Erfolgschancen des Sharing Economy Modells in unserer Gesellschaft

Eine wissenschaftliche Analyse


Master's Thesis, 2020

206 Pages, Grade: 1,3


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Literaturteil
2.1 Definition und Abgrenzung
2.1.1 Definition der Sharing Economy
2.1.2 Definition der Gesellschaft
2.2 Sharing Economy nach Sektoren
2.3 Sharing Economy nach Praktiken
2.4 Sharing Economy-Plattformen
2.5 Historische Entwicklung der Sharing Economy bis heute
2.6 Einflussfaktoren auf den Erfolg der Sharing Economy
2.6.1 Technologie & Forschung
2.6.2 Politik & Recht
2.6.3 Konsumenten und Megatrends
2.6.4 Plattformanbieter
2.6.5 Stagnation und Ressourcenpreise
2.7 Erfolgschancen der Sharing Economy nach Sektoren
2.7.1 Mobilität
2.7.2 Beherbergung
2.7.3 Konsumgüter
2.7.4 Medien und Unterhaltung
2.7.5 Dienstleistungen
2.7.6 Finanzen

3. Empirie
3.1 Beschreibung des Datenerhebungsinstruments
3.2 Hypothesen und Forschungsdesign
3.3 Stichprobe
3.4 Statistische Auswertung

4. Ergebnisse
4.1 Beurteilung der Gütekriterien
4.2 Beschreibung der Ergebnisse
4.2.1 Bekanntheit der Sharing Economy und ihrer Sektoren
4.2.2 Nutzungsverhalten der Sharing Economy und ihrer Sektoren
4.2.3 Geplantes Nutzungsverhalten der Sharing Economy und ihrer Sektoren
4.2.4 Nutzungspotenzial der Sharing Economy und ihrer Sektoren
4.2.5 Anbieterverhalten der Sharing Economy und ihrer Sektoren
4.2.6 Geplantes Anbieterverhalten der Sharing Economy und ihrer Sektoren
4.2.7 Anbieterpotenzial der Sharing Economy und ihrer Sektoren
4.2.8 Vor- und Nachteile der Sharing Economy
4.2.9 Einstellung gegenüber der Sharing Economy

5. Zusammenfassung

6. Kritische Reflexion der Untersuchung
6.1 Limitationen
6.2 Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Auszug aus dem Online-Fragebogen (Quelle: LimeSurvey, 2019)

Abbildung 2: Bekanntheit von Sharing Economy-Plattformen der Jahre 2015 und 2019 (Quelle: PwC, 2015a; eigene Erhebung)

Abbildung 3: Nutzung von Sharing-Plattformen verschiedener Sektoren von 2017 bis 2019 (Quelle: eigene Darstellung)

Abbildung 4: Nutzungshäufigkeit der Sektoren Mobilität, Konsumgüter und Dienstleistungen in den letzten zwei Jahren (Quelle: eigene Darstellung)

Abbildung 5: Nutzungshäufigkeit der Sektoren Beherbergung und Finanzen in den letzten zwei Jahren (Quelle: eigene Darstellung)

Abbildung 6: Nutzungshäufigkeit des Sektors „Medien und Unterhaltung“ in den letzten zwei Jahren (Quelle: eigene Darstellung)

Abbildung 7: Geplante Nutzungshäufigkeit der Sektoren Mobilität, Konsumgüter und Dienstleistungen in den nächsten zwei Jahren (Quelle: eigene Darstellung)

Abbildung 8: Geplante Nutzungshäufigkeit der Sektoren Beherbergung und Finanzen in den nächsten zwei Jahren (Quelle: eigene Darstellung)

Abbildung 9: Geplante Nutzungshäufigkeit des Sektors „Medien und Unterhaltung“ in den nächsten zwei Jahren (Quelle: eigene Darstellung)

Abbildung 10: Bisherige und geplante Nutzung von Sharing Economy­Angeboten im Jahr 2015 und 2019 (Quelle: PwC, 2015a; eigene Erhebung)

Abbildung 11: Wachstumspotenziale der Sharing-Sektoren von 2015 und 2019 im Vergleich (Quelle: PwC, 2015a; eigene Erhebung)

Abbildung 12: Wachstumsprognose der Anteile von SE-Nutzern bis 2021 (Quelle: eigene Darstellung)

Abbildung 13: Bisheriges und geplantes Anbieterverhalten in den Jahren 2015 und 2019 (Quelle: PwC, 2015a; eigene Erhebung)

Abbildung 14: Wachstumsprognose der Anteile von SE-Anbietern bis 2021 (Quelle: eigene Darstellung)

Abbildung 15: Anbieterpotenziale der Sharing Economy Sektoren (Quelle: PwC, 2015a; eigene Erhebung)

Abbildung 16: Größter Vorteil der Sharing Economy aus Anbietersicht 2015 und 2019 (Quelle: PwC, 2015a; eigene Erhebung)

Abbildung 17: Größter Nachteil der Sharing Economy aus Anbietersicht 2015 und 2019 (Quelle: PwC, 2015a; eigene Erhebung)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Die Sharing-aktivsten Generationen im Überblick (Darstellung in Anlehnung an Pew Research Center, 2019)

Tabelle 2: Aufbau des Fragebogens (Quelle: eigene Darstellung)

Tabelle 3: Item-Skala-Statistiken für die Skala "Vorteile aus Konsumentensicht"

Tabelle 4: Chi-Quadrat-Test zum Vergleich der Geschlechterverteilungen 2015 und 2019

Tabelle 5: Nutzungsverhalten nach Geschlecht und Alter (Quelle: eigene Darstellung)

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Der Akt des Teilens existiert in unserer Gesellschaft schon lange. Dies zeigen bekannte Konzepte wie das Teilen innerhalb der Familie, die gemeinsame Nutzung öffentlicher und privater Verkehrsmittel und die Existenz von Wohngemeinschaften. Nun erfährt das Teilen durch inter­national erfolgreiche Plattformen wie Airbnb, Uber und Spotify eine Re­volution, die den Bezug der Gesellschaft zu dieser Konsumpraxis ver­ändert (Frick et al., 2013; Belk, 2014).

Forschungsergebnisse aus dem Jahr 2013 sprechen von einem Auf­weichen traditioneller Besitzansprüche, bei dem „[...] die Übergänge zwischen privat und gemeinschaftlich fließender werden“ (Frick et al., S. 24). Dies kann auch in der digitalen Welt beobachtet werden, in welcher diese Konsumpraxis zur Normalität geworden ist. Beiträge, Empfehlun­gen, Videos und Musik können mit einem Klick geteilt werden und för­dern die Entwicklung neuer Nutzergewohnheiten (Belk, 2014). Wie be­deutungsvoll das Teilen über das Internet bereits ist, zeigte die interna­tionale Messe für Informationstechnik CeBIT, die die Sharing Economy 2015 zu ihrem Leitthema erklärte (Zühlsdorff, 2019).

Geteilt werden mittels Sharing-Economy-Plattformen heute neben nicht tangiblen Produkten und Dienstleistungen wie Musikstreaming­Accounts und Handwerksarbeiten auch tangible Produkte wie Wohn­raum, Fahrzeuge, Parkplätze, Gärten, Kleidung und Nahrungsmittel. Ausgefallenere Konzepte stellen das Mieten von Designer­Handtaschen oder das Teilen von 3D-Druckern, Werkstätten und Wis­sen in sogenannten Fablabs dar (Ronzheimer, 2019; Petersen & Pearce, 2017; Benoit et al., 2017).

Trotz des beachtlichen Wachstums der Sharing Economy in Deutsch­land steckt die neue Art des Teilens im Vergleich zu anderen Ländern „noch in den Kinderschuhen [...]“ (Fell, 2017, o.S.). Deshalb ist es das Ziel dieser Arbeit, die Erfolgschancen der Sharing Economy in Deutsch­land zu analysieren. Dazu werden nach einer kurzen Definition der wichtigen Begriffe und Bereiche der Sharing Economy ihre Haupttreiber 1 beleuchtet. Die Arbeit konzentriert sich auf Sharing-Internetplattformen der sechs Bereiche Mobilität, Beherbergung, Konsumgüter, Finanzen, Dienstleistungen und Medien. Um den Rahmen der Arbeit nicht zu überschreiten, wird von der Analyse weiterer Sektoren wie Foodsharing oder Co-Working abgesehen. Auch die ökologischen Effekte des Tei­lens werden aufgrund ihrer geringen Bedeutung für die Nutzer nicht thematisiert (Hawlitschek et al., 2016) .

Im weiteren Verlauf werden anhand der Literatur Erfolgsprognosen für die sechs genannten Sektoren erstellt. Der anschließende empirische Teil verfolgt das Ziel, die Sharing-Nutzung der deutschen Gesellschaft offenzulegen und deren Einstellung zu ihr zu beleuchten. Dabei werden Vergleiche zu ähnlichen Konsumentenbefragungen vergangener Jahre gezogen, um Entwicklungen aufzuzeigen. Die genannten Bestandteile der Arbeit fließen letztendlich in die Beantwortung der Forschungsfrage ein: „Wie hoch ist - basierend auf dem heutigen Wissensstand - die Chance der Sharing Economy, langfristig in der deutschen Gesellschaft als Konsumpraxis verankert zu werden?“

2. Literaturteil

In Kapitel zwei der vorliegenden Arbeit werden nach einer Definition der Sharing Economy und einer kurzen Vorstellung der verschiedenen Sha­ring-Sektoren und Praktiken die einzelnen Bereiche der Sharing Eco­nomy in Bezug auf ihre bisherige Entwicklung und Erfolgschancen be­leuchtet.

2.1 Definition und Abgrenzung

Um eine einheitliche Grundlage für die vorliegende Arbeit zu schaffen, definieren die folgenden zwei Unterkapitel, was der Titel „Sharing Eco­nomy in unserer Gesellschaft“ bedeutet.

2.1.1 Definition der Sharing Economy

Mit dem Begriff der Sharing Economy werden in der Literatur ver­schiedenste Konzepte des Teilens beschrieben (Ertz et al., 2019; Rinne, 2019). Katz bezeichnet die Sharing Economy als Geschäftsmodell, bei dem ein Online-Vermittler als Markt für Peer-to-Peer-Leistungen (P2P) dient und den Austausch solcher Leistungen durch die Senkung der Transaktionskosten erleichtert (2015). Ein bekanntes Beispiel stellt die Wohnungsvermittlungsplattform Airbnb dar, auf der Privatpersonen ih­ren Wohnraum mit anderen Privatpersonen teilen.

