Zum Umgang mit der christlichen Theologie in Dantes 'Divina Commedia' anhand ausgewählter Beispiele des 'Inferno'


Seminararbeit, 2008

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Der Mensch – Dante und seine Verortung im historischen Kontext
1.1 Die politische Lage Italiens um 1300
1.2 Dante Alighieri: Curriculum Vitae
1.3 Der Anstoß zur Entstehung der Divina Commedia

2. Das Werk – Die Divina Commedia
2.1 Inhaltsangabe
2.2 Hintergrundinformationen zum Werk
2.3 Bedeutsame Personen : Virgil und Beatrice

3. Die Theorie – Zum Umgang mit der christlichen Theologie in der Divina Commedia anhand ausgewählter Beispiele des Inferno
3.1 Zur Rolle der christlichen Lehren im Leben der Menschen des 14. Jahrhunderts
3.2 Canto V des Inferno
3.3 Canto X des Inferno

Fazit und persönliche Stellungnahme

Literaturverzeichnis

Einleitung

Schon viele Gelehrte haben ihren Teil zur Dante-Forschung beigetragen und Seite um Seite über das Hauptwerk des Dichters, die Divina Commedia, verfasst.[1] Die vorliegende Hausarbeit erhebt keineswegs den Anspruch, in die zuvor genannte Riege wichtiger Dokumente eingereiht zu werden, sondern möchte lediglich versuchen, dem Leser einen möglichst unkomplizierten Einblick in das Leben und das Werk Dantes zu gewähren.

Im besonderen soll anhand der folgenden Fragestellung gearbeitet werden: Wie geht Dante in seinem Werk mit der christlichen Theologie um? Diese Frage werde ich anhand zweier ausgewählter Beispiele des Inferno zu beantworten versuchen.

Hierzu sollen im ersten Kapitel zunächst die Person Dantes und seine Verortung in einem historischen Kontext näher beleuchtet werden: Neben einer kurzen Zusammenfassung von Dantes Biographie liegen hierfür weitere Schwerpunkte bei einem Blick auf die politische Situation der Toskana um 1300 und bei dem gedanklichen Anstoß für die Entstehung der Commedia selbst.

Im Anschluss an diesen ersten Teil folgt das zweite Kapitel welches das Hauptwerk Dantes selbst beleuchtet; hier werden eine Inhaltsangabe und wissenswerte Hintergrundinformationen geliefert.

Das dritte Kapitel der vorliegenden Arbeit beschäftigt sich mit dem hauptsächlichen Anliegen der Hausarbeit, nämlich dem Umgang mit der christlichen Theologie in der Divina Commedia. Hierzu soll zunächst ein allgemeiner Blick auf die Rolle der christlichen Lehren im Leben der Menschen des 14. Jahrhunderts geworfen werden, um eine Grundlage für die Textarbeit zu schaffen. Daraufhin werden Beispiele aus dem Inferno, genauer gesagt die Gesänge V und X, einer genaueren Betrachtung unterzogen.

Das Ende der Arbeit bildet nach Bearbeitung der zuvor genannten Themen ein persönliches Fazit samt Stellungnahme, welches die Hausarbeit beschließen wird.

1. Der Mensch – Dante und seine Verortung im historischen Kontext

1.1 Die politische Lage Italiens um 1300

Als Dante geboren wurde glich die Toskana einem Flickenteppich, bestehend aus Stadtrepubliken und kleineren Adelsherrschaften; allerorten herrschten Unfriede und Befehdung. Florenz, in dem Dante das Licht der Welt erblicken sollte, befand sich ebenfalls in ständigem Kleinkriegszustand zwischen rivalisierenden Adelshäusern und – damit verbunden – den politischen Parteien, denen die Adeligen angehörten.[2]

Der grundlegende Streit herrschte allerdings schon länger und zunächst zwischen zwei Parteien, den Guelfen und den Ghibellinen: Die Ghibellinen kämpften auf der Seite des Kaisers – erstmals unter dem Staufer-Kaiser Friedrich II. – und die Guelfen, benannt nach den Geschlecht der Welfen, den Rivalen des Staufer-Hauses, unterstützten die Politik des Papsttums.

Als Dante geboren wurde war es üblich, bereits mit der Geburt traditionsgemäß einer Partei zugehörig zu sein. Außerdem schien die alte Bedeutung der Parteien weitgehend verloren, denn aus beiden war jeweils eine Gemeinschaft aus Familien und gleichgesinnten Grüppchen geworden. Aber auch innerhalb der Parteien waren sich nicht immer alle Mitglieder einig, weswegen es „durch den Familienzwist der Cerchi (Bianchi) und Donati (Neri)“[3] zur Aufspaltung der Guelfen kam. Die Neri standen weiterhin dem Papst, damals Bonifatius VIII., nahe; die Bianchi nahmen gegenüber dem Heiligen Stuhl in Rom eine eher kritische Position ein.

Entsprechend der aktuellen Regierung in den Kommunen wurden Anhänger der einen oder der anderen Partei der Stadt verwiesen und ins Exil geschickt, so auch der den guelfischen Bianchi zugetane Dante.

