Die Arbeit befaßt sich mit einem entscheidenden Wendepunkt in der Philosophiegeschichte; sie zeigt die umwälzende Neuerung im Denken der antiken Philosophie, die durch Parmenides von Elea entwickelt und vertreten wird. Erstmals wird der univoke Seinsbegriff postuliert. Damit ist eine Grundlage geschaffen, hinter die nicht mehr zurückgedacht werden kann und die nachfolgenden Philosophen nicht vernachlässigbare Erklärungsansätze vorgibt. Mit Parmenides wird endgültig der Bereich der Naturphilosophie verlassen.
Die Arbeit soll unter Vermeidung tempozentristischer Betrachtungsweisen zeigen, was Parmenides zu seinen Erkenntnissen geführt hat, worauf er aufbauen konnte und welche Bedeutung seine Lehre für die weitere Entwicklung der Philosophie hatte. Ziel ist es, eine tragfähige Grundlage für die Wertung und Einordnung der Philosophie Parmenides’ zu erarbeiten. Methodisch wird dabei so vorgegangen, daß unter Zuhilfenahme ausgewiesener Sekundärliteratur die primären Quellen in einer Weise untersucht werden, die wissenschaftlicher Übung entspricht, wobei das Werk selbst gleichsam als Folie über den Quellen liegt.
Auf diese Weise wird untersucht, ob das Werk in seinen Darlegungen und Folgerungen kohärent und umfassend ist sowie, ob es in seinen Schlüssen korrekt und frei von Widersprüchen, ob es im Ergebnis also konsistent ist.
Der Autor studiert an der Leibniz Universität Hannover Philosophie und Geschichte - Schwerpunkt Alte Geschichte. Dabei wurde die vorliegende Arbeit als Seminararbeit verfaßt und vorgelegt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung, Grundlegungen
1.1 Hinführung zum Thema
1.2 Zweck und Ziel der Arbeit, Methodik
2. Vita und philosophische Entwicklung
2.1 Lebensdaten, Erziehung, Umfeld
2.2 Philosophische Entwicklung
3. Das philosophische Werk
4. Zur Rezeptionsgeschichte
4.1 Die Zeitgenossen
4.2 Nachwirken bis in die zeitgeschichtliche Philosophie
5. Schluß
6. Quellenverzeichnis
1. Einleitung, Grundlegungen
1.1 Hinführung zum Thema
Ein Philosoph, der nicht zu kontroversen Diskussionen veranlaßt, ist kein Philosoph! Im stillen Kämmerlein mag so mancher großartige Gedankengebäude errichten; aber zur Wissenschaft werden die Theorien erst, wenn man seine Gedanken offenlegt-wenn man sich der Fachöffentlichkeit stellt. Wenn man dann einhelliges Lob und uneingeschränkte Zustimmung von seinen Kritikern erfährt, kann man sicher sein, etwas falsch gemacht zu haben. Denn selbst die großartigsten und aufsehenerregendsten Lehren werden im Normalfall sowohl Zustimmung als auch Ablehnung erfahren; dazu ist das Meinungsspektrum der Fachkollegenschaft einfach zu weit gefächert–und das ist auch normal und gut so.
Auch Parmenides ging es nicht anders. Die Reaktionen auf seine Lehren reichten nicht nur bei seinen Zeitgenossen, sondern bis in unsere Tage von totaler Ablehnung über sachlich-trockene Akzeptanz bis hin zu begeisterter Zustimmung. Man ist versucht, an den Satz „Von der Parteien Gunst und Haß verwirrt, schwankt sein Charakterbild in der Geschichte“[1] zu denken. In seiner Zeit jedenfalls wurde er eigentlich nur von seinem Schüler, Adoptivsohn und Geliebten[2] Zenon von Elea, von dem noch zu berichten sein wird, mit Verve verteidigt–und später von Platon, der auf seinen Lehren aufbaute.
In jedem Falle erscheint die Figur Parmenides, erscheinen seine philosophischen Erkenntnisse so spannend und für die Entwicklung der Philosophie so bedeutend, daß es allemal lohnt, sich mit Parmenides eingehend zu befassen und bei der Kritik seiner Lehren etwas tiefer zu graben, wenngleich der für eine Seminararbeit gesetzte Rahmen leider nur eine ansatzweise Bearbeitung zuläßt.
