Homeschooling. Unterricht in der Coronakrise


Hausarbeit, 2020

26 Seiten

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Homeschooling
2.1 Aktuelle Situation
2.2 Definition Homeschooling

3 Methodisches Konzept nach Jäger
3.1 Theoretische Grundlagen
3.2 Vorgehensweise

4 Kritische Diskursanalyse
4.1 Materialauswahl
4.2 Strukturanalyse
4.3 Feinanalyse

5 Fazit

6 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

„Homeschooling. Das ist für mich das Unwort des Jahres. Wie jeder andere auch sitzen wir seit etwa sechs Wochen zu Hause ohne Schule, ohne Freunde, ohne Hobbys.“ (Stadt Land Mama, 2020b). Solche Beiträge lese ich in der letzten Zeit immer öfter. Viele Eltern sehen sich vor einer großen Herausforderung, seitdem die Schulen geschlossen sind und sie ihre Kinder zuhause unterrichten müssen. „Ich wuppe gern drei Kinder und Haushalt und drei Jobs, ich scheue Arbeit nicht und Fleiß, aber was hier in den letzten Wochen los war, das geht einfach auf gar keine Kuhhaut. ICH GEHE AM STOCK, ich bin so dünnhäutig, dass ich bei den kleinsten Dingen anfange zu zweifeln, zu weinen - oder zu explodieren.“ (Stadt Land Mama, 2020a). Die Eltern scheinen überfordert und fordern eine Lösung seitens der Bundesregierung. „Es MUSS irgendwie weitergehen! Aber doch nicht so!“ (Stadt Land Mama, 2020e). „Home-schooling. Geht anders. Setzen. Sechs.“ (Stadt Land Mama, 2020e). Doch auch Lehrer sehen sich in ihrer Rolle nicht optimal unterstützt. Eine Lehrerin schreibt: „Fast täglich trudeln neue Erlasse bzw. Ankündigungen vom Bildungsministerium bei uns ein. Was wir demnach alles (neben der Betreuung wohlgemerkt!) erledigen sollen, ist mit Sicherheit sinnvoll, dennoch drängt sich die Frage auf, ob das jetzt sein muss.“ (Stadt Land Mama, 2020c). In der folgenden Hausarbeit möchte ich mich mit der Problematik von Homeschooling beschäftigen. Dazu habe ich die Methode der Kritischen Diskursanalyse nach Jäger gewählt. Zunächst gehe ich noch einmal genauer auf die aktuelle Situation ein und definiere in diesem Zusammenhang den Begriff Homeschooling. Anschließend erläutere ich die Methode nach Jäger. Dann folgt der Hauptteil der Diskursanalyse. Ich habe mir einen Text herausgesucht, der die Umsetzung von Homeschooling in der aktuellen Lage kritisiert. Diesen werde ich ausführlich analysieren. Dazu begründe ich zunächst meine Auswahl des Quellenmaterials. In der anschließenden Strukturanalyse werte ich die Materialaufbereitung im Hinblick auf den zu analysierenden Diskursstrang aus. In der Feinanalyse arbeite ich dann die Argumente des Textes heraus und gehe dabei auf sprachlich-rhetorische Mittel ein. In einem anschließenden Fazit beziehe ich die Struktur- und Feinanalyse aufeinander und mache Vorschläge zur Bekämpfung des kritischen Diskurses.

