Computergestütztes Lernen im Physikunterricht, dargestellt am Beispiel einer Lernsequenz aus dem Themenbereich "Schwingungen und Wellen" (9. Klasse)


Seminar Paper, 2005

117 Pages, Grade: 1,3


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Hauptteil
1. Computergestütztes Lernen im Physikunterricht
1.1. Grundsätze des Computereinsatzes
1.2. Einsatzformen des Computers
1.3. Simulation versus Realexperiment
1.4. Kriterien zur Bewertung von Software
2. Physikalische Grundlagen – Die Sachanalyse
2.1. Schallarten – Ton, Klang, Knall, Geräusch
2.2. Überlagerung von Schwingungen und Wellen
2.3. Die akustische Schwebung
2.4. Die Schallgeschwindigkeit
3. Lernvoraussetzungen
3.1. Anthropogene und soziokulturelle Lernvoraussetzungen
3.2. Methodische Lernvoraussetzungen
3.3. Stoffliche Lernvoraussetzungen
4. Planung der Lernsequenz
4.1. Formulierung und Begründung der Lernziele
4.2. Bedeutung des Themas und Stellung im Lehrplan
4.3. Überblick über die Lernsequenz
4.4. Didaktische Reduktion
4.5. Methodischer Kommentar
5. Beschreibung und Reflexion der einzelnen Stunden
5.1. Schallarten – Ton, Klang, Knall, Geräusch
5.2. Die Interferenz von Schallwellen
5.3. Die akustische Schwebung
5.4. Messung der Schallgeschwindigkeit
5.5. Evaluation der Motivation und Kognition
6. Fazit
7. Quellenverzeichnis

III. Anhang
8. Unterrichtsmittel
9. Schülerarbeiten

I. Einleitung

Der Einsatz des Computers als physikalisches Arbeitsmittel hat sich in der fachwissenschaftlichen Forschung, der Industrie, wie auch im Physikunterricht der Sekundarstufe II längst etabliert, dem Physikunterricht der Sekundarstufe I blieb er jedoch relativ lange vorenthalten. Mehrere Veröffentlichungen der jüngeren Zeit beschäftigen sich nun auch mit diesem Thema – z. B. ist in der Reihe „Unterricht Physik“ bereits ein komplettes Themenheft zu dieser Materie erschienen [16] – und vielleicht kann auch diese Arbeit hierzu einen Beitrag leisten.

Die Einsatzmöglichkeiten des Computers sind sehr vielseitig, so können beispielsweise Messwerte elektronisch erfasst und anschließend ausgewertet werden, Ergebnisse können dargestellt und präsentiert werden oder auch Recherchen in sogenannten Wissensspeichern erfolgen. Ein aktuelles Thema stellt die Informationsbeschaffung mit Hilfe des World Wide Web dar.

Hauptziel der vorliegenden Arbeit „Computergestütztes Lernen im Physikunterricht, dargestellt am Beispiel einer Lernsequenz aus dem Themenbereich „Schwingungen und Wellen“ (9. Klasse)“ stellt – neben dem Erreichen der fachlichen Lernziele – insbesondere das Erlernen und Vorantreiben computergestützter physikalischer Arbeitsweisen durch die Schülerinnen und Schüler dar. Der Nutzung des Computers als Messwerterfassungssystem und dem Einsatz von Simulationen wird bei der Planung und Durchführung der Lernsequenz daher besondere Beachtung geschenkt. Dabei geht es darum, den Computer stets an den Stellen einzusetzen, wo er eine Verbesserung der Unterrichtsqualität bewirken kann. Keinesfalls sollen z. B. bewährte Experimente oder andere Medien zwingend ersetzt werden.

Prinzipiell sind computergestützte Experimente zwar in allen Themenbereichen durchführbar, zur Einführung der Arbeitsweise bietet sich jedoch im besonderen Maße der Themenbereich „Schwingungen und Wellen“ mit dem Unterthema „Akustik“ an. Hierzu können nach dem Anschließen eines herkömmlichen Mikrofons an die Soundkarte des Computers erstaunliche Experimente durchgeführt und ausgewertet werden, was ein langsames Heranführen der Lernenden an die neue physikalische Arbeitsweise ermöglicht.

Den fachlichen Schwerpunkt des Unterrichts bilden Phänomene, die auf der Überlagerung von Schallwellen beruhen; behandelt werden die Klangfarben von Instrumenten, die Interferenz von Schallwellen sowie die akustische Schwebung. Abschluss der Lernsequenz bildet die computergestützte Messung der Schallgeschwindigkeit in Luft.

Neben dem Vorantreiben fachwissenschaftlicher Arbeitsweisen besteht ein weiteres Ziel dieser Arbeit in der Untersuchung der kognitiven und motivationalen Wirkungen des Computereinsatzes. Nach Girwidz ([17], S. 107) spiegeln sich in zu global gestellten Fragen unrealistische Erwartungen wieder, weshalb man sich um deren Präzisierung bemühen müsse. Folgende Leitfragen sollen durch die vorliegende Arbeit beantwortet werden:

- Können physikalische Inhalte aus dem Themenbereich „Schwingungen und Wellen“ unter Nutzung neuer Medien besser vermittelt werden?
- Können speziell schwierige Lerninhalte aus dem Themenbereich „Schwingungen und Wellen“ mit Hilfe des Computers besser vermittelt werden?
- Kann der Einsatz von Computersimulationen im Themenbereich „Schwingungen und Wellen“ den Modellbildungsprozess wesentlich unterstützen?
- Werden Inhalte aus dem Themenbereich „Schwingungen und Wellen“ unter Einsatz von computergestützten Experimenten und Simulationen auch für Mädchen interessant?

Nach der theoretischen Behandlung des Computereinsatzes im Physikunterricht (Kapitel 1) und der fachwissenschaftlichen Darstellung des Lerngegenstandes (Kapitel 2) wird ausführlich auf die Planung der Unterrichtssequenz eingegangen. Dabei werden, unter Berücksichtigung der im Kapitel 3 beschriebenen Lernvoraussetzungen, die Lernziele formuliert und unter anderem anhand des Lehrplans und der Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss begründet. Einem Überblick über die Lernsequenz schließt sich eine Beschreibung der ihr zugrunde liegenden didaktischen Reduktion und der Methodik des Unterrichts an.

Im Kapitel 5 wird der tatsächliche Unterrichtsverlauf dargestellt, dessen Reflexion und Evaluation im Anschluss beschrieben werden. Die wesentlichen Erkenntnisse, die aus der Evaluation der Lernsequenz gefolgert werden konnten, werden im Fazit (Kapitel 6) zusammengefasst, wo auch die Leitfragen abschließend beantwortet werden.

Schülerarbeiten und zahlreiche Unterrichtsmittel, wie z. B. Arbeitsblätter oder zur Verfügung gestellte Hilfen, befinden sich im Anhang dieser Arbeit.

II. Hauptteil

1. Computergestütztes Lernen im Physikunterricht

1.1. Grundsätze des Computereinsatzes

Beschäftigt man sich mit dem Computereinsatz im Physikunterricht, so muss man sich eines im klaren sein: „Allein der Einsatz neuer Medien verbessert das Lernen noch nicht ([17], S. 107).“ Der Einsatz des Computers muss wohldurchdacht sein und sich an einigen Grundsätzen orientieren, auf die in diesem Kapitel eingegangen werden soll. Es handelt sich also keineswegs um ein (relativ) neues Medium, dessen Einsatz prinzipiell in jedem Themenbereich zu befürworten ist. „Begründet scheint der Computereinsatz immer dann zu sein, wenn die Beschäftigung mit dem Lerngegenstand auf andere Weise nicht so gut oder gar nicht möglich wäre ([11], S. 26)“.

1.1.1 Motivationale Wirkung

Nach Brademann ([11], S. 26) erscheint es sinnvoll, den Computereinsatz nicht auf Gymnasien zu beschränken, da die motivationale und kognitive Wirkung der Softwarenutzung in Sonderschulen gefolgt von Haupt- und Realschulen, besonders ausgeprägt ist.

