Erziehungsberatung als pädagogisches Berufsfeld

Ziele, Aufgaben und Konzeptionen


Term Paper, 2008

28 Pages, Grade: 1,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung in das Thema

2. Definition des Begriffs „Erziehungsberatung“

3. Gesetzliche Grundlagen

4. Methoden und Aufgaben der Erziehungsberatung
4.1. Psychoanalytische Verfahren
4.2. Gesprächspsychotherapie bzw. klienten- oder personenzentrierte Psychotherapie
4.3. Verhaltenstherapeutische Ansätze
4.4. Familientherapie
4.5. Trennungs- und Scheidungsmediation
4.6. Psychodrama

5. Arbeitsablauf der Erziehungsberatung
5.1. Eröffnungsphase
5.2. Problemanalyse mit den Bezugspersonen und Herausarbeitung ihrer Fragestellungen
5.3. Diagnostische Urteilbildung und Problemanalyse mit dem Ratsuchenden
5.4. Gemeinsame Problemdefinition der am Beratungsprozess Beteiligten
5.5. Gemeinsame Definition von Änderungszielen
5.6. Gemeinsame Suche nach Änderungswegen
5.7. Erprobungs- und Rückkoppelungsphase
5.8. Abschlussphase
5.9. Therapeutische Zwischenprozesse

6. Strukturelemente des Erziehungsberatungs-Prozesses

7. Beratungsanlässe

8. Fazit

9. Literaturverzeichnis

Anhang

1. Einführung in das Thema

Beratung ist heute ein wichtiger Dienstleistungssektor geworden. Für viele Entscheidungs- und Handlungssituationen des Alltags gibt es inzwischen entsprechende Beratungseinrichtungen. In diesem vielfältigen und bunten Spektrum (vom Berufs-, Schul-, Schwangerschafts-, Ehe-, Schuldner- bis hin zur Aidsberatung) hat der Bereich der Erziehungsberatung einen besonderen Platz. In Deutschland gehört er zu den bekanntesten und quantitativ, sowie qualitativ etabliertesten Beratungssektoren.

Erziehungsberatung ist in unserer heutigen Gesellschaft geprägt durch komplizierte gesellschaftliche Strukturen, die viele Risiken für die Entwicklung für das Leben von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien bereithält.

Heutzutage werden gerade die sozialen und politischen Strukturen der modernen kapitalistischen Gesellschaft mit ihren technischen und ökonomischen Entwicklungen verantwortlich gemacht für soziale Probleme der Menschen.[1]

Die Erziehungsberatung steht aufgrund dieser veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und der Pluralisierung der Lebensentwürfe, die unterschiedlichste Problematiken innerhalb und außerhalb der Familie nach sich ziehen, veränderten Anforderungen gegenüber. Grundlage der heutigen Erziehungsberatung bildet das Kinder und Jugend Hilfe Gesetz, welches fordert, junge Menschen in individuellen und sozialen Entwicklungen zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden und abzubauen bzw. dazu beizutragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familie sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen (§ 1 KJHG).

Erziehungsberatung zählt demnach in unserer heutigen Gesellschaft zu einem bedeutenden und notwendigen Beratungsfeld.

Auf der Grundlage dieser Aspekte habe ich die folgenden Fragestellungen entwickelt, die ich in meiner Arbeit untersuchen möchte:

- Auf welchen (gesetzlichen) Grundlagen, Methoden und Aufgaben basiert die institutionelle Erziehungsberatung?
- Wie gliedert sich der Erziehungsberatungsprozess und welche Merkmale, Strukturelemente und Beratungsanlässe spielen in der Erziehungsberatung eine bedeutende Rolle?

