Anforderungen an die Kosten- und Leistungsrechnung, dargestellt am praktischen Beispiel einer Einrichtung der Behindertenhilfe


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2007

38 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1.) Betriebswirtschaftliche Herausforderungen in der Freien Wohlfahrtspflege

2.) Hauptaufgaben der Kosten- und Leistungsrechnung
2.1) Aufbau und Verfahren bei Kosten- und Leistungsrechnungen
2.2) Grundlagen der Finanzierung von Einrichtungen der Eingliederungshilfe
2.3) Dokumentation in Einrichtungen der Eingliederungshilfe

3.) Anforderungen an eine Kosten- und Leistungsrechnung in stationären Einrichtungen
3.1) Aufbau einer Kosten- und Leistungsrechnung an einem praktischen Beispiel
3.1.1) Beschreibung der Einrichtung
3.1.2) Benennung von Leistungen
3.1.3) Erstellen eines Katalogs
3.1.4) Kostenarten- und Kostenstellenrechnung
3.1.5) Kriterien zur Auswahl des Verfahrens

4.) Fazit

Literaturverzeichnis:

1.) Betriebswirtschaftliche Herausforderungen in der Freien Wohlfahrtspflege

Die Freie Wohlfahrtspflege in Deutschland steht aufgrund aktueller Entwicklungen auf nationaler und europäischer Ebene vor existentiellen Herausforderungen. Seit Verabschiedung des Pflegeversicherungsgesetzes im Jahr 1994 und der Novellierung des BSHG im Jahr 1996 findet eine „wettbewerbliche Neuformierung einer sozialen Infrastruktur statt“[1], eine neue betriebswirtschaftliche Logik setzt sich zunehmend durch. Auf dem Hintergrund der Abkehr von der bisherigen Zuwendungsfinanzierung und der Notwendigkeit Leistungs- und Entgeltvereinbarungen abzuschließen, setzen sich Verbände mit der Frage auseinander, wie Leistungs- und Qualitätsziele optimal definiert und erreicht werden können. Sie sind dazu angehalten, Kostenrechnungen prospektiv zu erstellen, um der Forderung nach einer Senkung der Betriebskosten gerecht zu werden. Soziale Organisationen setzen sich in diesem Kontext mit Konzepten der Kundenorientierung, Transparenz und Out-Put-Steuerung auseinander. Öffentlich debattiert werden die Themen Subjektförderung, Nutzersouveränität und Verbraucherschutz. Nach BOESSENECKER wird sich die Perspektive der Nutzer sozialer Dienstleistungen dahingehend verändern, dass die eigene Lebensführung verbessert werden soll bei einem angemessenen Verhältnis von Kosten und Nutzen.

