Politik in Soapoperas


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Genre der Langzeitfernsehserie

3. Die Verarbeitung von kulturell und politisch relevanten Themen in.

4. Die Wirkungen des Fernsehens

5. Schlussbetrachtung

Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die älteste Seifenoper in Deutschland ist die „Lindenstraße“, die seit Dezember 1985 jeden Sonntag ausgestrahlt wird. Die Serie um „Mutter Beimar“ spielt in München, obwohl sie in Köln produziert wird, und erreicht noch immer eine konstante Quote. Sie hat inzwischen weit mehr als 1000 Folgen erreicht und wird nach wie vor von Regisseur Hans W. Geissenhöfer produziert. Die jeweilige Folge wird immer wenige Tage vor dem Ausstrahlungstermin abgedreht und kann somit auch auf aktuelle politische und kulturelle Ereignisse Bezug nehmen.

Am 11. Mai 1992 startete RTL als besondere Form der Familienserie seine erste eigenproduzierte Daily Soap „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“. Damit trat eine entscheidende Veränderung der bislang bekannten Angebotsformen im bundesdeutschen Fernsehen ein.

Das neue Genre, welches als minderwertiger "trash" abgewertet wird, hat in den folgenden Jahren dennoch zunehmend an Bedeutung gewonnen, 1992 bis 1995 wurde die Eigenproduktion von Daily Soaps von verschiedenen Sendern übernommen. Mittlerweile besitzt vor allem die Soap-Opera „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ mit täglich 5,54 Millionen Zuschauern eine enorm hohe Einschaltquote.1 Diese hohe Quote lässt vermuten, dass auch die gesellschaftliche Bedeutung von Daily Soaps zugenommen hat. Uber Musik und Mode wird der Lifestyle einer großen Anzahl junger Zuschauer mitbestimmt oder zumindest beeinflusst. Besonders in der Arbeit mit Jugendlichen in sozialpädagogischen Berufsfeldern ist es daher wichtig, sich mit dem Thema "Daily Soaps" zu beschäftigen.2

Die vorliegende Arbeit gliedert sich in drei Teile. Als Einstieg in das Thema werden die verschiedenen Formen der Darstellung „Serie, Sendereihe und Mehrteiler“ kurz erläutert. Danach befasst sich dieser Teil der Arbeit mit typischen genrespezifischen Merkmalen und der Dramaturgie von Serien und insbesondere von Soapoperas. Anschließend wird zunächst ein Uberblick über die geschichtliche Entwicklung von Serien in Literatur und Radio bis zu ihrer Einführung in das Medium Fernsehen gegeben.

Im zweiten Teil der Arbeit geht es um die Verarbeitung von kulturell und politisch relevanten Themen in Soapoperas. Die „Lindenstraße“, die einen Anspruch als kulturelles Forum der Gesellschaft beansprucht, steht dabei im Mittelpunkt, es wird der Frage nachgegangen wie gesellschaftlich brisante Themen in dieser Serie verarbeitet werden. Die Untersuchung konzentriert sich auf die drei deutschen Daily Soaps „Lindenstraße“ , „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ und „Verbotene Liebe“. Der dritte Teil beschäftigt sich abschließend mit der Frage, welche Wirkungen Fernsehen und besonders Soapoperas haben. Es wird beleuchtet, wie sich durch die Einbindung von Serien in den Alltag der Rezipienten die "Wirklichkeit" der Medien und die "Realität" vermischen können. Insbesondere die Wirkung von Fernsehen auf Kinder und Jugendliche soll betrachtet werden, außerdem beschäftigt sich dieser Teil der Arbeit mit der Bedeutung von Medienpädagogik und Medienkompetenz., die Schulung derartiger Kompetenzen bei den Heranwachsenden im Informations- und Medienzeitalter ist dringend erforderlich und sollte ausgebaut werden. Die Arbeit schließt mit einer Schlußbetrachtung zu den herausgearbeiteten Ergebnissen.

2. Das Genre der Langzeitfernsehserie

Im folgenden wird versucht, eine Definition des Genres Serie bzw. Langzeitfernsehserie oder Soapopera zu finden, die alle Grundmerkmale zusammenfasst. Darüber hinaus werden die historische Entwicklung dieses Formats und verschiedene Varianten der Langzeitfernsehserie kurz dargestellt.

