Der Köder muß gut schmecken! Zur Kunst der Frage und zur Konstruktion von standardisierten Erhebungsinstrumenten

Inwieweit wirkt sich der Instrumentenaufbau, die Fragebogenkonstruktion und die Gestaltung der Fragen in Fragebögen auf die Beantwortung durch den Befragten aus?


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2006

27 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. EINLEITUNG

2. GRUNDLAGEN DES INSTRUMENTENAUFBAUS
2.1. Welche Arten der Befragung gibt es?
2.2. Formen der Befragung
2.3. Befragungstechniken
2.4. Welche Zielgruppen werden befragt?

3. KONSTRUKTION VON STANDARDISIERTEN FRAGEBÖGEN
3.1. Aufbau und Gestaltung von Fragebögen
3.1.1 Design, Format und Layout eines Fragebogens
3.1.2 Grundregeln und spezielle Kriterien bei der inhaltlichen Gestaltung eines Fragebogens
3.2. Individuelle Besonderheiten der persönlichen Befragung
3.3. Merkmale der telefonischen Befragung
3.4. Grundsätze der schriftlichen Befragung
3.5. Vorabprüfung des Fragebogens - Pretest

4. FUNKTION VON FRAGEN IN BEFRAGUNGEN
4.1. Themafrage
4.2. Testfrage
4.2.1 Einstufige Testfragen
4.2.2 Mehrstufige Testfragen

5. FRAGEFORMEN
5.1. Offene Fragen
5.2. Geschlossene Fragen
5.3. Hybridfragen

6. DIE FORMULIERUNG VON FRAGEN IN FRAGEBÖGEN
6.1. Direkte und indirekte Fragen und deren Verwendung im Fragebogen
6.2. Allgemeine Regeln und Besonderheiten bei der Frageformulierung und daraus resultierendes Antwortverhalten

7. UNTERSCHIEDE IN DER FRAGEFORMULIERUNG BEI UNTERSCHIEDLICHEN BEFRAGUNGSTECHNIKEN
7.1. Mündliche Form (persönlich) und fernmündliche Form (telefonisch)
7.2. Schriftlich-postalische Form

8. AUFBAU DER FRAGESTELLUNG UND VERWENDETE FRAGEARTEN
8.1. Einleitungsfragen
8.2. Übergangsfragen/Überleitungsfragen
8.3. Pufferfragen
8.4. Filterfragen
8.5. Folgefragen
8.6. Sondierungsfragen
8.7. Schlußfragen

9. RESÜMEE

10. LITERATURVERZEICHNIS

1. Einleitung

Befragungen sind ein Standard-Analyse-Instrument der Empirischen Sozialfor- schung, da sie durch eine spezifische Zielgruppen-Erfassung die Erforschung des menschlichen Zusammenlebens in vielerlei Hinsichten ermöglichen. Über Befragungen können Einstellungen, Meinungen, Wissen, Verhaltensweisen und Stimmungen gesammelt werden, welche in ausgewerteter Form Aufschluß über in der Bevölkerung oder gesellschaftlichen Einzelgruppen stattfindende Entwicklungen geben können sowie Bewertungen im sozialwissenschaftlichen Anwendungsbereich ermöglichen.

Befragungen kommen ebenfalls in der Meinungsforschung sowie der Konsumfor- schung zum Einsatz. Die Meinungsforschung wird beispielsweise in so genannten „Blitzumfragen“ durch Medien genutzt, um die öffentliche Meinung in die Berichter- stattung mit einfließen zu lassen. Markantes Beispiel ist die „Sonntagsfrage“, welche durch das Institut Infratest dimap im Auftrag der ARD-Anstalten wöchentlich gestellt wird, um in repräsentativer Form die aktuelle politische Stimmungslage zwischen den Bundestagswahlen zu ermitteln. Dies ist mittlerweile besonders deswegen von Be- deutung, da sich die Akteure der Politik zunehmend auf Umfragen und Stimmungen in der Bevölkerung stützen.