2 Homeschooling

2.1 Aktuelle Situation

Ende des Jahres 2019 ist die Atemwegserkrankung COVID-19 ausgebrochen. Umgangssprachlich wird von „Corona" gesprochen. Es handelt sich dabei um eine Virusinfektion, die durch das Coronavirus SARS-CoV-2 verursacht wurde. Sie verbreitet sich in der Regel durch Tröpfchenübertragungen, was eine schnelle Ausbreitung möglich macht. Zunächst löste der Virus in China eine Epidemie aus und breitete sich schließlich zu einer weltweiten COVID-19-Pandemie aus. Die Krankheitsverläufe variieren stark. Die Krankheit kann symptomlos verlaufen, kann aber auch Symptome wie Fieber, Erschöpfung, trockener Husten und Kurzatmigkeit hervorrufen. Auch gibt es Fälle bei denen eine Lungenentzündung diagnostiziert wurde, die letztendlich zu Lungenversagen und schließlich zum Tod führen kann (vgl. Wikipedia, 2020a). Weltweit sind bisher ca. 3.700.000 Menschen an dem Coronavirus erkrankt. Davon sind ca. 250.000 Menschen an den Folgen der Krankheit gestorben (Stand: 08.05.2020) (vgl. World Health Organization, 2020). In Deutschland sind es bisher 167.300 infizierte Menschen. Darunter sind 7.266 Tote gelistet (Stand: 08.05.2020) (vgl. Robert Koch Institut, 2020). Die deutsche Bunderegierung reagiert mit Kontaktbeschränkungen und Hygiene- und Abstandsregeln. Dadurch soll die Ausbreitung des Virus verlangsamt werden. Auf ihrer Homepage hat die Bunderegierung die Internetseiten der einzelnen Bundesländer verlinkt, wo diese ihre Verordnungen und Allgemeinverfügungen veröffentlicht haben (vgl. Die Bundesregierung, 2020). Eine Auseinandersetzung mit den einzelnen Verordnungen würde den Rahmen dieser Hausarbeit sprengen. Deshalb beschäftige ich mich kurz mit dem Verlauf der Pandemie und wie die Bundesländer in Bezug auf die Schulen reagiert haben. Am 09.03.2020 stand zum ersten Mal eine Diskussion über die Schulschließungen im Raum. Einzelne Schulen wurden bereits geschlossen. Nun sollte über eine großflächige Maßnahme nachgedacht werden (vgl. Tagesschau, 2020c). Am 14.03.2020 wurde veröffentlicht, dass immer mehr Bundesländer wegen der Corona-Epidemie ihre Schulen und Kindergärten flächendeckend schließen. Dies sollte zunächst bis zu den Osterferien andauern (vgl. Tagesschau, 2020g). Fast alle Bundesländer wollten ihre Schulen ab Montag, dem 16.03.2020 geschlossen lassen. Einige Bundesländer führen den Unterricht noch am Montag oder am Dienstag fort und schließen die Schulen dann im Laufe der Woche. In Bayern sollte ein Notdienst errichtet werden, der Eltern bei der Bewältigung der Krise helfen soll. In Berlin sollte der Betrieb stufenweise eingestellt werden. In Brandenburg gab es schon Ausnahmefälle, in denen die Schulen sofort schließen mussten. Die Bundesländer Hessen und Sachsen haben lediglich die Schulplicht aufgehoben. Die Lehrkräfte sollten weiterhin in der Schule anwesend sein, um Schülerinnen und Schüler zu betreuen, deren Eltern eine häusliche Betreuung nicht möglich ist. Unterricht soll hier aber nicht stattfindet. In Sachsen sollte in den nächsten Tagen dann eine Entscheidung über die Schließung getroffen werden. In Thüringen sollte eine Notbetreuung für Kinder der ersten bis sechsten Klasse eingerichtet werden (vgl. Tagesschau, 2020a). Damit die Schülerinnen und Schüler weiterhin lernen, sollten die Schulen auf digitalen Fernunterricht umsteigen. Für Eltern bedeutet das, in einem gewissen Grad in die Lehrerrolle zu schlüpfen (vgl. Tagesschau, 2020d). Sie müssen mit ihren Kindern zu Hause also plötzlich Homeschooling betreiben. Das stellt sie vor viele Herausforderungen. Was genau Homeschooling ist, möchte ich in dem folgenden Kapitel erläutern.

