Der Wettbewerb von Netflix, Amazon Prime, Disney+ und Apple TV+ am deutschen Streaming-Markt. Eine Konsumentenforschung zu Nutzungsmotiven und Nutzungsprämissen


Tesis de Máster, 2020

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Extracto


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung und Problemstellung

2 Die Bedeutung von Bewegtbildangeboten aus historischer Sicht
2.1 Bewegtbildangebote im historischen Kontext
2.1.1 Bewegtbilder als Mittel der Information
2.1.2 Bewegtbilder als Mittel der Unterhaltung
2.2 Neue Bewegtbild-Trends
2.3 Die Rolle des Fernsehens in der Vergangenheit bis heute
2.4 Die Rolle des Fernsehens von heute bis in Zukunft

3 Streaming als Auslöser eines Wandels im Bewegtbildkonsum.
3.1 Was ist Streaming? Ein Definitionsansatz
3.1.1 Verschiedene Formen
3.1.1.1 Live-Streaming
3.1.1.2 Video-on-demand
3.2 Bedeutung und Verbreitung
3.2.1 Der Streaming-Markt weltweit
3.2.2 Der Streaming-Markt in Deutschland
3.3 Der Beginn eines neuen Zeitalters?
3.3.1 Der publizistische Bedeutungsverlust des linearen Fernsehens

4 Der Einfluss von Netflix und Amazon Prime auf die Streaming-Welt
4.1 Netflix als Innovator des Bewegtbildangebots
4.1.1 Die Vision
4.1.2 Das Erfolgsrezept
4.1.3 Nutzerzahlen, Angebote und Preisstruktur
4.1.4 Das Erlöspotenzial
4.1.5 Stärken und Chancen
4.1.6 Schwächen und Risiken
4.2 Amazon Prime – ein kluger Nachahmer?
4.2.1 Die Vision
4.2.2 Das Erfolgsrezept
4.2.3 Nutzerzahlen, Angebote und Preisstruktur
4.2.4 Das Erlöspotenzial
4.2.5 Stärken und Chancen
4.2.6 Schwächen und Risiken

5 Disney+ und Apple TV+ als neue Akteure am Streaming-Markt
5.1 Disney+ – mehr als nur Zeichentrickfilme?
5.1.1 Die Vision
5.1.2 Das Erfolgsrezept
5.1.3 Nutzerzahlen, Angebote und Preisstruktur
5.1.4 Das Erlöspotenzial
5.1.5 Stärken und Chancen
5.1.6 Schwächen und Risiken
5.2 Apple TV+ - der Smartphone-Krösus erkennt das Streaming für sich
5.2.1 Die Vision
5.2.2 Das Erfolgsrezept
5.2.3 Nutzerzahlen, Angebote und Preisstruktur
5.2.4 Das Erlöspotenzial
5.2.5 Stärken und Chancen
5.2.6 Schwächen und Risiken

6 Zwischenfazit
6.1 Bisherige Erkenntnisse
6.2 Forschungsleitende Fragestellungen
6.3 Aufstellen der Forschungshypothesen

7 Empirische Forschung
7.1 Definition von Variablen und Bildung von Indikatoren
7.2 Wahl des Forschungsdesgins
7.2.1 Die quantitative Sozialforschung
7.2.1.1 Stellenwert und Gütekriterien
7.2.2 Die wissenschaftliche Befragung
7.2.2.1 Die Online-Befragung
7.2.2.2 Fragebogenkonzeption
7.3 Stichprobenziehung
7.4 Zusammenfassung der Umfrage
7.5 Überprüfung der Hypothesen

8 Diskussion der Ergebnisse und Fazit

9 Aufbauende Forschungsansätze

Literaturverzeichnis

Anlage(n)

Executive Summary

Der Titel der vorliegenden Arbeit lautet: „Der Wettbewerb von Netflix, Amazon Prime, Disney+ und Apple TV+ am deutschen Streaming-Markt – Eine Konsumentenforschung zu Nutzungsmotiven und Nutzungsprämissen.“ Sie beschäftigt sich mit den Forschungsfragen, welches Potenzial die jeweiligen Anbieter bei den deutschen Streaming-Nutzern haben und weshalb diese Netflix, Amazon Prime, Disney+ und Apple TV+ schauen. Außerdem wird die Frage beantwortet, ob die Streaming-Nutzer in Deutschland bereit sind, wegen der Angebote der beiden neuen Anbieter Disney+ und Apple TV+ auf die Marktführer Netflix bzw. Amazon Prime zu verzichten.

Davon ausgehend wird untersucht, welche Nutzungsmotive für die Konsumenten besonders von Bedeutung sind und ob sie bereit wären in Zukunft auch Werbung auf den Plattformen zu akzeptieren. Ferner soll die Relevanz bestimmter Merkmale wie Quantität und Qualität der Bewegtbild-Inhalte untersucht werden.

Als empirische Untersuchungsmethode bedient sich die Autorin der quantitativen Online-Befragung, welche mit Hilfe eines Befragungs-Tools durchgeführt und anschließend ausgewertet wird.

Grundsätzlich kann vermerkt werden, dass Netflix von allen kostenpflichtigen Streaming-Diensten das größte Potenzial bei den deutschen Nutzern hat, wenn es um die Markenbekanntheit, Sehzeit und Nutzerzahlen geht. Disney+, der neuste Anbieter auf dem Markt, weist ebenfalls schon nach kurzer Zeit einen hohen Bekanntheitsgrad und eine stark ansteigende Abonnementzahl auf, weshalb dieser einen echten Konkurrenten Netflix‘ darstellt. Von besonderer Bedeutung für die Konsumenten ist bei der Nutzung von Streaming-Diensten zum einen die fehlende Werbung, wodurch es zu keinen Programmunterbrechungen kommt, und zum anderen das Preis-Leistungs-Verhältnis. Letzteres entscheidet maßgeblich darüber, ob die Nutzer einem Dienst treu bleiben oder nicht. Außerdem hat sich herausgestellt, dass für die Konsumenten vor allem auch die Anzahl an Filmen und Serien eine wichtige Rolle spielt. So hat beispielsweise Apple TV+ mit seiner kleinen Mediathek noch kein großes Potenzial das lineare Fernsehen als Medium abzulösen. Netflix hingegen ist dazu auf dem besten Wege.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Entwicklung der durchschnittlichen Fernsehdauer pro Tag (Engel & Breuning 2015, S.312)

Abbildung 2: Durchschnittliche tägliche Fernsehdauer ab 1997 (AGF 2020)

Abbildung 3: Variablen, Indikatoren und deren Definition (Tabelle selbst erstellt)

Abbildung 4: Selbst erstellte Tabelle zu den Vor- und Nachteilen der Befragungsarten. (vgl. Berger-Grabner 2016: S.162 ff.)

1 Einleitung und Problemstellung

Vor mehr als 40 Jahren veröffentlichte die britische Pop-Band „The Buggles“ den Song „Video Killed The Radio Star“ und besang damit das Sterben des Radios – und dennoch: Es lebt, auch heute noch, nach so langer Zeit. Hieß das Sorgenkind damals noch Radio, so ist es heute das lineare Fernsehen, welches vielen Menschen Kopfzerbrechen bereitet. „In einigen Jahren werden wir auf das Fernsehen zurückblicken wie heute auf das Faxgerät.“ (Hastings 2015). Dieses Zitat stammt nicht von den Buggles, sondern von Netflix-Gründer Reed Hastings, dem Mann, der dem linearen Fernsehprogramm binnen zehn Jahren den Untergang vorausgesagt hat und sich selbst als Treiber einer Revolution sieht: der Netflix-Revolution. (vgl. Heuzeroth 2015). Weltweit gibt es bereits mehr als 180 Millionen Menschen, die seinen Streaming-Dienst nutzen – Tendenz steigend. Er gilt als Pionier, wenn es um abonnementpflichtige Streaming-Dienste geht. Für Hastings ist es selbstverständlich, dass das Internetfernsehen immer mehr wächst und das klassische, lineare Fernsehen in baldiger Zukunft verdrängen wird.

„Aus vier Gründen: Erstens, jeder kann jederzeit gucken, auch eine Serie am Stück. Zweitens, das geht auf jedem Bildschirm: Auf dem Smartphone, auf dem Tablet, auf dem Fernseher. Drittens, es ist personalisiert. Das Programm erinnert sich, wo Sie bei dem Film zuletzt waren, gibt Ihnen Empfehlungen. Viertens, es ist eine App. Und die wird stets besser und jeden Monat aufgefrischt.“ (Güßgen 2016 zit. n. Hastings 2016).

Es klingt beinahe wie eine Kampfansage des TV-Killers, wie er von den Medien oft betitelt wird. (vgl. Güßgen 2016). Ob er mit seinen Vorhersagen Recht behält, wird sich in Zukunft zeigen. Die 14-bis 29-Jährigen in Deutschland, also die Generationen Y und Z, sind jedenfalls auf dem besten Weg diese Prognose zu bestätigen, denn sie nutzten 2019 erstmals Streaming-Dienste häufiger, als klassisches TV und Radio. (vgl. Schau Hin 2019). Für sie ist die Streaming-Plattform kein „Second-Best Lagerfeuer“, so wie es andere Generationen noch von früher kennen. Ihnen geht es vor allem um Unterhaltung und nicht darum, verpasste Inhalte zu schauen oder nachzuholen. (vgl. Arnold & Schneider 2019: S.11).

Fest steht auf jeden Fall: Die Konkurrenz auf dem Streaming-Markt wird größer und das „Game Of Streams“ härter. Vor allem die Platzhirsche Netflix und Amazon liefern sich seit Jahren einen harten Kampf, wenn es um Lizenzen, Oscar-Nominierungen, Schauspieler und Produktionskosten geht. Auch neue Anbieter wie Disney+ und Apple TV+ versuchen sich seit kurzer Zeit auf dem weltweiten Markt gegenüber den Riesen durchzusetzen. Sie alle unterscheiden sich in Bezug auf die inhaltliche Ausrichtung und Finanzierungsmodelle. Während Netflix und Amazon beispielsweise ein breites Angebot an Filmen, Serien und Original-Inhalten haben, setzt Apple bisher noch auf eine sehr überschaubare Auswahl an lediglich selbst produzierten Filmen und Serien mit Qualität als oberste Priorität. Disney+ hingegen punktet primär durch die große Lizenz-Bibliothek, die sich Jahrzehntelang aufgebaut hat.