Ein Problem stellt die Dauer einer computergestützten Lernsequenz dar. Empirische Untersuchungen von Lehmann und Lauterbach [41] führten zu den folgenden Ergebnissen:

- Die Motivationserhöhung durch einen PC-Einsatz nimmt bereits nach wenigen Wochen wieder ab. Aus diesem Grund darf ein computergestützter Unterricht, der zu einer Motivationssteigerung führen soll, maximal 6 Wochen andauern ([11], S. 26).
- Ein kurzer PC-Einsatz stellt zwar eine Abwechslung im Unterricht dar, führt jedoch nicht zu einer Motivationssteigerung. (Diesem Punkt kann ich aus den eigenen bisher gesammelten Erfahrungen nicht zustimmen. Ein über einen längeren Zeitraum gestalteten temporäreren computergestützten Unterricht führt m. E. zu einer deutlichen Motivationserhöhung bei den Lernenden.)
- Mädchen sprechen sich ebenso für einen Computereinsatz aus wie Jungen und halten sich gleichermaßen talentiert. Nach Frey [42] ändert sich die Einstellung der Mädchen um so mehr, je länger der PC-Einsatz anhält. „Die Einstellung der Mädchen polarisiert sich mit der Zeit immer stärker. Eine Extremgruppe der Mädchen überträgt anscheinend ihre ablehnende Haltung gegenüber dem mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht auf den PC ([11], S. 26).“

Die vom Lehrer erhofften motivationalen Effekte durch einen computergestützten Unterricht werden natürlich nicht in jedem Fall erzielt. Frey schreibt hierzu in [42]: „Die Unterrichtsergebnisse zeigen, dass Computereinsatz nicht in jedem Fall eine Steigerung von Motivation und Interesse gegenüber dem Unterrichtsfach mit sich bringt.“

1.1.2 Vorüberlegungen zum Computereinsatz

Nach Ciesla ist es nicht notwendig eine spezielle Didaktik des Computereinsatzes zu entwickeln, vielmehr sollte man die Computernutzung in die bereits bestehende Fachdidaktik des Physikunterrichts einordnen, insbesondere auch in die fachdidaktischen Erkenntnisse zum Unterrichtsmitteleinsatz. In [13] stellt er einen Fragenkatalog vor, über den vor dem PC-Einsatz – wie auch beim Einsatz traditioneller Medien des Physikunterrichts – nachzudenken ist:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Nach Beantwortung dieses Fragenkatalogs kann der Computereinsatz im Physikunterricht zum Erwerb und zur Festigung von Wissen genutzt werden sowie physikalische Denk- und Arbeitsweisen vermitteln [13]. Ganz entscheidend ist dabei auch die Frage nach der Funktion des Unterrichtsmittels. Zum einen kann der Rechner als physikalisches Arbeitsmittel (zum Beispiel bei der elektronischen Messwerterfassung) eingesetzt werden, zum anderen als pädagogisch-didaktisches Mittel (Medium). Der Computer besitzt im Physikunterricht also eine Doppelfunktion (Abb. 1.1).

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Abb. 1.1: Doppelfunktion des Computers im Physikunterricht

1.1.3 Multimediales Lernen durch den Computereinsatz

Ein entscheidendes Argument für den Computereinsatz besteht darin, dass durch ihn eine multimediale Lernumgebung konstruiert wird (Abb. 1.2). Dadurch wird eine Multimodalität, eine Multicodierung und eine Interaktivität ermöglicht, wie sie ohne Rechnernutzung selten vorliegt. Ebenfalls zu erwähnen ist die Möglichkeit der Wissensstrukturierung durch die Erstellung von Mind-Maps.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1.2: Multimediales Lernen durch Computereinsatz ([15], S. 109)

Multimodalität

Mit Multimodalität bezeichnet man die gleichzeitige Nutzung unterschiedlicher Sinneskanäle, was nach Girwidz eine spezielle fachdidaktische Perspektive hat: „Physikalische Phänomene und ihre theoriegeleitete Beschreibung lassen sich zeitgleich zusammenführen. […] Die Akustik mit dem Computer ist dazu ein gutes Beispiel. Hörempfindungen und eine weiterführende Beschreibung akustischer Phänomene mit grafischen Mitteln lassen sich in einfacher Weise kombinieren. Dies kann Zusammenhänge deutlich machen und Verständnisbrücken aufbauen ([15], S. 110).“

Multicodierung

Der Begriff der Multicodierung wurde von Weidemann [43] geprägt und meint die Möglichkeit der Beschreibung eines Sachverhaltes in unterschiedlichen Darstellungsformen. Auch beim Computereinsatz können dies traditionelle Darstellungsformen wie Bilder, Grafiken, Filme oder auch Texte sein. Aber auch durch interaktive Experimente oder durch die elektronische Messwerterfassung mit Hilfe eines PCs lässt sich eine Multicodierung erreichen. „Über grafische Hilfsmittel lassen sich Zusammenhänge deutlich machen und damit Multimodalität und Multicodierung kombinieren ([15], S. 111).“

Durch eine Multicodierung wird die Verfügbarkeit von Wissen verbessert. Nach Anderson [44] entwickelt sich unter Nutzung verschiedener Darstellungsformen eine große Zahl von Abrufwegen, und die Informationen können besser erschlossen werden.

Interaktivität

Der Computereinsatz bietet Interaktionsangebote, welche die Schülerinnen und Schüler aktiv an Wahrnehmungs-, Erlebnis- und Lernprozessen beteiligen, was eine positive Auswirkung auf die Motivation der Lernenden haben kann und deren Bewusstsein für eigenverantwortliches Lernen stärkt ([15], S. 110). Beispielgebend sei hier auf die Möglichkeit des Einsatzes von elektronischen Arbeitsblättern verwiesen (mit Animationen bzw. Simulationen), an denen die Schülerinnen und Schüler z. B. selbst aufgestellte Hypothesen überprüfen können und insbesondere ihr Lerntempo frei bestimmen.

1.1.4 Die Rolle des Lehrers beim Computereinsatz

Die Aufgabe des Lehrers beim Einsatz des Computers unterscheidet sich wesentlich von denen des traditionelles Frontalunterrichts. Nach Goodyear beinhaltet die Lehrerrolle verstärkt Aufgaben zur Organisation der Lernprozesse [19]. Eine Zusammenstellung der notwendigen Lehrertätigkeiten findet man in [15] (S. 111):

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1.2. Einsatzformen des Computers

Mit den Einsatzformen des Computers im Physikunterricht beschäftigten sich Bader u. a. bereits im Jahr 1989 [8]. Sie beschreiben folgende neun Einsatzgebiete:

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Neuere fachdidaktische Publikationen gehen insbesondere auf vier Einsatzformen des Computers ein. So findet man bei Girwidz die folgende Unterteilung ([17], S. 108):

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Da mir die Einteilung nach Girwidz nicht vollständig erscheint und die nach Bader u. a. zu differenziert ist, schlage ich die in Abb. 1.3 dargestellte Einteilung vor.

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Abb. 1.3: Einsatzformen des Computers

Auf diese unterschiedlichen Möglichkeiten des Computereinsatzes im Physikunterricht soll im Folgenden eingegangen werden.

1.2.1 Übungsprogramme

Übungsprogramme sind Programme, die aus einer Folge von Übungsaufgaben bestehen. Häufig sind die Fragen quizartig, vergleichbar mit den Fragen der Fernsehsendung „Wer wird Millionär“ gestaltet. Die von den Lernenden getätigte Antwort wird registriert und bewertet. Erfolgt die Bewertung erst nach Durchlaufen des kompletten Fragenkatalogs, so spricht man von einem Testprogramm.

Bessere Übungsprogramme bieten dem User Hilfen an, die im idealen Fall in gestaffelter Form vorliegen. Der Einsatz von Übungsprogrammen setzt voraus, dass sich die Schülerinnen und Schüler bereits ausführlich mit dem Lerngegenstand beschäftigt haben, weswegen der Einsatz solcher Software vorwiegend im Rahmen einer Wiederholung erfolgt.

