Das Phänomen des Wahnsinns mit all seinen Facetten – gestörte Wahrnehmung, Realitätsverlust, Zwanghaftigkeit, Hysterie, Raserei u.a. – stellt auf künstlerischer Ebene nicht nur im Bereich von Schauspiel, Literatur und Malerei, sondern auch in der Musik einen Themenkomplex dar, der in der bisherigen Forschung bereits eine bedeutende Rolle gespielt hat.
Da sich aber die meisten Komponisten in diesem Zusammenhang vorrangig auf die Gattung der Oper konzentriert haben, indem sie für die musikalische Ausarbeitung eine literarische Vorlage verwendeten, ergibt sich folgende Frage: Wenn „Wahnsinn“ – bzw. das, was der jeweilige Schriftsteller bzw. Komponist darunter versteht, – schon im Bereich der Vokalmusik immer wieder zu finden ist, wie lässt sich dieses Phänomen dann überhaupt musikalisch darstellen?
Eine Antwort auf diese Frage ist ausschließlich in der Instrumentalmusik zu finden, dank ihrer Eigenschaft, auch ohne das gesprochene Wort auszukommen; nur die absolute Musik allerdings kann letztendlich Aufschluss darüber geben, wie das Phänomen des Wahnsinns mit rein musikalischen Mitteln präsentiert werden kann. Im Gegensatz zu mancher Programmmusik, der eine literarische Vorlage zugrunde liegt, ist zu erforschen, inwiefern sie in der Lage ist, bezüglich eines außermusikalischen Inhalts „für sich selbst“ zu sprechen.
In der vorliegenden Abhandlung möchte ich einen Komponisten in den Mittelpunkt stellen, dessen gesamte Wirklichkeit vom Wahnsinn geprägt war: Dimitri Schostakowitsch. Wie sehr das politische Zeitgeschehen unter dem Terrorregime Stalins nicht nur seine Persönlichkeit, sondern auch seine Musik beeinflusst hat, möchte ich hier anhand einiger ausgesuchter Beispiele überprüfen.
Inhaltsverzeichnis
- Kapitel I
- ,,Was die Feder geschrieben hat, schlägt das Beil nicht ab.“ - Auszüge aus den Memoiren des Komponisten
- Kapitel II
- ,,Die Musik muss eine aktive Kraft sein.“ – Komponieren im Angesicht des Terrors
- Kapitel III
- ,,...fast immer ist es ein Lachen durch Tränen.“- Das Walzermotiv als musikalischer Bedeutungsträger
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Abhandlung zielt darauf ab, das kompositorische Schaffen Dimitri Schostakowitschs im Kontext seiner Lebenswirklichkeit unter dem Terrorregime Stalins zu untersuchen. Es geht darum, herauszufinden, wie Schostakowitsch mit musikalischen Mitteln auf das politische Zeitgeschehen reagierte und welche Bedeutung der „Wahnsinn“ für seine Musik hat.
- Schostakowitschs Reaktion auf den Sozialistischen Realismus
- Die Rolle des „Wahnsinns“ in Schostakowitschs Musik
- Die Verbindung zwischen politischer Unterdrückung und musikalischem Ausdruck
- Schostakowitschs Umgang mit der „Lady Macbeth von Mzensk“ als Beispiel für seine Interpretation des „Wahnsinns“
- Die Frage, ob und inwiefern Musik eine „eindeutige“ Sprache sprechen kann
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel I befasst sich mit den Memoiren von Dimitri Schostakowitsch und analysiert seine Interpretation des „Wahnsinns“ anhand der Oper „Lady Macbeth von Mzensk“. Es wird beleuchtet, wie Schostakowitsch die Titelfigur Katerina nicht als wahnsinnig, sondern als Opfer der gesellschaftlichen Verhältnisse darstellt.
Kapitel II beschäftigt sich mit der Rolle der Musik als „aktive Kraft“ im Angesicht des Terrors. Es wird die Frage gestellt, wie Schostakowitsch trotz der politischen Unterdrückung durch Stalin seine eigene musikalische Stimme bewahren konnte.
Kapitel III untersucht das Walzermotiv als musikalischen Bedeutungsträger in Schostakowitschs Musik. Es wird gezeigt, wie das Walzermotiv als Symbol für Freude und Lebenslust gleichzeitig auch eine melancholische und traurige Seite hat, die den „Wahnsinn“ des Lebens widerspiegelt.
Schlüsselwörter
Diese Abhandlung konzentriert sich auf die Analyse der Musik von Dmitri Schostakowitsch und die Frage, wie er den „Wahnsinn“ musikalisch darstellte. Die Schlüsselwörter sind daher: Schostakowitsch, Wahnsinn, Sozialistischer Realismus, Musik, Oper, „Lady Macbeth von Mzensk“, politische Unterdrückung, musikalischer Ausdruck, Walzermotiv.
- Citation du texte
- Uta Schmidt (Auteur), 2007, Musik als "aktive Kraft", geboren auf den Wurzeln des Wahnsinns, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92375