Rachel Botsman, Trendforscherin und Buchautorin im Bereich des kol- laborativen Konsums, definiert die Sharing Economy wie folgt: „An eco- nomic model based on sharing underutilized assets from spaces to skills to stuff for monetary or non-monetary benefits“1 (2013, o.S.). Im Gegensatz zu Katz zählt Botsman auch von Unternehmen bereitgestell­te Sharing-Leistungen zur Ökonomie des Teilens. Beispiele im Busi­ness-to-Consumer-Bereich (B2C) sind der Leihfahrräder-Dienst der Deutschen Bahn (Call a Bike) oder zahlreiche E-Tretroller und Fahrrad­verleihe in deutschen Großstädten. Business-to-Business-Praktiken (B2B) werden von Botsman von dem Begriff der Sharing Economy ab­gegrenzt.

Im Zuge dieser Arbeit wird der Begriff der Sharing Economy mit vermit­telnden Internetplattformen gleichgesetzt, die im P2P- und B2C-Bereich operieren.

2.1.2 Definition der Gesellschaft

Die vorliegende Arbeit zielt darauf ab, die Erfolgsfaktoren der Sharing Economy in unserer Gesellschaft zu analysieren. Mit dem Term „Ge­sellschaft“ ist vorrangig die Gesamtheit der deutschen Bevölkerung gemeint. Um eine ausreichende Masse an Forschungserkenntnissen zu gewährleisten, wurden ergänzend Studien aus dem westlichen Raum, d.h. aus den USA und aus Europa, herangezogen.

2.2 Sharing Economy nach Sektoren

Geteilt wird in unserer Gesellschaft in mehreren Bereichen. In der Lite­ratur am verbreitetsten ist die Aufteilung in die drei Sektoren Transport, Unterkunft und Konsumgüter (PwC 2015a; Eichhorst & Spermann, 2015; Behrendt et al., 2017). Darüber hinaus werden häufig Dienstleis­tungen, Finanzen und „Medien und Unterhaltung“ zu den gängigen Sek­toren der Sharing Economy gezählt (PwC, 2015a; Eichhorst & Sper- mann, 2015). Im Rahmen eines Projektes des deutschen Bundesminis­teriums für Bildung und Forschung (BMBF) wurden zudem die Katego­rien Kleidung und Ernährung gebildet , die in der Literatur allgemein je­doch seltener thematisiert werden (Behrendt et al., 2017/ In der jüngs­ten SE-Studie von PwC taucht außerdem die Kategorie „Machinery“ auf, die Maschinen und hochpreisige (Spezial-)Werkzeuge meint (PwC, 2017).

Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf die sechs Bereiche Mobilität, Beherbergung, Konsumgüter, Finanzen, Dienstleistungen und Medien.

2.3 Sharing Economy nach Praktiken

In der Praxis zeigt sich, dass unter den Begriff der Sharing Economy viele unterschiedliche Praktiken fallen. So differenziert Behrendt (2017) im P2P-Bereich zwischen den Begriffen Verleihen, Vermieten, Verkau­fen, Weiterverkaufen, Verschenken, Tauschen und Co-Using. Letzteres meint die zeitgleiche Nutzung eines Produkts oder einer Dienstleistung, wie bspw. einer WLAN-Verbindung oder einer Fahrgemeinschaft, durch mehrere Personen (Behrendt et al., 2017). Prominente Plattformbei­spiele für die jeweiligen Praktiken im deutschsprachigen Raum sind Leihdirwas.de (Verleihen), Airbnb (Vermieten), Etsy (Verkaufen), Ebay (Weiterverkaufen und Verschenken), Kleiderkreisel (Tauschen) und Blablacar (Co-Using).

2.4 Sharing Economy-Plattformen

Während das Teilen von Gütern oder Dienstleistungen in der Offline­Welt möglich ist, kann sich die Suche nach dem passenden Anbieter oder Nachfrager als schwierig erweisen. Diese Passung, das soge­nannte „Matching“ zwischen privaten Anbietern und Nachfragern, wird durch SE-Plattformen effizienter gestaltet (Davidson & Infranca, 2016).

Den Markt der Plattformbetreiber kennzeichnet eine hohe Heterogenität. Auf B2C-Plattformen bieten Unternehmen ihre Dienste direkt Konsu­menten an. Ein aktuelles Beispiel bietet der Online-Verleihdienst OTTO NOW, der Küchengeräte, Sportgeräte und Technik monateweise ver­mietet (Busch et al., 2018). Auf P2P-Plattformen fungieren Privatperso­nen als Anbieter und/oder als Nachfrager, während die Plattformen le­diglich als Vermittler fungieren. Über sie können bspw. passende An­gebote leichter gefunden, Zahlungen getätigt und Nachrichten ver­schickt werden. Die Verbindung privater Anbieter, Nutzer und vermit­telnder Plattformen wird auch als Plattformökonomie bezeichnet (Biegon et al., 2017). Ein zentrales Element dieser sind bilaterale Be­wertungssysteme, die das Vertrauen innerhalb einer Plattformgemein­schaft erhöhen und Auskunft über die Qualität der angebotenen Leis­tung geben (Chen et al., 2018).

2.5 Historische Entwicklung der Sharing Economy bis heute

Dieses Unterkapitel thematisiert die Entwicklung des Teilens hin zur di­gitalen, vernetzten Sharing Economy der späten Zehnerjahre.

Das Konzept des Teilens ist kein neues. Es wurde in der Geschichte viel diskutiert und teilweise in großem Stil gelebt, wie beispielsweise in der Genossenschaftsbewegung Ende des 19. Jahrhunderts und den Kommunen der 1960er Jahre (Frick et al., 2013; Behrendt et al., 2017). Auch aus den sechziger Jahren stammt das erste Bike-Sharing Modell, welches in Amsterdam gegründet wurde (Cohen & Kietzmann, 2014).

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelte sich die Einstel­lung zum Teilen in eine andere Richtung. Die Zunahme von Ein-Kind- Familien, der wachsende Wohlstand und die sinkenden Preise ermög­lichten den Erwerb und die alleinige Nutzung von Gegenständen (Frick et al., 2013). Außerdem machte die Massenproduktion als weiterer Treiber der Entwicklung Güter für breite Bevölkerungsschichten zu­gänglich (Davies et al., 2017). Wie Bardhi und Eckhardt (2012) zusam­menfassen, galt die Besitzform des Eigentums in dieser Zeit als Ideal der Gesellschaft. Nur wenige Lebensbereiche, wie Mietwohnungen und traditionelle Fahrzeugverleihe, waren nicht von alleiniger Nutzung ge­prägt.

Nachdem jahrzehntelang das Teilen außerhalb des Familienkreises kaum praktiziert wurde, verlor es zunehmend an Selbstverständlichkeit, bis es durch den Beginn der digitalen Ära wieder in die Gesellschaft in­tegriert wurde (Gossen & Scholl, 2016; Frick et al., 2013). Mit der Aus­breitung des World Wide Web Mitte der neunziger Jahre erschienen ei­nige neue Geschäftsmodelle, darunter auch P2P-Plattformen, die An­gebote und Nachfrage oftmals unbekannter Menschen zusammenführ­ten (Henten & Windekilde, 2015). Während in den USA mit Plattformen wie Ebay (Gründungsjahr 1995) und HomeExchange2 (Gründungsjahr 1992) die Bewegung begann, zog Europa mit der Gründung der meis­ten Sharing-Plattformen über zehn Jahre später nach. Namenhafte Bei­spiele sind die 2009 in Litauen gegründete Bekleidungsplattform Klei­derkreisel oder die deutsche Plattform Wimdu, die 2011 auf den Online­Markt kam und seitdem Ferienwohnungen und -häuser vermittelt (IÖW et al., 2016).

Dass das Wachstum des Plattform-Marktes ab 2008 deutlich anstieg, weißt auf den Einfluss der gleichjährigen Weltfinanzkrise hin. Während Russell Belk (2014) die Krisenzeit als günstige Bedingung zum Wachs­tum dieses Marktes sieht, bezeichnen Henten und Windekilde (2015) die Krise sogar als Ursache der Sharing Economy, da vermehrte Ar- beitslosigkeit die Bevölkerung dazu zwang, neue Einkommensquellen zu lokalisieren.

Moderne Netzwerk- und Kommunikationstechnologien wie Plattformen und mobile Applikationen haben es vor allem in den letzten zehn Jah­ren ermöglicht, das Teilen auf einen deutlich größeren Umfang auszu­weiten (Behrendt et al., 2017). Seitdem sind allein im deutschsprachi­gen Raum über einhundert Sharing-Plattformen entstanden (IÖW et al., 2016).

Dass diese durchaus eine disruptive Wirkung entfalten können, zeigte sich in den letzten Jahren deutlich an der Informationsgüterindustrie (Rikfin, 2019). Streaming-Dienste wie Spotify und SoundCloud, die das Musikhören ohne den eigentlichen Besitz von Werken ermöglichen, be­stimmen bis heute das Bild auf dem Musikmarkt. Im Bereich bewegter Bilder geriet die Fernsehbranche durch die Plattform YouTube, die über eine Million Nutzer zählt, unter Druck, wie Jeremy Rifkin in einem Inter­view mit der ZEIT (2014) erklärt.

Vor allem in den letzten fünf Jahren rückte der Term Sharing Economy zunehmend in die Mitte der Bevölkerung. Der Online-Dienst Google Trends illustriert, dass die Suchanfragen für den Begriff „Sharing Eco­nomy“ ab 2014 in Deutschland stark gestiegen sind und bis heute nicht auf das Niveau vor 2014 absinken (Google Trends, 2019).

Wie dieses Unterkapitel zeigt, hat der P2P Sharing-Markt eine schnelle Expansion hinter sich und befindet sich nach Behrendt et al. nun in ei­ner „Konsolidierungs-, Ausdifferenzierungs- und Umbruchphase“ (2017, S. 3). Ein Beispiel für die Ausdifferenzierung liefert der Sharing-Riese Airbnb, der im vergangenen Jahr mit rund 31 Milliarden US-Dollar be­wertet wurde (Reiche, 2019). Er bietet komplementäre Dienstleistungen wie Stadtführungen, Restaurantübersichten und das Erstellen und Tei­len von Reiseplänen an, die das Kundenerlebnis abrunden sollen (Beh­rendt et al., 2017). Wie die Sharing Economy sich in dieser Umbruch­phase entwickeln könnte, wird im nächsten Kapitel detailliert betrachtet.