An dieser Stelle sei auf die Software Hot Potatoes [I 9] verwiesen, mit der sehr einfach und ohne große Einarbeitungszeit Übungsprogramme selbst erstellt werden können. Dies hat den Vorteil, dass der Aufgabenkatalog speziell auf die eigene Lerngruppe abgestimmt werden kann. Hot Potatoes beinhaltet auch die Möglichkeit zum Einbau von Zusatzinformationen bzw. Hilfen, wie auch von Rückmeldungen über die vom Schüler getätigten Antworten.

Am Ende der vorgestellten Lernsequenz wird zur Wiederholung ein selbsterstelltes Übungsprogramm eingesetzt (8.6.1).

1.2.2 Informationssysteme

Zu Informationssystemen zähle ich Wissensspeicher sowie das World Wide Web. „Unter Wissensspeicher versteht man, ähnlich Nachschlagewerken, Programme, die Verzeichnisse einer großen Menge der Kenntnisse der Physik oder eines angegebnen Teilgebiets darstellen ([11], S. 27).“ Die häufigsten Suchkriterien sind physikalische Fachbegriffe und Namen großer Physiker. In wenigen Fällen ist auch eine alphabetische Suche oder eine Recherche nach Jahreszahlen möglich. Wünschenswert ist nach Brademann eine Differenzierung in Grund- und Zusatzinformation sowie eingefügte Rechnungen.

Ein Wissensspeicher, auf den ich während des Unterrichts immer wieder verweise, ist die CD-ROM des Schülerlexikons Basiswissen Schule Physik. Die Reihe Basiswissen Schule ist ein gemeinsames Projekt des DUDEN und des PAETEC Verlages. Den gedruckten Buchversionen liegen stets eine CD-ROM bei, auf der zusätzliche Informationen enthalten sind. Beim Basiswissen Schule Physik handelt es sich dabei um über 500 weiterführende Artikel! Sehr komfortabel ist die Suche in diesem Nachschlagewerk gestaltet, da alle oben aufgeführten Suchkriterien möglich sind. Neben Beispielrechnungen enthält die CD-ROM auch interaktive Experimente, Animationen sowie kurze Lehrfilme. Auch der Forderung der Differenzierung wird der Wissensspeicher gerecht. So besitzt jeder Artikel eine Annotation und einen Hauptteil. Auf der Internetseite www.schuelerlexikon.de sind alle CD-ROMs der Reihe Basiswissen Schule eingestellt und können ohne Anmeldung kostenfrei genutzt werden; lediglich auf die Bilder kann nicht zugegriffen werden.

Eingesetzt wird die Recherche in Informationssystemen meist in Phasen, in denen sich die Lernenden selbstgesteuert Wissen aneignen oder Präsentationen zu einem bereits behandelten Thema vorbereiten.

1.2.3 Computergestützte Experimente

Die computergestützte Messwerterfassung ist eine physikalische Arbeitsweise, die sich in der Fachwissenschaft, der Industrie sowie im Physikunterricht der Sekundarstufe II längst etabliert hat, im Schulunterricht der Sekundarstufe I, insbesondere in den Haupt- und Realschulen, m. E. noch zu kurz kommt. Mittlerweile bieten fasst alle Lehrmittelfirmen Systeme zur Messwerterfassung an und auch die Fachdidaktik hat bereits mehrere Themenhefte dem computergestützten Messen gewidmet (z. B. [16]).

Nach Lüder ([25], S. 258) ist das computergestützte Experimentieren sinnvoll, wenn:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wird durch die eingesetzte Computertechnik von den physikalischen Inhalten des Experiments abgelenkt, dann ist auf den Einsatz der computergestützten Messung zu verzichten.

Ein entscheidender Vorteil der elektronischen Messwerterfassung ist die mit ihr einhergehende Zeitersparnis. Die konventionelle Durchführung und Auswertung zahlreicher Experimente dauert weit länger als 45 Minuten, d. h. der Erkenntnisprozess wird häufig nicht in der Stunde abgeschlossen, in der das Experiment durchgeführt wurde. Zieht sich die Versuchsauswertung über mehrere Stunden hinweg, dann ist, nach Lüder, insbesondere für schwächere Schülerinnen und Schüler ein abgeschlossener Erkenntnisprozess erschwert ([25], S. 258).

Häufig scheitert die Durchführung von computergestützten Experimenten lediglich an den nicht vorhandenen technischen Voraussetzungen, da die oben angesprochenen Systeme der Lehrmittelfirmen für viele Schulen nicht finanzierbar sind. Dem kann in vielen Fällen mit einem Computer, ausgestattet mit einer herkömmlichen Soundkarte (Stereoversion wäre von Vorteil), entgegengewirkt werden. Gerade in letzter Zeit beschäftigen sich zahlreiche fachdidaktische Publikationen mit soundkartengestützten Experimenten, die keineswegs auf akustische Phänomene beschränkt sind (z. B. [24], [26], [28], [30], [31], [33]).

Neben der elektronischen Messwerterfassung kann der Computer auch als anderweitiges Experimentiergerät zum Einsatz kommen. Auch solche Versuche zähle ich zu den computergestützten Experimenten, sie sind jedoch in der Minderheit. Ein Beispiel ist die Nutzung des Computers als Tongenerator.

1.2.4 Messwertanalyse

Zur Messwertanalyse werden oft Tabellenkalkulationsprogramme (z. B. Excel) oder auch Software zur Videoanalyse (z. B. Galilei) eingesetzt. Ein Tabellenkalkulationsprogramm stellt ein Rechenhilfsmittel dar, mit dem umfangreiche Berechnungen schnell ausgeführt und die Ergebnisse tabellarisch, wie auch grafisch angezeigt werden können. „Formale, routinemäßigen Rechentätigkeiten werden stark vereinfacht, so dass mehr Zeit im Unterrichtsprozess zur Interpretation der Ergebnisse bis hin zur Simulation der Wirkung von Parameteränderungen bleibt ([29], S. 264).“

1.2.5 Simulationen und Illustrationen (Animationen)

Eine Computersimulation stellt die Übersetzung eines mathematisch-logischen Modells in ein Computerprogramm, meist mit grafischer Oberfläche und der Möglichkeit die Modellparameter zu variieren, dar. Das heißt, eine Simulation ist die Berechnung innerhalb eines vorliegenden Modells [11], weshalb sie eng mit der Modellbildung verbunden ist. Manchmal jedoch, insbesondere falls die notwendigen mathematischen Methoden den Lernenden nicht zur Verfügung stehen, soll das zugrundeliegende mathematische Modell umgangen werden. Ziel ist dann die Zurückdrängung von Berechnungen zugunsten des physikalischen Inhaltes ([21], S. 249). Ein schönes Beispiel hierfür ist die – bei der geplanten Lernsequenz eingesetzte – Simulation zur Interferenz von Wellen [I 6]. Ohne die eigentlich notwendigen mathematischen Voraussetzungen, nämlich die Kenntnis der Sinusfunktion, kann ein Schüler der 9. Jahrgangsstufe aus der Simulation die Abhängigkeit der Lage der Maxima vom Abstand der Wellenerreger folgern.

Prinzipiell werden Simulationen benutzt,

- „um einfache Werte für bestimmte physikalische Größen, Einflüsse von Modellparametern oder physikalische Vorgänge quantitativ als auch qualitativ zu veranschaulichen ([11], S. 27).“
- „damit der Schüler hypothetische Erklärungen für im Experiment und in der Erfahrungswelt beobachtete Phänomene prüfen kann oder damit Vorgänge vorhersagen kann ([13], S. 245).“

Nach Ciesla sollen, falls möglich, die mittels Computersimulation gewonnenen Aussagen aus erkenntnistheoretischer und didaktischer Sicht mittels Realexperiment geprüft und veranschaulicht werden. „Das Experiment fungiert als Kriterium der Wahrheit für eine theoretische Aussage ([13], S. 245).“

Bei Brademann ist zu lesen, dass Computersimulationen insbesondere dann gerechtfertigt sind, wenn die Realexperimente zu klein, zu schnell oder zu komplex wären ([11], S. 28). Ihr Motivationspotential sei grundsätzlich als hoch einzuschätzen.