Eine Sache haben die Anbieter jedoch gemeinsam, nämlich das Problem einer möglichen Abo-Sättigung der Nutzer auf dem Streaming-Markt und die damit einhergehende Suche nach neuen Finanzierungsmodellen. Die Nutzer verlangen immer aufwendigeren und hochwertigeren Content, welcher sich jedoch allein durch die Abo-Einnahmen nicht realisieren lässt. Vor allem Anbieter wie Netflix, welche bereits jedes Jahr viele Millionen Dollar Schulden auf sich nehmen, können da nicht mehr mithalten. Dies muss nun auch Reed Hastings einsehen. Das Schalten von Werbung auf Streaming-Seiten könnte also in Zukunft ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Ob die Kunden diese tolerieren würden, wird unter anderem in dieser Arbeit untersucht. Doch wie gelingt es den Anbietern in Deutschland überhaupt neue Nutzer zu generieren und diese zu halten? Haben sie das Potenzial, in Zukunft das lineare Fernsehen gänzlich abzulösen? Die Nutzungsmotive und Nutzungsprämissen der Konsumenten sollen folglich herausgefunden und anhand einer Online-Umfrage erforscht werden. Die Autorin beschäftigt sich unter anderem mit der Frage, warum Streaming-Nutzer die einzelnen Plattformen abonniert haben und was ihnen dabei besonders wichtig ist. Außerdem soll die Frage beantwortet werden, ob die beiden neuen Dienste Disney+ und Apple TV+ einen Ersatz für Netflix und Amazon Prime bei den Nutzern darstellen. Deshalb lautet der Titel der Arbeit wie folgt: „Der Wettbewerb von Netflix, Amazon Prime, Disney+ und Apple TV+ am deutschen Streaming-Markt – Eine Konsumentenforschung zu Nutzungsmotiven und Nutzungsprämissen.“

Das Forschungsinteresse der Autorin entsteht unter anderem durch den Verdacht, dass vor allem die selbstproduzierten Inhalte bzw. Originale der Streaming-Anbieter eine zunehmend wichtige Rolle für die Nutzer spielen und sich die Anbieter dadurch voneinander abgrenzen müssen. Ein Indikator dafür sind die jährlich steigenden Ausgaben und Bemühungen der Dienstleister neue, exklusive Inhalte zu produzieren, die es nur auf einer Plattform zu sehen gibt. So investiert Netflix dieses Jahr rund 16 Milliarden Dollar und Amazon sieben Milliarden. (vgl. tz.de 2020). Gleichzeitig ist es interessant zu erfahren, wie die Nutzerinnen und Nutzer potenziell zum Thema Werbung stehen und ob sie diese zwischen den Angeboten akzeptieren würden, wenn sich die Anbieter dafür entscheiden müssen.

Bei der Annäherung an diese Fragestellungen soll der Autorin ein breit angelegtes Literaturstudium helfen. Außerdem wurde sich an wichtigen Leitstudien orientiert, welche unter anderem die Nutzung von Video-on-Demand-Diensten in Deutschland untersuchen. So fand die AGF Videoforschung GmbH 2020 heraus, dass rund 36% der Deutschen kostenpflichtige Streaming-Dienste nutzt und Netflix am stärksten auf dem Markt ist. (vgl. AGF 2020). Auch die GfK führte eine Studie durch, die zu der Erkenntnis kam, dass der kostenpflichtige Streaming-Markt immer weiterwächst und vor allem die jüngere Zielgruppe zu den Hauptnutzern gehört. Außerdem hat sie untersucht, wo die Obergrenze im Zeit- und Ausgabenbudget der Deutschen liegt. (vgl. GfK 2020). Die neuen Anbieter Disney+ und Apple TV+ wurden erstmals unter anderem von McKinsey im Jahr 2019 mit einbezogen, indem das Institut untersucht hat, wie viele Deutsche den Plan haben einen der Dienste zu abonnieren. (vgl. McKinsey 2019).

In Kapitel zwei wird zunächst die Bedeutung von Bewegtbild-Angeboten im historischen Kontext beleuchtet und eine Unterscheidung zwischen Unterhaltung und Information vorgenommen. Ebenfalls von Bedeutung für dieses Kapitel sind die neusten Trends auf dem Bewegtbild-Markt. Ferner wird die Entwicklung der Bedeutung des Fernsehens von der Vergangenheit bis zur Gegenwart beschrieben und anhand einiger Zahlen verdeutlicht.

In Kapitel drei widmet sich die Autorin der Definition des Streaming-Begriffes und grenzt die einzelnen Arten voneinander ab. Darüber hinaus werden sowohl der nationale, als auch der internationale Streaming-Markt genauer beschrieben und sich der Fragestellung gewidmet, inwiefern das lineare Fernsehen einen publizistischen Bedeutungsverlust durch die neue Technologie erlangt hat.

Kapitel vier und fünf befassen sich jeweils mit den zu untersuchenden Streaming-Diensten. Im ersteren Kapitel werden die beiden Streaming-Giganten Netflix und Amazon Prime beschrieben und in Form von Chancen Risiken bzw. Schwächen und Stärken voneinander abgegrenzt. Kapitel fünf zielt auf Selbiges ab, jedoch spielen dabei die beiden noch neuen Dienste Apple TV+ und Disney+ die Hauptrolle.

Eine Zusammenfassung der bis dato erlangten Ergebnisse aus dem Literaturstudium erfolgt in Kapitel sechs. Es werden zudem Forschungshypothesen aufgestellt, mit Hilfe derer die Forschungsfragen letztendlich überprüft werden sollen.

In Kapitel sieben beginnt der empirische Teil der Arbeit, in dem die quantitative Befragung eingebettet ist. Mit Hilfe dieser erhofft sich die Autorin, neben dem theoretischen Wissen, Aussagen über die Nutzungsmotive und Nutzungsprämissen der Befragten treffen zu können. Neben der Definition von Variablen, Begriffen und Indikatoren wird auch das Forschungsdesign genauer erläutert. Ferner geht die Autorin auf den Fragebogen ein und gibt einen Einblick in die Stichprobenziehung. Abschließend kommt es zur Überprüfung der Arbeitshypothesen und einer allgemeinen Zusammenfassung der Umfrage-Ergebnisse.

Das vorletzte Kapitel fasst abschließend noch einmal die wichtigsten Ergebnisse der Befragung zusammen und ordnet sie in den Gesamtkontext ein. Ferner zieht die Autorin ein Fazit, bevor sie im letzten Kapitel neun die aufbauenden Forschungsansätze beschreibt. Die vorliegende Arbeit kann im besten Fall als Grundlage für diese dienen.

Die Autorin ist zu dem Ergebnis gekommen, dass Netflix bei den deutschen Konsumenten das größte Potenzial hat, denn sowohl die Markenbekanntheit, als auch die Seh- und Nutzerzahlen sind bei diesem Anbieter überdurchschnittlich hoch. Auch Disney+, der neueste Streaming-Mitstreiter auf dem Markt, kann sich schon nach kurzer Zeit hoher Beliebtheit und einer immer weiterwachsenden Community erfreuen. Ein Hauptnutzungsmotiv der Deutschen für die Nutzung von Video-On-Demand-Diensten ist vor allem die fehlende Werbung, wodurch es anders als im klassischen Fernsehen zu keinen Unterbrechungen im Sehverlauf kommt. Auch das Preis-Leistungs-Verhältnis spielt eine relevante Rolle. Ferner legen die Nutzerinnen und Nutzer Wert auf eine breite Auswahl an Filmen und Serien. Auch in dieser Hinsicht bietet Netflix den Abonnenten das größte Potenzial, während Apple TV+ beispielsweise nur eine kleine Mediathek aufweisen kann und somit weniger beliebt bei den Befragten ist.

Da Disney+ und Apple TV+ noch nicht lange auf dem deutschen Markt zu finden sind, stellen beide ein neuartiges Forschungsfeld dar. Die Autorin ist eine der ersten Personen, die sich mit beiden Anbietern gleichermaßen beschäftigt und die Konsumenten dazu befragt hat. Dadurch hat sie wichtige Erkenntnisse zu den Nutzungsmotiven gewinnen können, die in Zukunft für weitere Forschungen in dem Bereich genutzt werden können.

2 Die Bedeutung von Bewegtbild-Angeboten aus historischer Sicht

Bereits vor über 40.000 Jahren fingen unsere Vorfahren die Höhlenbewohner an, Szenen aus ihrem täglichen Leben Wände zu malen. Mit der Zeit und den Jahrtausenden wurden die Zeichnungen der Menschen immer lebendiger, bis sie vor circa 150 Jahren schließlich zu bewegten Bildern wurden und „laufen lernten“. Seither verfolgen die Menschen nur ein Ziel, wenn es um Bewegtbild und die damit einhergehende Technik geht: Die größtmögliche Realitätsnähe der Abbildungen immer weiter voranzutreiben. (vgl. Breinker o.J.).

2.1 Bewegtbild-Angebote im historischen Kontext

Um die Bewegtbild-Angebote im historischen Kontext zu verstehen, muss zunächst eine Definition des Begriffes selbst vorgenommen werden. Hansch und Rentschler definieren das Wort Bewegtbild wie folgt:

„Unter Bewegtbild versteht man eine Folge von Bildern, die innerhalb von kurzen Zeitintervallen angezeigt werden und beim Betrachter einen Bewegungseindruck erzeugen. Unterscheiden sich die Einzelbilder nur im geringen Maße, so reichen der menschlichen Wahrnehmung bereits 16-18 Bilder pro Sekunde, um den Eindruck einer fließenden Bewegung vermittelt zu bekommen.“ (Hansch & Rentschler 2012: S.47 f.).

Wichtig dabei ist, dass Bewegtbild-Inhalte in zwei Kategorien aufgeteilt werden können: Video und Animation. Sie können zum einen mit Hilfe von Video- und Filmkameras aufgenommen werden. Diese Realbilder spiegeln beispielsweise Handlungsabläufe oder Verhaltensbeobachtungen wider und helfen dabei, Informationen und Emotionen an die Zuschauer zu vermitteln. Während eine Videokamera dies mit 25 Einzelbilder pro Sekunde realisiert, entstehen bei einer Filmkamera nur 24 Bilder pro Sekunde. Animationen hingegen liegen dann vor, wenn es sich bei den Einzelbildern um Fotografien, Zeichnungen oder computergenerierte Bilder im zwei- beziehungsweise dreidimensionalen Format handelt. Der Unterschied einer Animation im Gegensatz zum Video besteht darin, dass Animationen mit einzelnen Bildern starten, welche den Eindruck einer zusammenhängenden Bewegung erwecken, wenn sie zusammengesetzt werden. (vgl. Hansch & Rentschler 2012: S.48).

In den letzten Jahren wurde das Angebot der Bewegtbilder immer mehr erweitert und verändert. Neben dem klassischen, linearen Fernsehen, wie man es Jahrzehnte lang kannte, gibt es nun auch vor allem viele nicht-lineare Angebote, wie beispielsweise die Mediatheken der verschiedenen TV-Sender. Auch Videoportale wie Youtube werden immer vielschichtiger, was deren Angebot betrifft, und auch Fernsehsender produzieren Sendungen eigens für die Verbreitung auf Youtube. Zudem kommen immer mehr Zusatzplattformen der Sender zum Bewegtbild-Angebot hinzu, wie zum Beispiel „Sky Ticket“ oder „Joyn“. Die größte Veränderung bildet jedoch die Erfindung der Streamingdienste wie beispielsweise Netflix. (vgl. Egger & Gerhard 2019)

Das derzeit beliebteste Bewegtbild-Angebot stellt trotz großer Konkurrenz das lineare Fernsehen dar. Dies ist daran zu erkennen, dass rund 90% der Bevölkerung aus allen Generationen in Deutschland wöchentlich das Gerät einschalten. Lediglich bei der jüngeren Zielgruppe zwischen 14 und 29 Jahren wird der Online-Verbreitungsweg zunehmend beliebter, um sich Fernsehsendungen anzuschauen. (vgl. ders. 2019)

Zwar wurden statische Bilder vor hunderten von Jahren bereits mit der Hilfe von selbstgebastelten Daumenkinos zum Leben erweckt, doch erst die Erfindung der Fotografie und später des Fernsehens machte es möglich, Fotos auf eine Leinwand zu projizieren und damit einen möglichst realitätsnahen Eindruck von bestimmten Situationen zu erschaffen und die Menschen damit zu begeistern. (vgl. Breinker o.J.).