1.2 Dante Alighieri: Curriculum Vitae

Dante – oder auch „Durante“ – Alighieri wurde 1265 in Florenz als Sohn von Alighiero di Bellincione geboren;[4] die Familie war offenbar dem minderen Stadtadel zugehörig und lebte verhältnismäßig bescheiden. Nichtsdestotrotz eröffneten die familiären Einkünfte Dante die Möglichkeit, ein Leben wie andere städtische Edelmänner zu führen. Er heiratete im Jahr 1285 Gemma, die der mächtigen Familie Donati entstammte und Dante im Laufe ihrer Ehe vier Kinder schenkte.

Über die frühen Jahre Dantes ist ansonsten wenig bekannt, doch erhielt er seine Ausbildung offenbar zunächst durch die Franziskaner des Klosters Santa Croce und später durch den Dichter und Rhetoriker Brunetto Latini, welcher zudem ein Vertreter der Laienbildung war.[5] Latini ist es zu verdanken, dass seinem Zögling eine umfassende Bildung, vor allem aber ein tiefes Verständnis für die klassischen Autoren der Antike – und damit wohl auch in Bezug auf Dantes großes Vorbild Vergil – zuteil wurde.

Angeblich hat der Dichter aus Florenz nach seiner privaten Ausbildung in Bologna studiert und dort sowohl die Freundschaft des Dichterkollegen Guido Cavalcanti gewonnen als auch andere Poeten kennen gelernt.[6] Sein Werk Vita Nuova, entstanden in den Jahren 1292 bis 1293 und als Liebeserklärung an Dantes Angebetete Beatrice gedacht, verdeutlicht zumindest, dass er damals unter dem Einfluss besagter Vertreter des „Dolce Stil Nuovo“[7] gestanden hat.

Dante betätigte sich sich ab 1295 politisch, indem er sich in die Zunft der Ärzte und Apotheker einschrieb und dadurch Zugang zu dem kommunalen Regierungsgremien erhielt. Als es zur Spaltung der Guelfen in Bianchi (Weiße) und Neri (Schwarze) kam, wechselte Dante trotz der Nähe der Familie seiner Frau zu den Neri ins Lager der Bianchi. Er wurde 1300 im Namen der Bianchi als Botschafter nach Rom und damit zu Papst Bonifatius entsandt, welcher den Dichter aus Florenz für eine Weile festhielt.

1301, als die Neri die Macht ergriffen, wurde Dante erst wegen Betruges, Erpressung und anderer Delikte angeklagt und danach aus seiner Heimatstadt Florenz verbannt. Er war seitdem ständig auf Reisen und verfasste während seiner Wanderschaft einige Werke. Hierbei handelte es sich zunächst um Traktate: Zum einen verfasste Dante das Convivio, ein enzyklopädisches Werk, das nicht wie damals üblich auf Latein, sondern in der Volkssprache geschrieben war und der breiten Masse das gesamte verfügbare Wissen der Zeit zugänglich machen sollte.[8] Zum anderen schrieb der umherziehende Dante das in zwei Bücher unterteile Werk De Vulgari Eloquentia Doctrina, welches seinerseits in lateinischer Sprache verfasst war und eine Art Lehrbuch bezüglich der Entstehung von Sprachen, (italienischen) Dialekten und deren Gebrauch innerhalb der Kunst darstellte.[9]

Dante hoffte auch während seiner Zeit im Exil – die ihn immer wieder zwang, die Hilfe reicher Gönner in Anspruch zu nehmen – darauf, dass in Italien wieder Frieden einkehren würde. Doch zerschlugen sich diese Hoffnungen, als Heinrich VII. – in den Dante seine politischen Hoffnungen gesetzt hatte, da er als Kaiser unter anderem das zerstrittene Italien wiedervereinigen wollte – 1313 starb. Eine Begnadigung bezüglich seiner angeblichen Verbrechen wies Dante 1315 zurück, was eine erneute Verurteilung seiner Person mit sich brachte.[10]

Neben der Abfassung der beiden zuvor genannten Traktate widmete sich Dante ab 1304 der Entwicklung des Inferno, veröffentlichte weitere Texte wie zum Beispiel die Monarchia und arbeitete mit kurzen Unterbrechungen bis 1320 an den einzelnen Teilen der Göttlichen Komödie. Er verstarb bald nach der Fertigstellung seines Hauptwerkes, genauer gesagt im Jahr 1321, nachdem er von einer Venedig-Reise in seine Wahlheimat Ravenna zurückgekehrt war, und wurde in einer Kapelle bei der Kirche San Pier Maggiore beigesetzt.

1.3 Der Anstoß zur Entstehung der Divina Commedia

Dante wird, als er die Commedia schrieb, unter anderem sicherlich denselben Wunsch wie die meisten Autoren und Dichter gehabt haben, nämlich den, ein großes Werk zu verfassen, durch welches dem Urheber Anerkennung und Lob zuteil werden. Außerdem lässt sich durch eine genaue Lektüre des dreiteiligen Werks feststellen, dass die Commedia auch als eine Mahnung gedacht sein kann, da er dem Leser die mannigfachen Qualen des Jenseits – als Bestrafung für ein lasterhaftes Leben – vor Augen führt.