2.6 Einflussfaktoren auf den Erfolg der Sharing Economy

In welche Richtung sich die Sharing Economy in Zukunft entwickelt, hängt stark von gewissen Faktoren ab. In diesem Kapitel werden fünf zentrale Faktoren vorgestellt, die eng mit der Ökonomie des Teilens zu­sammenhängen und diese maßgeblich beeinflussen können.

2.6.1 Technologie & Forschung

Während das Teilen an sich schon immer existierte, wurde ihm durch moderne Technologien und Digitalisierung eine neue Plattform zur Ver­fügung gestellt, um sich auszubreiten (Henten & Windekilde, 2015; Spindler et al., 2015). Ein Beispiel hierfür ist der Second Hand Markt, der durch das Web 2.0 und das mobile Internet laut Umweltbundesamt populärer wurde und an gesellschaftlicher Akzeptanz gewann (Gries et al., 2017). Behrendt et al. nennen an dieser Stelle die Plattform eBay als Hauptakteur dieser „Image-Aufwertung gebrauchter Produkte“ (2017, S. 27).

Mit dem Begriff Technologien ist genauer die moderne Informations­und Kommunikationstechnik (IKT) gemeint, die u.a. der Prozessverein­fachung dient (Behrendt et al., 2017). Ein Beispiel stellt das Matching dar, das vor allem auf großen Plattformen eine wichtige Rolle spielt. Da diese eine besonders heterogene Nutzerlandschaft aufweisen, wird das Matching nachweislich erschwert (Li & Netessine, 2018). Gleichzeitig müssen Plattformen eine kritische Masse an Nutzern erreichen, um ge­nügend Angebote und Anfragen für eine reibungslose Passung vermit­teln zu können (Behrendt et al., 2017).

Neben der Vereinfachung von Prozessen treibt die IKT außerdem die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle voran und entwickelt die Ange­botssituation weiter, sodass Sharing-Angebote in Zukunft noch attrakti­ver werden könnten (Behrendt et al., 2017). Ein Beispiel aus der Ver­gangenheit stellt das seit 2008 bestehende Free-floating Carsharing dar (BCS, 2018). Während es nach der Jahrtausendwende zunächst nur stationsbasierte Carsharing-Angebote gab, erlaubte die Technologie des mobilen Ortens von Fahrzeugen, einen gemieteten PKW am Ort 8 der Wahl abzustellen, anstatt ihn zur nächsten Station zu fahren (BCS, 2018).

Eine Technologie, die in Zukunft die Spielregeln der Sharing Economy neugestalten könnte, ist die Blockchain. Definiert wird diese als „dezent­rale, chronologisch aktualisierte Datenbank mit einem aus dem Netz­werk hergestellten Konsensmechanismus zur dauerhaften digitalen Verbriefung von Eigentumsrechten“ (Mitschele, 2018, o.S.). Die Block- chain-Technologie könnte Sharing-Geschäftsmodelle radikal verändern, da sie Transaktionen ohne einen Vermittler abwickelt (Wirtz et al., 2019). Dies ermöglicht es Privatpersonen, Transaktionen wie Zahlun­gen direkt untereinander, sicher und ohne einen Plattformanbieter als Dritten durchzuführen, wodurch kommerzielle SE-Plattformen letztlich redundant werden könnten. Sicher und unempfindlich für Manipulatio­nen ist die Blockchain deshalb, weil ihr Prozess ohne menschliches Zu­tun erfolgt (Sun et al., 2016). Während das Vertrauen auf SE- Plattformen heute durch Bewertungssysteme und den Plattformanbieter als Dritten geschaffen wird, benötigt die Blockchain keine dieser beiden Elemente. Sie arbeitet vertrauensfrei (Sun et al., 2016). Ein Bereich, in dem diese Technologie ein besonders disruptives Potenzial aufweist, ist der Finanzsektor. Weitere Ausführungen hierzu befinden sich in Kapitel 2.7.6.

Ob die Blockchain-Technologie in Zukunft in der Sharing Economy zum Status quo wird, bleibt noch offen. Sicher ist, dass ihr Aufkommen den Bereich des direkten P2P-Sharing unter Privatpersonen stärken würde, während kommerzielle Vermittlerplattformen an Bedeutung verlieren würden (Huckle et al., 2016). Trotzdem suchen bekannte Sharing­Plattformen den Kontakt zu Blockchain Unternehmen. Airbnb lud 2014 das Unternehmen Coinbase für eine Rede zu seinem Hauptsitz ein und PayPal akzeptiert in bestimmten Bereichen die Kryptowährung Bitcoin, die auf der Blockchain-Technologie basiert (Bradbury, 2014).

Eine Applikation, die das Vermieten, Verkaufen und Teilen mittels Blockchain ermöglicht, hat das deutsche Start-up Slock.it auf den Markt gebracht (Slock.it, o.J.). In der Regel sind Blockchains jedoch noch zu langsam und zu teuer, um auf dem Massenmarkt Anwendung zu finden (Nestler, 2019). Dies zeigte sich im vergangenen Jahr auch im Finanz­sektor. So berichtete das Kryptowährung-Portal Block-Builders: „Ein gemeinsamer Blockchain-Versuch der Bundesbank und der Deutsche Börse habe gezeigt: Die Blockchain sei langsamer und teurer als klas­sische Lösungen [...]“ (Lange, 2019, o.S.).

Eine weitere technologische Innovation, die das direkte P2P-Sharing unterstützen könnte, ist der 3D-Drucker. Gerade preiswerte Modelle ermöglichen es Privatpersonen, Güter zuhause herzustellen, was eine Alternative zum kommerziellen Konsum am Markt darstellt (Petersen & Pearce, 2017). Die Herstellung ist deshalb so attraktiv, weil sie eine enorme Kapitalrentabilität besitzt. Eine Studie zeigte, dass mithilfe des Lulzbot Mini 3D-Druckers mehr als 100% Kapitalrentabilität erreicht werden können, sofern mindestens ein Objekt pro Woche aus Hartplas­tik gedruckt wird (Amber, o.J.). Hinzu kommt, dass die Drucksoftware kostenfrei zugänglich ist (Rifkin, 2014).

Dass die Herstellung von Gütern mittels 3D-Drucker schon in den priva­ten Bereich vorgedrungen ist, zeigt die Existenz von Plattformen wie Thingiverse (o.J.) und Pinshape (o.J.), die Anleitungen zum Drucken von Objekten offen bereitstellen. Solche Güter könnten über Sharing­Plattformen oder private Netzwerke geteilt oder verkauft werden. Mo­derne Technologien wie 3D-Drucker stellen eine starke potenzielle Transformationskraft für die Sharing Economy der kommenden Jahre dar (Ordonez-de-Haro & Torres, 2019).

Ein weiterer technologischer Einflussfaktor auf die Entwicklung der Sha­ring Economy stellt die Forschung im Bereich des autonomen Fahrens dar. An ihm forschen neben Apple, Google und Uber auch alle großen Fahrzeughersteller (Behrendt et al., 2017). Sollte diese Technologie in Zukunft an Marktrelevanz gewinnen, könnte die Sharing Economy als Ganzes gestärkt werden. Je nachdem, wie genau das autonome Fah­ren auf dem Markt eingesetzt wird, könnte entweder das Teilen von Pri­vatwagen in der Bevölkerung oder das Teilen von autonomen Flotten der Big Player des Marktes wachsen. Weitere Ausführungen befinden sich in Kapitel 2.7.1, welches die Erfolgschancen des Teilens im Mobili­tätsbereich beleuchtet.

Eine Gemeinsamkeit aller Sharing-Plattformen stellt das Sammeln von Daten dar. Informationen über das Konsumverhalten von Bürgern sind für Wirtschaft, Politik und Forschung von großem Interesse und verlei­hen SE-Plattformen eine gewisse Marktmacht (McKee et al., 2018; Spindler et al., 2015). Mobilitätsdaten von Einwohnern bspw. könnten Städten und Gemeinden zugutekommen, um die Infrastruktur zu ver­bessern und komplementäre Bus- und Bahnverbindungen anzubieten. So könnten Plattformanbieter in Zukunft je nach Datenschutzgesetz diesen Datenvorteil ausspielen, um das häufig angespannte Verhältnis zur Politik zu glätten und der Sharing Economy gute Zukunftschancen zu bereiten (Rauch & Schleicher, 2015; Spindler et al., 2015).

Insgesamt können Technologie und Forschung je nach ihrer Entwick­lung sowohl Sharing-unterstützend als auch Sharing-hemmend wirken.

2.6.2 Politik & Recht

Einen immer weiter in die Öffentlichkeit rückenden Einflussfaktor stellt die Rechtslage der Sharing Economy dar. Vor allem fand das Thema in Vergangenheit durch die Streiks traditioneller Taxifahrer gegen den Mobilitätsanbieter Uber und Beschwerden gegen die Zweckentfrem­dung von Wohnraum über Airbnb in die Medien.

Konkret wird die unklare Gesetzeslage bei der Nutzung von SE- Plattformen kritisiert (PwC, 2015a). So ergab eine Umfrage von PwC aus dem Jahr 2015, dass diese Unklarheit von den Befragten als Hauptnachteil der Sharing Economy gesehen wird (2015a). Laut der Befragung wünschten sich mehr als ein Drittel der Befragten im Sha­ring-Bereich einen ausreichenden Versicherungsschutz und die Betreu­ung durch Fachleute.

Auf Nachfragerseite stellt zudem die teils mangelnde Transparenz auf Sharing-Plattformen ein Problem dar. So wurde die Plattform Airbnb 2018 von der europäischen Kommission verdächtigt, EU-Vorschriften wie die ordentliche Darstellung der Preiszusammensetzung nicht ein­zuhalten, was gegen den Verbraucherschutz verstößt (Kalaene, 2018).

Auf Anbieterseite stellen vor allem arbeitsrechtliche Fragen ein Problem dar. Ist eine Reparaturhilfe, die über eine lokale SE-Plattform erbracht wird, Nachbarschaftshilfe oder Schwarzarbeit (Behrendt et al., 2017)? Liegt bei Uber-Fahrern Scheinselbstständigkeit vor und werden beim Anbieten von Produkten oder Dienstleistungen Umsatzgrenzen über­schritten, sodass über ein Gewerbe gearbeitet werden müsste (Dobusch, 2017)? Im Bereich der Wohnraumvermietung stellt sich spe­ziell in Ballungsräumen die Frage, wo die Grenze zwischen Kohabitie- ren und der Zweckentfremdung des Wohnraumes liegt (Behrendt et al., 2017).