Bei der Definition des Genres Serien muss grundsätzlich berücksichtigt werden, dass es erschiedliche Formen von Fortsetzungsgeschichten gibt, auch wenn allen gemeinsam ist, dass sie mehrteilig sind. Prinzipiell unterscheidet man zwischen dem Mehrteiler, der Reihe (series) und der Serie (serial). Der Mehrteiler erzählt eine in sich abgeschlossene Geschichte vom Anfang bis zum Ende. Die lediglich im Hinblick auf das Ende der Erzählung zukunftsorientierte Handlung wird dabei in meist vier bis zwölf Folgen geschildert. In der Reihe werden einzelne Abschnitte aus dem Leben der Protagonisten erzählt. In der Regel ist die Handlung innerhalb einer Folge abgeschlossen, sodass Folgen auch unabhängig voneinander bestehen und konsumiert werden könnten. Die Serie dagegen erzählt eine offene, zukunftsorientierte Geschichte, die auf Unendlichkeit angelegt ist. Diese Struktur wird in den Soapoperas und besonders in den Daily Soaps aufgegriffen. Die einzelnen Formen des Genres unterscheiden sich natürlich auch noch in anderer Hinsicht voneinander. Doch da es in der nachfolgenden Ausarbeitung speziell um die Soapoperas geht, wird hier nur diese Serienform ausführlicher beschreiben.[3]

Soapopera, englisch für Seifenoper, weil sie ursprünglich über Werbung für Waschmittel finanziert wurden, ist ein unterhaltendes (rührseeliges) Hörspiel- oder Fernsehgenre, dessen typische Sendeform die einer Serie mit wöchentlichen oder täglichen Folgen ist.

Behandelt werden alltägliche Probleme einer meist festen Personengruppe, häufig einer Familie oder eines Freundeskreises.[4] Die in Europa und zum Beispiel in den USA angesprochenen Zielgruppen und dargebotenen sozialen Milieus unterscheiden sich, auch historisch bedingt, zum Teil erheblich. Klassische amerikanische Soapoperas sind „Dallas“ oder „Denver Clan“, neuer unter anderem „Beverly Hills 90210“, in Deutschland zum Beispiel „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ und Marienhof.[5]

Eine Soapoperara ist immer eine (oft über Jahrzehnte) fortlaufende Serie mit offenen Folgen. Die Soapopera spielt normalerweise in der Gegenwart und ihre fiktionale Zeit verläuft parallel mit der realen Zeit der Zuschauer. Handlungsinhalte der Soap sind Lebens- und Alltagsprobleme der Protagonisten wie Beruf, Geld, Macht, Freundschaft, Krankheit, Sexualität, Kriminalität oder Schicksalsschläge. Die in den Daily Soaps dargestellten Personen und Familien sind meistens Menschen aus dem durchschnittlichen bis oberen Mittelschichtsmilieu.[6]

Seit Jahren erreichen Soapoperas im Vorabendprogramm konstante Quoten. Die sogenannten Daily Soaps richten sich an die 14- bis 29- jährigen Zuschauerinnen, denn vor allem junge Frauen sehen sich diese Serien an. Dazu passen auch die anderen Lieblingssendungen: Boulevardmagazine, Familien- und Arztserien oder moderne Großstadtserien zum Beispiel „Sex and the City“, „Desperate Hausewives“. Sie „stehen auf Lifestyle und Gefühl“, so TV- Today in der Fernsehbefragung 2004.[7] Erst seit kurzem versuchen sich deutsche Fernsehfirmen an einer neuen Form der Daily Soap, der Telenovela. Wörtlich aus dem spanischen Übersetzt heißt dieses Subgenre „Fernsehroman“ und kommt aus Südamerika. Im Unterschied zur Daily Soap haben Telenovelas einen Anfang und einen Schluss. Die Handlungsstränge sind einfacher und das Wichtigste, mit jedem Ende einer Folge, geht alles gut aus.[8] Bei der Sat.1-Telenovela „Verliebt in Berlin“, liegt die Quote bei etwa 20 Prozent, was für den Erfolg der Serie spricht. „Vor allem die werberelevante Gruppe der 14- bis 29-jährigen schaltet beim Märchen um das moderne Aschenputtel, welches sich in den vermeintlich unerreichbaren Traummann verliebt, ein.“[9] Der Erzählrahmen sowohl der Soapopera als auch der Telenovela wird bestimmt durch eine im Mittelpunkt stehende „kleine Gemeinschaft“. Dies kann eine Großfamilie sein, eine Nachbarschaft oder auch ein Team von Arbeitskollegen.

