Vom Aventiure- zum Minneritter

Eine Analyse der Gaweinfiguren in Hartmann von Aues „Iwein“ und Wolfram von Eschenbachs „Parzival“


Dossier / Travail de Séminaire, 2007

17 Pages, Note: 2,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Zentrale Überlegungenund Fragestellungen

2. „Iwein“
2.1. Die Darstellung des Gawein in „Iwein“
2.2. Die Freundschaftsbeziehung zwischen Iwein und Gawein

3. „Parzival“
3.1. Gawans Rolle in „Parzival“

4. Das 8. Buch in „Parzival“- Kreierung eines neuen Heldenbildes?

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis
6.1. Primärliteratur
6.2. Sekundärliteratur

1. Zentrale Überlegungenund Fragestellungen

Gawan von Orkney[1] (auch: Gawain, Gawaine oder Gawein) ist der Neffe des König Artus und einer der Ritter der Tafelrunde. Er ist der älteste Sohn von Lot von Orkney. Seine Brüder Gareth, Gaheris und Agravain und der Ziehbruder Mordred gehören ebenfalls der Tafelrunde an.

In der Literatur lässt sich die Rolle des unerschrockenen Ritters in vielen verschiedenen Werken finden. Der erste Roman aus der Trilogie um die Artussage von Gillian Bradshaws „Falke des Lichts“ beispielsweise ist aus der Sicht des Gawain erzählt. Von Hal Fosters Prinz-Eisenherz-Comic bis hin zu John Boormans „Excalibur“ lassen sich die Spuren des Helden verfolgen. In der mittelalterlichen Epik beispielsweise finden wir Gawein in Hartmann von Aues „Iwein“ als engsten Vertrauten des Titelhelden. Er engagiert sich für die Erfüllung der ritterlichen Pflichten Iweins und steht ihm in der aventiure treu zur Seite.

In Wolfram von Eschenbachs Parzival ist Gawan das besonnene Pendant zum Titelhelden, da er sich als diplomatischer Stratege erweist, der seinen Verstand als wirkungsvollstes Instrument gegen die Gefahren des Mittelalters einsetzt. Die Rolle des Gawein bei Hartmann und die des Ritters bei Wolfram unterscheiden sich jedoch.

Diese Romanfigur scheint so individuell zu sein wie die Zeit, in der sie geschaffen wurde.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Veränderung der Darstellung des höfisch-ritterlichen Ideals und versucht am Beispiel der Gaweinrollen in „Iwein“ und dem Werk „Parzival“ die Unterschiede des darin vermittelten Menschenbildes zu analysieren.

Welche Unterschiede sich zwischen dem Gawein in „Iwein“ und dem nur etwa 20 Jahre später entstandenen Gawan in „Parzival“ erkennen lassen und welches bisherige Ritterbild Wolfram somit kritisiert, wird in der folgenden Ausarbeitung untersucht.

2. „Iwein“

In seinem Werk „Iwein“ beschreibt Hartmann von Aue in etwa 8165 Versen die Abenteuer des Titelhelden, der den schmalen Grad zwischen ehelichem Alltagsleben und ritterlicher aventiure zu meistern versucht.

Dieser mittelhochdeutsche Artusroman entstand um 1200. Hartmann übertrug dabei den Stoff des altfranzösischen Romans Yvain ou Le Chevalier au lion, welcher nach unterschiedlichen Datierungen um 1177 oder zwischen 1185 und 1188 entstand.

2.1. Die Darstellung des Gawein in „Iwein“

Gawein spielt in dem Artusroman die Rolle des besten Freundes Iweins und ist selbst einer der Ritter der Tafelrunde. Gawein ist in dem Werk die Personifikation des idealen Artusritters, der alle ritterlichen Tugenden wie Mut, Bescheidenheit, Stärke, Besonnenheit und Höflichkeit in sich vereint.

Hartmann lässt seine Geschichte beim Pfingstfest am Artushof beginnen, bei dem die gesamte Hofgesellschaft ausgelassen feiert.

Schon zu Beginn des Textes wird Gawein vom Autor eingeführt: „Gâwein ahte umb wâfen“ (Vers 73). Während die anderen Ritter das Ritter-Sein ruhen lassen und an diesem Tage lediglich ihrem Freizeitvergnügen nachgehen, drehen sich die Gedanken Gaweins einzig und allein um die Turnierführung. Er beschäftigt sich mit seinen Waffen und zeigt somit seine Leidenschaft zum Rittertum, welche so stark ist, dass keinerlei andere Beschäftigung ähnlich anziehend auf ihn wirken könnte.

Als Kalogrenant eine Geschichte über eine Quelle erzählt, welche nach dem Begießen ein großes Unwetter und einen Ritter, der diese zu verteidigen versucht, zur Folge hat, ist Gawein sofort bereit diese Quelle aufzusuchen und sich mit dem Hüter dieser zu messen. Dessen ist sich auch Iwein bewusst: „mir sol des str îtes vür komen mîn her Gâwein: des enist zwî vel dehein, als schiere so er des str î tes gert, ern werdes vür mich gewert.“ (Vers 914-918). Da das Ansehen Gaweins das der anderen Ritter überschreitet, weiß Iwein, dass Gawein das Vorrecht zum Kampf erhalten würde. Deshalb beschließt er, den Artusrittern zuvor zu kommen und reitet allein zu der Quelle. Dort besteht er die Aufgabe und besiegt den Beschützer der Quelle und erwartet die Artusritter nun als Herr der Burg. Diese sind sehr erfreut über Gaweins Sieg, jedoch „was d â nieman alsô vrô alsô m în her Gâwein: wan ez was ie under in zwein ein geselleschaft â ne haz, und stuont vil verre deste baz ir ietweders wort.“ (Vers 2618-2623). Es wird also schnell deutlich, wie eng die Freundschaft zwischen Iwein und Gawein ist, denn Gawein ist in keiner Weise erbost über das Aventiure-Vergnügen, welches sich Iwein voreilig angeeignet hatte.