Während bekannte Plattformriesen bestehende Vorgaben, u.a. im Be­reich der Steuern, teils umgehen und dadurch indirekt Kosten verursa­chen, sind die kleinen Plattformen und Privatanbieter aufgrund ihrer ho­hen Anzahl für große regulatorische Kosten verantwortlich (Kowalsky, 2016; Goudin, 2016).

Wie die Friedrich Naumann Stiftung zusammenfasst, befindet sich die Sharing Economy in vielen Bereichen aktuell noch in einer rechtlichen Grenzzone, für die es bisher keine einheitliche Lösung gibt (FNFE, 2017). Die europäische Kommission betitelte die aktuelle Situation in einer Pressemitteilung als „Flickwerk verschiedener Regulierungsmaß­nahmen“ (2016a, S. 1). Weiterhin stellte sie in der Mitteilung unverbind­liche Leitlinien für alle Akteure der Sharing Economy, insbesondere für die EU-Mitgliedstaaten vor. Letztere wurden aufgefordert, die Leitlinien, die Bereiche wie Haftung, Arbeitsverhältnisse und Steuervorschriften umfassen, mit bestehenden Gesetzen abzugleichen und ggf. zu ändern. Die Pressemitteilung spiegelt die Haltung der EU bezüglich der Regulie­rung der Sharing Economy wieder: Sie möchte den Weg der gesteuer­ten Innovation gehen (Behrendt et al., 2017) und die Sharing Economy innerhalb eines rechtlichen, verbraucherschützenden Rahmens unter­stützen.

Auch auf Städteebene kommt der Regulierung der Sharing Economy seit einigen Jahren mehr Aufmerksamkeit entgegen. So hat die Stadt Dortmund 2018 als Pionier in Deutschland einen Vertrag mit Airbnb ge­schlossen, der die Abführung der Beherbergungsabgaben der Plattform an die Stadt vorsieht (Busch et al., 2019). Außerdem haben Städte wie Berlin, Amsterdam, Wien und Paris genaue Vorschriften zur Melde­pflicht von Wohnraumvermietungen festgesetzt (Jürgens, 2019; Busch et al., 2019). Auch auf Städteebene ist die „Sharing Cities Declarati­on“ wirksam, die 2018 von 42 Städten weltweit unterzeichnet wurde (Sharing Cities, 2018). Sie umfasst einzuhaltende Prinzipien im Um­gang mit SE-Plattformen und ihren Stakeholdern.

In Deutschland ist auf Bundesebene bisher keine Regelung in Kraft ge­treten. Ob die Bundesrepublik nationalen Vorschriften, wie der Abfüh­rung von Steuern durch Plattformbetreiber, wie Belgien sie eingeführt hat, nachgeht, bleibt offen (Kniebs, 2017). Sollte es in Zukunft bei ei­nem Flickwerk an Vorschriften bleiben, könnte die Sharing Economy ei­nem Wachstumsrückgang entgegenstehen, der nicht zuletzt aus der Unsicherheit der Verbraucher vorgehen würde (Europäische Kommissi­on, 2016a). Vorantreiben könnte die Politik die Sharing Economy laut Leismann et al. (2012) durch die Förderung von Sharing-Kampagnen, das Bereitstellen von Informationsmaterialien für alle Akteure sowie die Forschungsförderung im SE-Bereich. Da Sharing-Dienste für Städte ein Mehr an Attraktivität, Innovation und Wohlstand bedeuten, sehen Rauch und Schleicher (2015) die Politik in Zukunft sogar als monetären Unterstützer in Form von Subventionen.

Dobusch (2017) schätzt die Herausforderung der Gesetzgebung in vie­len Fällen als gering ein. Ihm zufolge genügen bereits geringfügige Än­derungen bestehender Vorschriften, um die Probleme zu beseitigen und der Sharing Economy damit den Weg des zukünftigen Erfolges freizuräumen.

2.6.3 Konsumenten und Megatrends

Den wohl zentralsten Erfolgsfaktor der Sharing Economy stellen die Verbraucher dar. Sowohl ihre Einstellungen und Werte als auch das Konsumverhalten bestimmen maßgeblich die Entwicklung der Ökono­mie des Teilens.

Behrendt et al. (2017) beschreibt die heute vermehrt auftretenden, SE- förderlichen Einstellungen und Werte der Konsumenten folgenderma­ßen: Aufgrund flexibilisierter Lebensstile wird Eigentum häufig als Last empfunden. Die Einstellung der Bevölkerung gegenüber gebrauchten Produkten und geteilter Nutzung fällt positiv aus und das Sharing ge­winnt an Prestige. In gewissen Teilen der Bevölkerung wird Prestige heute weniger mit Produkten wie einem Eigenwagen verbunden (Beh­rendt et al., 2017). Ergänzend erklärt Belk (2014), dass Individuen ihre Identität durch das Internet ohne Besitztum ausdrücken können. In der Gesellschaft gewinnt also eher der Zugang zu Produkten als ihr Besitz an Bedeutung (Belk, 2014; Citycon, 2019).

Die beschriebenen Einstellungen und Werte treffen insbesondere auf jüngere Generationen zu, die sich durch ein hohes Umweltbewusstsein auszeichnen (Citycon, 2019). Die Werte von Millennials, Generation X und Generation Z spiegeln sich auch in ihrem Konsumverhalten deut­lich wieder. So ist sich die Forschung einig, dass jüngere Verbraucher die Sharing Economy am häufigsten nutzen (PwC, 2015a; PwC, 2017; Frick et al., 2013; Europäische Kommission, 2016b). Behrendt et al. (2017) begründen dies damit, dass Sharing-Plattformen dem Wunsch der jungen Nutzer nach hoher Flexibilität und Unabhängigkeit nach­kommen. Belk (2014) merkt an, dass keinesfalls sicher sei, ob die jun­gen Generationen ihre Konsumgewohnheiten auch in neuen Lebensab­schnitten beibehalten werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Darstellung in Anlehnung an Pew Research Center, 2019)

Drei demografische Entwicklungen, die die Ökonomie des Teilens in Zukunft voraussichtlich stärken werden, benennt das Weltwirtschaftsfo­rum: Das globale Wachstum der Mittelklasse, die „She-Economy“ und die alternde Bevölkerung (Rinne, 2019). Die rasant wachsende Mittel­klasse besteht aus Nachfragern, die mithilfe von Sharing-Modellen Pro­dukte nutzen können, die ohne solche Modelle nicht greifbar wären. Weiterhin werden Frauen laut Weltwirtschaftsforum im nächsten Jahr­zehnt für zwei Drittel des Anstiegs an verfügbarem Einkommen verant­wortlich sein (Rinne, 2019). Da das weibliche Geschlecht in vielen Be­reichen als Sharing-aktiver deklariert wird, wird auch diese Bewegung die Sharing Economy vermutlich unterstützen (Frick et al., 2013; PwC, 2017). Letztlich wird auch die wachsende ältere Generation, entweder zwecks Sozialisierung oder Zusatzeinkommen, mehr an der Sharing Economy partizipieren (Rinne, 2019).

Zweck et al. (2015) stellen ferner fest, dass Sharing-Lösungen zuneh­mend auch aufgrund wachsender Migration und einer hohen kulturellen Diversität eine Alternative zu bestehenden Geschäftsmodellen darstel­len.

Unterstützt werden könnte das aktuelle Wachstum der Sharing Econo­my außerdem durch den Spillover-Effekt. Dieser besagt, dass SE- Nutzer eines Bereiches ihr Konsumverhalten leichter auf das Sharing in anderen Bereichen übertragen (Belk, 2014).

Eng verflochten mit Konsumgewohnheiten sind Trends. Eine vom Zu­kunftsinstitut als Megatrend deklarierte Bewegung, die Neo-Ökologie, wird als einer der „[...] wirkungsmächtigsten Treiber unserer Zeit“ beti­telt (Zukunftsinstitut, 2019, o.S.). Die Neo-Ökologie umfasst einige Sub­Trends, die die Sharing Economy weiter stärken, wie z.B. die zuneh- 15 mende Urbanisierung (Belk, 2014). Weltweit wohnen immer mehr Men­schen in der Stadt anstatt auf dem Land, was eine Verdichtung von Le­bensräumen zufolge hat (Zukunftsinstitut, 2019). Diese wiederrum gilt als gute Bedingung für einen regen Sharing-Markt (PwC, 2017), denn mit einer erhöhten Parkplatz-Knappheit gewinnen geteilte Mobilitätslö­sungen an Bedeutung. Kleiner werdender Wohnraum rückt Begriffe wie Co-Living und Co-Working in das Bewusstsein der Bevölkerung (Kirby, 2010).

Der Megatrend Individualisierung, dessen Kern die Wahlfreiheit darstellt, erweist sich ebenfalls als Sharing-begünstigend (Zukunftsinstitut, 2019). SE-Konzepte bieten Konsumenten diese Freiheit, indem Entscheidun­gen flexibler getroffen werden können. Die Sharing Economy ermöglicht es zudem, individuelle Dienstleistungen und Produkte anzubieten (Spindler et al., 2015). Ein Beispiel hierfür bietet der Fahrdienstanbieter Uber, der 2016 auf seiner Webseite von einer neuen App-Funktion be­richtete. So können Mitfahrer in den USA die Uber-App mit den Musik- Apps Spotify und Pandora verbinden, um dann selbst auszuwählen, welche Lieder während der Fahrt gespielt werden (Ormseth, 2016). Di­gitalisierte, individualisierte Lösungen stellen laut Fraunhofer-Institut IAO „Kernelemente und Wegbereiter einer Sharing Economy [...]“ dar (Spindler et al., 2015, S. 105).

Zusammenfassend bewirken das Konsumentenverhalten und die the­matisierten gesellschaftlichen Trends eine breitere Akzeptanz und Nut­zung der Sharing Economy (Behrendt et al., 2017). Dabei gehen Beh­rendt et al. trotz wachsender Beliebtheit nicht vom Teilen als neuen Sta­tus quo aus. Wahrscheinlicher sei nach den Autoren „[. ] eine weitere Ausdifferenzierung der Lebensstile, die punktuell um Elemente eines kollaborativen Konsums ergänzt werden“ (2017, S. 32).

2.6.4 Plattformanbieter

Wie erfolgreich die Sharing Economy in Zukunft sein wird, gestalten die Plattformanbieter zu einem gewissen Grad selbst. Tendenzen wie die Professionalisierung des Sharing fördern beispielsweise die Benutzer- 16 freundlichkeit von Sharing-Prozessen (Behrendt et al., 2017). Plattfor­manbieter fordern ihre Nutzer vermehrt auf, sich fachmännisch zu ver­halten. Auf Kleiderkreisel z.B. äußert sich dies in Systemnachrichten, die Tipps für eine ansprechendere Präsentation und Beschreibung der zu verkaufenden Kleidungsstücke beinhalten.