Viele Schülerinnen und Schüler haben Probleme, sich in statische Bilder zeitliche Veränderungen hineinzudenken. Daher ist der Bedarf groß, den Lernenden in der Zeit ablaufenden Prozesse nicht nur durch statische, sondern durch bewegliche Bilder vor Augen zu führen ([27], S. 254). Seit langer Zeit versuchen Trickfilme dieser Forderung Rechnung zu tragen, seit einigen Jahren kommen hierzu auch programmierte Computerillustrationen zum Einsatz. Man spricht auch von Computeranimationen. „Der wichtigste Unterschied zur Simulation besteht darin, dass der Illustration kein mathematisches Modell zugrunde liegen muss bzw. dass dieses Modell dem Schüler nicht bewusst wird. … Es gibt keine strenge Grenze zwischen Computersimulation und -illustration ([27], S. 254).“ Setzt man z. B. bei der Behandlung des Modells der Elektronenleitung ein dynamisches Bild ein, bei dem die Metallionen um eine Ruhelage schwingen und diese die freien Elektronen bei ihrer gerichteten Bewegung behindern, so würde man von einer Animation sprechen. Könnte man zusätzlich die anliegende Spannung variieren, um beispielweise die Proportionalität der Stromstärke zur Spannung (bei konstanter Temperatur) nachzuvollziehen, dann würde es sich um eine Simulation handeln.

Mittlerweile findet man zahlreiche Simulationen und Animationen im Internet, die meist kostenlos genutzt werden können. Vorwiegend sind diese in Java programmiert und besitzen meist eine benutzerfreundliche Oberfläche.

1.2.6 Hilfesysteme

Sollen die Schülerinnen und Schüler sich einen Lerngegenstand selbständig erarbeiten, dann ist es notwendig, dass sie vom Lehrer durch Hilfen unterstützt werden. Steht den Lernenden während des Unterrichts ein Computer zur Verfügung, dann bietet es sich an, diese Hilfen den Schülerinnen und Schülern als Datei auszuhändigen; dies bedeutet zum einen weniger Arbeitsaufwand für den Lehrer und zum anderen ein problemloseren Umgang für die Schülerinnen und Schüler. Sinnvoll ist ein gestaffeltes Hilfesystem, aus dem die Kinder lediglich die Hilfen nutzen, die sie – zur Lösung der gestellten Aufgabe – unbedingt benötigen. Solch ein Hilfesystem lässt sich sehr bequem mit der Präsentationssoftware PowerPoint erstellen. Hiezu listet man z. B. alle Hilfen auf der ersten Folie mit einer kurzen Beschreibung auf und verlinkt diese mit einer ausführlichen Schilderung, wie das Teilproblem zu lösen ist.

1.2.7 Dokumentation und Präsentation

Ebenfalls genutzt wird der Computer zur Dokumentation und Präsentation. Dazu bieten zahlreiche Softwarehersteller entsprechende Programme an; weitverbreitet ist z. B. das Programm Word zur Textverarbeitung und PowerPoint zur Erstellung von Präsentationen. Die Vorteile solcher Software liegen auf der Hand: Die Textverarbeitung mit dem Computer ist wesentlich komfortabler als beispielsweise mit der Schreibmaschine; Fehler können leichter korrigiert werden, Abbildungen können bequem in den Text eingebunden werden, dieser kann einer automatischen Rechtschreibprüfung unterzogen werden usw. Vorteilhaft bei der computergestützten Präsentation ist ebenfalls die Möglichkeit der Einbindung von Abbildungen, aber auch von Simulationen, Animationen und sogar kurzer Filmsequenzen. Auch durch die Möglichkeit der Animation und der internen Verlinkung der Präsentation setzt sich die computergestützte Präsentation vom traditionellen Folienvortrag ab.

1.3. Simulation versus Realexperiment

Nach Brademann haben Simulationsprogramme durchaus das Potential, Realexperimente zu ersetzen. Dennoch spricht er von einem Missbrauch, falls im Unterricht auf Realexperimente zugunsten einer reinen Simulation verzichtet wird ([11], S. 28). Es stellt sich die Frage, was eigentlich der entscheidende Unterschied zwischen Simulation und Realexperiment darstellt und ob die Simulation etwas kann, was das Experiment nicht leistet. Treitz weist darauf hin, dass vielfach suggeriert wird, dass beides (Simulation und Experiment) nur etwas verschieden gute Formen der gleichen Sache sind, dem er deutlich widerspricht. Der wesentliche Unterschied nennt bereits Ciesla: Das Experiment stellt eine Frage an die Natur, die Simulation eine Frage an die Theorie, also das ihr zugrundeliegende Modell ([13], S. 244).

Treitz argumentiert folgendermaßen ([32], S. 2): Beobachtet man ein Experiment, z. B. die Brechung an einer Sammellinse, dann kann man folgern, dass die beobachteten Phänomene (z. B. dass achsenferne Parallelstrahlen nicht durch den Brennpunkt gehen) tatsächlich existieren; sie werden durch das Experiment jedoch nicht erklärt. Logisch betrachtet liefern sie also gültige Ist-Aussagen. Ob eine Simulation den genannten Linsenfehler zeigt hängt davon ab, ob sie auf der Grundlage des Brechungsgesetzes oder der paraxialen Näherung programmiert wurde. „Logisch entspricht sie einer Wenn-Dann-Aussage.“ Wird dieses „Wenn“ nicht angegeben, dann zeigt die Simulation nur, „dass eine Darstellung des fraglichen Vorgangs auf einem Bildschirm erzeugbar ist“. Aus diesem Grund warnt Treitz davor, den Simulationen eine ebenso große Aussagefähigkeit zuzuschreiben, wie den realen Experimenten. Ich sehe diesen Aspekt nicht so problematisch, im Gegenteil. Häufig möchte man ja durch die Simulation die Mathematik und damit auch das zugrundeliegende Modell umgehen, d. h. man kann oft das „Wenn“ – also die Bedingung der Simulation – den Schülerinnen und Schülern gar nicht angeben. Ideal finde ich die Verknüpfung von Simulation und Realexperiment; so können die Lernenden häufig neue Erkenntnisse einfacher aus einer Simulation gewinnen, deren tatsächlichen Existenz dann durch ein Realexperiment bestätigt werden kann.

Auf die Frage des Vorteils der Simulation gegenüber dem Realexperiment geht Treitz ebenfalls in [32] ein. Dieser besteht im Wesentlichen darin, dass in der Computersimulation Zusatzinformationen, die in der Realität unsichtbar sind angezeigt werden können. „Dazu gehören insbesondere mitlaufende Vektor-Pfeile für Geschwindigkeit, Impuls, Beschleunigung, oder Kraft, Fluss-Pfeile für die Wanderung von Energie, Entropie oder Materie, aber auch bewegliche säulenhafte Anzeigen für Energie- oder Ladungs-Bilanzen ([32], S. 2).“ Ein weiterer Vorteil ergibt sich dadurch, dass viele Realexperimente – besonders im Bereich der Atom- und Kernphysik – nicht finanzierbar sind oder zu schnell bzw. zu langsam ablaufen. In solchen Fällen, möchte man die Theorie „experimentell“ veranschaulichen, muss auf ein interaktives Experiment zurückgegriffen werden.

1.4. Kriterien zur Bewertung von Software

Eine entscheidende Aufgabe des Lehrers beim Vorbereiten eines computer-gestützten Unterrichts besteht in der Auswahl einer geeigneten Software. Aufgrund der mittlerweile vorhandenen Fülle von Programmen für den Unterricht ist dies in vielen Fällen eine anspruchsvolle Aufgabe, zu deren Lösung ein Kriterienkatalog hilfreich sein kann. Nach Brademann [11] lassen sich vier Dimensionen von Qualitätsparametern unterscheiden (Abb. 1.4), zu denen im Folgenden Leitfragen formuliert werden.