Mit Hilfe Lunetes und psychologischer List gelingt es Iwein, das Herz der Burgherrin zu gewinnen, obwohl er kurz zuvor deren Ehegatten, den Ritter der Quelle, ermordet hat. Nach der Vermählung findet ein Gespräch zwischen dem Haupthelden Iwein und seinem Freund statt. In diesem rät Gawein dem Frischvermählten, mit einem Verweis auf Erec, sich nicht zurückzulehnen und fortan die Freuden der Ehe zu genießen, sondern wieder das Turnier zu suchen und so weiterhin an Ruhm und Ehre zu gewinnen : „her Iwein, d â gedenket an, und vart mit uns von hinnen, und gewinnet mit minnen der küneginne ein urloup abe zeinem tage der vouge habe, und bevelhet ir liut unde lant.“ (Vers 2884-2889). Iwein willigt ein und erhält von Laudine, seiner Ehefrau, eine Frist von einem Jahr, innerhalb dessen er zurückgekehrt sein soll. In dieser Szene kommt deutlich zum Ausdruck, dass Gawein ein Aventiure-Ritter ist, der dem Kampf den größten Stellenwert zumisst.

Gemeinsam reisen Iwein und Gawein fort, um ein Jahr lang Turniere zu bestreiten. Iwein gelingt es nicht, die von Laudine gesetzte Frist einzuhalten und so kehrt er zu spät zu ihr zurück, was die weitere Handlung des Romans verursacht. Der Autor schreibt: „im gie diu z ît mit vreuden hin. Man saget daz mîn her Gâwein in mit guoter handelunge behabte unde betwunge daz er der jârzal vergaz und sîn gelübede versaz,…“ (Vers 3051-3056) und lässt somit den Verdacht aufkommen, dass Gawein bewusst das gemeinsame Aventiure-Jahr so gestaltete, dass Iwein seinen vereinbarten Termin vergaß. Diesen Aspekt werde ich im nächsten Kapitel untersuchen. Nach der Ablehnung Iweins durch Laudine zieht sich Iwein in den Wald zurück, wo er von nun an in Einsamkeit lebt und dem Wahnsinn verfällt. Erst durch die heilende Salbe der Dame von Narison und deren Begleiterinnen kommt Iwein wieder zu Verstand. In der weiteren Handlung erlebt Iwein viele Abenteuer, wie zum Beispiel die Befreiung des Landes von dem Grafen Aliers oder den Kampf gegen einen Drachen, welcher ihm einen neuen Wegbegleiter beschert, einen Löwen. So erlangt Iwein den Namen Ritter mit dem Löwen, mit welchem er seine weiteren Rittertaten unerkannt vollbringen kann. Aus Treue zu Laudine schlägt er noch zwei Heiratsangebote aus. Letztlich hat sich der Ritter mit dem Löwen ein so ruhmvolles Ansehen geschaffen, dass es zum Zweikampf zwischen Iwein und Gawein, welcher nicht weiß, dass er gegen seinen engen Freund antritt, kommt. Sie kämpfen für zwei Schwestern, die sich uneinig über ihr Erbe sind. Da beide etwa gleich tapfere Kämpfer sind, dauert der Kampf bis zum nächsten Tag und endet in einer List des Königs Artus und der damit erreichten Einigung der Schwestern und der Identifikation Iweins. Auch Laudine verzeiht ihrem Gemahl und die Ehe wird erneuert.

2.2. Die Freundschaftsbeziehung zwischen Iwein und Gawein

Freundschaft im Mittelalter ähnelte einem Vertragsabschluss. Es galt schon hier, so viele persönliche Netzwerke wie möglich zu schaffen, um sich in vielen Lebenslagen Hilfe zuzusichern. Freunden war es vorgeschrieben, sich so zu verhalten, wie man es auch „…von Rechts wegen…“[2] tun musste.

[...]


[1] Ich werde für die Gaweinfigur, die nicht auf ein spezifisches Werk bezogen ist, die Schreibweise Gawein verwenden.

[2] Gerd Althoff: Verwandte, Freunde und Getreue. Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindung im frühen Mittelalter. Darmstadt 1990. Seite 85-119.

Fin de l'extrait de 17 pages

Résumé des informations

Titre
Vom Aventiure- zum Minneritter
Sous-titre
Eine Analyse der Gaweinfiguren in Hartmann von Aues „Iwein“ und Wolfram von Eschenbachs „Parzival“
Université
Technical University of Chemnitz  (Ältere Literaturwissenschaft)
Cours
Hartmann von Aue: Iwein
Note
2,7
Auteur
Année
2007
Pages
17
N° de catalogue
V92748
ISBN (ebook)
9783638066433
Taille d'un fichier
507 KB
Langue
allemand
Mots clés
Aventiure-, Minneritter, Hartmann, Iwein
Citation du texte
Kathrin Lotholz (Auteur), 2007, Vom Aventiure- zum Minneritter, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92748

Commentaires

  • Pas encore de commentaires.
Lire l'ebook
Titre: Vom Aventiure- zum Minneritter



Télécharger textes

Votre devoir / mémoire:

- Publication en tant qu'eBook et livre
- Honoraires élevés sur les ventes
- Pour vous complètement gratuit - avec ISBN
- Cela dure que 5 minutes
- Chaque œuvre trouve des lecteurs

Devenir un auteur