2.2 Definition Homeschooling

„Homeschooling (Heimunterricht, Domizilunterricht oder Hausunterricht) ist eine Form der Bildung und Erziehung, bei der die Kinder zu Hause von den Eltern oder Privatlehrern statt in Schulen unterrichtet werden.“ (Strangl, 2020). Wie Hausunterricht stattfindet, kann sehr unterschiedlich aussehen. So kann Homeschooling sich an den traditionellen Schulunterricht orientieren und stark strukturiert ablaufen. Es gibt aber auch offene Formen. Diese werden Unschooling genannt. Der Unterricht findet meist in der eigenen Wohnung statt. Eltern oder Privatlehrerinnen und -lehrer vermitteln den Schülerinnen und Schülern den Unterrichtsstoff, der für ihr Alter vorgesehen ist. Sie müssen also, wie auch die Lehrerinnen und Lehrer an „normalen“ Schulen, dem Lehrplan folgen. Am Ende eines Halbjahres werden die Schülerinnen und Schüler geprüft. Bestehen sie diese Prüfung nicht, müssen sie in der Regel an eine staatliche Schule wechseln. Beim Unschooling soll die traditionelle Schule nicht nachgeahmt werden. Der Unterricht findet nicht geplant und strukturiert statt, es gibt also keinen festen Stundenplan. Hier steht ein vom Kind geleitetes Lernen im Vordergrund. Die Themen werden so behandelt, wie das Kind es sich wünscht. Eingebunden in ein gutes Kontrollsystem kann Homeschooling ein wirksames und effizientes Mittel zur Steigerung der Interessen des Kindes sein (vgl. Strangl, 2020). Früher war der Hausunterricht weit verbreitet. Erst mit der Einführung der allgemeinen Schulpflicht in einigen Ländern kam es zu Verboten seine Kinder außerhalb der Schule zu unterrichten (vgl. Wikipedia, 2020c). In den USA z.B. ist der Besuch einer Schule heute noch nicht verpflichtend. Der Trend seine Kinder zuhause zu unterrichten kommt nun aus den USA auch nach Europa (vgl. Strangl, 2020). In Deutschland wurde 1938 der Heimunterricht mit dem Reichsschulpflichtgesetz verboten (vgl. Wikipedia, 2020c). Es legte die Schulplicht im Deutschen Reich fest und definierte das Einschulungsjahr für alle Kinder, die im Laufe des Jahres das sechse Lebensjahr vollenden (vgl. Wikipedia, 2020b). Die Schulplicht ist die gesetzliche Verpflichtung für Kinder, ab einem bestimmten Alter die Schule zu besuchen. In Deutschland ist die Schulpflicht in den einzelnen Länderverfassungen geregelt. Die sogenannten Schulgesetze regeln die Durchführung (vgl. Wikipedia, 2020d). Die Kultusministerkonferenz schätzt, dass in Deutschland, trotz der allgemeinen Schulpflicht, bundesweit etwa 500 bis 1000 Familien Hausunterricht betreiben. Wie bereits erwähnt, wurden nun während der Corona-Pandemie die Schulen geschlossen und die Schulpflicht vorübergehend außer Kraft gesetzt.