Aus der Grundsituation der kleinen Gemeinschaft und der Interaktion der Charaktere entstehen die Erzählstränge, die oft auf komplizierte Weise miteinander verwoben sind. Ein stilistisches Element, durch das die eher vom Dialog anstelle von Handlung dominierten Erzählstränge miteinander verbunden sind und das zugleich als spannungssteigerndes Mittel eingesetzt wird, ist „Klatsch“ zusammen mit einem Wissensvorsprung des Zuschauers. Es gibt einen zentralen Kern von Charakteren, die auftretenden Darsteller lassen sich, bewusst leichtgemacht, in "gut" und "böse", "beliebt" und "unbeliebt" kategorisieren. Sie sind gleich stark gewichtet, es gibt somit keine Hauptdarsteller im klassischen Sinn. Der Bekanntheitsgrad der Schauspieler und ihre Gage sind entsprechend gering. Ebenso kostengünstig ist die Produktion einer Folge, da auch die gesamte Ausstattung nicht sehr aufwendig ist und vorwiegend in geschlossenen Räumen bzw. Studios gedreht wird. Gesendet werden Daily Soaps hauptsächlich im Nachmittagsprogramm oder am frühen Abend. Die Sendelänge variiert zwischen 30 und 60 Minuten. Neben der Daily Soap gibt es noch die sogenannte prime time serial, die einmal pro Woche in den Abendstunden ausgestrahlt wird. Im Gegensatz zur eher weiblichen Zielgruppe aus der Unter- und Mittelklasse der Daily Soaps wird hier mehr ein männliches Publikum angesprochen. Das Genre Serien ist außerordentlich vielfältig. Der Vollständigkeit halber werden auch die Variationen des oben beschriebenen Genres, nämlich Krankenhaus-, Familien-, Arzt-, Krimi-, Western-, Science Fiction-Serien und ethnische Serien (mit farbigen Mittelpunktsfiguren) genannt.[10]

Die Soapopera spricht aber vor allem die weiblichen Fernsehzuschauerinnen an, sie werden von Frauen häufiger und regelmäßiger gesehen sowie positiver bewertet als von männlichen Zuschauern. Vor allem da junge Frauen und Mädchen eher von der emotionalen Erzählweise und den stark am Alltag orientierten Geschichten der Soapoperas angesprochen werden. Die Auseinandersetzung mit den dargestellten Rollenbildern, Verhaltensweisen und Normen beinhaltet eine Auseinandersetzung mit der eigenen Person und dem sozialen Umfeld und bietet daher die Möglichkeit zur "Identitätsbildung und Subjektkonstituierung". Dies zeigt die indivuelle und gesellschaftliche Bedeutung der Soapoperas und ihre Sozialisationsfunktion vor allem für Mädchen, aber auch für Jugendliche im allgemeinen auf.[11]

Persönliche Beziehungen zwischen den Protagonisten sind am Wichtigsten, es geht vor allem um Verwandschafts-, Liebes- und Sozialbeziehungen. Frey-Vor betont, dass ein großer Teil der Anziehungskraft der Soapopera auf der Komplexität und Überschneidung dieser Kategorien in tatsächlichen oder potentiellen Beziehungen beruhe. Thematisch bewegen sich Soapoperas damit im „human interest“- Bereich. Die Dramatik in diesem Themenspektrum wird dadurch erreicht, dass auch schwere Schicksalsschläge wie Unfall, Krankheit oder Tod nicht ausgeklammert bleiben und ebenso gesellschaftlich aktuelle bzw. umstrittene Themen eine Rolle spielen. Seit dem Ende der 80er Jahre gehört dazu zum Beispiel auch die Darstellung von Aids. Aktuelle soziale und politische Themen, mit denen sich manche Soapoperas intensiver als andere befassen, kommen in der Regel nur vor, wenn sie zu einer der Stammfiguren in Beziehung gesetzt werden können. Dies hängt damit zusammen, dass in Soapoperas eben nicht Handlung; sondern Charaktere und ihre Interaktion im Mittelpunkt stehen.

Ferner werden alle Probleme, auch diejenigen mit einer sozialen oder politischen Relevanz, in der Regel auf die Persönlichkeitsstruktur der Protagonisten zurückgeführt und als unausweichliche Schicksalsschläge dargestellt.