Weiterhin führt der Markteintritt neuer Plattformanbieter zu einer Ver­besserung des Angebots, was dem Sharing-Markt zukünftig zu einer weiteren Verbreitung verhelfen könnte (Behrendt et al., 2017). Neben kleinen, unbekannten Plattformen treten auch traditionelle, etablierte Unternehmen wie BMW und Daimler mit ihrem gemeinsamen Carsha­ring-Dienst ShareNow auf (Hoppe & Hubik, 2018). Die Konkurrenz zwingt Anbieter laut Behrendt et al. außerdem, auch ihre Angebotsbrei­te zu vergrößern, wie Airbnb es mit komplementären Reisedienstleis­tungen vormacht (2017).

Rauch und Schleicher (2015) sehen außerdem in Städten und Gemein­den eine Kundengruppe, die zukünftig an Volumen gewinnen wird. Nach ihnen gibt es viele Produkte, die von Städten kaum ausgelastet werden und geteilt werden könnten, wie z.B. Dienstwägen.

Laut Behrendt et al. hängen die Erfolgschancen der Sharing Economy maßgeblich davon ab, „[...] inwieweit die Vermittlungs-Plattformen ohne Investorengelder auskommen und es ihnen gelingt, sich über Vermitt­lungsgebühren und/oder weiteren Einnahmenquellen zu finanzie­ren“ (2017, S. 26). Dies erweist sich vor dem Hintergrund preissensibler Nutzer als problematisch (Behrendt et al., 2017). Möglich sei ein Fort­bestehen laut der Autoren nur, wenn hohe Nutzerzahlen mit geringen Plattformgebühren kombiniert werden können. So wie Behrendt et al. schätzen auch weitere Autoren, dass es zu einer Marktkonzentration oder sogar Monopolisierung innerhalb der Sektoren kommen wird (Co- peland, 2017; Goudin, 2016).

Zusätzlich beurteilen Leismann et al. (2012) Sharing-Anbieter nur dann als erfolgreich, wenn sie ihre Strategie an regionale, sozio­demografische und kontextuelle Faktoren anzupassen wissen. Des Weiteren sehen die Autoren die kommerziellen Anbieter in der Pflicht, Sharing-Praktiken kommunikationstechnisch positiv aufzuladen, um zu­künftig erfolgreich zu sein.

Der Bereich strategischer Geschäftsbeziehungen von SE-Plattformen birgt großes, noch ungenutztes Potenzial. Während die Ergänzung des eigenen Angebotes durch Plattformkonkurrenten durchaus einen Mehrwert für Konsumenten bringen könnte, wird dies in der Praxis bis­her selten praktiziert (Marchi & Parekh, 2015; Wirtz et al., 2019).

Insgesamt birgt der Plattformmarkt sowohl Sharing-förderliche als auch Sharing-hemmende Faktoren. Die strategischen Entscheidungen der Plattformanbieter werden die Zukunft des Teilens maßgeblich beein­flussen.

2.6.5 Stagnation und Ressourcenpreise

Auch wirtschaftliche Entwicklungen wirken auf den Erfolg der Sharing Economy ein. In einer Pressekonferenz des vergangenen Jahres be­richtet Bundeskanzlerin Merkel, dass die Weltwirtschaft langsamer wachse als zuvor (Die Bundeskanzlerin, 2019). Das Zukunftsinstitut (2019) erkennt folglich die Dringlichkeit, im Rahmen dieser Postwachs­tumsökonomie neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, die auch ohne Wirtschaftswachstum einsatzfähig sind.

Einer der Gründe für diese Stagnation stellt nach Behrendt et al. (2017) die Sättigungstendenz der Märkte dar, die Sharing-begünstigend wirken kann. Denn unter wirtschaftlich schwachen Bedingungen gewinnen Sharing-Praktiken stark an Bedeutung. Dies habe sich laut Behrendt et al. (2017) in der Krisenzeit Griechenlands und Spaniens bestätigt. Auch der SE-Wachstumsschub während der Weltfinanzkrise 2008 lässt da­rauf schließen (Belk, 2014; Henten & Windekilde, 2015).

Neben der ökonomischen Stagnation spielt auch die Entwicklung der Ressourcenpreise eine vitale Rolle in Bezug auf die Erfolgschancen der Sharing Economy. So könnte ein Anstieg der Ressourcenpreise das Konsumverhalten der Verbraucher beeinflussen und das Tauschen und Teilen als Konsumformen unterstützen (Behrendt et al., 2017). In wel­che Richtung sich Preise für Rohstoffe und andere Ressourcen entwi­ckeln werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt kaum absehbar.

2.7 Erfolgschancen der Sharing Economy nach Sektoren

Nachdem im vorherigen Unterkapitel fünf Einflussfaktoren auf den Er­folg der Sharing Economy beleuchtet wurden, konzentriert sich dieses Kapitel auf die Erfolgschancen der Sharing Economy und ihrer Bereiche. Dem Sharing-Markt als Ganzes schreiben Investoren weltweit ein gro­ßes Potenzial zu. Dies äußert sich im enormen Anstieg der globalen In­vestitionen in Sharing-Start-ups von 0,3 Milliarden US-Dollar im Jahr 2010 auf sechs Milliarden US-Dollar in 2014 (Deloitte, 2015). Eine Stu­die von PwC erwartet bis 2025 einen Gesamtumsatz der fünf themati­sierten SE-Sektoren von 335 Milliarden US-Dollar. Der für das Jahr 2015 geschätzte Umsatz lag bei 15 Milliarden US-Dollar (PwC, 2015b).

Auch das Fraunhofer Institut IAO schätzt, dass in Zukunft sowohl Pri­vatpersonen als auch Unternehmen weniger besitzen und mehr teilen werden (Spindler et al., 2015). Zudem wird eine Ausweitung der Sha­ring-Geschäftsmodelle auf weitere Branchen erwartet. Im Zuge des Age of Access werden neue, nutzungsorientierte Bezahlsysteme eingeführt (Spindler et al., 2015; Hernes, 2015).

2.7.1 Mobilität

Seit dem ersten Carsharing Modell aus den achtziger Jahren hat sich der Sharing-Markt für Mobilität stark weiterentwickelt und gehört nun zu den am schnellsten wachsenden Sharing-Sektoren (BCS, 2018; Frick et al., 2013; Cohen & Kietzmann, 2014). Der Mobilitätsbedarf der Gesell­schaft steigt und wird vielschichtiger, was zu einer „Evolution der Mobili­tät“ führt (Zukunftsinstitut, 2019, o.S.). Bis 2025 soll der SE- Mobilitätssektor 30 Milliarden Euro wert sein (Schönberg, 2014). Er um­fasst das Teilen von Automobilen (Carsharing), Autofahrten (Carpoo- ling/Ridesharing), Fahrrädern und E-(Tret-)Rollern sowie das Anbieten von Fahrdiensten.

Während 2015 60% der Deutschen mindestens eine Sharing-Plattform im Bereich Mobilität kannten (PwC, 2015a), nutzen im Jahr 2017 16% Angebote dieses Bereiches (PwC, 2017). Trotz dieser Differenz von Bekanntheit und Nutzung prognostizierte PwC für das Jahr 2018 einen Anstieg der Nutzerzahlen um 23% (PwC, 2017). Generell ist die Mehr­heit der Deutschen aufgeschlossen gegenüber Angeboten im Bereich der geteilten Mobilität (VZBV, 2015a). Auch die Entwicklung der Nut­zerzahlen im Subsektor Carsharing ist steigend. Im Jahr 2015 teilten laut Bundesverband CarSharing e.V. bereits eine Millionen Deutsche ih­re Fahrzeuge und drei Jahre später verdoppelte sich die Nutzerzahl auf über zwei Millionen (BCS, 2018). Laut Behrendt et al. kann sich das Carsharing langfristig bewähren, wenn ein „[...] räumlich hinreichend dichtes Netz von Anbietern und Nachfragern [...]“ sichergestellt wird und eine kritische Masse an Nutzern erreicht wird (2017, S. 43). Dies ist vor allem in Großstädten der Fall, in welchen auch die meisten Carsha­ring-Dienste verfügbar sind (BCS, 2018). Frick et al. (2013) fügen hinzu, dass steigende Benzinpreise oder ungewisse Einkommen den Trend, kein Auto zu besitzen, ausweiten, was wiederrum in eine erhöhte Nach­frage nach Mobilitätsalternativen resultiert.

Speziell im Bereich des Ridesharing, in dem Konsumenten Fahrge­meinschaften bilden, ist der zukünftige Erfolg noch ungewiss (Behrendt et al., 2017). Schwer zu überwindende Hürden stellen hier die fehlende Akzeptanz von Vermittlungsgebühren und die zunehmende Konkurrenz durch günstigere Verkehrsmittel dar.

Dass auch traditionelle Mobilitätsanbieter wie Autohersteller im Carsha­ring eine Zukunft sehen, zeigt die Anzahl ihrer Carsharing-Dienste auf dem Markt. So stellen u.a. Daimler, BMW, VW, Peugeot und General Motors PKW-Flotten zur geteilten Nutzung bereit (Frick et al., 2013). Durch die Fusion der Carsharing-Dienste von Daimler und BMW im Jahr 2018 erreichten die beiden Anbieter den höchsten Marktanteil der deutschen Branche (BCS, 2018; Hoppe & Hubik, 2018).

Wie bereits in Kapitel 2.6.1 erwähnt, gilt das autonome Fahren als Ein­flussfaktor der Sharing-Zukunft. Im Bereich der Fahrdienste könnte das autonome Fahren die Angebote vergünstigen, da die Personalkosten für Fahrer entfielen (Behrendt et al., 2017). Infolgedessen könnte die geteilte Nutzung von Fahrzeugen für Verbraucher attraktiver werden. Professionelle Carsharing-Anbieter könnten diesen Kostenvorteil nut­zen, um Autoflotten flächendeckend anzubieten, wodurch der Besitz ei­nes PKW an Attraktivität verlieren könnte (Hochfeld et al., 2017). In die­sem Szenario dominieren große Unternehmen, die bereits heute stark an der Forschung zum autonomen Fahren beteiligt sind, den Markt, während die bisher bekannten Car- und Ridesharing-Unternehmen schrumpfen (Behrendt et al., 2017).