3 Methodisches Konzept nach Jäger

3.1 Theoretische Grundlagen

Diskurstheorien und Diskursanalysen interessieren sich nicht für sozialstrukturelle Formungen des Sprachgebrauchs oder den Sprachgebrauch als Handlungsform. Dahingehend unterscheiden sie sich von anderen sozialwissenschaftlichen Beschäftigungen mit der Sprache. Im Zentrum der sozialwissenschaftlichen Diskursforschung steht die Analyse institutioneller Regulierungen von Aussagepraktiken und deren Macht (vgl. Keller, 2011, S. 8). Während Diskurstheorien sich mit dem theoretischen Grundlagenperspektiven beschäftigen, steht bei der Diskursanalyse die empirische Untersuchung von Diskursen im Vordergrund (vgl. Keller, 2011, S. 9). Es gibt verschiedene Ansätze von verschiedenen Autoren und Autorinnen. Sie beschäftigen sich mit der Verknüpfung von linguistischen mit ideologie-, gesellschafts- und sprachkritischen sowie allgemeinen sozialwissenschaftlichen Fragestellungen (vgl. Keller, 2011, S. 27). Siegfried Jäger hat einen spezifischen Ansatz der Kritischen Diskursanalyse entwickelt, der auf den Arbeiten von Michel Foucault und deren Weiterführungen von Jürgen Link aufbaut (vgl. Keller, 2011, S. 32). Jäger selbst bezeichnet seinen Ansatz als Methode, die dicht an Foucaultsches Diskurtheorie gebunden ist. Man könne sie auch angewandte Diskurstheorie nennen (vgl. Jäger, 2012, Kapitel 1). Ziel von Jäger war es eine Gebrauchsanweisung zu entwickeln, die der Diskurs- und Dispositivanalyse von Foucault entspricht. Die Diskursanalyse kam in Deutschland Anfang der 80er Jahre auf und etwas im Jahr 2000 kam dann die Dispositionsanalyse hinzu. Jäger geht davon aus, dass beide Konzepte in einem hohen Maße übereinstimmen und nutzt ihre Gemeinsamkeiten als Grundlage für seine Methode (vgl. Jäger, 2012, Kapitel 5.1). Foucault hat selbst keine solche Methode entwickelt, sondern zeigt methodische Überlegungen auf, die er als sogenannte Werkzeuge bezeichnet (vgl. Jäger, 2012, Kapitel 5.2). Jäger hat diese Werkzeuge genutzt, um ein spezifisches Analyse-Verfahren zu entwickeln (vgl. Jäger, 2012, Kapitel 5.3). In dem folgenden Kapitel möchte ich auf dieses Verfahren genauer eingehen und definiere dazu zunächst die notwendigen Begriffe. Nach Link ist ein Diskurs „eine institutionell verfestigte redeweise, insofern eine solche redeweise schon handeln bestimmt und verfestigt und also auch schon macht ausübt und verfestigt." (Jäger/Jäger, 2007, S. 19). Diskurse sind also institutionalisiert, geregelt und an Handlungen gekoppelt und wirken dadurch Macht aus (vgl. Jäger/Jäger, 2007, S. 19). Sie sind Träger von dem jeweils gültigen Wissen einer Gesellschaft (vgl. Jäger/Jäger, 2007, S. 20), wobei sie die gesellschaftliche Wirklichkeit nicht einfach widerspiegeln, sondern eher als gesellschaftliche Produktionsmittel aufgefasst werden können (vgl. Jäger/Jäger, 2007, S. 23). Die Diskursanalyse dient der Analyse dieser Produktion von Wirklichkeit und kritisiert dabei sowohl das gültige Wissen als auch die Machtwirkungen der Diskurse (vgl. Jäger/Jäger, 2007, S. 24). Jäger unterscheidet zwischen den Spezialkursen, die der Wissenschaft entstammen, und dem Interkurs, der