Den Ausgangspunkt für die heutige TV-Technologie stellt das Jahr 1884 dar, in der die sogenannte rotierende Nipkow-Scheibe erfunden wurde. Diese zerlegt die einzelnen Bilder in Helldunkel-Signale und setzt sie anschließend wieder zusammen. 13 Jahre später im Jahr 1897 wurde außerdem die Kathodenstrahlröhre entwickelt, welche ebenfalls zur Erfindung des Fernsehens beitrug und mit einer Bildröhre in alten Röhren-Fernsehgeräten zu vergleichen ist. Die erste richtige Fernsehübertragung fand im Jahr 1928 im Rahmen der großen deutschen Funkausstellung statt, welche heute als Internationale Funkausstellung bekannt ist. Bereits ab den 1930er Jahren war es möglich Bewegtbilder per Übertragung auch einem breiteren Publikum vorzuspielen. Ein Beispiel dafür war die Berliner Olympiade 1936, welche auf einem Großbildschirm von mehreren hundert Menschen verfolgt wurde. (vgl. Groebel 2014: S.11). In Berlin und Hamburg gab es außerdem einige kinoähnliche „Fernsehstuben“, in denen Interessierte ein je zweistündiges Fernsehprogramm schauen konnten. Diese bestanden zum Beispiel aus einer Wochenschau, verschiedenen Kurzfilmen und Unterhaltungssendungen. Zuhause konnte zu diesem Zeitpunkt jedoch noch kein Fernsehen empfangen werden, weshalb das Medium zu dieser Zeit noch keinesfalls als Massenmedium angesehen wurde, sondern eher als „Jahrmarktspektakel“. (vgl. Karstens & Schütte 2013: S. 12).

Dass das Fernsehen auch eine Bedeutung als möglicher Gesellschaftsfaktor haben könnte wurde deutlich, als der damalige Reichspropagandaminister Joseph Goebbels die neu errungene Technik als Massenmedium zur Beeinflussung des deutschen Volkes einsetzen wollte. Dazu kam es jedoch nie, da alle Produktionsstätten zur Waffenherstellung für den bevorstehenden zweiten Weltkrieg gebraucht wurden. Kurz nach dem Kriegsende fingen die USA schließlich im Jahr 1945 an, in großem Umfang Fernsehgeräte zu produzieren, weshalb es schon sechs Jahre später circa zehn Millionen Zuschauer sowie ein breites Programmangebot gab. (vgl. Groebel 2014: S. 11 f.). Der Nordwestdeutsche-Rundfunk bemühte sich in Deutschland als erste Rundfunkanstalt um die Weiterentwicklung des Fernsehens, woraufhin immer mehr Sender aus dem Westen folgten. So kam es 1955 zu den ersten Versuchssendungen, wozu auch ein Programm des NWDR an drei Abenden pro Woche gehörte. Dennoch waren für viele Einwohner Deutschlands die Fernseher noch nicht erschwinglich. Viele Menschen sahen zudem keine Notwendigkeit darin, sich einen TV zu kaufen, da das Programm ohnehin nur an zwei Stunden pro Tag lief. Mit der Zeit jedoch weitete sich das Programm immer weiter aus. So entstand am 1.11.1954 das „deutsche Fernsehen“ in der ARD. Durch die vielen neuen Sender gab es zunächst ein noch größeres Durcheinander, denn jeder Sender hatte unterschiedlich große Sendeanteile. Ab 1957 kam schließlich auch die Videoaufzeichnung zum Einsatz, mit deren Hilfe Sendungen vorproduziert werden konnten, anstatt sie live übertragen zu müssen. Diese Innovation wirkte sich immens auf die Planung und Koordination in den einzelnen Anstalten und damit auch auf das Gesamtprogramm aus. (vgl. Karstens & Schütte 2013: S.13 f.). Somit wurde das bisher so beliebte Radio als Leitmedium durch das Fernsehen als Massenmedium in Deutschland ersetzt, wodurch es 1957 mehr als eine Million angemeldete TV-Geräte gab. Bereits in den 1960er Jahren fingen die Menschen an, das Fernsehen in den Alltag zu integrieren, weshalb es schon bald nicht mehr aus den Wohnzimmern wegzudenken war. Die Familien saßen Jahrzehnte lang gemeinsam in der Wohnstube und schauten Sendungen wie „Wetten, dass …?“ – das Gerät war nun ihr „Altar“. (vgl. Groebel 2014: S. 11 f.).

Eine neue, wichtige Ära für das Bewegtbild stellte die Erfindung des Farbfernsehens dar, welche auf der IFA 1967 vorgestellt wurde. Zu dieser Zeit war das Programm im westlichen Teil Deutschlands durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und den Bildungsauftrag gekennzeichnet. In der DDR hingegen gab es das Staatsfernsehen mit der damit einhergehenden expliziten Gesellschaftsfunktion. Zwischen den 1970er und 80er Jahren kam schließlich erstmals der Begriff der „neuen Medien“ auf, womit Innovationen wie Teletext oder Videorekorder gemeint waren. Nachdem 1985 in Deutschland zunächst das Kabel- und später das Satellitenfernsehen eingeführt wurden, fielen die Kapazitätsgrenzen des analog-terrestrischen TVs weg, wodurch vielen neuen Privatkanälen, wie zum Beispiel RTL oder ProSieben, nichts mehr im Weg stand. Auch die ersten Pay-TV-Angebote kamen nur wenige Jahre später auf den Markt, wodurch der Anfang einer neuen Fernsehkultur geebnet wurde. Am 02.01.1984 kam es zum „medienpolitischen Urknall“ und das duale Rundfunksystem entstand. Die Zuschauer konnten zum ersten Mal Sender wie „RTL plus“ und „Sat.1“ schauen. Die anfängliche Konkurrenz zwischen den Öffentlich-Rechtlichen und Privaten wurde schnell bei Seite geschafft und beide Systeme beeinflussten und unterstützten sich gegenseitig. So entstanden viele neue Programmformen, wie zum Beispiel „Reality TV“. (vgl. Groebel 2014: S.12 ff.). Da es nun immer mehr Sender bzw. Kanäle gab, fingen die Zuschauer an zu „zappen“, also zwischen den Sendern hin- und herzuspringen. Außerdem kam es mit der Zeit zum Parallelkonsum, wie man es bis dato nur vom Radio kannte. Das TV wurde also gerne als Begleitmedium genutzt. (vgl. ders. 2014: S.14).

Ab 2010 bewahrheiteten sich schließlich die Prognosen der 1990er Jahre und es kam zur Konvergenz zwischen dem Digitalfernsehen, dem Computer und (mobiler) Telekommunikation. Ergänzt wurde das Ganze auch durch die 3D-Technik, sowie HDTV und Ultra-HD, wodurch die Wiedergabequalität enorm verbessert wurde. Die heutigen Smart-TVs besitzen zudem Mediatheken, wodurch es möglich ist, verpasste Sendungen auch noch Jahre nach der Ausstrahlung zu schauen. Außerdem kann man dank verschiedener Apps auf diverse Video-on-Demand-Angebote zugreifen, worauf im späteren Verlauf der Arbeit genauer eingegangen wird. (vgl. Groebel 2014: S.14).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Entwicklung in den 1950er Jahren vor allem auf die Technik spezialisiert hat. Die 1960er und 70er waren hingegen durch die dominierenden gesellschaftlichen Aspekte des Mediums Fernsehen gekennzeichnet. Ab 1980 spielte in erster Linie das duale Rundfunksystem eine wichtige Rolle, wodurch es zu vielen neuen Kanälen und einem breiteren Angebot auf dem TV- und Bewegtbild-Markt kam. Das Fernsehen war nun nicht mehr nur Massenmedium, sondern gleichzeitig auch ein Teil der Massenkultur, die unter anderem durch Zapping und Parallelkonsum gekennzeichnet war. Ab dem 21. Jahrhundert war es zudem möglich, nicht mehr nur über den Fernseher selbst das Programm zu konsumieren, sondern auch über mobile Endgeräte und Spielekonsolen. Das Medium verschmilzt in den letzten Jahren immer mehr mit Online-Netzwerken, wodurch neue Plattformen und Angebote wie Netflix, Amazon Prime oder auch aktuell Disney+ entstehen. (vgl. ders. 2014: S.15).

2.1.1 Bewegtbilder als Mittel der Information

Es wird gesagt, dass der Mensch durch die Digitalisierung und den damit einhergehenden Informations-Overkill die Aufmerksamkeitsspanne eines Goldfisches bekommen hat. Lange und vor allem kompliziert geschriebene Texte haben es da nicht leicht. Ähnlich wie Fast-Food, welches schnell und überall konsumiert werden kann, möchten wir Informationen mit einem Klick auf Play in kleinen, leichtverdaulichen Bissen serviert bekommen – am besten in Form von Videos. (vgl. Omokaiye 2019). Im Vergleich zu Texten bleiben Bewegtbilder nachweislich viel besser im Gehirn verankert, denn Informationen, die den Menschen visuell vermittelt werden, werden vom Gehirn 60.000 Mal so schnell verarbeitet. Während man beim Lesen von Texten nur rund zehn Prozent im Hirn abspeichert, liegt dieser Wert beim Bewegtbild bei 50 Prozent. Der Grund dafür ist unter anderem das Storytelling, durch das im Gehirn Endorphine ausgeschüttet werden, wodurch dieses besser arbeiten kann. (vgl. Rieck 2005).

Die Massenmedien und damit auch Bewegtbilder haben somit eine wichtige Aufgabe: Die Vermittlung von Informationen, welche uns dabei helfen im Leben zurechtzufinden und uns eine eigene Meinung zu bilden. Die Menschen brauchen Informationen, um Zusammenhänge besser zu begreifen und in Kontexte einzuordnen. Vor allem das Fernsehen spielt dabei eine enorm wichtige Rolle, denn es kann Informationen audiovisuell vermitteln. Durch Techniken wie Live-Übertragungen gelingt es ihm bei den Zuschauern zudem einen Eindruck von Unmittelbarkeit und medialer Teilhabe an wichtigen Ereignissen zu erzeugen. Seit einigen Jahren zählen zudem auch die zahlreichen Internetangebote dazu. Sie sind nicht nur Konkurrenz, sondern gleichzeitig eine Ergänzung und Unterstützung bei der Vermittlung von Informationen. (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung o.J.)