Denkbar ist aber auch, dass Privatpersonen ihre Wägen zu ungenutz­ten Zeiten online anbieten, sodass Buchungsanfragen anderer Perso­nen automatisch angenommen werden und der PKW sich entsperrt (Peuckert et al., 2017). Angesichts der Bestrebungen professioneller Mobilitätsunternehmen, die zukünftig ein dichteres Flottennetzwerk und niedrige Preise bieten könnten, wird dieses Szenario jedoch für eher unwahrscheinlich gehalten.

Neben dem Markt für geteiltes Autofahren sorgt momentan vor allem der Markt für Fahrrad- und E-Scooter-Verleihe für Aufsehen. Auf dem dynamischen deutschen Bike-Sharing Markt haben sich einige Anbieter aufgrund der starken Konkurrenz infolge des sog. Bike Boom schnell wieder zurückziehen müssen (Reiche, 2019; Zukunftsinstitut, 2019). Nichtsdestotrotz prognostizierte die Unternehmensberatung Roland Berger 2018 ein 20-prozentiges Wachstum des Bikesharing-Marktes pro Jahr bis 2021 (Schönberg, 2018). Analog dazu erwartet das Zu­kunftsinstitut eine wachsende Nachfrage nach einem Spektrum ver­schiedener Mobilitätsdienste (2019).

Diese Prognosen sind dem Trend der Mikromobilität, zu dem auch die seit 2019 in Deutschland auftretenden E-Tretroller gehören, zuzuordnen (Zukunftsinstitut, 2019). Laut einer Pressemitteilung von McKinsey wird allein in Europa bis 2030 ein Umsatz von bis zu 150 Milliarden Dollar im Bereich der Mikromobilität erwartet (McKinsey, 2019). Dabei betont die Unternehmensberatung, dass der Markt für Mikromobilität zwei- bis dreimal so schnell wachse wie der des Carsharings. Die dazugehörige Studie des McKinsey Center for Future Mobility hält es für möglich, dass die Mikromobilität die traditionelle Mobilitätsbranche in Zukunft stark schwächen könnte (Heineke et al., 2019). Auch Autohersteller wie Ford übersehen den Trend nicht. So übernahm Ford 2018 das E- Scooter-Unternehmen Spin in den USA (Ford Media Center, 2018).

Insgesamt ist eine Zukunft, in der sich die Gesellschaft in höherem Ma­ße als heute mittels geteilter Mobilitätslösungen fortbewegt, sehr wahr­scheinlich.

2.7.2 Beherbergung

Gemeinsam mit dem Carsharing gehört das sogenannte Homesharing zu den am schnellsten wachsenden Sharing-Bereichen. Für die Zukunft wird eine tendenziell steigende Nachfrage an Übernachtungen in pri­vatem Wohnraum erwartet (Eichhorst & Spermann, 2015). Bei einem Vergleich des Homesharing-Riesen Airbnb mit großen Hotelketten fällt auf, dass Airbnb insgesamt knapp sechsmal so viele Räume wie die Marriott-Gruppe zählt (Airbnb Newsroom, 2019; Hubert, 2019). Dies ist besonders vor dem Hintergrund des jungen Alters von Airbnb (Grün­dung 2008) beachtlich und zeigt das disruptive Potenzial solcher Ge­schäftsmodelle für die Beherbergungsbranche (Airbnb Newsroom, 2019).

Obwohl Airbnb kritisiert wird, da in einigen Fällen Wohnraum nicht ge­teilt, sondern in großem Stil kommerziell vermietet wird, schreitet die „Airbnbisierung der Konsummärkte“ fort (Frick et al., 2013, S. 26; Beh­rendt et al., 2017). Nach Behrendt et al. bieten selbst traditionelle Ho­tels ihre Zimmer auf der Plattform an. In Deutschland werden auch Plattformen wie Wimdu und 9flats genutzt, die einem ähnlichen System folgen wie Airbnb (IÖW et al., 2016). Auf der Plattform Couchsurfing hingegen beherbergen Menschen unentgeltlich und ohne die Erwartung einer Gegenleistung Gäste (Dobusch, 2017).

Auch wenn es auf Städteebene bereits erste Vorschriften zum Beher­bergen von Gästen über Plattformen gibt, ist auf EU-Ebene noch kein einheitliches Gesetz erkennbar (Busch et al., 2019; Behrendt et al., 2017). Dies stellt für Anbieter auf Beherbergungsplattformen geringe Eintrittsbarrieren dar und kann förderlich auf das Wachstum im Home- sharing-Bereich wirken (Eichhorst & Spermann, 2015).

Einer der Haupttreiber des Homesharing-Wachstums ist erwiesener­maßen monetärer Natur (PwC, 2017; Europäische Kommission, 2016b). Konsumenten nutzen Sharing-Unterkünfte vor allem wegen der finanzi­ellen Ersparnis bzw. des besseren Preis-Leistungs-Verhältnisses.

Aus der Perspektive von Städten und Kommunen kann die geteilte Nut­zung von Wohnraum Platz und Geld sparen, die ansonsten für Hotels gebraucht würden (Rauch & Schleicher, 2015). Dies ist vor allem in Großstädten mit angespannten Wohnungsmärkten der Fall (Kirby, 2010). Der Preisvorteil ermöglicht es Plattformen, die klassische Hotel­branche, vor allem im niedrigen Preisbereich, unter Druck zu setzen und höhere Marktanteile zu gewinnen (Behrendt et al., 2017). Um auch im Hochpreissegment mehr Unterkünfte anbieten zu können, erwarb Airbnb 2017 den Luxus-Ferienhausvermieter Luxury Retreats (Airbnb, 2017). Zudem ist eine Ausweitung des Angebots der Vermittlungsplatt­form zu beobachten. Wie bereits in Kapitel 2.5 beschrieben, ergänzen komplementäre Reise-Dienstleistungen wie Stadtführungen das Reise­erlebnis mit Airbnb (Behrendt et al., 2017).

Vor dem Hintergrund dieser Geschehnisse auf dem Markt kann ge- schlussfolgert werden, dass Airbnb seine machtvolle Stellung auf dem Homesharing-Markt weiter ausbauen wird. Nur im Falle einer flächen­deckenden Einführung der Blockchain-Technologie in diesem Bereich könnten Vermittlungsplattformen Marktanteile verlieren, so TUI-CEO Joussen in einem Interview mit dem Manager Magazin (Müller, 2017).

Wie sich weitere P2P-Beherbergungsplattformen entwickeln werden, ist mit dem heutigen Erkenntnisstand kaum vorherzusagen. Es ist jedoch anzunehmen, dass Airbnb aufgrund seiner Netzwerk- und Skaleneffek­te seine machtvolle Position auf dem P2P-Beherbergungsmarkt halten wird (Behrendt et al., 2017).

2.7.3 Konsumgüter

Während der Vorreiter im Bereich gebrauchter Produkte, Ebay, bereits in den neunziger Jahren gegründet wurde, kamen die meisten Second Hand-Plattformen im vergangenen Jahrzehnt auf dem Markt (Martin, 2016; PwC, 2017). Die zunehmende gesellschaftliche Akzeptanz vom Erwerb gebrauchter Güter soll laut Frick et al. (2013) in Zukunft weiter steigen und zur verlängerten Nutzung von Gütern führen. Im Gegensatz zu den Pioniermodellen haben in Zukunft auch unentgeltliche Tausch­modelle eine Chance, auf dem Markt zu bestehen (Frick et al., 2013).

Der deutsche Markt für geteilte Güter wurde im Jahr 2017 laut einer Studie von PwC (2017) auf 2,6 Milliarden Euro geschätzt. Ein Wachs­tum innerhalb dieses Marktes wird vor allem im Bereich solcher Güter erwartet, die teuer in der Anschaffung sind und dessen Teilen mit einer erhöhten Flexibilität einhergeht (Frick et al., 2013). Diese Vermutung macht sich in Volumen und Wachstum der Car- und Homesharing- Branche bereits heute bemerkbar. Im Bereich Konsumgüter lässt sich die Prognose in erster Linie auf Sharing-Plattformen für kostspielige Profi-Werkzeuge anwenden (z.B. Sharestarter), die laut Frick et al. im Zuge der Do-it-yourself-Bewegung an Bedeutung gewinnen.

Obwohl Textilware nicht mit hohen Produktpreisen einhergehen muss, sehen Frick et al. (2013) auch im Kleidersharing eine Zukunft. Während im Rahmen eines Forschungsprojekt des BMBF von einer Sättigungs­tendenz im Bereich Kleidersharing berichtet wird, sieht das Gottlieb Duttweiler Institut die Möglichkeit, dass Second Hand Kleidungsplatt­formen in Zukunft eine neue Kategorie der Modebranche formen wer­den (Frick et al., 2013; Behrendt et al., 2017). Ob sich Plattformen wie Kleiderkreisel und Kleiderkorb in Zukunft behaupten, hängt aber neben 24 der Nachfrage auch von der finanziellen Tragfähigkeit der Geschäfts­modelle, die laut Scholl et al. (2015) noch unsicher ist, ab. Hier gilt es, das in Kapitel 2.6.4 beschriebene Etablierungsproblem zu lösen und hohe Nutzerzahlen mit geringen Plattformgebühren zu kombinieren.

Dass laut Frick et al. (2013) SE-Plattformen für Gebrauchsgegenstände ein großes Potenzial aufweisen, gilt nicht güterübergreifend. So argu­mentiert Sharing-Kritiker Tom Slee, dass das Verleihen von Haushalts­geräten erwiesenermaßen nicht funktioniere (Kowalsky, 2016). Wäh­rend es bis heute allgemeine Tausch- und Verleihbörsen gibt, die u.a. auch Haushaltsgeräte verleihen, unterstützt das Beispiel des Küchen- geräte-Herstellers Electrolux Slees Aussage. Nachdem Electrolux 2016 zunächst Tests zum Teilen der eigenen Waschmaschine durchführte, wurde das Sharing-Modell aufgrund preispolitischer und rechtlicher Hürden letztlich nicht eingeführt (Luttner, 2016). Dies signalisiert, dass die geteilte Nutzung hochpreisiger Güter, die in den Bereichen Wohn­raum und Automobil ihr Potenzial zeigt, nicht immer vielversprechend ist.

Auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie spricht dem Sharing im Bereich Konsumgüter eher eine geringe wirtschaftliche Be­deutung zu (Busch et al., 2018). Das Ministerium merkt weiterhin an, dass kaum Daten zur Nutzung von Sharing-Plattformen in diesem Sek­tor vorliegen.

