In der vorliegenden Hausarbeit soll zunächst die Genese von Wedekinds Tragödie im Bedingungsfeld der zeitgenössischen Rezeption skizziert werden. Da „Lulu“ nämlich in der wilhelminischen Epoche als moralisch anrüchig gewertet worden ist, hat ihre Aufführung einen der größten Literatur- resp. Theaterskandale des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts zur Folge gehabt, weshalb sich der Autor auch zu zahlreichen Umarbeitungen seines Dramas gezwungen gesehen hat.
Im Folgenden soll dann die Entfaltung des Themenkomplexes „(weibliche) Sexualität“ und die damit verknüpfte Gesellschaftskritik im Werk anhand ausgewählter, exemplarischer Textstellen erarbeitet werden. So wird erkennbar, inwieweit exakt aus soziokultureller Perspektive „Lulu“ die bürgerliche Toleranzschwelle überschreitet (insbesondere mit Blick auf Rechts- und Konventionalitätsaspekte). Außerdem werden zugleich Einblicke in die Normen- und Wertewelt der Gesellschaft um 1900 ermöglicht. Obschon die negative Kollektivresonanz durchaus mit dem antinaturalistischen Grundkonzept der Tragödie, welches die ästhetische Norm des damaligen (Bildungs-)Bürgertums provoziert hat, in Verbindung steht, ist es schließlich doch primär ebenjene Sexualitätsthematik gewesen, die unter Berufung auf die sog. „Lex Heinze“ 1906 zum Aufführungsverbot des Dramas geführt hat. Zum Abschluss der Seminararbeit soll dann in Kürze die sich im Werk manifestierende zynisch-satirische Reflexion Wedekinds über die Zensurmaßnahmen gegen sein Stück dargelegt werden, indem beispielhafte Szenen in Hinblick auf ihren autoreferentiellen Charakter beleuchtet werden.
Inhaltsverzeichnis
- Wedekinds „Lulu“ – Kulturpornographie ohne axiologischen Wert?
- Die Entstehungs- und Skandalgeschichte von „Lulu“ im Deutschen Kaiserreich
- Die Figur der Lulu – Ein männermordender Vamp wider die (Sexual-)Moral?
- Die Motivik in „Lulu“ – In Szene gesetzte Sexualtabus
- Der Geschlechterkampf – Die Frau auf dem Weg zur Gleichberechtigung
- Das Ewig-Weibliche zieht sie hinab?
- Konklusion - Lieben ist menschlich, nur müsst ihr menschlich lieben
- „Lulu“ – Opfer oder Desuetudo wilhelminischer Prüderie?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit untersucht die Tragödie „Lulu“ von Frank Wedekind vor dem Hintergrund der Moralvorstellungen des Deutschen Kaiserreichs. Die Arbeit analysiert die Entstehung und Rezeption des Dramas, die Figur der Lulu und ihre Rolle im Kontext der gesellschaftlichen Moral und der Sexualitätsthematik, sowie die Reaktion der Zensur auf das Werk.
- Die Skandalgeschichte des Dramas und die Reaktion der Zensur
- Die Figur der Lulu als Vertreterin eines neuen, emanzipierten Frauenbildes
- Die Kritik an der Doppelmoral des Bürgertums und der Sexualitätsthematik in „Lulu“
- Die Rolle der Natur und Kultur im Drama und deren Einfluss auf die Figur der Lulu
- Die Rezeption der Tragödie im Kontext der wilhelminischen Epoche
Zusammenfassung der Kapitel
1 Wedekinds „Lulu“ – Kulturpornographie ohne axiologischen Wert?
Dieses Kapitel untersucht die Figur der Lulu und ihre Bedeutung in Wedekinds Tragödie. Es wird die Interpretation des Dramas als Stationendrama betrachtet, welches den gesellschaftlichen Auf- und Abstieg der Protagonistin nachvollzieht. Es wird zudem die zeitgenössische Rezeption des Werkes beleuchtet und Wedekinds eigene Positionierung gegenüber den moralischen Vorwürfen gegen seine Hauptfigur herausgestellt.
2 Die Entstehungs- und Skandalgeschichte von „Lulu“ im Deutschen Kaiserreich
In diesem Kapitel wird die Entstehung und Skandalgeschichte von „Lulu“ beleuchtet. Es werden die Inspirationen und Einflüsse auf das Drama, wie z.B. „Jack the Ripper“, erläutert und die verschiedenen Bearbeitungen des Dramas sowie die Gründe für die Zensurmaßnahmen im Kaiserreich diskutiert.
3 Die Figur der Lulu – Ein männermordender Vamp wider die (Sexual-)Moral?
Dieses Kapitel analysiert die Figur der Lulu im Kontext der gesellschaftlichen Moral und der Sexualitätsthematik. Es werden die Motivik in „Lulu“, der Geschlechterkampf, das Ewig-Weibliche und die Konklusion über Liebe und menschliches Verhalten in Bezug auf die Figur der Lulu untersucht.
Schlüsselwörter
Frank Wedekind, „Lulu“, Tragödie, Skandal, Zensur, wilhelminische Epoche, Sexualität, Moral, Gesellschaft, Geschlechterkampf, Emanzipation, Natur, Kultur, bürgerliche Moral, „Erdgeist“, „Die Büchse der Pandora“.
- Citation du texte
- Dustin Runkel (Auteur), 2017, Sex sells? Die Wedekind’sche "Lulu"-Tragödie und ihre Kollision mit der Moralrigidität des Deutschen Kaiserreichs, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/925414