Mit der Zeit haben sich diverse Informationsformen auf dem Fernseh- und Bewegtbild-Markt herausgebildet. Eine davon stellen die Nachrichtensendungen dar, welche das aktuelle Welt- und Gesellschaftsgeschehen kurz und zusammengefasst wiedergeben. Kommt es zu besonders wichtigen Ereignissen oder Katastrophen und einem damit wachsenden Interesse und Informationsbedarf, kann es außerdem zu längeren Sondersendungen oder Live-Schaltungen kommen, um die Menschen auf dem aktuellsten Stand zu halten. Eine weitere Informationsform ist die Dokumentation, welche bestimmte Ereignisse bzw. Entwicklungen noch genauer darstellen und erklären sollen. Ratgebersendungen und Hybridformen bilden eine weitere Form der Informationsquelle. So gibt es mittlerweile Sendungen zu fast allen Themen, wie zum Beispiel Kindererziehung oder Gesundheit. Zu den sogenannten Hybridformen gehören Doku-Dramen- und Soaps, bei denen sich fiktionale und dokumentarische Inhalte finden. (vgl. ders. 2017). Vor allem der Schwerpunkt der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ARD und ZDF liegt mit rund 50% des gesamten Programmangebots auf der Informationsvermittlung. Privatsender wie RTL oder Sat1 hingegen haben nur einen durchschnittlichen Informationsanteil von 25% im Programm. Der Grund dafür ist unter anderem die Mediengesetzgebung, welche den öffentlich-rechtlichen Sendern eine grobe inhaltliche Vorgabe gibt. Sie haben den Auftrag, die Menschen mit einer ausgewogenen Mischung aus Information, Bildung, aber auch Kultur und Unterhaltung zu versorgen. (vgl. Wirtz 2006: S.349f.).

Wie wichtig vor allem die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender für die Informationsbeschaffung der Menschen sind, zeigt eine Studie aus dem Jahr 2018. 72 % von 1000 befragten Personen über 18 Jahren beziehen demnach ihre aktuellen Informationen trotz diverser Internetangebote von öffentlich-rechtlichen Sendern wie ARD und ZDF. Dass lediglich 27% bzw. 36% der Befragten angegeben haben, Social Media und Online-Seiten zu nutzen, liegt daran, dass auch ältere Menschen mit in die Studie einbezogen wurden. (vgl. PwC 2018: S.5 ff.). Schaut man sich eine Studie mit Personen unter 25 Jahren an, wird der Wert im Social-Media- und Online-Bereich um einiges höher sein. So kam bei einer Befragung der Vodafone Stiftung heraus, dass sich 14-bis 24-Jährige vor allem in den Online-Medien über das aktuelle Weltgeschehen informieren. (vgl. Vodafone Stiftung 2018). All die genannten Formate finden sich natürlich nicht nur im linearen Fernsehen, sondern auch in Onlinevideos und auf Streaming-Portalen wieder. So gibt es auch bei Netflix und anderen Streaming-Anbietern die Möglichkeit, sich Dokumentationen anzuschauen oder auf Youtube den Kanal der Tagesschau zu abonnieren und sich dort zu informieren.

2.1.2 Bewegtbilder als Mittel der Unterhaltung

Menschen wollen nicht nur informiert, sondern auch unterhalten werden. Dies kann am besten mit Content in Form von Videos, also Bewegtbild, umgesetzt werden. Videos, die aus einer Kombination aus Text, Ton und Bild bestehen, können als „Wundermittel“ der Unterhaltung bezeichnet werden. (vgl. Omokaiye 2019).

Galten vor über 100 Jahren Formen wie Zirkus, Varietee, Kabarett oder Operetten als überaus unterhaltend, sind dies heute Bewegtbild-Formate wie Comedy-, Casting- oder Reality-TV-Shows, die sowohl im Fernsehen als auch auf Streaming-Portalen immer gefragter werden. (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung o.J.). Laut Peter von Rüden, dem ersten Leiter des Adolf-Grimme-Institutes, sei das Fernsehen insgesamt ein wichtiges Unterhaltungsmedium, denn die Fernsehmacher hätten vor allem eine Absicht: die Menschen mit den Fernsehangeboten zu unterhalten, damit sie das Gerät einschalten. Dabei wird zwischen zwei Hauptunterhaltungsformen unterschieden. Zum einen gibt es die fiktionale Unterhaltung, bei der Geschichten von zwischenmenschlichen Beziehungen erzählt werden. Dies kann beispielsweise anhand einer Serie, aber auch anhand von Kinofilmen geschehen. Formate wie Quiz- oder Schlagershows lassen sich unter dem Begriff der nicht-fiktionalen Unterhaltung zusammenfassen. (vgl. Steinmetz & Viehoff 2008: S.38).

Eine wichtige Rolle spielen Bewegtbilder in Form von Videos vor allem auch in den sozialen Netzwerken. Ergebnisse einer Studie aus dem Jahr 2017 zeigen, dass 73% der Befragten am liebsten unterhaltsamen Content konsumieren, dicht gefolgt von lustigen Videos. (vgl. The Future Of Content Marketing 2017). Auch große Plattformen wie Youtube oder Facebook setzen auf Videocontent und investieren immer mehr Zeit und Geld in neue Bewegtbild-Technologien. Apps wie „musical.ly“ oder „Snapchat“ arbeiten ebenfalls nach dem Prinzip „Video Is King“, womit sie vor allem bei der jüngeren Zielgruppe sehr gut ankommen. (vgl. Gillies 2017).

2.2 Neue Bewegtbild-Trends

Bewegtbild entwickelt sich immer mehr zum wichtigsten Kommunikationsmittel der Zukunft. Neue technologische Erfindungen wie 4K, 8K, und Ultra-HD definieren nur einige der neuen technologischen Standards. Hochwertige Videos lassen sich schon in 4K-Qualität mit einem iPhone 6s aufnehmen, wodurch die Produktionskosten beispielsweise für Unternehmen und Agenturen immer mehr sinken. (vgl. Gillies 2017). Die zunehmende Konvergenz zwischen Fernsehen und Internet auf der Geräteseite spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. So hat sich vor einigen Jahren der sogenannte „Smart-TV“ einen Namen gemacht. Diese Art von Fernseher ist mit dem Internet verbunden und bietet neben dem klassischen, linearen Fernsehen einige Extras. So kann sich das Gerät mit dem Wireless Local Area Network (WLAN) oder Local Area Network (LAN) verbinden und somit auf Internetinhalte wie Mediatheken der Sender, Apps und Video-on-Demand-Angebote zugreifen. Außerdem ist es möglich, sich mit anderen Geräten zu verbinden, also beispielsweise Videos vom Smartphone auf dem TV-Gerät abzuspielen. (vgl. Phaydon 2012: S.14). In den letzten Jahren gab es in den deutschen Haushalten einen regelrechten „Boom“ an Smart-TVs. Verfügten im Jahr 2013 nur 11% der befragten 38 Millionen deutschen TV-Haushalte mit TV-Empfang über ein internetfähiges Fernsehgerät, waren dies bereits zwei Jahre später doppelt so viele Menschen. Die aktuellen Zahlen aus dem Jahr 2019 geben an, dass mittlerweile mehr als die Hälfte aller befragten Haushalte über einen Smart-TV verfügen. (vgl. Kantar 2019: S.32).

Dass sich Smart-TVs hoher Beliebtheit erfreuen, zeigt sich nicht nur an der Verbreitung der Geräte, sondern auch an der tatsächlichen Nutzung. Laut einer Goldbach Dach-Studie aus dem Jahr 2019 gaben 75% der 1000 Befragten zwischen 14 und 69 Jahren an, die zusätzlichen Funktionen des Gerätes zu nutzen – 24% davon sogar täglich. Zwar hat die Generation zwischen 14 und 49 Jahren die höchste Nutzungsdauer, dennoch ist die Nutzung des smarten TV-Apparates längst in allen Generationen angekommen. (vgl. Goldbach 2019). Ein weiterer Trend auf dem Bewegtbild-Markt ist das interaktive Fernsehen, bei dem die Zuschauer zum Mitmachen aufgefordert werden sollen. Da 85% der Menschen parallel zum Fernsehschauen ihr Smartphone benutzen, nutzen viele Fernsehsender diese Chance und erschaffen Sendungen wie „das Quizduell“, bei denen die Zuschauer per App mitspielen können. (vgl. Forward Adgroup 2016: S.25).

Das „Social TV“ spielt in der Welt des Fernsehens bzw. der Bewegtbilder ebenfalls eine immer wichtigere Rolle. Dies zeichnet sich dadurch aus, dass sich die Zuschauer eines Formates über die sozialen Netzwerke, also einen Second Screen, miteinander über die Sendung austauschen – sie konsumieren also nicht mehr passiv, sondern aktiv, wodurch das Fernsehen zum „Social TV“ wird. Eine Plattform, die sich besonders gut für dieses Phänomen eignet und beliebt ist, stellt Twitter da. Hier wird besonders oft über Sendungen diskutiert und sich ausgetauscht. (vgl. Landesanstalt für Medien 2015: S.4 ff.). Auf den wohl beliebtesten Trend, das Streaming, wird im weiteren Verlauf der Arbeit genauer eingegangen.

2.3 Die Rolle des Fernsehens in der Vergangenheit bis heute

Über Jahrzehnte hinweg galt das Medium Fernsehen als Lagerfeuer, um das sich Familien und Freunde scharten und welches die Gesellschaft zusammenhielt. Die Möbel des Wohnzimmers wurden um das damals noch schwere, breite Gerät herum platziert und der Fernsehabend wurde immer mehr zum täglichen Ritual. Hat man eine Sendung am Abend verpasst, so fehlte es einem am nächsten Morgen an Gesprächsstoff. (vgl. Herborg 2019). Vor allem in der Mitte der 60er Jahre hat das Medium Fernsehen immer mehr an Fahrt aufgenommen. Verfügten 1956 lediglich 4% der deutschen Bevölkerung über einen Fernseher, waren es 1960 schon 24%. Innerhalb von nur fünf Jahren wuchs diese Anzahl auf 64% an. Im Jahr 1971 waren es schließlich 88% der Deutschen, die einen TV besaßen. (vgl. Köcher & Bruttel 2011, S.15). Für diese schnelle Durchsetzung des Mediums gab es mehrere Gründe. Zum einen war das damalige Programm sehr attraktiv für die Zuschauer. Auf Grund des Wirtschaftswunders war außerdem die Finanzierung der Geräte für die meisten Menschen kein Hindernis mehr. (vgl. Vowe & Henn 2016).

Durch das steigende Programmangebot und die immer mehr zunehmende Attraktivität, stieg auch die tägliche Nutzungs- bzw. Sehdauer an. Im Jahr 1970 verbrachten die Menschen durchschnittlich 112 Minuten am Tag damit fern zu schauen. Bis 2005 stieg dieser Wert stetig an, bis er schließlich bei 220 Minuten pro Tag lag. Wie und warum sich diese Zeiten bis heute verändert haben, wird im nächsten Kapitel aufgezeigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Entwicklung der durchschnittlichen Fernsehdauer pro Tag (Engel & Breuning 2015, S.312).

Durch die zunehmende Popularisierung des Fernsehens ab 1960, veränderte sich schließlich auch die übrige Medienlandschaft. Vor allem die Kinos traf es besonders hart, denn es vollzog sich ein regelrechtes Kinosterben. (vgl. Vowe & Henn 2016). Vor allem dann, als im Januar 1962 der Film „Das Halstuch“ als Miniserie im Fernsehen zu sehen war. Die Zuschauerränge der Kinos waren plötzlich leer und die Serie hatte eine Anschaltquote von knapp 90% unter allen Fernsehhaushalten. Am Tag, an dem die letzte Folge der Serie laufen sollte, gab es einen regelrechten Aufschrei, als der Mörder der Serie in einer Berliner Zeitung enthüllt wurde. Heute würden wir dies als „Spoiler“ bezeichnen. (vgl. Schütte 2019: S.28 f.).