Im Zusammenhang mit der Diskussion um Kostendämpfung in der Eingliederungshilfe werden neue flexiblere Formen der Leistungsfinanzierung, wie z.B. Fachleistungsstunden oder Modularisierung stationärer Leistungen diskutiert. Neue Formen der Finanzierung von Leistungen setzen voraus, dass stationäre Gesamtleistungen in einem nachfrageorientierten Angebotskatalog differenziert und mit Preisen hinterlegt werden. Insbesondere durch die Einführung des neuen Steuerungselements ´Persönliches Budget´ nach SGB IX wird eine stärkere Orientierung an den individuellen Wünschen des Nutzers unabdingbar. Leistungserbringer müssen Angebote künftig flexibler gestalten, indem diversifizierte Leistungspakete bereitgestellt werden, die auch als Einzelangebote abrufbar sein können. Im Bereich der Altenpflege erscheint aufgrund gesellschaftlich veränderter Rahmenbedingungen „absehbar, dass der traditionelle Heimbereich zukünftig nur noch Teil einer Reihe vernetzter Leistungsangebote / Institutionen sein wird, die entsprechend den Anforderungen der Kunden auszurichten sind und alle ihre Existenzberechtigung haben.“[2] Inwieweit sich das Persönliche Budget dahingehend in Deutschland etabliert, dass diese Entwicklung auch in der Behindertenhilfe einsetzt, ist derzeit noch nicht absehbar. Positive Erfahrungen aus europäischen Nachbarländern, in denen sich das Persönliche Budget mit steigendem Bekanntheitsgrad rasant durchsetzt, lassen jedoch Mutmaßungen zu. Im Rahmen einer Umfrage innerhalb der AWO Bezirksverbände in Baden und in Württemberg wurde eruiert, worin die Chancen und Risiken des Persönlichen Budgets liegen[3]. Ein Ergebnis ist, dass sich die AWO auf den Weg machen muss, das neue Leistungsprinzip in bestehende Netzwerke und Angebote zu implementieren. Ein wesentlicher Aspekt, der sich dabei herauskristallisierte, ist die Erkenntnis, dass es dazu im Vorfeld einiger Aktivitäten bedarf. Beispielsweise müssen Leistungen auseinander dividiert, benannt und mit Preisen hinterlegt werden - dafür müssen geeignete betriebswirtschaftliche Instrumente gefunden werden. In einer Arbeits-gruppe haben sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter innerhalb der beiden AWO Bezirksver-bände mit der Ausdifferenzierung von Leistungsangeboten beschäftigt, um eine Grundlage für die Erstellung einer Leistungsbeschreibung für die jeweilige Einrichtung zu haben. Einzelne Einrichtungen haben begonnen, Leistungen näher zu durchleuchten und differenzierter zu beschreiben. Ein wesentliches Ziel des neuen Steuerungselements ist Kostenersparnis, die durch die Vermeidung stationärer Unterbringung und der Bevorzugung ambulanter Angebote erzielt werden soll.[4] Jedoch schließt stationäres Wohnen nicht die Inanspruchnahme einer Geldleistung in Form des Persönlichen Budgets aus, was in diversen Modellversuchen beleuchtet wird.[5] Auch die Lebenshilfe beschäftigt sich in einer Abhandlung mit der Angebots- und Preisgestaltung in Hinblick auf das neue Instrument. Dabei werden Träger angeregt, Leistungsangebote orientiert an den Items des H.M.B.-W - Verfahrens nach Frau Dr. Metzler zu definieren und diese wiederum in Leistungsmodulen zusammenzufassen.[6] Die Erstellung einer beispielhaften Kosten- und Leistungsrechnung für eine stationäre Einrichtung der Behindertenhilfe, drängt sich, auch in Hinblick auf die neuen betriebswirtschaftlichen Anforderungen in Sozialunternehmen, nahezu auf. Leistungserbringer sehen die Notwendigkeit, Leistungen nicht nur zu benennen, sondern auch mit Preisen zu hinterlegen. Dieser Preisfindungsprozess setzt voraus, dass die realen Kosten erst einmal sichtbar werden.

2.) Hauptaufgaben der Kosten- und Leistungsrechnung

Eine Kosten- und Leistungsrechnung hat den Zweck das jeweilige Unternehmen zu steuern. Sie ist an keine gesetzlichen Vorgaben gebunden und kann demnach an die jeweiligen Erfordernisse der Einrichtung angepasst werden. Sie spielt eine wesentliche Rolle bei der Betriebsergebnisrechnung: die Kosten- und Leistungsrechnung kann differenzierter ausgestaltet werden, da sie weniger für die Interessen Externer angelegt wird, sondern tatsächliche Kosten für interne Zwecke analysiert. Mit ihrer Hilfe können Veränderungen innerhalb eines Leistungserstellungsprozesses beleuchtet und so Entscheidungen bezüglich des Angebotspreises, der Leistungsmenge und des Leistungsangebots, vereinfacht werden.

Sie kann den Erfolg kurzfristig ermitteln durch den Vergleich der anfallenden Kosten mit den erzielbaren Erlösen. Mit ihrer Hilfe kann die jeweilige Einrichtung leistungsgerechte Entgelte kalkulieren, was insbesondere für Pflegesatzverhandlungen von Bedeutung ist.[7] Sie ist weiterhin wichtige Informationsquelle und Grundlage für ein Controlling-System, das als Planungs-, Steuerungs- und Kontrollsystem benötigt wird.[8] Die Hauptaufgaben der Kosten- und Leistungsrechnung liegen in der Kontrolle der Wirtschaftlichkeit, da Ursachen von Abweichungen deutlich werden.