In der Konsumforschung bedienen sich hauptsächlich die Industrie, das Dienstleistungsgewerbe und der Handel des Instrumentes Befragung. Zum Einen kann die Meinung von Kunden zu bestimmten Produkten erfaßt werden, was den betreffenden Herstellern die Möglichkeit verschafft, diese zu verbessern. Zum Anderen lassen sich durch Befragungen über Produkte und Interessen unter den (potentiellen) Kunden Marketing- und Vertriebsstrategien optimieren. Die entsprechenden Instrumente können genauer auf die Zielgruppen zugeschnitten werden, um damit Umsätze zu steigern oder Konsumenten an die Unternehmen zu binden.

Diese Bandbreite von Anwendungen auch abseits der klassischen Empirischen So- zialforschung erfordert ein qualitativ hochwertiges und verläßliches Instrument. Je nach Umfang der Forschungsfrage werden verschiedene Befragungstechniken eingesetzt. Dabei gilt es, bei jeder Technik, die jeweils unterschiedlichen Randbedin- gungen und daraus resultierenden Schwierigkeiten zu beachten. Besondere Bedeu- tung hat hierbei die inhaltliche und optische Gestaltung des Fragebogens, sowie das Verhalten des Interviewers und die Interviewsituation als solche. Die Formulierung und Plazierung der Fragen innerhalb des Fragebogens sollte einer verständlichen Struktur folgen. Daher kann man in diesem Zusammenhang auch von einer „Kunst- lehre“ sprechen.

Die Konstruktion von Fragebögen ist der essentielle Bestandteil einer jeden Befra- gung und beeinflußt maßgeblich deren Endergebnis, d.h. deren Erfolg. Insbesondere die Konstruktion standardisierter Fragebögen ist im engeren Sinne Gegenstand die- ser Arbeit.

2. Grundlagen des Instrumentenaufbaus

2.1. Welche Arten der Befragung gibt es?

Die verschiedenen Arten der Befragung lassen sich nach der Häufigkeit ihrer Anwendung einteilen. So werden einmalige Befragungen als „ad hoc“- oder Querschnittbefragung, wiederkehrende oder mehrmalige Befragungen als Wellenbefragungen oder Längsschnittbefragungen bezeichnet. Einmalige Befragungen werden demzufolge zu einer Forschungsfrage einmal durchgeführt.

Bei der Wellenbefragung unterscheidet man zwei Varianten. Wenn sich die Befragungen wiederkehrend oder über einen definierten Zeitraum an immer ein und dieselbe Zielgruppe (Stichprobe) richten, spricht man von einer Panelbefragung. Diese Art der Wellenbefragung wird beispielsweise verwendet, um Einstellungsänderungen, Wandlungen von bestimmten Verhaltensweisen, respektive ganz allgemein, Trends innerhalb dieser immer gleichen Stichprobe zu ermitteln.

Bei einer weiteren Variante der Wellenbefragung wird immer zur gleichen Forschungsfrage eine andere Stichprobe herangezogen um beispielsweise eine Aktualisierung der Forschungsfrage vornehmen zu können oder die Wirkung in unterschiedlichen Zielgruppen zu erfassen.

2.2. Formen der Befragung

Die verschiedenen Befragungsformen lassen sich je nach Ausmaß ihrer Strukturierung, respektive Standardisierung voneinander unterscheiden. Demzufolge gibt es voll-standardisierte (stark strukturiert), teil-standardisierte (teil-strukturiert) und nicht standardisierte (wenig strukturiert) Formen der Befragung. Im Folgenden soll der Begriff der Standardisierung verwendet werden.