1.2 Zweck und Ziel der Arbeit, Methodik
Die Arbeit soll unter Vermeidung tempozentristischer Betrachtungsweisen zeigen, was Parmenides zu seinen Erkenntnissen geführt hat, worauf er aufbauen konnte und welche Bedeutung seine Lehre für die weitere Entwicklung der Philosophie hatte. Ziel ist es, eine tragfähige Grundlage für die Wertung und Einordnung der Philosophie Parmenides’ zu erarbeiten. Methodisch soll dabei so vorgegangen werden, daß unter Zuhilfenahme ausgewiesener Sekundärliteratur die primären Quellen in einer Weise untersucht werden, die wissenschaftlicher Übung entspricht, wobei das Werk selbst gleichsam als Folie über den Quellen liegt.
Auf diese Weise wird untersucht, ob das Werk in seinen Darlegungen und Folgerungen kohärent und umfassend ist sowie, ob es in seinen Schlüssen korrekt und frei von Widersprüchen, ob es im Ergebnis also konsistent ist.
2. Vita und philosophische Entwicklung
2.1 Lebensdaten, Erziehung, Umfeld
Schon um die Lebensdaten Parmenides’ ranken sich Zweifel und Unsicherheiten. So findet man in der Literatur zwei voneinander abweichende Angaben, nämlich 540-470 oder 515-445 vor Christus. Nach DK 28 A 1 wären die erstgenannten Lebensdaten zutreffend.[3] Dem steht Platons Festlegung gegenüber. In der Eingangsszene seines Parmenides-Dialogs beschreibt er ein Treffen, das man im heutigen Sprachstil wohl als „Griechischen Philosophentag“ bezeichnen könnte.[4] Danach wäre die zweite Angabe richtig. Wegen der ausführlichen und exakten Darlegung, die Platon uns gibt, geht die ganz überwiegend herrschende Meinung davon aus, daß Parmenides etwa von 515 bis 445 v. Chr. gelebt hat. Sehr kritisch zeigt sich hierzu allerdings Mansfeld, der vom „Herunterdatieren“ des Paares Parmenides/Zenon und „Heraufdatieren“ Sokrates’ durch Platon spricht.[5]
Parmenides – ein Zeitgenosse Heraklits – wurde als Parmenaides von Hyele[6] in Elea in Süditalien – heute als Velia bekannt – geboren. Die Stadtgründung um 540 v. Chr. war Teil einer griechischen Kolonisation, die etwa im 11. vorchristlichen Jahrhundert ihren Anfang genommen hatte, als viele Griechen wegen der in Griechenland herrschenden politischen Verhältnisse und der von außen drohenden ständigen Gefährdung durch die Perser ihr Mutterland verließen, um sich am Tyrrhenischen Meer anzusiedeln. Die Stadt verfiel später und ist seit einiger Zeit Objekt archäologischer Forschung.
Parmenides war Sproß einer arrivierten Ärztefamilie, war also aus „gutem Hause.“ Wie meist in seiner Zeit, war ihm damit eigentlich eine glänzende Karriere im politischen Bereich vorgezeichnet. Nun, Parmenides war ohne Zweifel auch politisch aktiv; unbestätigte und damit nicht zitierfähige Quellen berichten, daß er eine Zeit lang sogar Bürgermeister von Elea gewesen ist. Auch als „Verfassungsrechtler“ soll er sich betätigt haben. Aber der Schwerpunkt seiner Betätigung hat sich mehr und mehr auf die Philosophie verlagert.
2.2 Philosophische Entwicklung
Parmenides wird als der Begründer der Ontologie[7] bezeichnet, womit er, von der Naturphilosophie her betrachtet, eine neue Entwicklung im philosophischen Denken einläutet. Die Frage ist daher, wie ist Parmenides zu seiner Lehre gekommen, und wer waren seine Lehrer?