2.1) Aufbau und Verfahren bei Kosten- und Leistungsrechnungen

Jedes Kostenrechnungssystem besteht aus drei Teilsystemen und orientiert sich an folgendem Ablaufschema: Zuerst erfolgt die Kostenartenrechnung, die der Zusammenfassung und Gliederung aller im Laufe der jeweiligen Abrechnungsperiode entstandenen Kosten dient (z.B. Personal- und Materialkosten, Abschreibungen). Sie soll angeben, welche Kosten in einer stationären Einrichtung entstehen werden oder entstanden sind. In einem zweiten Schritt werden in einer Kostenstellenrechnung die Kosten auf die Betriebsbereiche verteilt, in denen sie angefallen sind. Gefragt wird dabei, an welchen Stellen oder wo die Kosten ange-fallen sind. Hauptaufgaben der Kostenstellenrechnung sind die Kostenermittlungs- und Kostenkontrollfunktion. Dies erfordert die verursachungsgerechte Zuordnung der Kosten auf die Kostenstellen, sowie eine Kostenverteilung zwischen den Kostenstellen im Rahmen einer innerbetrieblichen Leistungsverrechnung. Dabei geht es nach SCHELLBERG bei sozialen Organisationen vorrangig um die Verteilung der Gemeinkosten.[9] Die Stufe der Kostenstellenrechnung ist in der Praxis für stationäre Einrichtungen häufig irrelevant, da der Aufwand nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen steht. In der weiteren Stufe wird in einer Kostenträgerrechnung (anders auch Kalkulation oder Selbstkostenrechnung genannt) ermittelt, wofür die Kosten entstanden sind. In der Variante einer Kostenträgerzeitrechnung wird der Betriebserfolg einer Rechnungsperiode ermittelt. In dieser dritten Stufe werden die Kosten auf die einzelnen Kostenträger oder Produkte, z.B. Dienstleistungen, verteilt.[10] Je nach Fragestellung können verschiedene Kostenrechnungssysteme zum Einsatz kommen, die sich nach dem zeitlichen Bezug und dem Umfang der Kosten unterscheiden lassen. Beim zeitlichen Bezug kommen Ist- oder Plan-Kostenrechnungen zum Einsatz. Steht die Frage nach dem Umfang der Kosten im Vordergrund, wird die Voll- bzw. Teilkostenrechnung oder Deckungsbeitragsrechnung angewandt.

In der Kostenartenrechnung werden die Kostenarten nach Art der eingesetzten Produktionsfaktoren (z.B. Personalkosten), dem Kostenverhalten (z.B. bei Beschäftigungsschwankungen) und den Möglichkeiten der Kostenzuordnung differenziert. Der Kostenartenplan bestimmt somit Gliederungsmerkmale für grundsätzliche Daten und hat entsprechend großen Einfluss auf die weitere Behandlung der Kosten. Die Kostenart ´Personalkosten´ (v.a. Gehälter, Per-sonalzusatzkosten, Kosten der Personalverwaltung) verursacht erfahrungsgemäß in stationären Einrichtungen die größten Kosten. Der Anteil liegt durchschnittlich bei ca. 70%. Unter die Rubrik Kostenarten fallen weiterhin Material- und Investitionskosten, sowie Abschreibungen. Beim Kostenverhalten können fixe und variable Kosten, die häufig identisch sind mit Grenzkosten, unterschieden werden. Variable Kosten sind Kosten, die im Gegensatz zu Fixkosten auf die Veränderung des Beschäftigungsgrades reagieren. Fixkosten, wie z.B. Grundgebühren, Personalkosten fest angestellter Mitarbeiter, sind jedoch nur für einen bestimmten Zeitpunkt fix, deshalb können sie auch als zeitabhängige Fixkosten bezeichnet werden. Bei der Trennung in variable und fixe Kosten ist zu hinterfragen, ob die Bezugsgröße in der jeweiligen Einrichtung die Zahl der Belegungstage oder die Zahl der eingerichteten Plätze bzw. die Größe des Hauses darstellt.