Nicht-standardisierte Befragungen lassen sich dadurch charakterisieren, daß es keinen ausformulierten Fragebogen gibt, sondern allenfalls Stichworte zu einem Thema oder nur das Thema vorgegeben wird. Diese Form der Befragung wird in aller Regel in persönlichen, d.h. „face-to-face“-Interviews verwendet, welche explorativer Natur sind. Dies können beispielsweise Experteninterviews sein oder Interviews, welche zur Vorbereitung einer stärker standardisierten Befragung dienen sollen. Der Befragte berichtet mehr, als nur zu antworten. Die Lenkung des Gesprächs durch den Interviewer erfolgt lediglich durch die Themen- oder Stichwortvorgabe. Die Gesprächssituation läßt sich mit einem alltäglichen Gespräch vergleichen. Sowohl Einzelpersonen, als auch Gruppen können auf diese Weise befragt werden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer Gruppendiskussion.

Bei der teil-standardisierten Befragung wird mit einem so genannten Fragebogenge- rüst gearbeitet, welches aus vorformulierten Fragen besteht, die alle beantwortet werden sollen, deren Abfolge der Interviewer jedoch anhand der Situation im Inter- view bestimmen kann. Sind Aussagen des Befragten unter Umständen mißverständ- lich, so kann der Interviewer durch Sondierungsfragen deren genaue Bedeutung ermitteln (Sondierungsfrage: siehe auch 7.6.). Bei der Fragestellung handelt es sich in der Regel um offene Fragen. Die teil-standardisierte Befragung wird aufgrund der variablen Abfolge der Fragen auch Leitfadengespräch genannt (Kromrey 1998: 364), da sie sich lediglich an einer vorgegebenen Linie orientiert. In der Regel richtet sich diese Form der Befragung, analog zur nicht-standardisierten Form eher an Experten oder bestimmte homogene Zielgruppen.

Wie der Begriff impliziert, handelt es sich bei voll-standardisierten Befragungen um vollständig vorformulierte (geschlossene) Fragen und diesen zugeordneten Antwor- ten (siehe auch 5.2). Unter diesen Antworten soll der Befragte eine Auswahl treffen. Der gegenüber anderen Formen der Befragung herausragende Vorteil ist die nahezu vollständig vergleichbare Auswertbarkeit dieser Fragebögen. Nahezu vollständig ver- gleichbar, da lediglich als gering auftretend einzuschätzende Fehlinterpretationen des Befragten bei der Beantwortung vorkommen können. Nachteilig wirkt sich je- doch aus, daß die Auswahl der vorgegebenen Antworten einen Sachverhalt nicht in derselben Detailtiefe erfassen kann wie dies bei einer offen gelassenen Frage der Fall wäre. Um diesen Schwierigkeiten zu begegnen werden in Fragebögen teilweise offene Fragen, respektive Hybridfragen (Schnell et al. 1999: 310; siehe auch 5.3) mit eingebaut. Gleichwohl stellt der voll-standardisierte Fragebogen, gemessen an der Verwendungshäufigkeit, die bedeutendste Form der Befragung in der Empirischen Sozialforschung dar.

2.3. Befragungstechniken

Die vielfältigen Befragungstechniken, welche zum Einsatz kommen, lassen sich unter den zwei Oberbegriffen „Mündliche Befragung“ und „Schriftliche Befragung“ subsu- mieren.

Mündliche Befragungen unterscheiden sich dahingehend, ob ein Interviewer anwe- send ist (Persönliche Befragung) oder die Befragung fernmündlich (Telefonische Be- fragung) durchgeführt wird. Bei einer persönlichen Befragung sitzt der befragten Per- son ein Interviewer gegenüber, welcher die Fragen stellt, respektive verliest und die entsprechenden Antworten notiert. (siehe auch 3.2, sowie 7.1). Telefonische Befra- gung kommen mittlerweile am häufigsten zum Einsatz, da sie neben anderen Aspek- ten sehr effizient und kostengünstig durchzuführen sind. Die Auswahl der zu Befra- genden erfolgt in der Regel durch Zufallsmethoden. Es finden aber auch wiederkeh- rende Befragungen in einem bestimmten Personenkreis statt (siehe auch 3.3., so- wie7.1). Diese Art der Befragung ist in aller Regel computerunterstützt (CATI : Com- puter-Assisted-Telephone-Interview).