alle nicht-wissenschaftlichen Diskurse miteinbezieht. Als Diskursfragment definiert er einen Text oder einen Textteil, der ein bestimmtes Thema behandelt (vgl. Jäger, 2012, Kapitel 5.4.1). Diese verbinden sich zu Diskurssträngen (vgl. Jäger/Jäger, 2007, S. 27), die also aus mehreren Diskursfragmenten eines Themas bestehen. Spricht ein Text mehrere Themen an, bzw. finden sich in einem Text verschränkte Diskursfragmente, so spricht Jäger von einer Diskursverschränkung (vgl. Jäger, 2012, Kapitel 5.4.1). Ein Text kann auch thematische Bezüge zu verschiedenen Diskurssträngen enthalten, was Jäger dann als Diskursstrangverschränkung bezeichnet (vgl. Jäger/Jäger, 2007, S. 29). Auch können Diskursstränge nach besonderen Kriterien gebündelt werden. Die Gesamtheit der Diskursstränge in einer Gesellschaft bildet den gesamtgesellschaftlichen Diskurs, wobei dieser wiederum Teildiskurs eines globalen Diskurses ist. Diskurse finden auf verschiedenen Ebenen, den sogenannten Diskursebenen, statt. Diese können auch als sozialen Ort bezeichnet werden, von dem aus jeweils gesprochen oder geschrieben wird. Untereinheiten dieser Diskursebenen bezeichnet Jäger als Diskursraum. Die Diskursposition hingegen ist der spezifische politisch-ideologische Standort einer Person, einer Gruppe oder eines Mediums, also der Ort, von dem die Beteiligung an dem Diskurs erfolgt. Die diskursiven Ergebnisse sind die im Diskurs herausgestellten Ergebnisse, wodurch sie die Richtung und Qualität des Diskursstranges beeinflussen (vgl. Jäger, 2012, Kapitel 5.4.1). Diese werden in der Diskursanalyse herausgearbeitet. Dabei spielen die Kollektivsymbolik und der Normalismus eine wichtige Rolle. Kollektivsymbole definiert Jäger als kulturelle Stereotypen, die kollektiv überliefert und genutzt werden. Dazu legt er sechs Kriterien fest, die ein Kollektivsymbol erfüllen muss, um als solches zu gelten. Kollektivsymbole haben immer eine individuelle Bedeutungsfunktion, wobei das Verhältnis der Bedeutungen nicht zufällig ist. So steht die Eisenbahn (nicht symbolisch) für den Fortschritt (symbolisch). Außerdem lassen sich Kollektivsymbole immer visuell darstellen, also z.B. fotografieren, zeichnen oder malen (vgl. Jäger/Jäger, 2007, S. 43). Als viertes Kriterium nennt Jäger die „syntagmatische Expansivität“ (Jäger/Jäger, 2007, S. 43). Danach lassen sich Kollektivsymbole immer weitererzählen. Zudem sind sie mehrdeutig und erlauben Analogiebeziehungen zwischen dem Bezeichnenden und dem Bezeichneten. So steht z.B. das Verhältnis zwischen der Lokomotive und den Waggons für das Verhältnis zwischen technischem Fortschritt und der Demokratie (vgl. Jäger/Jäger, 2007, S. 43). Das System der Kollektivsymbolik trägt entscheidend zur Produktion der gesellschaftlichen Wirklichkeit bei und ist eine Art interdiskursiv wirkendes Regelwerk (vgl. Jäger/Jäger, 2007, S. 40). Eng damit verbunden ist die Normalität einer Gesellschaft. Während Normen und Normativität ein bestimmtes Handeln vorschreiben, setzt Normalität statistische Dispositive voraus. Sie wird also auf Durchschnitte definiert und bildet sich mit der Zeit heraus (vgl. Jäger/Jäger, 2007, S. 62).