Kaum ein Medienprodukt unserer Zeit ist in Inhalt und Form auf so komplexe Weise mit der Gesellschaft, der es entspringt, verbunden wie die Soapopera. Mögen aus einer nicht­wissenschaftlichen Perspektive die Storylines und Plots noch so simpel und trivial erscheinen (ohne Zweifel sind sie das ja an der Oberfläche auch), so liegen darunter hinsichtlich einer soziokulturellen Analyse ungemein reichhaltige, konzeptionelle Schichten und Strukturen, die in einem relativ gesetzmäßigen, wechselseitigen Verhältnis mit dem gesellschaftlichen Diskurs stehen. Der Versuch eine umfassende Analyse des televisuellen Genres Soapopera zu erstellen, würde den Rahmen dieser Arbeit bei Weitem sprengen. Deshalb soll hier der Blick auf einen stark abgegrenzten Aspekt der Soapopera gelegt werden.[12]

Alle Soapoperas sind Serien ohne Anfang und Ende. Selbst die einzelne Folge darf keinen Schluss haben. Vielmehr wird der Zuschauer durch den sogenannten Cliffhanger[13] angehalten, die nächste Folge wieder einzuschalten. Weiteres Zeichen sind mehrere durchgehende gleichberechtigte Handlungsstränge (Storylines), die parallel aber mit zeitlichem Abstand gesendet werden. Dadurch entstehen mehrere Seitenarme, die immer unterschiedlich weit fortgeführt sind. Beginnt eine Storyline, ist die Parallelstory bereits ein Stück weiter, die dritte und vierte nähern sich dem Höhepunkt. Auch diese „Zopfdramaturgie“ ergibt einen Anreiz, das Geschehen weiter zu verfolgen. Daily Soaps werden außerdem für das Fernsehen erstaunlich langsam erzählt. Das ist notwendig, damit der Zuschauer auch eine Folge verpassen kann, ohne sofort den Überblick zu verlieren.[14]

Die Geschichte der Soap Opera begann in den 30er Jahren in Amerika, wo täglich im Radio Fortsetzungshörspiele zur Bewerbung von Waschmittelprodukten gesendet wurden. Zielgruppe dieser von Waschmittelkonzernen finanzierten Beiträge waren vorwiegend Hausfrauen. Die Entwicklung täglicher Serien ist also keine Erfindung des Fernsehzeitalters. Der Grundstein für das heutige Phänomen "Daily Soap" wurde vielmehr bereits zu Zeiten des Radios 1937 gelegt.

[...]


1 Vgl. Schräg, Wolfram 2006: Medienlandschaft Deutschland, München, S. 275.

2 Vgl. Mikos, Lothar 2001: Fern-Sehen: Bausteine zu einer Rezeptionsästhetik des Fernsehens, Berlin, S. 44ff.

[3] Vgl. Jurga, Martin (Hrsg.) 1995: Lindenstraße - Produktion und Rezeption einer Erfolgsserie, Opladen, S. 139.

[4] Vgl. Zeitverlag Gerd Bucerius (Hrsg.) 2005: Die Zeit das Lexikon, Hamburg, S. 480.

[5] Vgl. Brockhaus Enzyklopädie 2001: Brockhaus Enzyklopädie, Leipzig (Band Zwanzig), S. 348.

[6] Vgl. Frey-Vor, Gerlinde 1996: Langzeitserien im deutschen und britischen Fernsehen - Lindenstraße und East Enders iminterkulturellenVergleich, Berlin, S.18.

[7] Vgl. Schrag 2006: 274.

[8] Vgl. ebd.: 275f.

[9] Ebd.: 276.

[10] Vgl. Frey-Vor 1996: 20.

[11] Vgl.ebd.:288.

[12] Vgl. ebd.: 21.

[13] Vgl.ebd.: 19. Der Cliffhanger als dramaturgisches Standartmittel der Soapopera ist in den meisten Fällen ein „emotional angespannter Moment“, mit dem die Folge endet und durch den die Neugier der Zuschauer auf die nächste Folge geweckt werden soll.

[14] Vgl. Schrag 2006: 274. Siehe auch: Vgl. Mikos 2001: 228f.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Politik in Soapoperas
Hochschule
Technische Universität Dresden
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
17
Katalognummer
V92848
ISBN (eBook)
9783640536504
ISBN (Buch)
9783640536801
Dateigröße
480 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Politik, Soapoperas, Genre der Langzeitfernsehserie, Verarbeitung von kulturell und politisch relevanten Themen, Wirkungen auf Konsumenten, Wirkungen auf Kinder- und Jugendliche
Arbeit zitieren
Franziska Zschornak (Autor:in), 2007, Politik in Soapoperas, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92848

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