Schriftliche Befragungen lassen sich nach ihrer Durchführungsweise in „Schriftlich- postalische Befragung“, „Gruppenbefragung“ und die immer öfter angewendete „In- ternet-Befragung“ unterteilen. Bei der schriftlich-postalischen Befragung sollen die Befragten völlig selbstständig einen ihnen zugesandten Fragebogen beantworten, welchem in der Regel Durchführungsanleitungen beiliegen. Wenn schriftliche Befra- gungen von mehreren Personen zeitgleich unter Anwesenheit einer Art Aufsichtsper- son durchgeführt werden, spricht man von einer Gruppenbefragung. Diese Befra- gungstechnik kommt beispielsweise bei Befragungen in Schulen zum Einsatz. Eine immer größer werdende Bedeutung kommt der Internet-Befragung zu. Internetbefra- gungen lassen sich effizient, kostengünstig und relativ zuverlässig durchführen. Glei- ches gilt für Befragungen per Email. Vorteilhaft ist hierbei, daß der Personaleinsatz relativ gering gehalten werden kann und die befragten Personen unter keinerlei Zeit- druck bei der Beantwortung stehen.

2.4. Welche Zielgruppen werden befragt?

Da die Befragung als das Standardinstrument in der Empirischen Sozialforschung, der Marktforschung und allen anderen Gebieten, welche von den auf diese Weise gewonnenen Informationen profitieren, gilt, ist auch die Bestimmung der Zielgruppen sehr vielschichtig.

So können die Zielpersonen beispielsweise wegen ihrer gesellschaftlichen Stellung, ihrer Herkunft, ihrem Bildungsstand, ihrer Nationalität, ihres Geschlechts, ihres Alters oder ihrer Interessen für Befragungen von Bedeutung sein. Ebenso spielen die Ausübung bestimmter Berufe oder die Art ihrer Einkommenserzielung eine Rolle. Beispielsweise könnte eine Befragung unter abhängig beschäftigten Angestellten des IT-Sektors zum Thema Arbeitsplatzsicherheit stattfinden oder eine Befragung unter Senioren ab 65 zu Fragen der Rente oder der Gesundheit im Alter.

Ebenso von Bedeutung ist eine Einteilung nach Meinungs- oder Stimmungsumfragen und einer explorativen Informationsgewinnung unter Experten eines bestimmten Fachgebietes. So finden beispielsweise unter Ärzten, Ingenieuren oder Juristen Um- fragen ihr Fachgebiet betreffend statt, welche ein durchschnittlich gebildeter Normal- bürger gar nicht beantworten könnte. Das explorative Interview wird zumeist in gänz- lich offener und nicht-standardisierter Form, respektive nur unter Vorgabe von Stich- wörtern geführt.

3. Konstruktion von standardisierten Fragebögen

3.1. Aufbau und Gestaltung von Fragebögen

3.1.1 Design, Format und Layout eines Fragebogens

Bevor ein Fragebogen konstruiert wird, ist zunächst anhand der Forschungsfrage und der zu erreichenden Zielgruppe das Design festzulegen. Man unterscheidet das qualitative und das quantitative Forschungsdesign.

Ein qualitatives Forschungsdesign zeichnet sich durch offene Elemente oder Frage- stellungen, respektive Stichworte aus und dient in der Regel der Informationsgewin- nung unter Experten. Quantitative Forschungsdesigns sind in der Regel standardi- siert und dienen der massenhaften Erhebung von Daten. Das quantitative For- schungsdesign ist daher im weitesten Sinne Gegenstand dieser Arbeit. Um eine einfache Bearbeitung, sowohl durch den Interviewer bei persönlichen, oder telefonischen Befragungen als auch durch die befragte Person bei schriftlichen Be- fragungen, zu gewährleisten muß das Layout übersichtlich und logisch strukturiert sein. Bei Befragungen, welche durch einen Interviewer durchgeführt werden, sollten Handlungsanweisungen und zu stellende Fragen klar voneinander abgegrenzt sein. Dies läßt sich beispielsweise durch die Verwendung unterschiedlicher Schriftarten oder -größen bewerkstelligen. Alle Fragen, Texte und Erläuterungen, welche der Interviewer sprechen muß, sollten wortwörtlich im Fragebogen geschrieben sein, um Abweichungen in der Fragestellung, und damit in der Auswirkung auf das Antwort- verhalten, bei mehreren unabhängig voneinander befragten Personen zu vermeiden. Ein schriftlicher Fragebogen, welchen die angesprochene Person selbstständig aus- füllen muß, sollte äußerst übersichtlich sein und die einzelnen Seiten nicht mit zu vie- len Fragen überfrachtet sein. Des Weiteren sollte die Schriftgröße so gewählt wer- den, daß beim Lesen keinerlei Schwierigkeiten auftreten können. Filterführungen sollten bei beiden voranstehenden Techniken einheitlich und deutlich nachvollziehbar sein.