Die Gesamtkosten einer Einrichtung werden in einzelne Kostenbestandteile zerlegt und auf die Variabilität hin untersucht. Weiterhin sind Einzel- und Gemeinkosten zu unterscheiden. Typische Einzelkosten sind Personalkosten von Mitarbeitern, die direkt mit dem Klienten arbeiten. Verwaltungs- und Leitungskosten sind Beispiele für Gemeinkosten, wobei es hier häufig auf die Zuordnung und die Definition ankommt. Eine Aufteilung in Einzel- und Gemeinkosten ist auch innerhalb eines Kontos ist möglich, z.B. wenn die Leitung auch zu 50% in der Betreuung tätig ist. Nach SCHELLBERG werden umso mehr Kosten den Gemeinkosten zugerechnet, je weniger einzelne Leistungen beschrieben sind. Dabei dürften „Gemeinkosten…eines der zentralen Probleme öffentlicher und sozialer Dienstleistungsbetriebe sein: Ungenaue Zielbestimmung, unklare Messbarkeit und dementsprechend hoher Gemeinkostenanteil!“[11] Quelle für die Kostenarten ist in der Regel die Buchhaltung.

In der Kostenstellenrechnung werden die Kostenarten den einzelnen Kostenstellen zum Zweck der genaueren Kalkulierbarkeit von Leistungen zugeordnet. Die Kosten werden somit einzelnen Kostenverantwortungsbereichen oder Leistungsstellenbereichen zugewiesen. Dabei können Gemeinkosten genauer differenziert werden in so genannte Kostenträger-Einzelkosten, die direkt der einzelnen Leistung zurechenbar sind (z.B. eine Betreuungsstunde) oder Kostenstellen-Einzelkosten (z.B. Wasserkosten je Wohnbereich), die sich einer einzelnen Kostenstelle zuordnen lassen. Kostenstellen-Gemeinkosten (z.B. Hausleitung) hingegen gelten über mehrere Kostenstellen hinweg. Sie müssen über indirekte Verfahren bzw. Verteilungsschlüssel zuerst den Kostenstellen und anschließend den Kostenträgern zugeordnet werden. Zur Durchführung der Kostenstellenrechnung wird häufig ein Betriebsabrechnungsbogen angelegt, in dem die Kostenarten auf die Kostenstellen verteilt werden, in denen sie angefallen sind und dort in Gemein- (bzw. Vor-) und Endkostenstellen unterschieden werden. Zunächst müssen Leistungen der Gemeinkostenstellen definiert werden, um sie einer Steuerung unterwerfen zu können; erst in einem nächsten Schritt geht es darum, einen Preis für die jeweilige Leistung festzulegen.