3.2 Vorgehensweise

Wie bereits erwähnt, hat Jäger ein Analyse-Verfahren entwickelt, wie eine Kritische Diskursanalyse aufgebaut werden kann. Darauf möchte ich im Folgenden genauer eingehen. Zunächst setzt er eine knappe Einleitung voraus, wobei die Zielsetzung, der theoretische Hintergrund und die gewählte Methode genannt werden. Danach folgt die Begründung des Untersuchungsgegenstandes. Dabei sollen der gewählte Zeitausschnitt sowie der Raum begründet und auf den kritischen und damit politischen Hintergrund verwiesen werden. Beide Analyseschritte habe ich in dieser Arbeit bereits bearbeitet. Die weiteren Schritte folgen im vierten Kapitel. Jäger nennt dabei zunächst die Bestimmung und Begründung der Materialgrundlage. Bei der Diskursanalyse geht es um das qualitativ vollständige Erfassen. In diesem Analyseschritt können also erste Überlegungen zu der Vollständigkeit im Hinblick auf den gewählten Gegenstand genannt werden. Wichtig ist dabei zu beachten, dass die Kritische Diskursanalyse sich nicht mit dem Weltwissen beschäftigt, sondern brisante Themen in bestimmten Zeiten und Räumen beschreibt und analysiert. Der vierte Analyseschritt nach Jäger ist die Strukturanalyse. Hier soll die Materialaufbereitung im Hinblick auf den zu analysierenden Diskursstrang ausgewertet werden. Dazu sollen Aussagen herausgearbeitet werden (vgl. Jäger, 2012, Kapitel 6). Aussagen sind nach Foucault homogene Inhalte. Sie sind von belanglosen, eher zufälligen Äußerungen zu unterscheiden und können als inhaltlich gemeinsamer Nenner definiert werden, der aus Sätzen und Texten gezogen werden kann (vgl. Jäger/Jäger, 2007, S. 26). Der fünfte Analyseschritt besteht dann aus der Feinanalyse bzw. den Feinanalysen, wenn mehrere Diskursfragmente analysiert werden. Jäger definiert dazu fünf Teilschritte. Der erste Teilschritt besteht aus der Darstellung des institutionellen Kontextes. Jedes Diskursfragment stehe in einem institutionellen Kontext. Durch die Charakterisierung der Plattform, auf welcher der Artikel erschienen ist, kann dieser dargestellt werden. Dazu sollte sowohl auf die Redaktion und die Autorin als auch auf die Leserschaft eingegangen werden. Der zweite Teilschritt beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Text und Oberfläche. Dabei sollen die angesprochenen Themen und die graphische Darstellung beschrieben und analysiert werden. Die graphisch markierten Abschnitte werden knapp zusammengefasst, worauf eine genaue Inhaltsangabe des gesamten Textes folgt. Dabei werden argumentative Ziele und Vermutungen über die Wirkungsabsicht herausgearbeitet. Im dritten Teilschritt geht es um die sprachlich-rhetorischen Mittel. Es geht um Kollektivsymbole und Anspielungen auf bestimmte Werte und Normen oder sogar Einstellungen. Außerdem sollen Substantive, Verben und Adjektive gesammelt und in Bedeutungsfelder eingeordnet werden. Danach folgen eine syntaktische Analyse und das Herausarbeiten von weiteren stilistischen Auffälligkeiten. Der vierte Teilschritt stellt inhaltlich-ideologische Aussagen heraus und geht dabei auf das Menschenbild ein, welchen vorherrscht und dadurch auch vermittelt wird. Der letzte Teilschritt ist dann die Analyse, wobei das gewählte Diskursfragment systematisch dargestellt wird und die Elemente der vorherigen Teilschritte aufeinander bezogen werden. Dazu hat Jäger fünf Leitfragen entwickelt, die beantwortet werden sollen: Welche Botschaft wird vermittelt? Welcher Wirkungsmuster bedient sich der Autor bzw. die Autorin? Welche Zielgruppe wird angesprochen? Wie wirksam ist das Diskursfragment im Hinblick auf die Veränderung von dominanten oder subalternen Diskursen? In welchem diskursiven Kontext steht das Diskursfragment? Nach der Feinanalyse folgt eine zusammenfassende

