Sozialistische Kritik der marxistischen Revolutionstheorie


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

25 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I.) Einleitung

II.) Revolution – eine begriffliche Annäherung
1.) Staatsstreich
2.) Sezession
3.) Revolte
4.) Revolution

III.) Die marxistische Revolutionstheorie
1.) Wirtschaftliche Vorüberlegungen
2.) Objektive Voraussetzungen
3.) Subjektive Voraussetzungen
4.) Revolutionsphasen
5.) Die Frage der Gewalt

IV.) Sozialistische Kritik
1.) Revolutionäre
a) Michail Bakunin
b) Pierre-Joseph Proudhon
2.) Reformisten
a) Georg Ritter von Vollmar auf Veldheim
b) Eduard Bernstein

V.) Schlussbemerkungen

VI.) Literaturverzeichnis

I.) Einleitung

Nach Nohlen hat „eine vollständige Revolutionstheorie (…) allgemeingültige Antworten auf drei Fragen zu geben: (1) Welchen typischen Verlaufsprozeß nimmt eine Revolution? (2) Unter welchen Bedingungen kommt es zu Revolutionen? (3) Welche kurzfristigen (output) und langfristigen (outcome) Auswirkungen hat die Revolution für das betroffene politische Gemeinwesen“ (sic!) (Nohlen: 553). Mit der vorliegenden Arbeit soll den ersten beiden Punkten aus sozialistischer Sicht nachgegangen werden.

Dazu wird zunächst eine begriffliche Annäherung an die Revolution als solche unternommen, um sie von Staatsstreichen, Sezessionen und Revolten unterscheidbar zu machen. Dem folgend wird die marxistische Revolutionstheorie erläutert und auf wirtschaftliche Vorüberlegungen, objektive und subjektive Voraussetzungen sowie die Phasen der Revolution und die Frage der Gewalt eingegangen. Desweiteren werden ausgewählte sozialistische Kritiker der marxistischen Theorie bemüht. Diese reichen von den revolutionären Theoretikern Michail Bakunin und Pierre-Joseph Proudhon bis hin zu den sozialdemokratischen Reformisten Georg Ritter von Vollmar auf Veldheim und Eduard Bernstein. In einigen wenigen Schlussbemerkungen soll eine kurze Bewertung vorgenommen werden.

II.) Revolution – eine begriffliche Annäherung

Zur Betrachtung der marxistischen Revolutionstheorie sowie der Kritik an derselben ist zunächst eine begriffliche Annäherung an die „Revolution“ nötig, um zu erklären, wann überhaupt von einer Revolution zu sprechen ist. Dabei ist die Revolution in Form und Zielsetzung von anderen Erscheinungsformen radikalen Wandels zu unterscheiden. All jene Formen des Wandels – Staatsstreich, Sezession, Revolte sowie Revolution – eint, dass sie „eine Form des sozio-politischen Wandels darstellen, daß sie mit der gewaltsamen Herausforderung bestehender Zustände zu tun haben und eine Unterbrechung der Kontinuität der Entwicklung“ (sic!) anstreben (Wassmund: 27). Im Gegensatz dazu unterscheiden sich die Genannten Erscheinungsformen hinsichtlich „Ausmaß, Zielrichtung und Intensität dieser Komponenten“ (ebd.).

1.) Staatsstreich

Staatsstreiche oder Putsche sind „in der Regel die konspirativ bewirkte Ausschaltung der bestehenden Regierungsführung oder aber die plötzliche und drastische Verlagerung eines vorhandenen institutionellen Gleichgewichts zugunsten der Exekutivgewalt“, wobei die Zielsetzung eher begrenzt ist und sich auf das „Auswechseln der herrschenden Oligarchie durch eine andere“ bzw. eine „Akzentverlagerung in der Bedeutung von Herrschaftssäulen“ beschränkt (ebd.). Während die Anwendung von Gewalt meist in engen Grenzen gehalten wird (vgl. ebd.), werden die „politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Grundprinzipien des Landes (…) in keiner Weise berührt“ (ebd.). Dadurch ist die Rückkehr zu den gewohnten Zuständen in der Regel relativ zeitnah möglich (ebd.).

Von besonderer Bedeutung für den Erfolg eines Staatsstreiches sind drei Elemente: „die Haltung der Streitkräfte, der Zustand der öffentlichen Meinung und die internationale Situation“ (Wassmund: 28).