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Abb. 1.4: Dimensionen zur Bewertung von Software

1.4.1 Programmtechnische Dimension

- Können eingegebene Befehle oder Parameter rückgängig gemacht werden?
- Besitzt das Programm ein Autostart?
- Ist die Tastenbelegung klar und eindeutig?
- Bekommt man schnell einen guten Überblick über das Menü und dessen Unterpunkte?
- Gibt es eine Programmhilfe und wie komfortabel ist sie gestaltet?
- Ist die Benutzeroberfläche übersichtlich gestaltet?
- Ist die Bildschirmaufteilung gelungen?
- Sind die gewählten Schriftarten und Schriftgrößen akzeptabel?
- Enthält das Programm ansprechende Grafiken?
- Sind die Bewegungen gleichmäßig und fließend?

1.4.2 Methodische Dimension

- Sind die Inhalte des Programms begründet?
- Sind die Ziele des Programms legitim?
- Führt das Programm zu einem Lernzuwachs?
- Werden Dinge gelernt, die ohne das Programm kaum oder nur schwer erlernbar wären?
- Kann das Programm gut in Lehr- und Lernprozesse integriert werden?
- Gibt es Verschriftlichungen über didaktisch-methodische Vorüberlegungen zum Softwareeinsatz?
- Sind bereits Arbeitsblätter oder sonstige Unterrichtsmittel ausgearbeitet, die den Softwareeinsatz begleiten können?

1.4.3 Reaktive Dimension

- Können verschiedene Schwierigkeitsstufen gewählt werden?
- Kann der Schüler sein Arbeitstempo mit dem Programm selbst bestimmen?
- Kann der Schüler bei der Arbeit mit dem Programm selbst inhaltliche Schwerpunkte setzen?
- Erhält der Lernende über seine Arbeit mit dem Programm eine Rückmeldung?
- Kann das Programm eine Fehleranalyse ausgeben?
- Fordert das Programm zur Nutzung weiterer Ressourcen (z. B. Lexika) auf?
- Fördert die Software die Zusammenarbeit zwischen den Schülerinnen und Schülern?

1.4.4 Fachliche Dimension

- Sind die Aussagen des Programms fachlich korrekt?
- Werden durch den Einsatz der Software die gesetzten Lernziele erreicht?

Grundlage dieses Fragenkatalogs bildet die von Brademann veröffentlichte Arbeit mit dem Titel „Grundsätze und Beispiele des Computereinsatzes im Physikunterricht der Sekundarstufe I“ [11].

2. Physikalische Grundlagen – Die Sachanalyse

2.1. Schallarten – Ton, Klang, Knall, Geräusch

2.1.1 Der Ton

Das regelmäßigste Schallsignal ist der Ton. Seine Ursache ist stets eine harmonische Schwingung der Form

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten,

wobei die Frequenz f im Hörbereich liegen muss. In der Gleichung steht t für die Zeit, y für die Auslenkung, Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenfür die Amplitude, f für die Frequenz und w für die Kreisfrequenz der Schwingung. Auf die Einführung der Phasenverschiebung j soll an dieser Stelle verzichtet werden.

Aus der Gleichung ergibt sich ein sinusförmiger Verlauf des Oszillogramms einer harmonischen Schallquelle, der beispielhaft für eine schwingende 440 Hz-Stimmgabel, in Abb. 3.1 dargestellt, ist. Unterzieht man das Signal eines Tons einer Fourieranalyse, so ergibt sich ein Frequenzspektrum mit nur einer Spektrallinie bei der Frequenz f (Abb. 3.2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3.1:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3.2:

Frequenzspektrum eines Tons von 440 Hz, erzeugt mit der Software SigView.

2.1.2 Der Klang

Ein Klang ist ein Tongemisch, dessen Frequenzen ganzzahlige Vielfachen der tiefsten vorkommenden Frequenz sind. Die tiefste Frequenz bezeichnet man als Grundton (Grundschwingung), die höherfrequenten als Obertöne (Oberschwingungen) (Abb. 3.4). Durch diese Frequenzüberlagerung ergibt sich ein periodisches, aber anharmonisches Schwingungsbild (Abb. 3.3).

Aus physikalischer Sicht erzeugen die meisten Musikinstrumente, „abgesehen von den leblosen Sinustönen elektrischer Instrumente ([37], S. 191)“, bereits einen Klang, obgleich man in der Musik noch von einem Ton sprechen würde. Im Vergleich zu den Tönen unterscheiden sich Klänge nicht nur in Frequenz und Amplitude der Grundschwingungen, sondern auch in der Amplitude und Anzahl der Oberschwingungen, was als unterschiedliche Klangfarbe hörbar wird. So können wir Musikinstrumente auch dann unterscheiden, wenn sie exakt die gleichen Noten spielen.

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Abb. 3.3:

Die Abbildung zeigt das Schwingungsbild der Note g’ einer Blockflöte, aufgenommen und dargestellt mit dem Nero Wave-Editor

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Abb. 3.4:

Zu Abb. 3.3 gehöriges Frequenzspektrum, erzeugt mit der Software SigView. Die Grundschwingung und die Oberschwingungen sind deutlich zu erkennen.

2.1.3 Der Knall

Eine plötzlich einsetzende mechanische Schwingung großer Amplitude und nur kurzer Dauer nehmen wir als Knall wahr (Abb. 3.5). Beispiele hierfür sind das Platzen eines Luftballons, der Schuss eines Gewehrs, der Donner eines Blitzes oder ein einfaches Händeklatschen. Wie aus Abb. 3.6 zu entnehmen ist, können dem Knall keine einzelnen Frequenzen zugeordnet werden; er nimmt vielmehr einen Frequenzbereich ein.

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Abb. 3.5:

Schwingungsbild eines Knalls; als Schallquelle diente ein einfaches Händeklatschen.

Abb. 3.6:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Frequenzspektrum des Händeklatschens

2.1.4 Das Geräusch

Nichtperiodische Vorgänge erzeugen Geräusche. Das Oszillogramm eines Geräuschs lässt keine Periodizität erkennen (Abb. 3.7); die Fourieranalyse liefert ein kontinuierliches Spektrum (Abb. 3.8).

Bei den meisten uns umgebenden Schallereignisse handelt es sich um Geräusche, z. B. der Lärm des Verkehrs, das Rascheln eines Schlüsselbundes, die menschliche Stimme oder das Zusammenknüllen von Papier.

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Abb. 3.7:

Oszillogramm eines Geräuschs (Zusammenknüllen von Papier)

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Abb. 3.8:

Die Abbildung zeigt das Frequenzspektrum des nebenstehenden Oszillogramms.

2.2. Überlagerung von Schwingungen und Wellen

2.2.1 Überlagerung von Schwingungen

Für die Überlagerung von Schwingungen gilt, wie für alle anderen Bewegungen auch, das Gesetz der ungestörten Überlagerung (Superpositionsprinzip), d. h. die resultierende Schwingung besitzt zum Zeitpunkt t die Auslenkung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Geht man von zwei sich überlagernden harmonischen Schwingungen gleicher Frequenz aus und beträgt die Phasenverschiebung j der beiden Schwingungen gerade 0°, so gilt für die Weg-Zeit-Funktion der resultierenden Schwingung folgende Beziehung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3.9: Überlagerung harmonischer Schwingungen (j = 0°) [45]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3.10: Überlagerung harmonischer Schwingungen (j = 180°) [45]

Dabei ist y die Auslenkung der resultierenden Schwingung, Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ihre Amplitude, Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten die jeweiligen Ausgangsamplituden, t die Zeit und w die vorliegende Kreisfrequenz. Eine grafische Veranschaulichung des Sachverhaltes zeigt die Abb. 3.9. Die resultierende Schwingung ist rot dargestellt, die Grundschwingungen blau bzw. grün.

Gilt j = 180°, dann ergibt sich y zu:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Überlagerung der beiden Schwingungen führt zu einer Abnahme der resultierenden Amplitude. Für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten erfolgt eine Auslöschung. Allgemein gilt:

Bei der Überlagerung zweier harmonischer Schwingungen gleicher Frequenz entspricht die resultierende Schwingung wieder einer harmonischen Schwingung. Die Frequenz bleibt gleich, die Amplitude kann zu-, aber auch abnehmen.