Der persönlichere Teil der Entstehung der Commedia findet, wie bereits erwähnt, seinen Anfang am Schluss der um 1292 entstandenen Vita Nuova. Dort kündigte Dante an, dass er in schriftlicher Form über die von ihm geliebte Beatrice sprechen würde , „wie nie zuvor von einer Frau gesprochen wurde“.[11] Dieses Versprechen, die damals bereits verstorbene Beatrice in alle Ewigkeit festzuhalten und zumindest auf dem Papier unsterblich zu machen hat Dante offensichtlich nicht vergessen. Offenbar wollte er ihr zu Ehren etwas Großes, noch nicht da Gewesenes schaffen, das sowohl durch die literarischen Darstellungsmittel und die Form als auch durch das dem Werk zugrunde liegende Thema glänzen sollte.

Dass Dante erst im Exil dazu kam ein solches, glänzendes Werk zu Papier zu bringen könnte zudem eine Erklärung dafür liefern, warum die Commedia neben der Beatrice-Verklärung auch mahnende und belehrende Charakterzüge aufweist: Die Verbannung sowie der Umstand, dass Italien durch innerpolitische Machtkämpfe zerrissen wurde, dürften den eigentlich heimat- und friedliebenden Mann aus Florenz gequält und dazu veranlasst haben, aus seiner Position heraus das zu nutzen, was ihm an Wirkungsmöglichkeiten blieb: Das Schreiben.

So äußerte sich Dante in der Epistola ad Canem Grandem bezüglich der Commedia:

„Est ergo subiectum totius operis, literaliter tantum accepti, status animarum post mortem simpliciter sumptus. [...] Si vero accipiatur opus allegorice, subiectum est homo prout merendo et demerendo per arbitrii libertatem iustitiae praemiandi et puniendi obnoxius est.“[12][13]

Dass Europa massiv durch die Einflüsse der christlich-katholischen Lehren geprägt war kam dem Dichter zugute, hatte er doch – neben der Darstellung seiner Version von Beatrice im Paradies – so die Möglichkeit, seine lesenden Mitmenschen durch die Sichtbarmachung des ihnen vielleicht drohenden, jenseitigen Schicksals in Hölle oder Fegefeuer zu berühren.

[...]


[1] Gute Beispiele hierfür wären die kommentierten Übersetzungen von Dorothy L. Sayers und John D. Sinclair sowie die Arbeiten von Paget Toynbee, welche allesamt im weiteren Verlauf dieser Arbeit Verwendung finden.

[2] Vgl. Kinder, Hermann/ Hilgemann, Werner: dtv-Atlas der Weltgeschichte Band 1. Von den Anfängen bis zur französischen Revolution. 38. Auflage, München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2005, S. 217.

[3] Vgl. Gmelin, Hermann: Dantes Weltbild. Urach: Port 1948, S. 43.

[4] Zum Leben Dantes finden sich in den Quellen aus seiner Zeit nur wenige Daten, sodass für eine historische Verortung größtenteils Bezug zu seinen Werken genommen werden muss.

[5] Vgl. Gmelin, Hermann: Dante Alighieri. Die Göttliche Komödie. Stuttgart: Reclam 2002, S. 537.

[6] Ebd., S. 538.

[7] Vgl. Hinderberger, Hannelise: Dante Alighieri. Das neue Leben. Vita Nova. Zürich: Manesse 1987, S. 87.

[8] Vgl. Gmelin, Die göttliche Komödie, S. 542.

[9] Ebd., S. 543.

[10] Ebd., S. 543f..

[11] Vgl. Hinderberger, Das neue Leben, S. 80.

[12] Paget Toynbee: Dantis Alagherii Epistolae. The Letters of Dante. London: Oxford University Press 1966, S. 174.

[13] Übersetzung: „Das Subjekt der ganzen Arbeit, nur im wörtlichen Sinn genommen, ist schlicht und einfach der Status der Seelen nach dem Tod. [...] Wenn das Werk allerdings vom allegorischen Blickwinkel aus betrachtet wird ist das Subjekt der Mensch, der gemäß seiner Vorzüge oder seiner Mängel durch den Gebrauch seines freien Willens gerechtermaßen Belohnung oder Bestrafung verdient.”

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Zum Umgang mit der christlichen Theologie in Dantes 'Divina Commedia' anhand ausgewählter Beispiele des 'Inferno'
Hochschule
Universität Bielefeld
Veranstaltung
Einführung in die vergleichende Literaturwissenschaft: Erich Auerbachs Mimesis
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
20
Katalognummer
V93302
ISBN (eBook)
9783640097913
ISBN (Buch)
9783656034971
Dateigröße
484 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Umgang, Theologie, Dantes, Divina, Commedia, Beispiele, Inferno, Einführung, Literaturwissenschaft, Erich, Auerbachs, Mimesis
Arbeit zitieren
B.A. Jennifer Knieper (Autor:in), 2008, Zum Umgang mit der christlichen Theologie in Dantes 'Divina Commedia' anhand ausgewählter Beispiele des 'Inferno', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93302

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