Diskursanalyse, die Bezug auf die Struktur- und Feinanalyse nimmt. Außerdem soll die Kritik, die den gesamten Prozess begleitet, ausformuliert werden und durch grundsätzlich ethnische Überlegungen erweitert werden. Danach folgen Vorschläge zur Bekämpfung oder Vermeidung der kritisierten Diskurse und eine abschließende Überlegung zur Frage der Gültigkeit bzw. Vollständigkeit der Analyse (vgl. Jäger, 2012, Kapitel 6). Diese Analyseschritte werde ich im Fazit vornehmen.

4 Kritische Diskursanalyse

4.1 Materialauswahl

Wie bereits erwähnt, beschäftige ich mich in den folgenden Kapiteln mit einem Beitrag von der Plattform „Stadt Land Mama". In diesem Beitrag berichtet eine Mutter von drei Kindern von ihren Problemen mit dem Homeschooling in der Corona-Krise. Sie spricht von einer Überforderung neben dem Haushalt und dem Homeoffice und fordert andere Eltern dazu auf, sich zu wehren (vgl. Stadt Land Mama, 2020) (siehe Anhang). Der Beitrag stammt vom 19. März 2020. Zu diesem Zeitpunkt wurden die Schulen gerade geschlossen und die Schulpflicht aufgehoben. In der Einleitung habe ich bereits erwähnt, dass sich viele Eltern über die aktuelle Situation im Umgang mit dem Homeschooling beschweren und auch Lehrerinnen und Lehrer sind mit der Situation teilweise überfordert. Die Schulpädagogin und Expertin für digitale Bildung Birgit Eickelmann spricht in einem Interview mit der Friedrich-Ebert-Stiftung über die Auswirkungen auf den Schulbetrieb und das digitale Lernen. Digitale Bildung sei jetzt das wichtigste Instrument, um den Schulbetrieb weiterführen zu können. Allerdings sagt sie, dass die Schulen in Deutschland nicht optimal aufgestellt sind, was eine Umsetzung von digitalem Fernunterricht schwierig macht. Die Schulen seien auf das Engagement von Lehrerinnen, Lehrern und Eltern angewiesen, welches nach ihren Beobachtungen beindruckend groß ist. Sie stoßen dabei aber auch auf ihre technischen Grenzen (vgl. Friedrich Ebert Stiftung, 2020). Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft warnt, dass die unterschiedlichen technischen Voraussetzungen der Elternhäuser soziale Ungleichheiten verstärken werden (vgl. Tagesschau, 2020b). Viele Eltern wünschen sich mehr Unterstützung von den Schulen und den einzelnen Lehrerinnen und Lehrern (vgl. Braun, 2020). Die Erziehungswissenschaftlerin Anja Wildemann und der Psychologe Ingmar Hosenfeld von der Uni Koblenz-Landau haben dazu eine breit angelegte Umfrage durchgeführt, die das Meinungsbild der Eltern einfangen soll. Eine erste Auswertung von 2.216 Datensätzen hat gezeigt, dass die Mehrheit der deutschen Familien rund drei Stunden am Tag mit dem Homeschooling verbringt. Ein Viertel der Eltern sehen das als Belastung der Beziehung zu ihren Kindern (vgl. Tagesschau, 2020f). SWR-Wissenschaftsredakteurin Anja Braun kritisiert die Schulleitungen und fordert Fortbildungen für Lehrerinnen und Lehrer, um die einzelnen Plattformen sinnvoll nutzen zu können. Dadurch sollen die Schülerinnen und Schüler mehr Kontakt zu ihren Lehrerinnen und Lehrern haben und die Eltern würden entlastet werden. Momentan würde die Realität wie folgt aussehen: Die Lehrkräfte schicken wöchentliche E­Mails herum mit angehängten Dokumenten und diversen Aufgabestellungen. Diese würden nicht einmal korrigiert werden. Niemand verlange eine perfekte Lösung, aber ein bisschen besser sollte schon gehen. So formuliert Braun es in ihrem Beitrag (vgl. Braun, 2020). Die aktuelle Lage der Schulschließungen und technischen Möglichkeiten der Schulen zu diesem Zeitpunkt machen das Thema relevant. Deshalb beschäftige ich mich mit der Situation zu Beginn des Jahres 2020. Da die Autorin des Textes keine Angaben über ihrer Herkunft macht, habe ich den geographischen Raum ausschließlich auf Deutschland begrenzt. Sich mit jedem Bundesland zu beschäftigen, wäre aber zu umfangreich, weshalb ich mich hauptsächlich auf die bundesweiten Entscheidungen beziehe und einige Beispiele aus den einzelnen Bundesländern nenne.