Auf eine mathematische Herleitung des Weg-Zeit-Gesetzes der resultierenden Schwingung bei beliebigen Phasenverschiebungen soll an dieser Stelle verzichtet werden. Es sei lediglich auf die Ermittlung der Resultierenden mit Hilfe des Zeigermodells verwiesen (Abb. 3.11), die auf der vektoriellen Addition der Zeiger beruht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3.11: Ermittlung der resultierenden Schwingung bei beliebigem Phasenwinkel [45]

2.2.2 Interferenz von Schallwellen

„Der Schwingungszustand in einem Punkt eines Raumes wird bestimmt durch die Summe aller Elementarwellen, die von Wellenfronten ausgehen und in diesem Punkt zusammentreffen ([45], S. 151).“ Dieses von Augustin Jean Fresnel (1788-1827) formulierte Gesetz stellt eine Erweiterung des huygensschen Prinzips dar, weshalb es als huygens-fresnelsches Prinzip bezeichnet wird. Überlagern sich zwei Wellen an einem Ort, so führt der dort vorhandene Oszillator eine zusammengesetzte Schwingung aus. Entsprechend der oben dargelegten Theorie zur Überlagerung von Schwingungen kann dies zu einer Verstärkung, aber auch zu einer Abnahme der resultierenden Amplitude führen. Da eine mechanische Welle nach Definition nichts anderes ist als die Ausbreitung einer mechanischen Schwingung im Raum, ist auch bei der Überlagerung von Wellen – insbesondere bei Schallwellen – eine Verstärkung oder Abschwächung zu erwarten. Man spricht von Interferenz. Die Abb. 3.12 zeigt einen einfachen Versuchsaufbau zur Demonstration der Interferenz bei Schallwellen. Zwei an einem Tongenerator angeschlossene und in einem Abstand von etwa 70 cm aufgestellte Lautsprecher emittieren ein Schallsignal gleicher Frequenz (f = 3000 Hz) und Amplitude. Das Schallfeld wird in einer Entfernung von ca. zwei Metern parallel zur Verbindungslinie der Lautsprecher mit dem Ohr abgetastet. Der Beobachter kann sehr deutlich abwechselnd Raumbereiche geringer und großer Lautstärke identifizieren (Abb. 3.13).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3.12: Versuchsaufbau [22]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3.13:

Screenshot der Computersimulation [I 6]; die Bereiche destruktiver und konstruktiver Interferenz sind deutlich zu erkennen.

2.3. Die akustische Schwebung

Eine spezielle Form der Überlagerung von Schwingungen bzw. von Schallwellen ist die Schwebung bzw. die akustische Schwebung. Sie entsteht, wenn sich mindestens zwei Schwingungen überlagern und diese nur einen geringen Frequenzunterschied aufweisen. Der Höreindruck entspricht einem harmonischen Ton, dessen Lautstärke (Amplitude) ständig variiert. Die wahrgenommene Tonfrequenz ergibt sich aus dem Mittelwert der Grundfrequenzen.

Zur mathematischen Behandlung der akustischen Schwebung gehen wir von zwei harmonischen Tönen gleicher Amplitude aus. Ihre Kreisfrequenzen betragen [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] 1 und [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] 2 (sie sollen nur wenig voneinander abweichen), es liegt keine Phasenverschiebung vor [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]. Man kann schreiben:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Für die Ausgangssignale gilt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Unter Berücksichtigung des Additionstheorems

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

und des Superpositionsprinzips für die Überlagerung von Schwingungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

ergibt sich für die resultierende Schwingung die folgende Beziehung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Aus der hergeleiteten Gleichung wird ersichtlich, dass die Amplitude der resultierenden Schwingung Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten zeitabhängig ist und einen sinusförmigen Verlauf aufweist:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Anzahl der Lautstärkeänderungen pro Sekunde bezeichnet man als Schwebungsfrequenz [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] s. Wegen [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] entspricht sie gerade dem Frequenzunterschied der beiden Ausgangsfrequenzen Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Die wahrgenommene Tonfrequenz errechnet sich aus dem Mittelwert der Ausgangsfrequenzen. Es gilt also:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Früher wurde das Phänomen der akustischen Schwebung z. B. zum Stimmen von Musikinstrumenten genutzt, wozu in der heutigen Zeit meist elektronische Stimmgeräte verwendet werden.

Ein Messbeispiel zur akustischen Schwebung zeigt die unten stehende Abbildung. Zur Aufnahme und Auswertung des Schallsignals wurde der Nero Wave-Editor sowie die Sharewaresoftware SigView eingesetzt. Die Ausgangstöne von 1700 Hz bzw. 1750 Hz wurden mit einem Stereotongenerator generiert, der ebenfalls als Sharewaresoftware im Internet zu finden ist [I 8].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3.14:

Oszillogramm und Frequenzspektrum einer vollkommenen Schwebung; die Grundschwingungen haben die gleiche Amplitude.

Entsprechen die Amplituden der Grundschwingungen einander, so nimmt die zeitabhängige resultierende Amplitude bis auf 0 dB ab; man spricht von einer vollkommenen Schwebung (Abb. 3.14). Unterscheiden sich die Ausgangsamplituden, dann liegt eine unvollkommene Schwebung vor, d. h. die resultierende Amplitude unterliegt zwar Zeitänderungen, geht aber nicht auf 0 dB zurück (Abb. 3.15). Je größer der Amplitudenunterschied ist, desto unvollkommener ist auch die entstehende Schwebung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3.15:

Oszillogramme und Frequenzspektren von unvollkommenen Schwebungen; im oberen Beispiel beträgt die Amplitudendifferenz 4 dB, im mittleren 10 dB und im unteren 20 dB.

2.4. Die Schallgeschwindigkeit

2.4.1 Das Laufzeitverfahren

Beobachtet man den Start eines Wettlaufes aus mehreren hundert Metern Entfernung, so liegt zwischen der optischen Wahrnehmung des Klappenschlages und des zu hörenden Knalls eine merkliche Zeitdifferenz D t. D. h. die Ausbreitung des Schalls erfolgt nicht momentan, sondern mit einer endlichen Geschwindigkeit v. Die anschaulichste Variante zur Bestimmung der Schallgeschwindigkeit benutzt das sogenannte Laufzeitverfahren. Dabei muss lediglich der Quotient aus gemessener Entfernung von Beobachter zur Schallquelle und der Zeitdifferenz D t berechnet werden. Die Laufzeit des Lichts kann man vernachlässigen.

Erstmals wurde die Schallgeschwindigkeit in Luft im Jahr 1660 durch die Akademie der Wissenschaften in Florenz durchgeführt [3]. Zum Einsatz kamen dabei zwei Kanonen, die in genügend großem Abstand voneinander aufgestellt waren. Zuerst wurde die eine abgefeuert und vom Standort der anderen die Zeitdifferenz zwischen der Wahrnehmung des Mündungsfeuers und des Knalls registriert, anschließend umgekehrt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3.16: Kopfhörer unterschiedlicher Bauart.

Der Einsatz des Laufzeitverfahrens im Unterricht stellt aufgrund der nur geringen maximal zu erreichenden Distanz zwischen Beobachter und Schallquelle hohe Anforderungen an die Zeitmessung. Eine Möglichkeit, die auch in dieser Lernsequenz zum Einsatz kommen soll, ist die computergestützte Messwerterfassung. Zur Versuchsdurchführung wird neben einem PC mit Soundkarte lediglich eine Analysesoftware (als Shareware im Internet zum Downloaden erhältlich [I 1]) und ein Stereokopfhörer benötigt (Abb. 3.16). Die Muscheln des Hörers kommen dabei als Monomikrofone zum Einsatz, die in einem Abstand von ca. 60 cm angeordnet und dem Stereoeingang (Line-in) der Soundkarte zugeführt werden (Abb. 3.17).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3.17: Versuchsaufbau zur Messung der Schallgeschwindigkeit

Nach Betätigung des Aufnahmesymbols ist lediglich noch ein kurzer, lauter Schallimpuls zu erzeugen, dessen Entstehungsort auf einer Geraden mit den Mikrofonen liegen muss. Er kann z. B. durch einmaliges kräftiges Klatschen emittiert werden. Die Abbildung auf der folgenden Seite zeigt ein Messbeispiel für einen Mikrofonabstand von 60 cm.