Für ein logisch strukturiertes Format, muß man sich vor der Erstellung über die Art und Weise der Fragestellung, respektive der Antwortvorgaben im Klaren sein. So kann man einerseits Fragen und auswählbare Antworten vorgeben und anderer- seits abgefragte Sachverhalte mit Beurteilungen versehen, aus welchen die befragte Person auswählen kann. Antworten können sowohl alternative als auch mehrfach skalierte Vorgaben enthalten. Bei Beurteilungen werden jeweils verschiedene, von- einander abweichende Möglichkeiten zur Wahl gestellt. Antwortvorgaben sollten auch „mittlere Antwortkategorien“, wie „neutral“, „keine Angabe“ oder „weiß nicht“ enthalten, um die Wahl unter den vorgegebenen möglicherweise unzutreffenden Antworten und daraus resultierenden Verzerrungen zu vermeiden. Die Verwendung einer mittleren Antwortkategorie birgt jedoch auch Gefahren. So könnte der Befragte diese dazu benutzen, die Frage nicht zu beantworten, obwohl eine der vorgegebe- nen Alternativen durchaus auf ihn zuträfe. Ebenso eine Verwendung aus Protest ge- gen die Frage oder eine mißverständliche Deutung dieser mittleren Antwortkategorie kommen in Betracht. Daher sollten diese nur sparsam angewendet werden. Eine weitere Möglichkeit ist die sogenannte „Forced-Choice-Technik“ (Stangl 2006), bei der sich die befragte Person zwischen mehreren gleichzeitig vorgegebenen Al- ternativen entscheiden muß, in welchen das zu messende Merkmal in unterschiedli- chen Abstufungen ausgedrückt ist. Problematisch hierbei ist jedoch, daß die vorge- gebenen Alternativen in keiner Ausprägung die eigentliche Einstellung oder Meinung der befragten Person enthalten können und damit zu Verzerrungen führen.

Abbildung 1: Beispiel einer Forced-Choice-Fragestellung aus der Umfrage „Perspektive Deutschland 2004“

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Sowohl Modell A, als auch Modell B enthalten sehr viele Aspekte, welche im Einzelnen sicher nicht von allen Befragten gleichermaßen befürwortet würden, in der vorgegebenen Bündelung, mangels Alternative jedoch schon.

Sollen in einem Fragebogen Filterfragen implementiert werden, so ist darauf zu achten, daß die Filterführungen einheitlich und logisch strukturiert sind. Gleiches gilt für die Wahl der Kategorien bei abgestuften Antwortvorgaben.

Um sogenannte Reaktionsexperimente durchzuführen, bei denen verhindert werden soll, daß ein „Roter Faden“ erkennbar ist, kann man die Fragenabfolge wechselhaft gestalten, um bei der befragten Person zu jeder Fragestellung eine Spontan-Antwort zu erreichen. Eine wechselhafte Anordnung und Wiederholung von Aspekten dient auch als Kontrollinstanz, so beispielsweise bei Fragen zu Einstellungen und Beurtei- lungen.