Die Kostenträgerrechnung übernimmt die Einzelkosten aus der Kostenartenrechnung und die Gemeinkosten aus der Kostenstellenrechnung und erfasst die Leistungen. Hier wird der leistungsbezogene Erfolg sichtbar, indem die Kosten der jeweiligen Kostenträger ermittelt werden. Aus diesem Bereich können im Anschluss Informationen für eine künftige Preis- und Programmpolitik gezogen werden. Sie gibt Aufschluss über Auswirkungen von Prozessänderungen. Kostenträger sind Leistungen, die den Geschäftszweck des Unternehmens beschreiben und deren Erstellung die Kosten verursacht hat, z.B. Fachleistungsstunde, Belegungstag, Rufbereitschaft, Dienstleistungen. Ein wichtiges Kriterium bei der Kosten-trägerdefinition bildet dabei die Abrechenbarkeit. Prinzipiell ist zu diskutieren, ob nicht jede zu erbringende Dienstleistung einen eigenen Kostenträger darstellt und neu kalkuliert werden sollte. SCHELLBERG empfiehlt eher eine Zerlegung in sich wiederholende Module, die wiederum als individuelle Dienstleistungen kombinierbar werden. Eine denkbare Definition für Kostenträger wären beispielsweise einzelne Arbeitsstunden mit direktem Kundenkontakt als Bezugsgrößen, was dem häufigen Prinzip der Zeitabrechnung entspricht. Die Kostenträgerrechnung, auch Kostenträgerstückrechnung genannt, stellt dar, wofür welche Kosten entstehen. Sie kann bei der Ermittlung leistungsgerechter Entgelte unterstützen, indem sie Kosten ermittelt, die durch die Erstellung und den Absatz einer Einheit eines Kostenträgers verursacht werden. Dabei gibt es verschiedene Kalkulationsverfahren wie die Divisions- und die Zuschlagskalkulation. Die einfachste Methode der Kostenträgerstückrechnung ist die Divisionskalkulation, bei der die angefallenen Kosten einer Periode durch eine einfache Division auf die im gleichen Zeitraum erstellten Leistungen verteilt werden. Sie bietet sich an in Betrieben mit einem oder wenigen gleichartigen Erzeugnissen und ermöglicht eine kostenorientierte Gebührenkalkulation. Dabei wird unterschieden zwischen der einstufigen und der mehrstufigen Divisionskalkulation, sowie der Äquivalenzzifferkalkulation und der Zuschlagskalkulation. Bei einer Divisionskalkulation ist zu überlegen, welche Bezugsbasis gewählt wird: die Kapazität im Sinne einer maximal möglichen Beschäftigung, der optimale Kapazitätsauslastungsgrad oder die geplante, durchschnittliche oder tatsächliche Auslastung. So können zum Beispiel die Kosten je Einheit anhand der tatsächlichen Kapazitätsauslastung berechnet werden. Die Abweichung wird als Veränderung der Stückkosten realisiert. Nach SCHELLBERG ist die Divisionskalkulation kein geeignetes Verfahren für soziale Einrichtungen, wenn Schwankungen sich im Zeitverlauf nicht unbedingt ausgleichen, z.B. bezüglich der Auslastung oder wenn Leistungen unter Konkurrenzbedingungen angeboten werden.

Bei der Zuschlagskalkulation werden Einzel- und Gemeinkosten getrennt und im Anschluss wird den Einzelkosten ein Gemeinkostenzuschlag zugeschlagen. Sie wird angewendet, wenn in einer Einrichtung verschiedene Leistungen (Produkte) in mehrstufigen Produktionsabläufen bei unterschiedlicher Kostenverursachung produziert werden. Jedes Produkt wird mit den Kosten belastet, die es tatsächlich verursacht hat.[12] Die Zuschlagskalkulation ist einfacher zu handhaben als die Äquivalenzzifferrechnung. Die Formel lautet: Einzelkosten plus Gemein-kostenzuschlag entspricht den Gesamtkosten.

Die Kostenträgerzeitrechnung, die im Prinzip einer Stundensatzkalkulation entspricht, ermittelt die angefallenen Kosten für die bearbeiteten Kostenträger in einer Abrechnungsperiode und wird so ggf. zu einer Erfolgs- oder Ergebnisrechnung. Sie berücksichtigt allerdings nicht die durch einzelne Kostenträger verursachten Kosten oder Erträge.[13]

Bei den bisher beschriebenen Verfahren handelt es sich in der Regel um Kalkulationen auf Vollkostenbasis, bei denen Kosten vollständig erfasst und Gesamtkosten eines Kostenträgers abgebildet werden. Hierbei stellt sich das Problem der Verteilung nicht zurechenbarer Kosten (Gemeinkosten) auf Kostenstellen, die mit Hilfe eines Betriebsabrechnungsbogens zu lösen versucht wird. Der gewählte Umlageschlüssel kann jedoch nur eine Annäherung an die Realität abbilden. Ebenso problematisch ist bei den genannten Verfahren die Ermittlung der Kosten, die möglichst adäquat dem einzelnen Kostenträger zugeordnet werden sollen mit Hilfe einer Divisions- oder Zuschlagskalkulation. Dabei wird von variablen Gemeinkosten ausgegangen, die auf die Kostenträger umgelegt werden.