2.7.4 Medien und Unterhaltung

Bevor das Teilen von Produkten in der realen Welt erneut an Populari­tät gewann, waren es vor allem Medien wie Musik und Filme, die mit anderen geteilt wurden und der Sharing Economy den Weg ebneten (VZBV, 2015a). Mit Napster, einem Online-Musikdienst der späten neunziger Jahre, gehört der Mediensektor zu einem der älteren (Currah, 2006). Die Nutzung von Streaming-Diensten wie Netflix oder Sound- Cloud wird der Sharing Economy zugeordnet, da die Medieninhalte ge­nutzt werden, ohne dabei im Besitz der Verbraucher zu sein (VZBV, 2015a). Das Konzept gleicht einem digitalen Mietmodell.

Laut einer Studie von PwC (2017) nutzten 2016 23% der Deutschen SE-Angebote im Bereich „Medien und Unterhaltung“, womit dies den am meisten genutzte Sharing-Sektor Deutschlands darstellt. Im Rah­men der Befragung ergab sich, dass die Deutschen im Jahr 2016 rund 62 Euro pro Jahr in diesem Sektor ausgaben. Für das Folgejahr der Un­tersuchung erwartete PwC einen Nutzerrückgang von 8%. Gleichzeitig gaben die Nutzer, die Medien im Folgejahr weiterhin oder erstmalig nutzen und teilen wollten, an, höhere Ausgaben in diesem Bereich täti­gen zu wollen. Der Wert des geplanten Ausgabenanstiegs belief sich in Deutschland auf 35%. Die Vorteile des “Mietens” von Musiktiteln, Fil­men und weiteren medialen Inhalten über Plattformen sind laut einer Umfrage von PwC ein besserer Preis und Zugang, eine größere Aus­wahl und ein außergewöhnliches Kundenerlebnis (PwC, 2015b).

Seine enorme disruptive Kraft konnte der Sharing-Sektor bereits im letzten Jahrzehnt unter Beweis stellen. Die traditionellen Branchen von Musik, Fernsehen, Presse und Verlagswesen wurden durch mediale Sharing-Plattformen stark geschwächt (Rifkin, 2019). Jeremy Rifkin, der als internationaler Vordenker im Bereich Sharing Economy gilt, sieht vor allem junge Plattformnutzer als Auslöser: „[...] heute produziert und teilt eine digitale Generation Musik, Videos, Nachrichtenblogs, Social­Media-Beiträge, kostenlose E-Books und offene Massen­Onlineseminare zu Grenzkosten von nahe null“, was die bisher populä­ren Massenmedien ersetzbar mache (2019, S. 9). Mit geringen Grenz­kosten meint Rifkin, dass jede weitere Nutzung von nicht-tangiblen Pro­dukten wie Videos nahezu keine Kosten verursacht. Folglich ist die Verbreitung solcher Medien besonders mühelos möglich (Sommer, 2018).

Einer der von PwC aufgedeckten Vorteile des Online-Sharing von Me­dien ist das besondere Nutzererlebnis (PwC, 2015b). So bestimmt Spo­tify aufgrund der gehörten Titel den Musikgeschmack seiner Nutzer und empfiehlt auf dieser Basis weitere Werke. Des Weiteren zeigt die Platt­form Musiktitel an, die Freunden gefallen und bringt so einen Mehrwert für Musikliebhaber, der ohne eine solche Plattform kaum erreichbar wä­re (PwC, 2015b).

Die Medien- und Unterhaltungsbranche konnte ihre disruptive Kraft auf­grund der nicht-tangiblen Eigenschaft der Produkte und der damit ver­bundenen Einfachheit des Teilens bereits demonstrieren, doch der Wachstumstrend ist einigen Autoren zufolge noch nicht beendet (PwC, 2017; Rifkin, 2014; Spindler et al., 2015). Allein für das Jahr 2018 prog­nostizierte PwC (201 7) für Europa ein Branchenwachstum von 1 07%. Auch das Marktforschungsunternehmen MIDiA geht davon aus, dass der Streaming-Markt in Deutschland und weltweit langfristig weiter­wachsen wird (Mulligan, 2019). Weitere Quellen bestätigen die globale Wachstumsprognose (Market Research Future, 2019; On.Live, 2018). Das Marktvolumen des globalen Streaming-Marktes könnte sich laut MIDiA von 2019 bis 2026 verdoppeln.

Eine weitere Entwicklung prognostiziert das Weltwirtschaftsforum. In den kommenden Jahren solle auch das Streaming von Videospielen an Bedeutung gewinnen, sodass Verbraucher ihre Spiele nicht mehr her­unterladen oder im Geschäft erwerben müssen (Amor, 2019). Amor spricht in diesem Zusammenhang von einer „games streaming revoluti­on“ (2019, o.S.) und sieht in dieser eine wirtschaftliche Bedeutung, die der der damaligen Fernseh-Revolution gleichkommt.

Als Pionier-Sektor der neuen Sharing Economy stellt die Online­Nutzung von Unterhaltungsmedien zusammenfassend weiterhin einen starken, wachsenden Teil der Ökonomie des Teilens dar.

2.7.5 Dienstleistungen

Neben tangiblen Produkten und Online-Medien können Konsumenten auch ihre Fähigkeiten teilen, wie es bspw. in Amerika auf Plattformen wie Taskrabbit schon üblich ist (Stresing, 2019). Beispiele stellen diver­se Handwerks- und Hausarbeiten dar. Da so ungenutzte Fähigkeiten und Zeit besser ausgelastet werden können, gehört auch dieser eher neue Sektor zur Sharing Economy (Martin, 2016; Alvares de Souza Soares, 2018).

Im Jahr 2017 betrug das Marktvolumen des Dienstleistungssektors in Deutschland 2,2 Milliarden Euro, womit der Bereich auf dem vorletzten Platz vor Medien & Unterhaltung lag (PwC, 2017). Die Befragung von PwC ergab weiterhin, dass von 2016 bis 2017 lediglich 13% der Deut­schen Dienstleistungen über Plattformen in Anspruch nahmen. Im Ge­gensatz dazu wurde laut PwC im Dienstleistungssektor im Zeitraum von 2017 bis 2018 ein starkes Wachstum von 25% erwartet. Während so­wohl steigende Nutzerzahlen sowie ein steigendes Marktvolumen prog­nostiziert wurden, gaben die Deutschen an, in Zukunft durchschnittlich 9% weniger Geld für Sharing-Dienstleistungen ausgeben zu wollen (PwC, 2017).

Als gewinnbringende Zielgruppe und Hauptnutzer von Sharing­Dienstleistungen gilt die Generation der Millennials (PwC, 2017). Cruz et al. (2018) prognostizieren, dass der Trend zum Auslagern von Haus­und Handwerksarbeiten an fremde Privatpersonen weiterwachsen kön­ne, wenn die Millennials ihre Konsumgewohnheiten aufrechterhalten. Ihre Ansprüche an einen hochflexiblen Lebensstil stärken die Wachs­tumsprognosen von SE-Dienstleistungsplattformen (Frick et al., 2013).

Während allgemein ein Wachstum dieses Sektors erwartet wird, äußern sich in der Literatur zahlreiche negative Stimmen zu der Zukunft dieser Konsumpraxis. Behrendt et al. (2017) kritisieren, dass ursprünglich kos­tenfreie, uneigennützige Hilfeleistungen zunehmend kommerzialisiert werden. Harald Staun nutzt in einem Artikel der FAZ den Term „totale Dienstleistungsgesellschaft“ (2013, S. 3). Nach tiefgreifenden Syste­mänderungen von Taskrabbit berichteten seine amerikanischen Nutzer der Zeitung The Guardian, dass ihre Dienste nun niedriger vergütet würden und nicht mehr flexibel verrichtbar seien (Jaffe, 2014). Haque (2015) hält es für möglich, dass in Zukunft weite Teile der Bevölkerung im Zuge der sogenannten Gig Economy zu Bediensteten werden und wenigen, machtvollen Nachfragern einen luxuriösen Lebensstil ermögli­chen. Er kritisiert, dass die über Sharing-Plattformen verrichteten Tätig­keiten niedrigste Qualifizierung erfordern und das Potenzial der Anbie- ter nicht fördern. Inwieweit diese Annahmen in Zukunft eintreten werden, geht aus der Literatur zum jetzigen Zeitpunkt nicht hervor.

Der zukünftige Erfolg solcher Plattformen wird ferner auch durch deren Ausrichtung bestimmt. Während Frick et al. (2013) in breit aufgestellten Vermittlungsplattformen für diverse Hausarbeiten wie Taskrabbit und Gigwalk ein wachsendes Potenzial sehen, werden Plattformen wie Dogvacay, bei dem Aufpasser an Haustierbesitzer vermittelt werden, eher als Nischenphänomen betrachtet.

Die deutsche Fähigkeits-Tauschbörse Exchange-me, die 2005 gegrün­det wurde, ist heute im Netz nicht mehr auffindbar und wurde nach ei­genen Angaben des Gründers auf LinkedIn 2016 geschlossen (Pries, o.J.). Das amerikanische Unternehmen Taskrabbit plante in Kooperati­on mit seiner Muttergesellschaft IKEA zum Ende des Jahres 2019 erstmals in Deutschland aufzutreten und IKEA-Kunden Unterstützung beim Aufbau von Produkten anzubieten (Demling & Holzki, 2019; Stresing, 2018). Vor dem Hintergrund dieser ambivalenten Informatio­nen erweist sich eine Aufstellung klarer Erfolgsprognosen des Service­Sektors als schwierig. Inwieweit die deutsche Gesellschaft Dienstleis­tungsangebote wie das von IKEA annehmen wird, ist noch nicht abseh­bar.

2.7.6 Finanzen

Das deutsche Projekt i-Share beschreibt den Sharing-Sektor Finanzen als das „[...] Verleihen von Geld sowie das Investieren und Finanzieren in Projekte durch die Crowd als Kapitalgeber“ (i-Share, 2019b, o.S.). Die Crowd meint hier Privatpersonen, die gemeinsam durch das Bereit­stellen finanzieller Mittel ein Spektrum an finanziellen Leistungen bis hin zu sogenannten kollaborativen Versicherungen ermöglichen (i-Share, 2019b). Während um das Jahr 2000 bereits Crowdfunding-Plattformen existierten, wurden heute erfolgreiche Plattformen wie Kickstarter oder Indiegogo erst um 2010 gegründet, weshalb dieser Sektor zu den eher jüngeren gezählt wird (Hu, 2019).