Die bisherigen Medien konnten sich nur dann behaupten, wenn sie sich an die neuen Gegebenheiten anpassten. So wurde das Radio beispielsweise vom Einschalt- zum klassischen Nebenbei-Medium. Auch die Filmbranche passte sich nach und nach dem Fernsehen an und die Tageszeitungen setzten neue Schwerpunkte auf Lokalnachrichten. (vgl. Vowe & Henn 2016). Das Fernsehen hat sich also immer mehr zum Monopol aller Medien entwickelt. Dabei halfen nicht nur Sportveranstaltungen wie die Fußball-Weltmeisterschaft oder die Olympischen Spiele - vor allem Filme, Serien und Shows wie zum Beispiel „Wetten, dass…?“ brachten die Menschen dazu, sich vor ihren Geräten zu versammeln. (vgl. Schütte 2019: S.29).

Wollte man den Sender wechseln, dann musste man aufstehen. Dies war auch der Grund dafür, warum nur selten zwischen den Sendern hin- und her gewechselt wurde. Ab Beginn der 80er Jahre sollte sich dies mit der Einführung der Fernbedienung ändern. Es gab nun die Möglichkeit zu „zappen“, wodurch sich auch das Nutzungsverhalten der Menschen änderte. Die bisherige Geduld verschwand und die Leute fingen an die Sender zu wechseln. Zusätzlich wurden die privaten Sender 1984 eingeführt, wodurch es ein noch breiteres Angebot gab. Das Fernsehprogramm hatte nun immer mehr den Anspruch, das Publikum an sich und den Sender zu binden. Das private Fernsehen in Deutschland etablierte sich mit der Zeit immer mehr, sodass es letztendlich mehr als 30 Lagerfeuer gab, um das sich die Menschen versammeln konnten. (vgl. Ders.: S.30ff.).

2.4 Die Rolle des Fernsehens von heute bis in Zukunft

Mit dem Aufkommen des Internets zu Beginn der Jahrtausendwende sprach man das erste Mal vom Auslaufmodell des klassischen, linearen Fernsehens, wie es lange Zeit Standard war. Bisher hatte das Fernsehen eine Monopolstellung, wenn es um Information und Unterhaltung ging – diese Situation hat sich jedoch gewandelt.

Während die Menschen ab Beginn der 60er Jahre noch ihren Tagesablauf nach dem Fernsehprogramm geplant haben, ist dies jetzt genau umgekehrt der Fall. Durch die steigende Anzahl an Smart-TVs und Internetzugängen ist es den Zuschauern nun möglich, das Programm selbst zu bestimmen, unabhängig vom Sendeplan der TV-Anbieter. Jeder kann nun selbst festlegen, wann er was auf welchem Gerät gucken möchte. Gab es früher nur das große Fernsehgerät, vor dem sich die Menschen versammelt haben, gibt es heute unter anderem Tablets, Smartphones und Laptops, auf denen man das Fernsehprogramm einschalten kann. (vgl. Herborg et al. 2019:S. 7).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Durchschnittliche tägliche Fernsehdauer ab 1997 (AGF 2020)

Wie sehr sich die durchschnittliche tägliche Fernsehdauer in den letzten 20 Jahren verändert hat, zeigt die obere Abbildung. Wurde im vorherigen Kapitel deutlich, wie stark die Fernsehdauer von Beginn des Fernsehbooms in Deutschland im Jahr 1970 bis 2005 gestiegen ist, zeigt diese Abbildung, dass sie seit 2011 wieder stetig abnimmt. Vor allem bei den jungen Menschen wird das lineare Fernsehen immer unbeliebter. So sank die tägliche Nutzungsdauer bei den 14 bis 29-Jährigen innerhalb von nur zwei Jahren von 105 auf 82 Minuten. Der Grund dafür ist unter anderem der Streaming-Markt mit Anbietern wie Netflix und Amazon Prime Video. (vgl. Ansorge & Scharrer 2020). Laut einer Studie liegt die Markenbekanntheit von Netflix bei den Befragten zwischen 16 und 29 Jahren bei 99%. Auch Amazon Prime und Youtube sind nahezu jedem bekannt und mancher Streaming-Dienst hat mittlerweile höhere Sendeanteile, als ein linearer TV-Sender. (vgl. Herborg et al. 2019:S.8). Ein Großteil des audiovisuellen Konsums entfällt heutzutage also auf nicht-lineare Angebote. Dies unterstreicht auch folgende Erkenntnis einer Studie: „Über alle Zuschauergruppen hinweg entfallen noch 54% des Betrachtens audiovisueller Inhalte auf das TV-Schauen, also die von Fernsehsendern linear ausgestrahlten Inhalte.“ (zit. dies.:S.8). Die Zuschauer verbringen also ein Viertel ihrer Zeit damit, sich Serien oder Filme auf Streaming-Portalen anzuschauen, für die sie ein Abonnement benötigen. 11% nutzen hingegen Mediatheken oder Youtube. (vgl. ebd.). Auffallend ist außerdem, dass das Fernsehen als Informationsquelle langsam an Relevanz verliert. Haben 2015 noch rund 45 Millionen Menschen die Fernsehnutzung als Quelle bevorzugt, sind es 2019 nur noch 42 Millionen gewesen. Parallel fällt auf, dass das Internet für die Menschen in der Zeit von 2015 bis 2019 mit einer Differenz von knapp 5 Millionen sehr viel wichtiger geworden ist. (vgl. lfD Allensbach 2019).

Vor noch gar nicht langer Zeit hat das laufende Fernsehprogramm die komplette Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Im Zuge der Digitalisierung hat sich dies jedoch geändert und das Fernsehen als Leitmedium verliert immer mehr an Bedeutung.

So gaben beispielsweise 40% der Befragten einer Studie im Jahr 2015 an, parallel im Internet zu surfen und 29% in sozialen Netzwerken unterwegs zu sein. (vgl. Brandt 2015). Diese parallele Nutzung von Internet auf einem anderen Gerät und Fernsehen nennt sich „Second Screen“. Eine Studie aus dem Jahr 2019 zeigt, dass insgesamt 60% der Befragten manchmal oder sogar häufig parallel im Internet sind, während sie fernsehen. Dieser Wert hat sich im Vergleich zu 2010 mehr als verdoppelt. (vgl. SevenOne Media 2019). Die Menschen schenken ihrem Fernseher also nicht mehr ihre volle Aufmerksamkeit, wie sie es noch vor einigen Jahren getan haben.

Wolgang Riepl, Chefredakteur der Nürnberger Zeitung, sagte einmal, dass kein neues Medium ein altes ersetzen wird. (vgl. Hofer & Siebenhaar 2008). Damit hat er bis heute Recht behalten, denn das lineare Fernsehen als Medium dominiert heute wie damals die Bewegtbild-Nutzung, trotz zunehmend geringerer Sehdauer. Täglich schauen wir im Schnitt 220 Minuten auf den Bildschirm. Das klassische Fernsehen, wie man es von früher kennt, wird also nicht verdrängt, es findet lediglich eine Verschiebung von linearer zu non-linearer Nutzung statt. Letztere zeigt sich vor allem in der jüngeren Zielgruppe zwischen 14 und 49 Jahren. (vgl. Sevenone Media 2019:S.20). Die Nutzer können nun selbst entscheiden, wo sie wann welche Sendung schauen möchten.

Wirft man nun einen Blick in die Zukunft des Fernsehens lässt sich sagen, dass Fernsehen und Internet immer mehr miteinander verschmelzen werden. Der Begriff des „Polymedia-TV“ könnte dabei eine wichtige Rolle spielen. Demnach werden dieselben Fernsehsendungen von verschiedenen Altersgruppen über unterschiedliche Plattformen konsumiert. So wird die jüngere Zielgruppe immer mehr ins Internet abwandern, während die Ältere dem Fernseher treu bleibt. (vgl. Groebel 2014:S.185). Außerdem wird es auch in Zukunft immer neuere „Player“ auf dem Streaming-Markt geben, welche dem klassischen Fernsehen als Konkurrenz gegenüberstehen werden. (vgl. Günther 2019).

3 Streaming als Auslöser eines Wandels im Bewegtbildkonsum

Zu Beginn des aktuellen Jahrtausends hat sich nicht nur der Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt einem disruptiven Wandel unterzogen. Auch die Musikindustrie hat sich gewandelt, als der Apple-Gründer Jobs 2003 den neuen Musik-Dienst „iTunes“ in Kalifornien vorgestellt hat. Durch ihn war es möglich, einzelne Musiktitel über das Internet zu kaufen und auf ein mobiles Gerät herunterzuladen. Die Musik konnte direkt konsumiert werden, egal wo man sich gerade befand. Langsam, aber sicher entstand damit der Wunsch bei den Nutzern, diese Art von Distribution auch auf Filme und Serien zu übertragen. So wurden ab 2006 auch Filme und andere Bewegtbild-Inhalte im iTunes-Store zum Download angeboten. Dieser Schritt stellte einen wichtigen Meilenstein der Zukunft in Richtung Streaming dar. Mit der Einführung von sogenannten Subscription-Video-on-Demand-Diensten im Jahr 2005, also Plattformen, bei denen gegen eine monatliche Gebühr Serien und Filme erworben werden konnten, begann das Zeitalter des Streamings nun endgültig. (vgl. Schütte 2019: S.52 f.).

In diesem Kapitel soll zunächst einmal eine Definition des Streaming-Begriffes vorgenommen werden. Anschließend geht die Autorin auf die verschiedenen Formen ein und erläutert diese genauer. Ferner wird auf die Verbreitung und Bedeutung von Streaming-Diensten deutschland- und weltweit Bezug genommen und anschließend die Frage geklärt, inwieweit das lineare Fernsehen einen publizistischen Bedeutungsverlust durch diese Technologie erlebt hat bzw. dies auch gegenwärtig immer noch tut.

3.1 Was ist Streaming? Ein Definitionsansatz

Streaming beschreibt das Abrufen und Abspielen von Bewegtbild-Inhalten von Internetplattformen, ohne, dass ein Download dieser stattfinden muss. Die Inhalte können zum einen auf dem Fernseher, zum anderen auf mobilen Endgeräten wie zum Beispiel Tablets oder Smartphones abgespielt werden. (vgl. Meedia 2020). Muss man beim vollständigen, progressiven Herunterladen eines Inhaltes erst einmal abwarten, bis alle Informationen und Daten vollständig auf dem Computer bzw. Endgerät abgespeichert wurden, kann beim Streaming direkt mit dem Konsumieren des Inhalts begonnen werden. Die Daten müssen hierbei nämlich nicht lokal auf dem Rechner gespeichert werden, wodurch es möglich ist, den Inhalt unmittelbar abzuspielen. Lediglich ein geringer Datenanteil muss zwischengespeichert werden, damit es bei einer geringen Datenübertragung nicht zu Bildproblemen und Verzögerungen kommt. (vgl. Schütte 2019: S.55 f.). Die Streaming-Technologie bei Video-on-Demand-Inhalten und Liveinhalten basieren beide auf einer Kommunikation in Echtzeit zwischen dem Server und dem Client, was bedeutet, dass keine Inhalte ohne eine Internetverbindung angezeigt werden können. (vgl. Longolius 2011: S.49.). Zum einen gibt es sogenannte Musik-Streaming-Dienste wie zum Beispiel Spotify oder Deezer. Die für diese wissenschaftliche Arbeit relevanten Portale sind jedoch die, die sich mit dem Streamen von Videos befassen. Dazu zählen zum Beispiel Anbieter wie Netflix oder Amazon Prime.