Die Deckungsbeitragsrechnung bietet hierfür einen anderen Lösungsansatz, indem sie Gemeinkosten und Einzelkosten als Kostenbereiche trennt. Sie „geht von einem gegebenen Preis aus und beantwortet die Frage, welchen Beitrag der Verkauf ...der Leistung zur Deckung der Fixkosten und zum Gewinn liefert.“[14] Dabei geht sie vom gegebenen Preis aus, der der Einrichtung, z.B. durch vereinbarte Pauschalen, vorgegeben wird, zieht davon die direkt abrechenbaren Kosten ab und als Rest verbleibt der so genannte Deckungsbeitrag. Dabei wird zwischen direkt zurechenbaren (Einzel-) Kosten und nicht direkt zurechenbaren (Gemein-) Kosten unterschieden, wobei diese wiederum in fixe und variable Kostenbestandteile aufgelöst werden: der Deckungsbeitrag entspricht dem Preis bei Abzug der variablen Kosten. Die Deckungsbeitragsrechnung verteilt nicht wie die Vollkostenrechnung Fixkosten, sondern prüft, ob nach Abzug von variablen Kosten noch ein Beitrag zur Deckung der Fixkosten übrig bleibt. In der einstufigen Deckungsbeitragsrechnung werden sämtliche Fixkosten einer Periode im Block den Deckungsbeiträgen der betreffenden Periode gegenübergestellt. In der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung versucht man, „den Fixkostenblock aufzuspalten und Teile der Fixkosten zwar nicht einzelnen Kostenträgern, wohl aber der Gesamtstückzahl einer Produktart oder einer Produktgruppe, einer Kostenstelle oder einem ganzen Unternehmensbereich zuzuordnen.“[15] So können in den einzelnen Verantwortungsbereichen Erfolge einzeln bewertet werden. Sie setzt voraus, dass Fixkosten prinzipiell abbaubar sind. Es gilt die Entscheidungsregel, dass alle Aufträge akzeptabel sind, bei denen der Deckungsbeitrag positiv ausfällt. Ein eventueller Engpass wird mit Leistungen belegt, die den höchsten Deckungsbeitrag je Beanspruchungseinheit erzielen.

Bei der Plankostenrechnung handelt es sich um eine vorausschauende Berechnung nach folgendem Schema: In einer Vorrechnung (Plankostenrechnung im eigentlichen Sinne) werden die voraussichtlichen Kosten künftiger Perioden ermittelt. In der Istkostenrechnung, anders auch Nachrechnung genannt, werden anschließend die tatsächlich angefallenen Kosten ermittelt. In der dritten Stufe wird durch eine Abweichungsanalyse versucht, Anhaltspunkte für die Abweichungsursachen zu finden. Dabei werden Plan- und Istgrößen miteinander in Verbindung gesetzt, mögliche Abweichungsursachen isoliert, um so ihren Einfluss auf die Abweichung (z.B. Preis-, Verbrauchs- oder Beschäftigungsabweichung) einschätzen zu können.

In einer Prozesskostenrechnung wird ein gänzlich anderer Ansatz als in den bisher genannten Verfahren verfolgt. Sie „knüpft an einzelnen Tätigkeiten (Geschäftsprozessen) an und definiert die Leistung (Kostenträger) als eine Folge von Prozessschritten. Damit werden den Kostenstellen jeweils einzelne Geschäftsprozesse zugeordnet und diese dann zu Leistungen zusammengesetzt. Hieraus erhält man die Kosten der Leistung in Form von Prozesskosten.“[16] Vorteil ist die Transparenz von (Teil-) Prozessen in Gemeinkostenbereichen, da sowohl Gemein- als auch Einzelkostenbereiche einbezogen werden. Durch die Verzahnung einzelner Bereiche wird kostenmäßig eine Ablauf- oder Prozessplanung abgebildet. PORTER beschreibt die Prozesskostenrechnung mit einer „Wertschöpfungskette“, die aus einer Abfolge von Aktivitäten besteht, die gemeinsam eine Leistung beschreiben.[17] Durch die Aggregation der einzelnen Teilprozesskosten können dann die Kosten einer Leistung ermittelt werden. Nach SCHELLBERG ist die Prozesskostenrechnung die kostenrechnerische Umsetzung einer konsequenten Kundenorientierung, weil durch sie die gesamte Organisation durch Leistungen für den Kunden definiert wird. Seiner Meinung nach ist der Einsatz der Pro-zesskostenrechnung sinnvoll, wenn mehrere Leistungen angeboten werden, die in regelmäßigen Prozessabläufen existieren, wenn mit jeder Leistung mehrere Organisationseinheiten oder Kostenstellen angesprochen werden und der Gemeinkostenbereich groß und weitgehend unerforscht ist. Sie ist ein geeignetes Verfahren für die Leistungskalkulation im Rahmen einer outputorientierten Steuerung.