Bei einer gemessenen Zeitdifferenz von 1,7 ms errechnet sich die Schallgeschwindigkeit in Luft zu 353 ms-1. Ein Vergleich mit dem Literaturwert (344 ms-1 bei 20 °C) zeigt, dass die Schallgeschwindigkeit in Luft mit dem benutzten Versuchsaufbau (im Prinzip ein Low-Cost-Experiment!) erstaunlich genau bestimmt werden kann. Eine Fehlerfortpflanzung nach Gauss ergibt, dass der Literaturwert im Fehlerintervall der Messung enthalten ist ([Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] = (353 ± 35) ms-1).

An dieser Stelle sei noch kurz angemerkt, dass sich das beschriebene Verfahren zur Bestimmung der Schallgeschwindigkeit in Luft auch sehr gut zur Ermittlung der Ausbreitungsgeschwindigkeit in Wasser eignet. Als Messstrecke kommt dabei z. B. ein mit Leitungswasser gefüllter Blumenkasten zum Einsatz (Abb. 3.19). Um die Kopfhörer auch als Hydrofone verwenden zu können, werden diese mit „Wasserbomben“ überzogen. Solche dünnhäutigen Luftballone sind in nahezu jedem Spielzeugwarengeschäft zu erwerben. Bei einem Mikrofonabstand von 0,57 m und einer gemessenen Zeitdifferenz von 0,4 ms errechnet sich die Schallgeschwindigkeit in Wasser zu v = 1425 ms-1 (Literaturwert: 1400 ms-1 bei 5 °C).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3.18: Die obere Kurve zeigt das am Mikrofon 1 registrierte Signal, die untere das von Mikrofon 2.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3.19: Versuchsaufbau zur Messung der Schall- geschwindigkeit in Wasser

2.4.2 Theoretische Bestimmung der Schallgeschwindigkeit

Erste Untersuchungen zur theoretischen Bestimmung der Schallgeschwindigkeit gehen auf Isaac Newton (1643-1727) zurück, der die folgende Gleichung zur Berechnung vorschlug [36]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dabei steht p für den vorliegenden Druck und [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] für die Dichte des Gases. Pierre-Simon Laplace (1749-1827) erkannte, dass infolge der wellenartigen Ausbreitung des Schalls (Gasverdichtungen bzw. -verdünnungen) und den damit verbundenen adiabatischen Veränderungen, die newtonsche Gleichung korrigiert werden muss [35]. Es gilt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ist der Adiabatenexponent (er beträgt für Luft 1,4) und ist wie folgt definiert:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(c p: spezifische Wärmekapazität bei konstantem Druck, c v: spezifische Wärmekapazität bei konstantem Volumen)

Möchte man zusätzlich den Einfluss der Temperatur berücksichtigen, so ergibt sich v zu

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, [35]

wobei [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] der Wärmeausdehnungskoeffizient des betrachteten Gases und [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] die Temperatur in °C darstellt. Für eine Temperatur von 20 °C ergibt sich die Schallgeschwindigkeit zu 344 ms-1.

Wie bei allen mechanischen und elektromagnetischen Wellen, kann insbesondere auch bei Schallwellen die Ausbreitungsgeschwindigkeit aus dem Produkt aus Frequenz und Wellenlänge berechnet werden (v = l ×f). Auch diese Beziehung kann man zur experimentellen Bestimmung der Ausbreitungsgeschwindigkeit heranziehen. Beispiele hierfür sind die Kundtsche Röhre sowie das Interferenzrohr nach Quincke.

Die untenstehende Abbildung zeigt einen Überblick zur Stellung des Themenbereichs „Schwingungen und Wellen“ innerhalb der Physik und weist auf mögliche interdisziplinäre Unterrichtsthemen hin.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3.20: Stellung des Themenbereichs innerhalb der Physik

3. Lernvoraussetzungen

3.1. Anthropogene und soziokulturelle Lernvoraussetzungen

Die Klasse 9 a der Realschule Herxheim ist zusammengesetzt aus 8 Mädchen und 16 Jungen. Bei einem vor der Lernsequenz durchgeführten Motivationstest zeigte sich vorwiegend bei den Mädchen eine geringe Motivation für das Fach Physik.

Derzeit befinden sich die Schülerinnen und Schüler im formal-operativen Stadium nach Piaget, weshalb davon auszugehen ist, dass die Lernenden mit den in der Lernsequenz eingesetzten Darstellungsformen (Oszillogramme, Frequenzspektren) und Computersimulationen umgehen und aus ihnen allgemeine Aussagen schließen können.

Aus dem selbständigen Unterricht im Fach Physik ist mir die Klasse seit dem Beginn des Schuljahres bekannt.

Die Arbeitsmoral der Schülerinnen und Schüler ist leider als sehr schlecht einzustufen. Nur sehr wenige zeigen sich motiviert und bringen sich unaufgefordert in den Unterricht mit ein. Aus diesem Grund versuche ich, wie auch in dieser Lernsequenz, insbesondere durch Schülerexperimente alle Schülerinnen und Schüler zur Mitarbeit zu bewegen. Verknüpft mit der schlechten Arbeitshaltung der Kinder während des Unterrichts, war zu Beginn des Schuljahres eine ebenso unbefriedigende Hausaufgabenmoral. So musste ich z. B. bei drei gestellten Hausaufgaben bereits 20 „Hausaufgabenstriche“ verteilen. Dieses Verhalten hat sich in den letzten Unterrichtsstunden bereits deutlich verbessert.

Durch eine sehr gute Mitarbeit im Unterricht fallen die Schüler Simon, Maximilian und Christoph auf. Sie zeigen großes Interesse an den behandelnden physikalischen Inhalten, was sich auch in ihren erbrachten Leistungen widerspiegelt. So ist es häufig möglich, diese drei Schüler während einer Erarbeitungsphase schon nach kurzer Zeit als Experten einzusetzen, um so die leistungsschwächeren Schüler zu unterstützen. Dies sind insbesondere Rebekka, Lisa und Julia. Verbunden mit deren unterdurchschnittlichen Leistungen scheint mir ein völliges Desinteresse, das sich jedoch nicht nur auf das Fach Physik beschränkt.

Viktoria und Sebastian sind seit Schuljahresbeginn neu in der Klasse. Aufgrund der Tatsache, dass die anderen Schüler durch ihre Teilnahme am HENOBO-Projekt bereits seit zwei Jahren intensiv mit dem Laptop arbeiten, ist es nicht erstaunlich, dass die Kompetenz der beiden Lernenden in diesem Bereich weniger stark ausgeprägt ist. Insbesondere Sebastian tut sich im Umgang mit dem neuen Arbeitsmittel noch recht schwer. In Erarbeitungsphasen wird er daher häufig unterstützt, z. B. durch bereitgestellte Hilfen oder durch einen Mitschüler.

3.2. Methodische Lernvoraussetzungen

Die Schülerinnen und Schüler der Klasse 9 a sind eingebunden in das Herxheimer Projekt HENOBO (Herxheim Notebook), infolgedessen sie im Umgang mit neuen Medien, im Vergleich zu Jugendlichen gleichen Alters, sehr sicher sind. Kenntnisse sollten die Schülerinnen und Schüler u. a. in Word, Excel und in PowerPoint bereits erworben haben. Für die geplante Unterrichtssequenz sind neben Grundkenntnissen in PowerPoint und Internetrecherche auch erste Erfahrungen mit den Programmen Cool Edit [I 1] sowie SigView [I 4] von Bedeutung. Mit ihrer Hilfe können Schallsignale registriert und analysiert werden. Eine Einführung in die genannte Software haben die Schülerinnen und Schüler in den letzten beiden Physikstunden vor Beginn der Lernsequenz erhalten und hatten dabei die Möglichkeit, erste Schallimpulse selbst zu untersuchen (z. B. ein Pfiff).