3.1.1 Verschiedene Formen

Beim Streaming wird zwischen zwei Formen unterschieden: dem Live- und On-Demand-Streaming. Der Unterschied zwischen den Beiden ist nur marginal, da die Kommunikation zwischen den Servern und Clients beim Streaming immer in Echtzeit stattfindet, unabhängig davon, ob es sich um Live-Streaming oder Video-on-Demand (VOD) Angebote handelt. (vgl. ders 2011: S.50).

3.1.1.1 Live-Streaming

Live-Übertragungen gelten als Königsdisziplin eines jeden Fernsehmachers, denn der Bilderfluss geschieht unmittelbar und es gibt keine Möglichkeit, im späteren Verlauf Einfluss auf die Sendung zu nehmen. War es bis vor wenigen Jahren nur im auf dem TV-Gerät möglich sich Live-Übertragungen von beispielsweise Sportereignissen anzuschauen, so ist dies heute ebenfalls im Internet Realität. Nach der Jahrtausendwende war es auch mit Standard-Computern möglich, sich im Internet live zu zeigen. Mit der Einführung von 3G ging dies sogar ab dem Jahr 2004 über mobile Geräte. Es kann also gesagt werden, dass jede Person, die heute über ein Smartphone verfügt, auch gleichzeitig ein gut ausgestattetes Fernsehstudio in der Tasche hat. (vgl. Schleeh & Sohn 2014: S.1 f.).

„Beim Live-Streaming werden Inhalte in Echtzeit ausgesendet.“ (Bauer 2015). Besonders bekannt für derartige Übertragungen im Internet ist beispielsweise das Videoportal „Twitch“, welches im Jahr 2014 für knapp eine Milliarde Dollar an Amazon verkauft wurde. Es wird vor allem von Gamern genutzt, die sich selbst beim Spielen von Video-Games filmen. Monatlich werden allein dort durchschnittlich 46 Milliarden Minuten an Videomaterial konsumiert, was zeigt, wie beliebt solche Live-Streaming-Angebote zurzeit sind. (vgl. Heidfeld 2020). Auch Youtube ist auf den Zug des Live-Streaming aufgesprungen, in dem der Anbieter das Portal „Youtube-Gaming“ ins Leben gerufen hat. Bekannte Live-Streamer aus Deutschland, wie zum Beispiel Marcel Thomas Andreas Eris, der unter dem Künstlernamen „MontanaBlack“ bekannt ist, verdienen auf derartigen Plattformen teils fünfstellige Beträge im Monat. Diese kommen durch Werbung, zahlende Abonnenten oder Unternehmenskooperationen zusammen. Vor allem der Austausch zwischen Streamern und Zuschauern macht dieses Phänomen des Live-Streaming so populär. So gibt es mittlerweile nicht nur Gaming-Live-Streams, sondern auch Art-, Science- und Technology-Streams, bei denen Menschen beispielsweise dabei zuschauen, wie Autos repariert oder Gerichte gekocht werden. (vgl. Fehrensen & Täubner 2020).

3.1.1.2 Video-on-demand

Bei VOD handelt es sich um „einen interaktiven Dienst, mit dem audiovisuelle Medieninhalte zu jeder beliebigen Zeit individuell abrufbar sind“. (Kaumanns & Siegenheim 2006: S.622). Der Begriff stammt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt so viel wie „Video auf Nachfrage bzw. Abruf“. Beide Wörter in Kombination miteinander spiegeln die Verbindung zweier Mediengattungen wider, denn „Video“ steht für die Wiedergabe von Bewegtbild und hat damit einen Charakterzug des Fernsehens. Das Wort „demand“ hingegen greift die Interaktivität des Internets auf. (vgl. Hinze 2010: S.26). Während man also Inhalte eines Live-Streamings nur zu einer bestimmten Zeit konsumieren kann, sind die VOD-Angebote jederzeit auf Abruf zu schauen. Man hat dabei außerdem die Möglichkeit vor- und zurück zu spulen und sich die Szenen auszusuchen. Die Grundidee des VOD kann man mit einer klassischen Videothek vergleichen, da der Nutzer sich selbst die Inhalte aussuchen und unabhängig vom linearen Fernsehprogramm schauen kann. (vgl. Broszeit 2007: S.14). Das Angebot der VOD-Anbieter können zum einen ausschließlich für den Computer ausgelegt sein, oder auch für die parallele Nutzung auf dem Fernseher und im Internet. (vgl. Hinze 2010: S.26).

Im Gegensatz zum klassischen Fernsehkonsum, findet das Schauen von VOD-Inhalten also nicht-linear und damit zeitversetzt statt. Während der Nutzer im Fernsehen nur die Sendungen konsumieren kann, die aktuell ausgestrahlt werden, kann er auf VOD-Plattformen zwischen einem breiten Angebot auswählen. Dadurch kommt es zu einer zeitlichen Souveränität und inhaltlichen Selektivität, die für diese Art des Streamings kennzeichnend sind. (vgl. Kaumanns & Siegenheim 2006: S.623). Wichtig zu sagen ist, dass im VOD-Bereich zwei Arten unterschieden werden müssen. Zum einen Download-to-Rent, bei dem die Inhalte nur ausgeliehen werden, zum anderen Download-to-Own, wobei es zum Kauf kommt. Zusätzlich haben sich in der letzten Zeit einige neue Modelle entwickelt, welche sich in der Art und Weise der Bezahlung unterscheiden. (vgl. Schulze-Sieber 2014).

Ein Modell stellt das sogenannte Advertised-VOD dar, welches sich, wie der Name schon sagt, durch Werbung finanziert. Das Konsumieren der Videos ist zwar für den Nutzer kostenfrei, er muss sich jedoch kurze Werbespots zwischen den Inhalten anschauen. Ein Beispiel für dieses Modell ist die Plattform „Youtube“. Ebenfalls kostenlos sind die Free-VOD-Angebote. Sie verzichten jedoch gänzlich auf Werbung. Oftmals wird diese Art von VOD im öffentlichen Auftrag von den Öffentlich-Rechtlichen, beispielsweise als Mediathek eines Senders wie ARD oder ZDF, angeboten. (vgl. Martens & Herfert 2013: S.102). Ein weiteres Modell ist das Transactional-VOD, bei dem nur die Inhalte abgerechnet werden, die der Nutzer sich tatsächlich anschaut. Dies nennt man auch Pay-per-View. Beispielhaft dafür ist der iTunes-Store, in dem Filme und Serien, aber auch Musiktitel erworben werden können. Für die vorliegende Arbeit von besonderer Bedeutung sind jedoch die Subscription-VOD-Anbieter, bei denen der Nutzer ein Abonnement abschließen muss, um sich die Inhalte anzuschauen. Teilweise kann er sich dabei entscheiden, ob er eine monatliche oder jährliche Gebühr zahlen möchte. Ein Beispiel dafür stellen die vier Streaming-Anbieter dar, die in dieser Arbeit behandelt werden: Netflix, Amazon Prime, Apple-TV+ und Disney+. (vgl. Schulze-Sieber 2014).

3.2 Bedeutung und Verbreitung

Im folgenden Kapitel wird Bezug auf den nationalen und internationalen Streaming-Markt genommen. Dabei ist wichtig anzumerken, dass sich die Autorin ausschließlich auf die Subscription-VOD-Angebote (SVoD) bezieht, bei denen die Nutzer ein Abonnement mit monatlicher oder jährlicher Zahlung abschließen müssen.

3.2.1 Der Streaming-Markt weltweit

Lange nicht wurde der weltweite TV-Markt so durcheinandergewirbelt, wie in den letzten beiden Jahren. Der Grund dafür sind die wie Pilze aus dem Boden schießenden Streaming-Dienste auf der ganzen Welt. Es wird mittlerweile sogar schon vom „Krieg der Streaming-Anbieter“ oder dem „Streaming-Wars“ gesprochen. (vgl. Bialek & Demling 2020). Bereits im Jahr 2017 gab es weltweit rund 972,4 Millionen SVoD-Nutzer. Innerhalb von nur zwei Jahren ist diese Anzahl auf 1,07 Milliarden angestiegen. Die aktuellen Zahlen aus dem Jahr 2020 geben an, dass rund 1,2 Milliarden Menschen weltweit streamen, was eine Penetrationsrate von 16,2% der Gesamtbevölkerung ausmacht. Auch diese Nutzeranzahl wird laut einer Prognose jedoch noch einmal ansteigen. So gehen Experten davon aus, dass es 2024 mindestens 1,4 Milliarden SVoD-Nutzer auf der Welt geben wird. (vgl. Statista 2020). Ein großer Sprung ist vor allem in den Jahren 2019 und 2020 zu erkennen, da zu diesen Zeitpunkten neue, wichtige Akteure auf den Markt getreten sind, wie zum Beispiel Disney+. Standen zuvor hauptsächlich Netflix und Amazon Prime in großer Konkurrenz zueinander, so wollen nun auch Anbieter wie Apple oder Warner am Markt mitkämpfen und Geld verdienen. (vgl. Schütte 2019: S.86).

Im vergangenen Jahr 2019 haben die SVoD-Anbieter insgesamt einen Umsatz von 21 Milliarden Euro eingefahren, weshalb der Streaming-Markt der zweitgrößte nach der Gaming-Industrie geworden ist. Auf Grund von bzw. dank der Corona-Krise im Jahr 2020 war die Umsatzveränderung von 2019 auf 2020 besonders hoch, denn es ist hier ein Plus von circa 3 Milliarden Euro zu verzeichnen. Wie beliebt Streaming in den letzten Jahren geworden ist, zeigt sich zudem durch die Differenz des Umsatzes von 2017 und 2020. Lag die Summe damals noch bei 18 Milliarden Euro, so beträgt sie aktuell rund 24 Milliarden. Laut Experten wird sich auch diese Zahl bis 2024 noch erheblich steigern. Ein Großteil dieses Umsatzes wird mit 11 Milliarden Euro in den Vereinigten Staaten erzielt. Mit diesem Marktvolumen aus dem Jahr 2020 befindet sich die USA klar an der Spitze des weltweiten Umsatz-Vergleichs. Wie groß der Unterschied zu den anderen Ländern ist, zeigt die Differenz der Zahlen. So liegt China mit einer Summe von lediglich 1.8 Milliarden Euro auf Platz zwei, dicht gefolgt von Japan. Deutschland befindet sich mit 1.06 Milliarden auf dem vierten Platz. (vgl. Statista 2020). Wichtig ist hierbei anzumerken, dass in diese Zahlen bereits die Auswirkungen der Corona-Krise mit einspielen.

Während der Anteil von männlichen und weiblichen Nutzern weltweit mit rund je 50% fast ausgeglichen ist, gibt es bei den Altersgruppen große Unterschiede. Mit 36% ist der Großteil der Nutzer von SVoD zwischen 25 und 34 Jahren alt. Die Altersgruppe zwischen 35 und 44 Jahre macht einen Anteil von 24%, und die zwischen 18 und 24 Jahren einen Anteil von 21% aus. Lediglich 19% der Nutzer sind über 45 Jahre alt. Wichtig zu erwähnen ist auch die Tatsache, dass 41% der Menschen ein niedriges, und 32% ein mittleres Einkommen aufweisen. Nur 27% verfügen über ein hohes Einkommen. (vgl. Statista Global Consumer Survey 2019).