[...]


[1] Vgl. Prof. Dr. Boeßenecker, Karl-Heinz: Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege (2005), Seite 281

[2] Vgl. Prof. Dr. Holdenrieder, Jürgen: Unternehmensplanung. Die Strategie entscheidet. Managementkonzepte für stationäre Einrichtungen der Altenhilfe. Die Schwester Der Pfleger, 44. Jg. 4/05

[3] Vgl. AWO Baden: Chancen und Risiken des Persönlichen Budgets als neues Steuerungs-prinzip zur Leistungserbringung. Kontroversen und Debatten innerhalb der AWO. Karlsruhe, 4/2007

[4] Vgl. §17 Absatz 3 Satz 4, Praxiskommentar Harry Fuchs, siehe www.sgb-ix-umsetzen.de

[5] Vgl. Modellprojekt PerLe (Personenbezogene Unterstützung und Lebensqualität) im Wohnheim am Stadtring des Stiftungsbereichs Behindertenhilfe, Universität Dortmund

[6] Vgl. Arbeitshilfe „Umsetzung des Persönlichen Budgets im Wohnbereich“, Landesverband Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung e.V. Baden-Württemberg, verabschiedet 1/2007

[7] Vgl. Prof. Dr. Schierenbeck, Henner: Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, 1995, S. 613 f.

[8] Vgl. Eschenbach, Rolf: Nutzung der Kostenrechnung durch Controlling, 1997, S. 170 f.

[9] Vgl. Prof. Dr. Schellberg, Klaus: Grundlagen der Kosten- und Leistungsrechnung, Seite 11

[10] Vgl. Aufbau einer Kostenträgerrechnung für Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege mit Schwerpunkt auf Einrichtungen nach SGB XI. Wissenschaftliche Arbeit für den AK Finanzen. Schriftenreihe Theorie und Praxis 2001, Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V.

[11] Vgl. Prof. Dr. Schellberg, Klaus: Grundlagen der Kosten- und Leistungsrechnung, Seite 27

[12] Vgl. Prof. Dr. Wöhe, Günter: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre.

[13] Vgl. Prof. Dr. Schellberg, Klaus: Grundlagen der Kosten- und Leistungsrechnung, Seite 55

[14] Vgl. Prof. Dr. Schellberg, Klaus: Moderne Verfahren der Kostenrechnung und des Kosten- managements, Seite 11

[15] Vgl. Prof. Dr. Wöhe, Günter: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre,

[16] Vgl. Prof. Dr. Schellberg: Moderne Verfahren der Kostenrechnung und des Kosten- managements, Seite 31

[17] ebenda, Seite 33

Fin de l'extrait de 38 pages

Résumé des informations

Titre
Anforderungen an die Kosten- und Leistungsrechnung, dargestellt am praktischen Beispiel einer Einrichtung der Behindertenhilfe
Université
Alice Salomon University of Applied Sciences Berlin AS
Cours
Alice-Salomon Fachhochschule Berlin, Masterstudiengang Sozialmanagement
Note
1,3
Auteur
Année
2007
Pages
38
N° de catalogue
V92566
ISBN (ebook)
9783640165032
Taille d'un fichier
564 KB
Langue
allemand
Annotations
Der betreuende Dozent ist einverstanden mit der Veröffentlichung des Textes. Von Seiten der FH bestehen keine Einschränkungen in der Prüfverordnung zur Veröffentlichung.
Mots clés
Anforderungen, Kosten-, Leistungsrechnung, Beispiel, Einrichtung, Behindertenhilfe, Alice-Salomon, Fachhochschule, Berlin, Masterstudiengang, Sozialmanagement
Citation du texte
Ute Dahm (Auteur), 2007, Anforderungen an die Kosten- und Leistungsrechnung, dargestellt am praktischen Beispiel einer Einrichtung der Behindertenhilfe, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92566

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