Bei der Fehlerauswahlmethode werden bewußt nur falsche, respektive unzutreffende Antworten vorgegeben, um aus deren Auswahl durch die befragte Person auf deren Einstellung zu schließen. Ebenso kann auf diese Weise vorhandenes Wissen zu bestimmten Themen überprüft werden.

Ist ein reiner Informationsabruf das Ziel einer Befragung, so sollte der Fragebogen und die Fragestellung logisch und nachvollziehbar strukturiert sein, um Verwirrung bei der Beantwortung zu vermeiden. Als Beispiel dafür läßt sich ein Formular einer Behörde, etc. anführen, in welchem konkrete statistische Daten abgefragt werden.

3.1.2 Grundregeln und spezielle Kriterien bei der inhaltlichen Gestaltung eines Fragebogens

Grundsätzlich sollte man bei der inhaltlichen Gestaltung eines Fragebogens die Sprache und Wortwahl der Zielgruppe entsprechend gestalten. So eignen sich Fremdwörter, Fachausdrücke und ein hohes Sprachniveau ausschließlich für ein ent- sprechend (aus-)gebildetes Publikum. In allen anderen Fällen ist eine allgemein und leicht verständliche Alltagssprache anzuwenden. Bei Befragungen durch einen Inter- viewer ist es zudem von Vorteil, wenn es diesem gelingt, zwischen sich und der be- fragten Person den „Eindruck einer echten Gesprächssituation“ zu erzeugen (Stangl 2006, siehe auch 7.1).

Je nachdem, welche Art von Daten gewonnen werden sollen, muß der Bezug von Fragen zu den Informationen stehen, die man von den befragten Personen erwartet. So kann beispielsweise nach Wissen, Einstellungen, Meinungen, Wertungen oder dem Verhalten der Zielpersonen gefragt werden.

Hierbei ist jedoch darauf zu achten, retrospektive Fragestellungen, also in die Vergangenheit gerichtete Fragen bezüglich Meinungen, Verhalten oder Einstellungen der befragten Person zu vermeiden, da die meisten Menschen geneigt sind, Vergangenes im „verklärten“ Rückblick einseitig positiv zu erinnern. Dies führt ohne Zweifel zu nicht verwertbaren Daten.

Fragen werden in der Regel nicht willkürlich, sondern nach bestimmten Gesichts- punkten oder Items strukturiert angeordnet. Je Item werden meist mehrere Fragen gestellt, wobei diese einen klaren Bezug zur vorausgegangenen Frage haben sollten. Diese Vorgehensweise dient auch zur Nivellierung eventuell auftretender Unter- schiede, welche in der Vieldeutigkeit der Alltagssprache vorkommen können. Üblicherweise stehen am Anfang eines Fragebogens relativ einfache Fragen, wobei das Niveau im Verlauf der Befragung gesteigert wird. Schwierige oder heikle Fragen sollten erst in der zweiten Hälfte der Befragung angesprochen werden. Als „Heikle Fragen“ werden solche bezeichnet, zu denen die meisten Menschen ungern Aus- kunft geben, wie beispielsweise Fragen zur Sexualität oder anderen Elementen der Intimsphäre sowie dem Einkommen. Bei letzterem lassen sich Antworten durch das Vorgeben von Einkommensklassen erhalten, da die befragte Person die Antwort aus ihrer Sicht im Ungefähren lassen kann und doch genug Auskunft gibt, um Rückschlüsse, respektive die Zuordnung zu einer sozialen Schicht zu ermöglichen, was zur Einteilung in Antwortgruppen von Bedeutung sein kann.

Generell ist jedoch bei „Heiklen Fragen“ die Antwortverweigerungs-, respektive die Falschbeantwortungsquote sehr hoch und führt damit häufig zu unbrauchbaren Er- gebnissen. Diese Probleme lassen sich durch Umformulierungen der eigentlich deut- lichen Sachverhalte in heruntergespielte Selbstverständlichkeiten zum Teil minimie- ren.