Die Streaming-Märkte in den einzelnen Ländern unterscheiden sich teilweise stark, wenn es um die wichtigsten „Player“ geht. In den USA beispielsweise gibt es vor allem drei wichtige Akteure: Netflix mit 30%, Amazon Prime Video mit 25% und Hulu mit 15% Marktanteil. Kleinere Anbieter, wie HBO oder Youtube Premium haben jeweils nur einen Anteil von knapp 5%. In England dominieren Netflix und Amazon Prime den Markt. Ganz anders ist jedoch die Situation in China, wo weder Netflix noch Amazon Prime auf der Agenda stehen. Die Anbieter iQiyi und Tencent Video teilen sich hier mit jeweils 45% und 30% die Marktanteile. (vgl. Statista 2019: S.14 ff.). Experten gehen jedoch stark davon aus, dass Streaming-Dienste wie Amazon oder Netflix in den nächsten Jahren ihre Höhepunkte erreichen werden und eine Abosättigung beim Nutzer vorliegen wird. Es wird also möglichweise nötig sein, neue Finanzierungsmodelle, wie zum Beispiel Werbeeinblendungen, auszutesten. (vgl. Otto 2019). Außerdem fordern die Nutzer immer hochwertigeren und aufwendigeren Content, welcher allein durch die Abo-Einnahmen nicht zu finanzieren sind, denn der durchschnittliche Erlös pro Nutzer auf dem SVoD-Segment beträgt derzeit lediglich 20,28 Euro. (vgl. Statista 2020).

3.2.2 Der Streaming-Markt in Deutschland

Insgesamt verbrachten die Deutschen im vierten Quartal des Jahres 2019 über eine Milliarde Stunden damit, sich Streaming-Inhalte anzuschauen. (vgl. Menges 2020). Vor einigen Jahren war eine derartig hohe Zahl noch undenkbar. Im Jahr 2006 unternahm der Streamingdienst Maxdome, der unter anderem zu Pro7 und Sat1 gehörte, einen ersten Versuch, Filme und Serien als Abonnement anzubieten. Alles begann mit der Übertragung einiger Fußballspiele der Fußball-Weltmeisterschaft, womit der Dienst um Kunden werben wollte. Zwar konnten die Menschen eine Movie-Flat abonnieren, beliebte Kinohighlights waren jedoch nur sehr selten unter den Angeboten zu finden. Lediglich eigens produzierte Titel waren zu finden, welche zuvor auch auf den Sendern Pro7 und Sat1 gezeigt wurden. Dadurch ließen sich nur wenig Kunden gewinnen. Trotz allem gab sich Maxdome nur drei Jahre später den Namen „Deutschlands größte Online-Videothek“. Insgesamt bot der Dienst zu dieser Zeit circa 45.000 verschiedene Bewegtbild-Inhalte an, wovon der Großteil aus günstigen Eigenproduktionen und „Billig-Inhalten“ bestanden. Erst vier Jahre später gelang es Lovefilm, einem Tochterunternehmen von Amazon, die Menschen hierzulande von einem Abo-Modell zu überzeugen. Die Kunden konnten dabei DVDs per Post bestellen und diese nach dem Schauen wieder zurückschicken. Ende des Jahres 2010 war es schließlich möglich die Inhalte auf der Internetseite von Lovefilm zu streamen, weshalb es zu Beginn oft zu technischen Problemen kam, denn nicht alle Computer waren dazu fähig. Einige Zeit später übernahm Amazon den Streamingdienst gänzlich – Amazon Instant Video war entstanden. Die Nutzer konnten nun von gleich zwei Komponenten profitieren: Kostenloser Versand durch Amazon Prime und Zugriff auf Filme und Serien. Hiermit war einer der wichtigsten Streaming-Anbieter in Deutschland entstanden, welcher bis heute mit am erfolgreichsten auf dem Markt ist. (vgl. Schütte 2019: S. 70 f.).

Der Streaming-Markt in Deutschland entwickelt sich immer schneller und rasanter. Von 2012 bis 2018 ist der Markt jährlich um 82% gewachsen. (vgl. McKinsey 2019). So nutzen heute mehr als jeder dritte Deutsche ab 14 Jahren mindestens einen kostenpflichtigen Streaming-Dienst. (vgl. AGF 2020). Aktuell gibt es in Deutschland 24,3 Millionen Nutzer von SVoD-Angeboten. Im Jahr 2020 wird der Umsatz dieser rund 1.055 Millionen Euro betragen, welcher sich bis 2024 noch auf ein Marktvolumen von 1.175 Millionen steigern wird. Der durchschnittliche Erlös pro Nutzer liegt bei rund 43 Euro. (vgl. Statista 2020).

In Deutschland dominierten die letzten Jahre vor allem die beiden Dienste Netflix und Amazon Prime. Während letzterer 2019 einen Marktanteil von 35% hatte, verfügte Netflix über 25% am Markt. (vgl. Goldmedia 2020). Wenn man hingegen auf die tägliche Nutzung schaut, so hat Netflix mit einem Anteil von 59% einen klaren Vorteil. Amazon Prime kommt in diesem Bereich nur auf 36%. Im Bereich des Password-Sharings lassen sich jedoch Unterschiede bezüglich der Anbieter erkennen. Teilen sich bei Netflix rund drei Nutzer einen Account, so sind es bei Amazon Prime nur rund 2,1. Maxdome bzw. Joyn hingegen liegen bei 1,5 Nutzern pro Account. (vgl. Herrmann 2019). Diese Anteile auf dem Markt haben sich in den letzten Monaten jedoch schon wieder ein wenig verändert. Grund dafür ist vor allem der neue Anbieter Disney+, der seit Ende März 2020 in Deutschland zur Verfügung steht. Innerhalb von nur zwei Wochen hat er es zu einem Nutzungsanteil von zehn Prozent geschafft, wodurch sich auch die übrigen Zahlen ein wenig verändert haben. (vgl. Goldmedia 2020). Laut einer Studie der AGF aus dem Jahr 2020 nutzen 36,3 Prozent der Befragten einen kostenpflichtigen VOD-Dienst. Im Vergleich zum Vorjahr sind dies knapp vier Prozent mehr. Prime Video und Netflix sind bei den Deutschen mit Abstand am beliebtesten. Während Netflix von 27,6% der Befragten abonniert ist, nutzen Amazon Prime knapp 20%. DAZN, ein Sport-Streaming-Dienst kommt auf lediglich 3,1 % und Sky-Ticket auf 1,7. Immerhin 1,5 % der Menschen haben den neusten Anbieter Disney+ bereits nach drei Monaten für sich entdeckt. (vgl. AGF 2020).

Interessant für den deutschen Streaming-Markt ist auch eine Umfrage der „Splendid Research“, welche im Auftrag von „HORIZONT online“ im Jahr 2020 durchgeführt wurde. Dabei wurden insgesamt 1506 Deutsche zwischen 18 und 69 Jahren befragt. Der sogenannte Brand-Index spielt hier eine entscheidende Rolle. Er spiegelt zum einen die Bekanntheits- und Imagewerte, und zum anderen die Kaufwahrscheinlichkeit und Markentreue wider. (vgl. Splendid Research GmbH 2020). Es stellte sich dabei heraus, dass Netflix mit 59,2 Brand-Index Punkten bei den Deutschen am beliebtesten ist. Amazon Prime folgt dicht auf dem zweiten Platz. SkyTicket liegt mit 40,1 Punkten auf dem dritten Platz. Da 90,6 Prozent der Befragten angeben, Netflix zu kennen, zeigt sich, dass die Markenbekanntheit hier sehr hoch ist. Amazon Prime kommt diesbezüglich auf rund 87%. Auch beim Markenimage liegt Netflix auf dem ersten Platz, denn 70 % der Befragten halten die Marke für vertrauenswürdig. Auch Amazon Prime weist mit rund 67 % eine hohe Quote an Attraktivität auf. Wichtig zu sagen ist, dass Apple TV+ nicht im Ranking vertreten ist. Der Grund dafür ist das bei den Befragten oft genannte Preis-Leistungs-Verhältnis. So sagen lediglich 49,5 %, dass sie dies für angemessen erachten. (vgl.ders.). 115 Euro geben die Deutschen durchschnittlich im Jahr für Streaming aus. Die attraktivsten Kunden für die Anbieter sind dabei die, die schon über mindestens ein Abo verfügen. Laut einer McKinsey-Umfrage haben 27% der Deutschen einen Dienst abonniert. 16% zahlen monatlich Geld an zwei Anbieter und rund 10% verfügen über ein Abonnement bei drei oder mehr Streaming-Dienstleistern. (vgl. McKinsey 2019).

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass besonders 2020 ein wichtiges Jahr im Bereich des Streaming in Deutschland wird. Sowohl Disney+, als auch Apple TV+ mischen nun auf dem Markt mit und versuchen Netflix und Amazon Prime Konkurrenz zu machen. Schon vor dem Start von Disney+ im Februar gaben 54% der Befragten einer Studie von Goldmedia an, schon von dem Dienst gehört zu haben. 34% seien zudem an einem Abo interessiert und 11% sagten sogar, dass sie einen bereits abonnierten Dienst dafür kündigen würden. Die Chancen für den Dienst standen also von Anfang an gut, dass er sich in Deutschland genauso gut und schnell etabliert, wie in den USA. (vgl. Goldmedia 2020).

3.3 Der Beginn eines neuen Zeitalters?

3.3.1 Der publizistische Bedeutungsverlust des linearen Fernsehens

Es sind Zitate wie diese von Netflix-Gründer Hastings oder Siebenhaar, die deutlich machen, wie sehr das klassische Fernsehen seit Jahren mit diversen Streaming-Diensten zu kämpfen hat: „Lineares Fernsehen wird es bald nicht mehr geben, außer im Museum.“ (von Taube 2016) oder „Das Bedrohliche für die alte TV-Welt ist: Apple, Netflix oder Disney geht es am Ende darum, den Fernsehmarkt mit allen Stufen der Verwertungskette zu erobern und zu besetzen.“ (Siebenhaar 2019).

War das Fernsehen über mehrere Jahrzehnte hinweg ein beliebtes Medium, um das sich die Familien versammelt haben und welches als Grundlage für Gesprächsstoff am nächsten Tag auf der Arbeit diente, so muss es heute um die Zuschauer kämpfen. Laut einer Studie mit 1600 Befragten fließen lediglich nur noch 54% der gesamten Sehzeit in traditionelles Fernsehen. Dass die Zuschauer mit einem Sehanteil von rund 10% mehr Zeit damit verbringen Netflix, als einen linearen TV-Sender zu schauen zeigt, wie beliebt derartige Internet-Dienste geworden sind. Außerdem wird das Publikum immer älter und die Sehzeit des linearen Fernsehens zunehmend kürzer. So gaben zwei Drittel der Befragten an, ihre Streaming-Sehzeit von SVoD-Diensten im letzten Jahr entweder stark auf rund 21% oder sehr stark auf 42% erhöht zu haben. Vor allem bei den Jugendlichen zwischen 16 und 29 Jahren nimmt dieses Ausmaß immer weiter zu, denn 60% ihrer Sehzeit fließen mittlerweile in Streaming. Die linearen Angebote können dabei mit 34% nur schwer mithalten. (vgl. Herborg et al. 2019). Eine weitere Erkenntnis ist, dass dem Streaming auch die Zeiten des „Lagerfeuer-Fernsehens“ weichen mussten. Lediglich 11% der Zuschauer schauen sich die TV-Inhalte meistens im Kreis der Familie an, so wie es noch vor einigen Jahren üblich war. 48% der Deutschen konsumieren ihre Lieblingsfilme- und Serien hingegen alleine.