2.) Sezession

Sezessionen und Abspaltungen können ebenfalls „die Stabilität eines Staatsgefüges aufs schwerste erschüttern, blutige Unruhen auslösen oder schwere Konflikte zwischen Mehrheiten und einer Minderheit bzw. Zentralgewalt und Autonomiebewegung hervorrufen“ (Wassmund: 29-30). Die Gründe für Abtrennungen, Teilungen und Spaltungen liegen meist in einer Mischung von „kulturellen, ethnischen, religiösen und ökonomischen Eigenheiten, die von einer Region und ihrer Volks- oder Stammesgruppierung gegenüber der Zentralgewalt behauptet oder sogar ausgebaut werden sollen“ (Wassmund: 30). Die Zentralgewalt ist entweder nicht Willens oder – wegen der Gefahr des Zerfallens der gesamtstaatlichen Ordnung – nicht in der Lage, den Forderungen der Autonomiebewegung zu folgen, was seitens der Sezessionisten in verstärkte propagandistische Agitation, Terrorakte, Sympathiewerbung im In- und Ausland sowie – im Extremfall – zu Bürger- und Unabhängigkeitskriegen führen kann (vgl. ebd.). Meist erreicht die Autonomiebewegung nur allmähliche Zugeständnisse, was langfristig „Veränderungen von Teilaspekten bewirken kann, nichts aber an der Kontinuität des Gesamtsystems in grundsätzlichen Fragen ändert“ (ebd.).

3.) Revolte

Revolten sind im Allgemeinen der „wütende und gewaltsame Ausdruck von Individuen oder Gruppen, die sich weigern, die bestehenden Zustände weiter hinzunehmen“ (Wassmund: 31). Dabei werden die momentane Situation und die Zukunftsaussichten als so negativ beurteilt, dass daraus „das Recht abgeleitet wird, gegen diejenigen, die diese Verhältnisse angeblich oder wirklich herbeigeführt haben, gewaltsam vorzugehen“ (ebd.). Revolten werden dabei meist im Zusammenhang mit Revolutionen gesehen, jedoch kann man durchaus zwischen Revolten und Revolutionen differenzieren (vgl. ebd.). Revolten sind „auf bestimmte Regionen begrenzt“, während Revolutionen das ganze Land erfassen (ebd.). Im Gegensatz zu Revolten, welche lediglich begrenzte oder auch gar keine sozio-ökonomischen Veränderungen mit sich bringen, haben Revolutionen „tiefgreifende Umwälzungen auf allen Gebieten zur Folge“ (ebd.). Revolten sind im Allgemeinen erfolglos, Revolutionen jedoch erfolgreich (vgl. ebd.). Ferner ist „das Maß an Gewaltanwendung (…) bei Revolten begrenzt, bei Revolutionen sehr viel größer“ (Wassmund: 31). Ebenso fehlt bei Revolten ein gemeinsames „wirksames Bewußtsein, eine Ideologie, ein in sich geschlossener Entwurf einer sozialen Einheit, die sich gegen die bestehende Gesamtgesellschaft und ihre augenblickliche Organisation richten könnte“ (sic!) (Wassmund: 32).

4.) Revolution

„Revolution ist der Akt der Neubildung der durch Rebellion erschütterten Gesellschaft nach einem Plan oder einer Vision (einer Ideologie) einer perfekteren, gerechteren und zumindest erträglicheren Gesellschaft“ (ebd.). Damit werden als Revolutionen fundamentale und abrupte „Umwälzungen in der Struktur eines Systems bezeichnet“ (Nohlen: 552). Politische Revolutionen stellen demnach „tiefgreifende und nachhaltige Veränderungen der Struktur eines politischen (und häufig auch gesellschaftlichen) Systems“ dar (ebd.). Dabei werden sowohl die politischen Eliten als auch die politischen Institutionen grundlegend umgestaltet (vgl. ebd.). Jene gewaltigen und abrupten Veränderungen stehen „im Gegensatz zum politischen Konzept der Veränderung durch legalen Wandel“ (ebd.). Eine Revolution kann durchaus auch friedlich verlaufen; „sie muß (…) nicht notwendigerweise durch den Einsatz von kollektiver Gewalt durchgesetzt worden sein“ (sic!) (Nohlen: 552-553). Voraussetzung für eine Revolution sind jedoch mindestens zwei Faktoren: „Zum einen bedarf es einer großen Anzahl von Menschen, die mit dem politischen Status quo unzufrieden ist (Unzufriedenheits-Aspekt). Zum anderen müssen diese Menschen sich in einer Weise organisieren, so daß sie sich gegenüber dem alten Machtapparat durchsetzen können (Organisations- und Ressourcen-Aspekt)“ (sic!) (Nohlen: 555).