Deutschland liegt mit einem Marktvolumen von 7,7 Milliarden Euro im Crowdfinance-Bereich (Stand 2016) verglichen mit anderen EU-Staaten relativ weit vorn (PwC, 2017). Innerhalb Deutschlands stellt dieser Sek­tor den finanziell stärksten dar, obwohl er vergleichsweise von weniger Verbrauchern genutzt wird als die anderen Sektoren (PwC, 2017). Der Grund dafür liegt in den hohen Durchschnittsausgaben pro Nutzer von 1.229 Euro im Zeitraum 2016 bis 2017.

Laut VZBV nutzen 23% der Verbraucher SE-Angebote im Finanzbe­reich. Damit stellt dieser Sektor das Schlusslicht der Nutzung von Sha­ring-Bereichen dar (VZBV, 2015b). Tondreau und Gussé (2015) erklä­ren, dass das P2P-Banking bislang eine Randerscheinung darstellt, dessen Wachstum bis dato durch eine rechtliche Grauzone und der damit verbundenen Unsicherheit der Verbraucher gebremst wird.

Nichtsdestotrotz konnte der Sharing-Sektor laut Botsman (2016) sein disruptives Potenzial bereits mehrfach unter Beweis stellen. In einer ersten Welle ermöglichten Unternehmen wie PayPal einen sicheren, schnellen Zahlungsverkehr zwischen Peers. Plattformen wie Auxmoney, Smava und Kickstarter brachten in der zweiten Welle private Kredit­nehmer und -geber zusammen, während die dritte, aktuelle Welle durch das Aufkommen von Kryptowährungen geprägt ist (Botsman, 2016; VZBV, 2015a). Zudem wird bis 2023 ein zehnprozentiger Anstieg des Transaktionswert von Crowdfinance-Aktivitäten in Deutschland erwartet (Striapunina, 2019). Andere europäische Länder wie Spanien, Großbri­tannien und Frankreich lassen laut Striapunina ein ähnliches Wachstum erwarten.

Botsman (2016) nennt einige Faktoren, die das P2P-Finanzwesen zu­künftig vorantreiben könnten. Erstens haben einige Verbraucher nur ei­nen eingeschränkten Zugang zu den Leistungen des traditionellen Bankwesens, wie z.B. der Kreditvergabe. Da das kollaborative Finanz­wesen mit anderen Regelungen als denen traditioneller Banken einher­geht, könnte die oben genannte Zielgruppe durch das P2P-Banking er­schlossen werden. Einen zweiten Treiber stellt das abnehmende Ver- trauen der Verbraucher gegenüber finanziellen Institutionen dar (Bots- man, 2016). Drittens könnten traditionelle Banken aufgrund ihrer kom­plexen Prozesse und anfallenden Gebühren an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Weiterhin spricht das sogenannte Unbundling für eine Ver­breitung des P2P-Finanzwesens. Damit meint Botsman, dass Leistun­gen von ihren physischen Erbringern getrennt werden, wie es in der Vergangenheit bereits bei Nachrichten und Bildung geschehen ist. So­mit führt das Unbundling im Finanzbereich zu einem einfacheren Zu­gang zu Finanzdienstleistungen.

Die vorgestellten Vorteile des P2P-Finanzwesens geben seinen Platt­formen einen Vorsprung gegenüber traditionellen Institutionen, die laut Frick et al. (2013) das peergestützte Finanzsystem nicht verstehen. Die Autoren schreiben dem Finanzsektor deshalb ein Boom-Potenzial zu.

Tondreau und Gussé (2015) sehen in Zukunft einen zweigeteilten Fi­nanzsektor. Sie prognostizieren, dass traditionelle Banken weiterhin bestehen werden und neben dem bisherigen Leistungsportfolio ihre ei­genen P2P-Lösungen anbieten werden, um wettbewerbsfähig zu blei­ben. Ihre bereits heute etablierte Stellung auf dem Markt wird dabei ihr stärkster Wettbewerbsvorteil gegenüber reinen P2P-Initiativen sein (Tondreau & Gussé, 2015). Laut der beiden Autoren werden P2P- Finanzplattformen, die nicht traditionellen Banken angehören, als Kom- plementoren fungieren. Dabei werden ergänzende Leistungen, die tra­ditionelle Banken nicht anbieten, bereitgestellt. Ein Beispiel hierfür stellt die finanzielle Unterstützung kleiner Unternehmen dar (Tondreau & Gussé, 2015).

Eine weitere Vorhersage trifft Botsman (2016). Für die zukünftige vierte Welle des finanziellen Wandels prognostiziert die Autorin die Expansion peergestützter Versicherungsleistungen. Seit 2010 sind bereits in vielen Ländern P2P-Versicherungsplattformen gegründet worden, die ver­schiedenste Bereiche wie Kfz-, Hausrat-, Kranken- und Lebensversi­cherungen abdecken (Täubner, 2019). Wegen ihrer geringen Versiche- rungsbeiträge könnten P2P-Versicherungsmodelle in Zukunft weitere Nutzer anziehen (i-Share, 2019a).

Eine bereits in Kapitel 2.6.1. thematisierte Technologie, die den Bezahl­verkehr zwischen Privatpersonen ohne Risiko und ohne Mittelmann er­möglicht, ist die Blockchain. Vermittlungsplattformen, die häufig als ver­trauenswürdige Instanz gehandelt werden, könnten so redundant wer­den (Wirtz et al., 2019; Sun et al., 2016; Belk, 2014). Mithilfe der Block- chain-Technologie könnte das Vergeben von Krediten zwischen Privat­personen stark vereinfacht werden (Stein et al., o.J.). Nienhaus et al. (2018) vermuten, dass durch diese Technologie in Zukunft Privatperso­nen im übertragenen Sinne selbst zu Banken werden könnten.

Der Gedanke, dass Banken in Zukunft nicht mehr existieren werden, wird seit einigen Jahren stark diskutiert. Während Nienhaus et al. (2018) im Einklang mit Andrey Sharov, dem Vizepräsident Russlands größter Bank, vom Aussterben traditioneller Banken ausgehen, gibt es auch Stimmen, die dies bezweifeln (Das, 2016; Taylor, 2019).

Ob das traditionelle und das P2P-Finanzwesen in Zukunft koexistieren werden oder eines der Modelle das andere verdrängen wird, ist mo­mentan noch nicht vorhersehbar. Die Entwicklungen der vergangenen Jahre deuten auf ein anhaltendes Wachstum der Crowdfinance- Bewegung hin.

Zusammenfassend haben bisher vor allem die Sektoren Konsumgüter und Medien ihren Erfolg in der Gesellschaft bereits demonstrieren kön­nen. Ferner versprechen die stark aufstrebenden Sektoren Mobilität und Beherbergung gute Zukunftschancen. Während auch für den Fi­nanzsektor ein weiteres Wachstum prognostiziert wird, ist der Zukunfts­erfolg geteilter Dienstleistungen in Deutschland eher ungewiss.

3. Empirie

Während die Fachliteratur bereits viele Erkenntnisse zur Sharing Eco­nomy liefert, sind ganzheitliche, sektorübergreifende Untersuchungen 32 zu ihren Erfolgschancen eher rar. Aus diesem Grund soll im Zuge der Arbeit eine solche Erhebung durchgeführt werden. In diesem Kapitel werden neben der Konzeption des Erhebungsinstruments und des For­schungsdesigns die aufgestellten Hypothesen, die Stichprobenzusam­mensetzung und das Auswertungsvorgehen beschrieben.

3.1 Beschreibung des Datenerhebungsinstruments

Da im letzten Jahrzehnt zahlreiche Forschungsbeiträge zum Thema Sharing Economy geleistet wurden und somit bereits eine breite Basis für Folgeforschungen besteht, wird ein exploratives, qualitatives Vorge­hen nicht für notwendig gehalten. Stattdessen soll mittels einer quanti­tativen Erhebung einer großen Stichprobe die Entwicklung der Sharing Economy auf Signifikanz geprüft werden. Die Daten wurden durch ei­nen Online-Fragebogen erhoben, der als Instrument eine weiträumige Verbreitung und eine hohe Standardisierung der Befragung ermöglicht. Eine Beeinflussung der Versuchspersonen durch den Forschungsleiter ist ausgeschlossen, da die Teilnehmer diesem im Rahmen einer Onli­ne-Befragung nicht begegnen. Zudem gilt der Fragebogen als kosten- und zeiteffizientes Erhebungsinstrument.

Bevor das Erhebungsinstrument im Detail beschrieben wird, wird mittels Tabelle 2 auf der Folgeseite ein Überblick der Fragebogenstruktur ver­mittelt. Während die Tabelle Aufschluss über die Kernbereiche der Er­hebung gibt, werden Elemente wie die Begrüßungsseite und die Erhe­bung der soziodemografischen Daten zur Vereinfachung nicht visuali­siert.

Zu Beginn der Befragung, die dem Anhang zu entnehmen ist, wurde der Begriff Sharing Economy definiert, um ein einheitliches Verständnis der Probanden sicherzustellen. Als Einstiegsfrage wurde die Bekannt­heit von SE-Plattformen der sechs Bereiche Mobilität, Beherbergung, Konsumgüter, Medien, Dienstleistungen und Finanzen abgefragt. Dann wurde erhoben, ob in den letzten zwei Jahren Sharing-Angebote der sechs Sektoren als Nachfrager genutzt wurden. Abbildung 1 auf Seite 35 zeigt den entsprechenden Ausschnitt aus dem Online-Fragebogen.

[...]


1 Übersetzung der Verfasserin: Ein Wirtschaftsmodell, das auf dem Teilen nicht aus­gelasteter Güter von Wohnraum über Gebrauchsgegenstände bis hin zu Fähig­keiten basiert und das Erhalten einer monetären oder nicht-monetären Gegenleis­tung zufolge hat

2 Die Plattform ist im deutschsprachigen Raum unter der Adresse https://www.haustauschferien.com/de verfügbar

Excerpt out of 206 pages

Details

Title
Erfolgschancen des Sharing Economy Modells in unserer Gesellschaft
Subtitle
Eine wissenschaftliche Analyse
College
University of Applied Sciences Koblenz
Grade
1,3
Author
Year
2020
Pages
206
Catalog Number
V931576
ISBN (eBook)
9783346243591
ISBN (Book)
9783346243607
Language
German
Keywords
Sharing Economy, Share Economy, Shared Economy, Ökonomie des Teilens, Teilwirtschaft, Zirkulärwirtschaft, Carsharing, Foodsharing, Roomsharing, Airbnb, Ridesharing
Quote paper
Julia Klippenstein (Author), 2020, Erfolgschancen des Sharing Economy Modells in unserer Gesellschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/931576

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Title: Erfolgschancen des Sharing Economy Modells in unserer Gesellschaft



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