Folgt man Diogenes Laertios, so waren Xenophanes von Kolophon, Anaximander und Ameinias von den Pythagoreern seine Lehrmeister.[8] Hinsichtlich Xenophanes dürften Zweifel nicht angebracht sein. Nicht nur gilt Diogenes Laertios gemeinhin als zuverlässige Quelle; auch die Tatsache, daß Parmenides und Xenophanes nahezu zeitgleich an demselben kleinen Ort gelebt und gewirkt haben, bestätigt die Angaben Diogenes Laertios’. Damit ist noch nicht gesagt, daß Parmenides von Xenophanes’ Lehren überzeugt war und sie als für ihn gültige Lehrmeinung übernommen hat.
Anaximander als Lehrmeister zu sehen, ist nicht unproblematisch. Beide – Parmenides und Anaximander – lebten räumlich weit auseinander und dürften wohl kaum direkten Kontakt gehabt haben; wohl ist aber davon auszugehen, daß Parmenides die Lehren Anaximanders, wie auch die der übrigen Milesier, gekannt hat. Möglicherweise ist die Angabe bei Diogenes Laertios in diesem Sinne zu verstehen.
Noch anders verhält es sich mit Ameinias, dem Pythagoreer. Auch zu ihm gibt es bei Diogenes Laertios Hinweise. So wird „ein armer, aber ganz vortrefflicher Mann namens Ameinias als sein Lehrer bezeichnet, dem er sich enger anschloß.“[9] Daraus läßt sich ein besonderes Verhältnis ableiten, das über ein (heute) übliches Lehrer-Schüler-Verhältnis hinausging, aber vielleicht trotzdem (oder deshalb?) besonderes Gewicht für die philosophische Reifung Parmenides’ hatte. Der Kontakt zu den Pythagoreern ist ohnedies als unzweifelhaft anzunehmen, denn diese besaßen zu jener Zeit und in jenem Raum große Geltung.
An welchem Lehrer man die Entwicklung und die Reifung der grundlegenden Philosophie Parmenides’ auch immer festmachen will, so steht doch eines fest: Seine Philosophie ist untrennbar mit der Schule von Elea verbunden, die etwa 500 Jahre nach der Stadtgründung von Xenophanes eingerichtet wurde. Nach Platon hat „unser eleatisches Volk“ (und damit die eleatische Philosophie) mit Xenophanes begonnen.“[10] Hier liegen letztlich die Wurzeln der parmenideischen Philosophie.
3. Das philosophische Werk
Parmenides hat sein Denken und seine Erkenntnisse in einem Lehrgedicht niedergelegt, von dem leider nur etwa die Hälfte in fragmentarischer Form überliefert ist. Die Schrift trägt den Titel ΠΕΡΙ ΦΥΣΕΩΣ (Peri physeos). Mit diesem nicht sehr umfänglichen Werk begann eine neue Epoche[11] der Philosophie.
Das Werk gliedert sich in ein Proömium, sodann in einen ersten Teil, der die Ontologie Parmenides’ darlegt und einen zweiten Teil, der – etwas überraschend - wieder in die Kosmogonie und Kosmologie zurückgeht, indem er die Meinungen der Sterblichen ausbreitet.[12] Von diesem zweiten Teil ist höchstens ein Zehntel erhalten.[13]
[...]
[1] Schiller: Wallenstein, Prolog
[2] Ludwig: Die Vorsokratiker für Anfänger: Eine Leseeinführung, DTV, München 2002, ,
[3] Ricken: Philosophie der Antike, Kohlhammer, Stuttgart 2000,
[4] Platon: Parmenides, III 126D – 127D, DK 29 A 11
[5] Mansfeld: Vorsokratiker II, Reclam UB 7966, Stuttgart 2000,
[6] Mansfeld: Vorsokratiker I, Reclam UB 7965, Stuttgart 2000,
[7] Das Wort „Ontologie“ taucht erstmals 1613 im „Lexikon philosophicum“ Rudolf Göckels auf (s. Vorlesungsskript Prof. Dr. Welsch, FSU Jena, WS 2005/2006, im Internet veröffentlicht.)
[8] Diogenes Laertios, IX, 21
[9] Diogenes Laertios a.a.O.
[10] Platon: Sophistes, 242A-243A
[11] Epoche kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Halte- oder Wendepunkt.“ In der Historiographie wird damit auch der nach dem Wendepunkt liegende Zeitabschnitt bezeichnet.
[12] Ricken: Philosophie der Antike, Kohlhammer, Stuttgart 2000,
[13] Ricken: a.a.O,
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