg völlig unmöglich, genau so unmöglich, wie es ihm aber auch ist, die ihm durch die Verfassung zustehenden Rechte aufzugeben." (Stresemann)
Die Regierungsbildungen in der Zeit der Weimarer Republik zwischen 1925 und 1928 bieten dem Betrachter das Bild eines wüsten Chaos, das ohne klare Linien erscheint. Kann denn Licht in das wilde Durcheinander der Regierungsbildungen dieser Zeit gebracht werden? Kann die Rolle des greisen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg in diesem Schauspiel politisch, historisch und begrifflich gefasst werden? War der Reichspräsident Herr des Verfahrens bei den Regierungsbildungen , überblickte er die Szenerie der Parteipolitik in ihren Grundlinien? Oder war er nur Herr des Verfahrens, wenn die im Reichstag vertretenen Parteien keine Einigung erzielten? Nahm der Reichspräsident auch Einfluss auf die Besetzung von Ministerposten und auf inhaltliche Programmpunkte der Koalitionsparteien?
Dabei wird der Fokus grundsätzlich auf die Frage gerichtet, welchen Einfluss Reichspräsident Hindenburg auf die Regierungsbildungen zwischen 1925 und 1928 wirklich hatte. Im Mittelpunkt der Analyse steht daher das Zusammenspiel der Verfassungsorgane Reichspräsident, Reichstag und Reichsregierung bei allen Regierungsbildungen der betrachteten Zeit. Um dieses Zusammenspiel von Verfassungsorganen besser verstehen zu können, ist es hilfreich, das der Weimarer Reichsverfassung zugrundeliegende Demokratiemodell zu ermitteln. Es ist davon auszugehen, dass die sog. Liberale Gleichgewichtslehre den Boden der Weimarer Reichsverfassung bildet. Diese Lehre, welche ursprünglich auf Montesquieu zurückgeht, sagte in ihrer Essenz aus, dass nur ein Gleichgewicht der staatlichen Gewalten die Freiheit des einzelnen Bürgers sichern könne. Nur ein Gemeinwesen mit Gewaltenbeschränkung durch Gewaltenteilung sei demnach in der Lage, den Bürger vor staatlicher Willkür zu schützen. Hugo Preuß, der "Architekt" des Weimarer Verfassungswerks, vertrat entschieden diese Lehre, und ging demzufolge davon aus, dass nur ein politisches Gleichgewicht vor allem zwischen Reichspräsident und Reichstag eine Ermöglichung und Sicherung der liberalen Demokratie bedeuten könne. [...]
A. Einleitung
B. Bestimmungen der Weimarer Reichsverfassung über das Kompetenzenverhältnis zwischen den Organen Reichspräsident, Reichskanzler und Reichstag
I. Das Demokratiemodell der Weimarer Reichsverfassung
II. Die Bildung der Reichsregierung im Zusammenspiel zwischen Reichspräsident, Reichskanzler und Reichstag
C. Reichspräsident Paul von Hindenburg und die Bildung der Kabinette Luther (2. Kabinett), Marx (3./4. Kabinett) und Müller (2. Kabinett)
I. Das „Schauspiel der unausgesetzten Regierungskrise“. Das 2. Kabinett Luther. Regierungsdauer: 20.1.1926 bis 15.5.1926. Regierungsparteien: Zentrum, DVP, DDP und BVP
1. Sturz der Vorgängerregierung
2. Reichspräsident Hindenburg und die Regierungsbildung
II. Der „Fenstersturz“
Das 3. Kabinett Marx. Regierungsdauer: 16.05.1926 bis 28.01.1927. Regierungsparteien: Zentrum, DVP, DDP und BVP
1. Sturz der Vorgängerregierung
2. Reichspräsident Hindenburg und die Regierungsbildung
III. Der „Anschlag auf die Reichswehr“
Das 4. Kabinett Marx. Regierungsdauer: 29.01.1927 bis 27.06.1928. Regierungsparteien: Zentrum, DNVP, DVP und BVP
1. Sturz der Vorgängerregierung
2. Reichspräsident Hindenburg und die Regierungsbildung
IV. Der „Schuß von Bühlerhöhe“
Das 2. Kabinett Müller. Regierungsdauer: 28.06.1928 bis 29.03.1930. Charakter des Kabinetts: Bis 11.04.1929 „Kabinett der Persönlichkeiten“: Minderheitskabinett aus SPD und Fachministern von Zentrum, DVP, DDP und BVP. Ab 11.4.1929 Große Koalition derselben Parteien
1. Sturz der Vorgängerregierung
2. Reichspräsident Hindenburg und die Regierungsbildung
D. Schlussbemerkung
I. Allgemeine Betrachtungen
II. Der Einfluß Paul von Hindenburgs auf die Kabinettsbildungen
1. Das 2. Kabinett Luther
2. Das 3. Kabinett Marx
3. Das 4. Kabinett Marx
4. Das 2. Kabinett Müller
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