In der Mitte des 17. Jahrhunderts stellten Calvinisten sowohl in den protestantischen als auch katholischen Ländern die wirtschaftliche Elite Europas. Vor diesem Hintergrund fällt es leicht, eine unmittelbare Verbindung zwischen Religion und wirtschaftlicher Aktivität anzunehmen. Max Weber ist von einer solchen Verbindung ausgegangen, ohne jedoch eine Probe auf das historische Exempel zu machen. Auf der Grundlage seiner formulierten Protestantismusthese wird heutzutage immer noch teilweise die populäre Ansicht vertreten, Katholiken seien faul und arbeitsscheu, Protestanten hingegen wirtschaftlich aktiv und fleißig. Ist diese Interpretation Max Webers zulässig und fußt sie auf historischen Gegebenheiten?
In der vorliegenden Arbeit soll dieser Frage nachgegangen werden, indem zunächst sehr kurz und holzschnittartig die Protestantismusthese von Max Weber dargestellt werden wird. Hierbei soll der Schwerpunkt auf der Wiedergabe der Kernthese zur Entstehung des Kapitalismus geschehen. Darauf folgt die Darstellung der Thesen von Paul Münch, welche sich mit der These von Weber auseinandersetzen. Hierbei wird die bisherige Weber-Kritik beleuchtet und Webers These mit den tatsächlichen historischen Gegebenheiten verglichen. Schließlich soll eines der angeführten historischen Beispiele, nämlich das Wirken des Finanziers Wallensteins Hans de Witte näher beleuchtet werden. Dabei soll besonders die These von Trevor-Roper mit einbezogen werden, welche Bedeutung der Humanismus und die religiöse Toleranz gegenüber Anderskonfessioneller in Bezug zur Förderung des Wohlstandes und der Wirtschaft hatte. Da Max Weber und insbesondere seine Religionssoziologie seit dem Ende des 2. Weltkriegs wieder vermehrt im wissenschaftlichen Blickpunkt liegt, ist hier eine außerordentliche Fülle zu verzeichnen. Bei dieser Literatur handelt es sich allerdings auch um populäre Literatur, Lehrbücher und auch viele ältere Werke, da Webers Thesen bereits zu seiner Zeit stark diskutiert wurden. Wohl auch deswegen fällt es schwer, aktuelle Literatur zu finden, die sich mit seinen Thesen aus historischer Sicht widmet.
Die Literatur zur Biographie Hans de Wittes beschränkt sich auf zwei Biographien, die sehr bekannte und allseits zitierte von Ernstberger und eine weitere weniger verbreitete und in Deutschland kaum zugängliche von Karel Vit, die Rahmen seiner Dissertation entstand. Spätere Literatur bezieht sich zum größten Teil auf jenes Werk von Ernstberger.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Fragestellung
- Literaturlage
- Die protestantische Wirtschaftsethik Max Webers
- Die Kritik an Max Webers These nach Paul Münch
- Die Protestantismusthese als Fortsetzung einer Denktradition
- Die Kritik aus der historischen Perspektive
- Resümee
- Weitere Untersuchung am Beispiel des Finanziers Hans de Witte
- Die Anfangsjahre
- Die Geschäfte während des „Dreißigjährigen Krieges“
- Beurteilung
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit setzt sich kritisch mit Max Webers Protestantismusthese auseinander und untersucht die Frage, ob die These auf historischen Gegebenheiten basiert. Sie analysiert die Kernthese der Entstehung des Kapitalismus aus dem Protestantismus und beleuchtet die Kritik daran durch Paul Münch. Die Arbeit untersucht auch die Bedeutung des Humanismus und der religiösen Toleranz für die wirtschaftliche Entwicklung, am Beispiel des Finanziers Hans de Witte.
- Max Webers Protestantismusthese
- Kritik an Webers These
- Historische Perspektive
- Humanismus und Toleranz
- Hans de Witte
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Fragestellung der Arbeit vor und gibt einen kurzen Überblick über die Forschungsliteratur. Das Kapitel "Die protestantische Wirtschaftsethik Max Webers" präsentiert Webers zentrale These zur Entstehung des Kapitalismus aus dem Protestantismus. Im darauffolgenden Kapitel werden die Argumente von Paul Münch gegen Webers These dargestellt und die bisherige Kritik an Webers Theorie beleuchtet. Die Kritik aus historischer Sicht beleuchtet die tatsächlichen historischen Gegebenheiten und hinterfragt die Gültigkeit von Webers These.
Schlüsselwörter
Protestantismusthese, Max Weber, Paul Münch, Historische Perspektive, Kapitalismus, Religion, Wirtschaft, Humanismus, Toleranz, Hans de Witte.
- Quote paper
- Oliver Quast (Author), 2008, Max Webers Protestantismusthese, die Kritik aus historischer Sicht und das Beispiel Hans de Witte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92462