Es kann also abschließend gesagt werden, dass das klassische, lineare Fernsehen zwar noch lebt und von 80% der Deutschen immer noch genutzt wird, die Zukunft dieses Mediums jedoch bleibt ungewiss. Obwohl es zurzeit noch das beliebteste Bewegtbild-Format ist, kann sich dies durch die immer breitere Streaming-Landschaft schnell verändern. (vgl. nextMedia.Hamburg 2019). Experten prognostizieren jedoch, dass vor allem die Werbeeinnahmen der TV-Sender in den nächsten zehn Jahren um bis zu neun Milliarden Euro einbrechen werden, was circa einem Zehntel des gesamten Umsatzes der beiden großen privaten TV-Anstalten aus den letzten zwei Jahren ausmacht. Deshalb sei es laut Experten jetzt wichtig, dass die deutschen Fernsehanstalten aufschrecken und gegen die amerikanischen Dienste vorgehen. (vgl. Herborg et al. 2019).

4 Der Einfluss von Netflix und Amazon Prime auf die Streaming-Welt

Im folgenden Kapitel werden die beiden Streaming-Giganten Netflix und Amazon Prime genauer beschrieben, da beide in Deutschland dominieren und unter starker Konkurrenz zueinanderstehen. Es werden sowohl die Vision und das Erfolgsrezept als auch die Nutzerzahlen, Angebote und Preisstruktur erläutert. Anschließend kommt die Autorin auf das Erlöspotenzial sowie auf die Chancen und Risiken zu sprechen.

4.1 Netflix als Innovator des Bewegtbildangebots

Die Erfolgsgeschichte des Innovators im Bereich des Streaming begann im Jahr 1997, als sich der Marketing-Experte Mark Randolph zusammen mit Reed Hastings entschied, den Verleih von Videos zu revolutionieren. Die Idee dahinter war simpel: Nicht der Kunde kommt zur DVD, sondern die DVD wird dem Zuschauer bequem und direkt nach Hause geschickt. Dem bisherigen Marktherrscher Blockbuster Inc., welcher bis dato mehr als 9000 Geschäfte in den ganzen USA hatte, wurde somit der Kampf angesagt. So gründeten Hastings und Randolph noch im selben Jahr den Online-Filmverleih Netflix. Das Geschäftsmodell unterschied sich damals noch grundlegend zum heutigen, denn den Kunden sollte es möglich sein, eine eigene Wunschliste mit Filmen auf der Internetseite anlegen, welche sie dann nach Hause geschickt bekamen. Wie lange sie die DVDs zuhause behielten spielte dabei keine Rolle, hauptsache sie kamen irgendwann zurück. Man musste also nicht mehr in eine Videothek fahren und Gebühren zahlen, wenn man den Film mal etwas später zurückbrachte. (vgl. Schütte 2019: S. 62f.). 1999 führte das Unternehmen bereits einen Abonnement-Dienst ein, bei dem gegen ein monatliches Entgeld unbegrenzt DVD ausgeliehen werden konnten. (vgl. Netflix Medien-Center o.J.). Netflix steigerte seinen Kundenstamm immer schneller und Hastings bot dem CEO von Blockbuster schließlich 2007 die Übernahme an, woraufhin dieser jedoch ablehnte. (vgl. Schütte 2019: S.63). Zu diesem Zeitpunkt hatte das Unternehmen bereits mehr als 4,2 Millionen Mitglieder und war an der Börse datiert. (vgl. Netflix Medien-Center o.J.). Hastings wusste, dass die Zukunft im Internet lag und entwickelte deshalb zusammen mit seinen Technikern des Unternehmens eine Box, die über Nicht Filme herunterlud, damit sich die Kunden diese am nächsten Tag anschauen konnten. Zu dieser Zeit zeigte Youtube den Entwicklern jedoch, dass es auch möglich war, Filme direkt aus dem Internet abzurufen, ohne diese erst herunterladen zu müssen. So führte Netflix im Jahr 2007 den ersten Streaming-Dienst „Watch Instantly“ ein, womit die Inhalte direkt vom Computer aus konsumiert werden konnten. Dennoch schien diese Innovation zum Scheitern verurteilt, da die Kunden eine sehr gute Internetverbindung benötigten und es nur wenig Filme zur Auswahl gab. Der CEO Hastings wurde durch viele negative Rückschläge angespornt und etablierte das Angebot nun auf immer mehr Endgeräten. (vgl. Schütte 2019: S.64 f.). So baute das Unternehmen beispielsweise im Jahr 2009 eine Partnerschaft mit Sony aus, sodass die Filme und Serien auch auf der Playstation streambar wurden. 2010 folgten dann beispielsweise die Apple-Geräte wie iPads oder iPhones. Die Netflixzahlen stiegen und stiegen, bis es 2014 auch in Deutschland möglich war, den Dienst zu nutzen. Heute ist es in circa 190 Ländern vertreten. (vgl. Netflix Medien-Center o.J.).

4.1.1 Die Vision

In einem Interview legte Gründer Reed Hastings im Jahr 2002 seine Vision nieder indem er sagte:

„The dream 20 years from now ist to have a global entertainment distribution company that provides a unique channel for film producers and studios.“

Seine Vision war es also mit Netflix ein globales Unternehmen für Entertainment zu schaffen, welches als Plattform für Filmemacher- und Studios dient. Als Beispiel dafür nannte er unter anderem das Unternehmen „Starbucks“, denn was Starbucks für Kaffee sei, sollte Netflix für Filme werden. (vgl. O’Brien 2002). Hastings wollte vor allem Originale produzieren, was er mit den verschiedenen „Netflix-Originals“, die es heute gibt, geschafft hat. Er wollte es den Zuschauern außerdem ermöglich jederzeit von zuhause auf alle möglichen Bewegtbild-Inhalte zugreifen zu können. Dies sollte zudem über eine einfache und selbsterklärende Benutzeroberfäche geschehen, da sich nur wenige Menschen lange mit neuer Technik auseinandersetzen möchte. (vgl. Schütte 2019: S. 66). Fasst man seine Vision einmal zusammen kann gesagt werden, dass Reed das Erlebnis „Fernsehen“ verbessern wollte, indem er es auf eine neue Ebene hebt und die Zuschauer bestmöglich mit verschiedenen Inhalten unterhält. Für ihn sollten nur die besten Storyteller der Welt arbeiten. Dabei war es Hastings wichtig, dass er das Fernsehen nicht neu revolutioniert, sondern evolutioniert. So schauen die Nutzer beispielsweise ihre 45-minütigen Sendungen nicht mehr im Fernsehen, sondern auf Netflix. (vgl. Turek & Moynihan 2018).

4.1.2 Das Erfolgsrezept

Zu Beginn dieses Jahrtausends gehörte Netflix längst nicht zu den führenden Medienunternehmen dieser Welt. Anders als bekannte Fernsehsender in den USA, die schon seit mehr als 100 Jahren auf dem Markt etabliert waren, hatten sie eine Außenseiterposition. Das Positive daran war jedoch, dass das Unternehmen die Möglichkeit hatte, den Markt mit neuen und vorher noch nie da gewesenen Konzepten für sich zu gewinnen. (vgl. Schütte 2019: S. 65).

Mit den Jahren haben sich unterschiedliche Erfolgskriterien des Unternehmens herausgebildet. Ein wichtiger Punkt, der zu Beginn maßgeblich zum Erfolg von Netflix beigetragen hat und dies auch noch gegenwärtig tut, ist die simple Bedienbarkeit der Plattform. Angelehnt an beispielsweise Apple hat Netflix erkannt, wie wichtig eine einfache Handhabung für die Nutzer ist. Zu Beginn des Streaming-Dienstes war für die Nutzer vor allem eines ein Erfolgskriterium, nämlich, dass sie frei entscheiden konnten, welche Inhalte sie schauen möchten. Viel wichtiger war jedoch die Tatsache, dass Netflix von Anfang an exklusive und neue, bekannte Filme im Repertoire hatte. Der Preis war ebenfalls für die meisten Nutzer unschlagbar, denn für einen Kabelanschluss zahlten sie mindestens das Zehnfache. Es entstanden demnach keine „gefühlten Kosten“, da das Abonnement zu Beginn abgeschlossen wurde. (vgl. ders.: S.66).

Ein weiterer Punkt, der wesentlich zum Erfolg der Plattform beiträgt, sind die exklusiven Inhalte, die nur Netflix dem Zuschauer bietet und die nirgendwo sonst geschaut werden können. Mit dem großen Erfolg dieser Serien und Filme, änderte sich auch schließlich das Geschäftsmodell und Hastings legte fortan mehr Wert auf eigens produzierte Netflix-Originale. (vgl. ders.: S.67). Die erste selbst produzierte Serie war „House of Cards“ mit Kevin Spacey als US-Präsident in der Hauptrolle, wovon es insgesamt sechs Staffeln gab. Diese Serie gilt auch als Meilenstein der Netflix-Geschichte und als Prototyp des klassischen Streaming-Produktes, da sie weltweiten Erfolg gefeiert hat. (vgl. Orange 2018). Insgesamt wird Netflix auch 2020 mehr als 17,3 Milliarden US-Dollar in neue, selbstproduzierte Inhalte investieren, was im Vergleich zum Vorjahr 2019 noch einmal 2 Milliarde mehr ist. Möchte man also mit Freunden über die neusten Serien diskutieren, braucht man ein Netflix-Abo, um sich die Serie anzuschauen. (vgl. DerStandard 2020). Mittlerweile produziert jedoch nicht mehr nur Nordamerika selbst Inhalte, sondern auch andere Länder wie Deutschland oder Italien bringen beliebte Serien raus. Netflix nennt dies „ausländische Eigenproduktionen“. In Deutschland beispielsweise ist „Dark“ eine beliebte Serie, die besonders von jungen Nutzern gerne geschaut wurde und einen Grimme-Preis gewann. (vgl. Orange 2018).

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Final del extracto de 214 páginas

Detalles

Título
Der Wettbewerb von Netflix, Amazon Prime, Disney+ und Apple TV+ am deutschen Streaming-Markt. Eine Konsumentenforschung zu Nutzungsmotiven und Nutzungsprämissen
Universidad
FHM University of Applied Sciences
Calificación
1,3
Autor
Año
2020
Páginas
214
No. de catálogo
V932772
ISBN (Ebook)
9783346258977
ISBN (Libro)
9783346258984
Idioma
Alemán
Palabras clave
wettbewerb, netflix, amazon, prime, disney+, apple, streaming-markt, eine, konsumentenforschung, nutzungsmotiven, nutzungsprämissen
Citar trabajo
Leonie Strunk (Autor), 2020, Der Wettbewerb von Netflix, Amazon Prime, Disney+ und Apple TV+ am deutschen Streaming-Markt. Eine Konsumentenforschung zu Nutzungsmotiven und Nutzungsprämissen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/932772

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