III.) Die marxistische Revolutionstheorie

Karl Marx und Friedrich Engels „sahen in der Revolution eine epochale, weltgeschichtlich notwendig gewordene Umwälzung der ökonomisch fundierten gesellschaftlichen (und damit auch politischen) Herrschaftsverhältnisse (…) und erklären diese v.a. durch die wachsende Unzufriedenheit unterprivilegierter Klassen“ (Nohlen: 557).

1.) Wirtschaftliche Vorüberlegungen

Die marxistische Revolutionstheorie sieht, wie bereits erwähnt, die Revolution als eine historisch notwendige Folge geschichtlicher Ereignisse. Diese historische Notwendigkeit resultiert aus den wirtschaftlichen Verhältnissen.

Unumstößlicher Dreh- und Angelpunkt ist das Verhältnis von Kapital und Arbeit. Marx und Engels gehen dabei davon aus, dass „die Profite der aufgespeicherten, toten Arbeit immer massenhafter, die Kapitalien der Kapitalisten immer kolossaler werden, während der Lohn der lebendigen Arbeit immer geringer, die Masse der bloß von Arbeitslohn lebenden Arbeiter immer zahlreicher und ärmer wird“ (Fetscher 1967: 297). So wird die Frage aufgeworfen, wie Profit für den Kapitalisten übrig bleiben kann, „wenn der Arbeiter den vollen Wert der Arbeit ersetzt erhält, den er seinem Produkt zusetzt“ (ebd.). Dieser Profit, den der Kapitalist sich aneignet – und damit dem Proletarier vorenthält – nennt Marx „Mehrwert“ (vgl. ebd.). Dieser Mehrwert entsteht dadurch, dass der Proletarier zum Überleben eine bestimmte Anzahl an Arbeitsstunden notwendig leisten muss (vgl. Fetscher: 298). Die „nötige Arbeitszeit stellt also den Wert der Arbeitskraft dar. Der Kapitalist zahlt ihn wöchentlich und kauft dafür den Gebrauch der Wochenarbeit des Arbeiters“ (ebd.). Repräsentiert der zum Leben notwendige Wochenlohn des Arbeiters drei Arbeitstage, „so hat der Arbeiter, der montags anfängt, am Mittwochabend dem Kapitalisten den vollen Wert des gezahlten Lohnes ersetzt“ (sic!) (ebd.). Da der Proletarier jedoch „über die zur Ersetzung seines Lohnes nötige Zeit hinaus“ weiterarbeiten muss, entsteht hier der Mehrwert (ebd.). Der Proletarier, der nichts als seine Arbeit zum Überleben zu bieten hat, wird auf diese Weise ausgebeutet. Diese Ausbeutung „wird erhöht namentlich durch Verlängerung des Arbeitstages und Intensifikation der Arbeit“ (Fetscher: 374). Dies wird immer weitergeführt, da durch den Fall der Profitrate der Kapitalist genötigt ist, „von einer gegebnen Masse Arbeit möglichst viel in Mehrwert zu verwandeln, andrerseits im Verhältnis zum vorgeschossnen Kapital möglichst wenig Arbeit überhaupt anzuwenden“ (sic!) (ebd.).

[...]

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Sozialistische Kritik der marxistischen Revolutionstheorie
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Institut für Politische Wissenschaft)
Veranstaltung
Marx und Engels und ihre sozialistischen Gegner
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
25
Katalognummer
V92349
ISBN (eBook)
9783638057424
ISBN (Buch)
9783640109074
Dateigröße
573 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sozialistische, Kritik, Revolutionstheorie, Marx, Engels, Gegner
Arbeit zitieren
Christian Spernbauer (Autor:in), 2008, Sozialistische Kritik der marxistischen Revolutionstheorie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92349

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