Während der Lernsequenz arbeiten die Jugendlichen häufig im Gruppenunterricht, auch unter Einsatz der Expertenmethode. Der Gruppenunterricht ist den Schülerinnen und Schülern bereits wohl bekannt. Bei der Durchführung wird stets auf eine Aufteilung der Verantwortungen (verantwortlich für Sicherheit, Protokoll, Material, Zeitmanagement) geachtet. Nach Kircher ist insbesondere „die Rollenverteilung der einzelnen Gruppenmitglieder“ eine Eigenschaft der Gruppe, die hilft, „Aufgaben leichter zu bewältigen, als es dem Einzelnen möglich wäre“ ([23], S. 199). Die Expertenmethode wurde im Physikunterricht bisher noch nicht angewandt.

3.3. Stoffliche Lernvoraussetzungen

3.3.1 Lerninhalte aus dem Physikunterricht

Die Schülerinnen und Schüler

- kennen die Voraussetzungen zur Ausbreitung einer mechanischen Welle (Vorhandensein zahlreicher gekoppelter Oszillatoren mit nahezu gleicher Eigenfrequenz; Störung des Gleichgewichtszustandes eines Oszillators).
- kennen die physikalischen Größen Frequenz, Wellenlänge, Amplitude, Auslenkung, Schwingungs-/ Periodendauer und Ausbreitungsgeschwindigkeit zur Beschreibung mechanischer Schwingungen bzw. mechanischer Wellen.
- wissen, dass Schall ein Beispiel für eine mechanische Welle ist und zur Ausbreitung ein Medium erfordert.
- kennen den Zusammenhang zwischen der Frequenz einer Schallwelle und der wahrgenommenen Tonhöhe.
- kennen den Zusammenhang zwischen der Amplitude einer Schallwelle und der wahrgenommenen Lautstärke.
- wissen, dass die während der Lernsequenz des öfteren eingesetzte Stimmgabel mit einer Frequenz von 440 Hz schwingt und der wahrgenommene Ton der Note a’ entspricht.
- können die Durchschnittsgeschwindigkeit eines sich bewegenden Körpers aus der zurückgelegten Strecke und der dafür benötigten Zeit berechnen. Insbesondere ist ihnen die Gleichung Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten zur Geschwindigkeitsbestimmung eines sich gleichförmig bewegenden Körpers aus der 7. Jahrgangsstufe bekannt.
- wissen, dass jede Messung mit einem Messfehler behaftet ist.

3.3.2 Lerninhalte aus dem Mathematikunterricht

Die Schülerinnen und Schüler

- sind geübt im Erstellen und Interpretieren von grafischen Darstellungen.
- kennen noch nicht die Sinusfunktion (Mathematikunterricht Klasse 10), was eigentlich ein Argument für die Behandlung des Themenbereichs „Schwingungen und Wellen“ erst in Klasse 10 wäre, was der Lehrplan [40] so auch vorsieht.

3.3.3 Alltagserfahrungen

Die Schülerinnen und Schüler

- wissen aus dem Alltag, dass jedes Instrument eine eigene Klangfarbe besitzt.
- unterscheiden in der Alltagssprache bereits zwischen den Höreindrücken Ton, Knall und Geräusch. Für den Klang wird im Alltag, wie auch in der Musik, meist das Wort Ton gebraucht.
- haben bereits die Erfahrung gemacht, dass Schallsignale auch dann wahrgenommen werden können, wenn eine direkte Ausbreitung von Schallquelle zum Beobachter unmöglich ist. Ein schönes Beispiel hierfür ist das „Um-die-Ecke-Hören“, das auf der Beugung des Schalls beruht.
- kennen möglicherweise (zumindest diejenigen, die ein Instrument spielen) das Phänomen der akustischen Schwebung.
- wissen, dass sich der Schall mit einer endlichen Geschwindigkeit ausbreitet; sie kennen z. B. das Phänomen des Überschallknalls, das auftritt, wenn die Geschwindigkeit eines Körpers die Schallgeschwindigkeit überschreitet. Insbesondere kennen sie die verzögerte Wahrnehmung des Donners bei einem Gewitter, die auf die unterschiedlichen Ausbreitungsgeschwindigkeiten von Licht und Schall zurückführen ist. Dieses Phänomen ist den Lernenden auch von einem vorbeifliegenden Flugzeug bekannt.

4. Planung der Lernsequenz

4.1. Formulierung und Begründung der Lernziele

Im Folgenden werden die Lernziele der geplanten Unterrichtssequenz formuliert und u. a. anhand des Lehrplans [40] sowie der Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss [38] begründet.

4.1.1 Lernziele der ersten Stunde (Schallarten – Ton, Klang, Knall, Geräusch)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Kompetenzen, die von den Schülerinnen und Schülern neu erworben werden sollen:

Sachkompetenz:

Die Schülerinnen und Schüler sollen

[Sa 1] die physikalischen Fachbegriffe Ton, Klang, Knall und Geräusch kennen und von der Alltagssprache abgrenzen können.

(Die Abgrenzung der physikalischen Fachsprache von der Umgangssprache ist ein wesentliches Ziel des Physikunterrichts und wird vom Lehrplan explizit gefordert ([40], S. 166).)

[Sa 2] die charakteristischen Merkmale der Oszillogramme und Frequenzspektren der unterschiedlichen Schallarten Ton, Klang, Knall, Geräusch kennen.

(Das Arbeiten mit Diagrammen zählt m. E. zu den wichtigsten Arbeitsweisen der Physik. Interessanterweise wird diese Kompetenz von den Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss keineswegs berücksichtigt. Auch dem Arbeiten in verschiedenen Darstellungsmöglichkeiten wird hier Rechnung getragen, worauf die Bildungsstandards der KMK ebenfalls nicht eingehen. Letztlich soll durch dieses Teilziel die Kompetenz E 9 ([38], S. 10) vorangetrieben werden, also das Auswerten von experimentell gewonnenen Daten.)

[Sa 3] die Schwingung einer Stimmgabel als Beispiel für einen reinen Ton kennen.

[Sa 4] wissen, dass ein Klang durch Überlagerung mehrerer Töne unterschiedlicher Frequenz entsteht.

(Diesem Lernziel kommt eine besondere Bedeutung zu, da die Erkenntnis, dass sich die Überlagerung von Schallwellen auf den Höreindruck auswirken kann, für die weiteren Stunden (Interferenz/ Schwebung) von großer Wichtigkeit ist.)

[Sa 5] wissen, dass der von einem Musikinstrument erzeugte Schall meist einem Klang entspricht.

[Sa 6] um den Einfluss der Obertöne auf die Klangfarbe eines Instruments wissen.

(Dieses Lernziel soll durch die gestellte Hausaufgabe erreicht werden. Hier geht es darum, noch mehr Alltagsphänomene in den Physikunterricht einzubringen und diese physikalisch zu erklären. Die Erweiterung des Weltbildes der Schülerinnen und Schüler um physikalische Sichtweisen wird vom Lehrplan ausdrücklich verlangt ([40], S. 165).)

[...]

Excerpt out of 117 pages

Details

Title
Computergestütztes Lernen im Physikunterricht, dargestellt am Beispiel einer Lernsequenz aus dem Themenbereich "Schwingungen und Wellen" (9. Klasse)
Grade
1,3
Author
Year
2005
Pages
117
Catalog Number
V92460
ISBN (eBook)
9783640131624
ISBN (Book)
9783640135554
File size
11565 KB
Language
German
Keywords
Computergestütztes, Lernen, Physikunterricht, Beispiel, Lernsequenz, Themenbereich, Schwingungen, Wellen, Klasse)
Quote paper
Patrik Vogt (Author), 2005, Computergestütztes Lernen im Physikunterricht, dargestellt am Beispiel einer Lernsequenz aus dem Themenbereich "Schwingungen und Wellen" (9. Klasse), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92460

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