4.2 Strukturanalyse

Doch wie sind eigentlich die gesetzlichen Vorgaben? Bisher habe ich mich damit beschäftigt, dass die Schulen geschlossen sind und die Familien zuhause Homeschooling betreiben. Aber wie sehen das die Kultusministerien eigentlich genau vor?

Diskursiver Kontext

Um die inhaltliche Auseinandersetzung mit den gesetzlichen Vorgaben etwas einzugrenzen, habe ich mir drei Bundesländer herausgesucht und mir angeschaut, wie sie mit der Corona- Krise umgehen und welche Informationen an die Bürgerinnen und Bürger weitergetragen werden. Das Brandenburger Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) veröffentlicht eine Pressemintteilung, in der sie die Aufgaben der Lehrerinnen und Lehrer als Angebote definieren. „Den Schülerinnen und Schülern werden durch die Lehrkräfte geeignete Lernangebote für die Zeit unterbreitet. [...] Nach der Auffassung des MBJS können diese Angebote aber nur freiwillig gemeint sein.“ (MOZ, 2020). Die Leitung der Familienberatungsstelle der Initiative Jugendarbeit Neuruppin (IJN) Martina Utpott erzählt, dass einige Schulen den Eltern die Vermittlung neuen Stoffs vorgeben würden. In den meisten Fällen kommunizieren die Schulen aber, die Aufgaben dienen nur der Wiederholung und Festigung. Die Vermittlung von neuen Inhalten kann vor allem in der Primarstufe nicht von Eltern gewährleistet werden. Utpott sagt, das würde das Ministerium auch nicht erwarten. In Brandenburg werden die Aufgaben aus dem digitalen Fernunterricht nicht regulär bewertet werden und auch die individuellen technischen Voraussetzungen würden beachtet werden (vgl. MOZ, 2020). Das Niedersächsische Kultusministerium richtet sich mit einem Brief vom Kultusminister und Tipps von Schulpsychologen für Eltern und Erziehungsberechtigte in der Corona-Krise an die Bürgerinnen und Bürger aus Niedersachsen. Dabei plädieren sie auf einen festen Tagesrhythmus, der feste schulische Einheiten einplant. Die Eltern sollten dabei aber ihre Erwartungen zurückschrauben und die Kinder nicht überfordern. Es sollte dabei immer auf Zeit und Ruhe geachtet werden. Fragen sollten grundsätzlich sachgerecht und kindgerecht beantwortet werden. Außerdem betonen die Psychologen, dass die Kinder trotz der Kontaktbeschränkungen und der Anstandsregeln Bewegung und soziale Kontakte brauchen. Diese können über Telefonate und Videoanrufe gepflegt werden. Auch sollen die Eltern auf ihr eigenes Wohlempfinden achten und sich nicht überarbeiten (vgl. Niedersächsisches Kultusministerium, 2020). In Sachsen hat das Sächsische Staatsministerium eine Internetseite mit dem Namen „Coronavirus in Sachsen“ aufgebaut. Dabei wird der Verlauf der Krise in mehrere Phasen eingeteilt. Die erste Phase beschäftigt sich mit der Schließung von Schulen. Hier sind verschiedene Themenbereiche abgedeckt und viele Fragen werden beantwortet. Unter dem Kapitel „Fernunterricht“ beantwortet das Staatsministerium Fragen von Eltern zu der Umsetzung von Homeschooling. Auf die Frage, wie die Lehrpläne umgesetzt werden, schreiben sie, dass eine vollständige Bearbeitung der Lernziele und Lerninhalte unmöglich sei und die Lehrpläne nicht unverändert durchgeführt werden. Die Lernbereiche, die nicht behandelt werden, würden einfach im nächsten Schuljahr aufgenommen werden. Zudem schreiben sie, dass der Umgang mit den Lehrinhalten relativ flexibel stattfinden kann. Können Lerninhalte in diesem Schuljahr beispielsweise nicht durchgeführt werden, da ein Praxisanteil vorgesehen ist, so wird einfach ein Inhalt aus dem nächsten Schuljahr vorgezogen. Auch die Stundenpläne werden verkürzt. Sie wird in der Grundschule lediglich Mathe, Deutsch, Sachunterricht und in der vierten Klasse Englisch unterrichtet. Sollten weitere Fächer eingebaut werden, würden diese nicht benotet werden. Auf dem Jahreszeugnis werden dort die Halbjahresnoten übernommen. In der Oberschule findet ebenfalls eine Kürzung der Unterrichtsfächer statt. Hier soll sich auf Deutsch, Englisch und Mathe beschränkt werden. Die Verantwortung liegt in der Oberschule aber in den Händen der einzelnen Schulen. Bei der Benotung in der Oberschule und dem Gymnasium sollen die technischen Voraussetzungen der Schülerinnen und Schüler beachtet werden und auch der Wille und der Lernfortschritt werden berücksichtigt (vgl. Sächsisches Staatsministerium, 2020).

Diskursebene

Der bereits erwähnte Beitrag ist auf der Plattform „Stadt Land Mutter“ veröffentlicht worden. Es handelt sich dabei um einen Blog der beiden Journalistinnen Katharina und Lisa. Sie sind jeweils Mutter von drei Kindern und betreiben den Blog zusammen seit dem Jahre 2012. Sie nennen nur ihre Vornamen und geben ansonsten kaum weitere Informationen über ihre Person. Ihr Blog behandelt viele Themen, die andere Mütter ansprechen sollen. Dabei sprechen sie über Gefühle, Alltag, Versagen und Glück (vgl. Stadt Land Mama, 2020f). Ihre Zielgruppe ist klar definiert. Es handelt sich dabei hauptsächlich um Mütter zwischen 25 und 45 Jahren mit Kindern zwischen 0 und 14 Jahren. Im Monat hat der Blog ungefähr 750.000 Besucher und insgesamt hatte er schon über eine Millionen Aufrufe. In der Regel publizieren sie sechs Beiträge in der Woche (vgl. Stadt Land Mama, 2020d). Darunter sind ihre eigenen Beiträge, aber auch Beiträge von Leserinnen und Lesern. Um einen Beitrag zu verfassen muss nur der Vorname angegeben werden. Bei der Veröffentlichung wird dann das Datum des Verfassens hinzugefügt. Weitere Informationen werden nicht benötigt. So ist die Anonymität gegeben. Außerdem können Leserinnen und Leser Kommentare unter den Beiträgen verfassen. So können Diskussionen entstehen.

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Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Homeschooling. Unterricht in der Coronakrise
Jahr
2020
Seiten
26
Katalognummer
V932701
ISBN (eBook)
9783346258878
ISBN (Buch)
9783346258885
Sprache
Deutsch
Schlagworte
homeschooling, unterricht, coronakrise
Arbeit zitieren
Anonym, 2020, Homeschooling. Unterricht in der Coronakrise, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/932701

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