Um von allgemeinen zu detaillierten Antworten zu kommen kann der sogenannte Fragentrichter verwendet werden. Bei der Trichterung kommt der Umstand zur Geltung, daß die befragte Person durch aufeinander aufbauende Fragen konkretere Antworten erteilen kann, als dies bei einer einzeln gestellten Detailfrage der Fall wäre. Die vorausgehenden Fragen strahlen damit auf die folgenden aus, man spricht in diesem Zusammenhang von einem erwünschten Ausstrahlungseffekt.

Unerwünschte Ausstrahlungseffekte sind der sogenannte „Plazierungseffekt“, der aus der Abfolge von Fragenkomplexen resultieren kann und der „halo-effect“, wel- cher sich aus direkt vorausgehenden Fragen ergeben kann, welche das Antwortver- halten unmittelbar beeinflussen können. Wenn beispielsweise Beurteilungen zu Verbrechen wie Kindesmißbrauch oder Vergewaltigungen und danach eine Zustim- mung oder Ablehnung zur Todesstrafe abgefragt wird, ist davon auszugehen, daß die Zustimmung deutlicher überwiegt, als wenn zuvor Justizirrtümer beurteilt worden wären.

Um diese Effekte zu vermeiden, sollten sich wechselseitig beeinflussende Fragen räumlich getrennt im Fragebogen erscheinen.

3.2. Individuelle Besonderheiten der persönlichen Befragung

Persönliche Befragungen können je nach umgebender Situation unterschiedliche Anforderungen an die interviewende Person und den Umfang der Befragung stellen. So kann es beispielsweise für die konzentrierte Beantwortung der gestellten Fragen eine große Rolle spielen, ob der Befragte allein in einer ruhigen Umgebung, wie beispielsweise einem abgeschlossenen Raum, oder in einer lauten, an Ablenkungsmöglichkeiten reichen Umgebung befragt wird. Findet die Befragung im Haus der Zielperson statt, so könnte die hintergründige Familienkulisse den Ablauf der Befragung empfindlich stören; gleiches gilt für eine Befragung an einem lauten öffentlichen Ort, wie beispielsweise einer Einkaufspassage.

Da sich derlei Beeinträchtigungen nie völlig ausschließen lassen, sollte der Fragebo- gen immer so kurz wie möglich und so umfangreich wie nötig ausfallen. Die Über- sichtlichkeit und klare Struktur von zu stellenden Fragen und „Regieanweisungen“ muß bei der Fragebogenkonstruktion zwingend eingehalten werden, um Abweichun- gen in der Fragestellung und der daraus resultierenden Beantwortung zu vermeiden (siehe auch 3.1.1). Der zu bearbeitende Fragebogen sollte zielführend und gleichzei- tig hinreichend interessant gestaltet sein. Die Bedeutung der Einleitungsfrage im Sinne einer Eisbrecherfunktion ist zur Heranführung an das Thema der Befragung

[...]

Fin de l'extrait de 27 pages

Résumé des informations

Titre
Der Köder muß gut schmecken! Zur Kunst der Frage und zur Konstruktion von standardisierten Erhebungsinstrumenten
Sous-titre
Inwieweit wirkt sich der Instrumentenaufbau, die Fragebogenkonstruktion und die Gestaltung der Fragen in Fragebögen auf die Beantwortung durch den Befragten aus?
Université
Munich University of Policy
Cours
Empirische Sozialforschung
Note
1,7
Auteur
Année
2006
Pages
27
N° de catalogue
V93420
ISBN (ebook)
9783638066563
ISBN (Livre)
9783638953184
Taille d'un fichier
523 KB
Langue
allemand
Mots clés
Köder, Kunst, Frage, Konstruktion, Erhebungsinstrumenten, Empirische, Sozialforschung, Fragebogenkonstruktion, Fragebogen, Analyse;, Methode, Soziologie, Sozialwissenschaft
Citation du texte
Tobias Wolf (Auteur), 2006, Der Köder muß gut schmecken! Zur Kunst der Frage und zur Konstruktion von standardisierten Erhebungsinstrumenten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93420

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