2. Definition des Begriffs „Erziehungsberatung“

Erziehungsberatung bezeichnet die beratende und tätige Unterstützung von Kindern, Jugendlichen und Erziehern (v.a. Eltern), bei Schwierigkeiten und Problemen, die sich im Rahmen der Erziehung ergeben.[2]

Die Beratung in der (institutionellen) Erziehungsberatung kann als ein auf die Lösung von Problemen abzielendes, prozessorientiertes, interaktionelles, dynamisches Geschehen verstanden werden, das in Kontextzusammenhängen stattfindet, zeitlich begrenzt und professionell strukturiert ist.[3]

Gegenstand der Erziehungsberatung sind emotionale, soziale und kognitive Schwierigkeiten oder Auffälligkeiten von Kindern und Jugendlichen, sowie die emotionalen Beeinträchtigungen von einzelnen Familienmitgliedern und beziehungsmäßige Spannungen oder Konflikte zwischen den Familienmitgliedern, soweit sie sich auf die Entwicklungsbedingungen von Kindern und Jugendlichen auswirken. Diese vorhandenen Schwierigkeiten versucht die Erziehungsberatung möglichst genau zu definieren, zu diagnostizieren und die verursachenden Faktoren zu identifizieren.

Man unterscheidet zwischen der funktionalen und der institutionellen Erziehungsberatung. Wer in pädagogischen oder sozialen Bereichen tätig ist, wie z.B. Lehrer, Erzieher oder Jugendpfleger, wird in bestimmten Situationen beratend tätig sein und etwa ratlose Eltern in ihren erzieherischen Aufgaben unterstützen. Diese Tätigkeit ist gleichsam eine Funktion ihrer allgemeinen pädagogischen Aufgaben. Um sie sachgerecht ausführen zu können, bedarf es der Fähigkeit, Verhaltensauffälligkeiten und Entwicklungsgefährdungen festzustellen und erforderliche Hilfen vermitteln zu können. Diese funktionale Erziehungsberatung reicht jedoch bei tiefer liegenden Erziehungsschwierigkeiten nicht aus.

In diesen Fällen bedarf es der Unterstützung der Ratsuchenden durch eine mit besonderen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Methoden arbeitende institutionelle Erziehungsberatung, auf die ich mich in der folgenden Arbeit beziehen werde.[4]

Ein wichtiger Aspekt, wenn man von institutioneller Erziehungsberatung spricht ist die politische Dimension, da Erziehungsberatung nicht ausschließlich Sache der Berater ist. Beratungsstellen sind administrativ eingebunden und damit vom jeweiligen Träger bis zu einem bestimmten Grad, besonders in finanzieller Hinsicht abhängig.[5] Träger der Erziehungsberatungsstellen sind die Jugendämter der Landkreise und Gemeinden, die katholische und die evangelische Kirche, sowie Träger der freien Jugendhilfe. Diese entscheiden über Standort, Größe, Einrichtung der Stellen, sowie über Einstellung und Finanzierung der Mitarbeiter.[6]

Erziehungsberatung findet überwiegend in öffentlichen Einrichtungen von Kommunen, Kirchen oder freien Verbänden statt. Daneben sind jedoch gerade in den Großstädten private Beratungspraxen unter der Leitung von Fachkräften weit verbreitet.

3. Gesetzliche Grundlagen

Die Entwicklung institutioneller Erziehungsberatung reicht zurück bis an den Beginn des 20. Jahrhunderts und wurde 1922 im Rahmen der staatlichen Sozialpolitik institutionalisiert und gesetzlich geregelt.[7]

Spätestens seit den verstärkten Anstrengungen in den 70er Jahren ist Erziehungsberatung im Bereich psychosozialer Versorgung von Kindern, Jugendlichen und Familien fest etabliert und wird durch das Kinder- und Jugendhilfegesetz definiert als „[…] eine Leistung der Jugendhilfe bzw. eine Hilfe zur Erziehung die darauf abzielt, die Personensorgeberechtigten in ihrer Erziehungsverantwortung zu unterstützen, um eine dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung sicherzustellen.“ (§ 27 KJHG)[8]

Nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz sollen Erziehungsberatungsstellen (und andere Beratungsdienste) Kinder, Jugendliche und andere Erziehungsberechtigte

- bei der Klärung und Bewältigung individueller und familienbezogener Probleme und der zugrundeliegenden Faktoren,
- bei der Lösung von Erziehungsfragen und Erziehungsschwierigkeiten von Eltern,
- sowie bei Trennung und Scheidung unterstützen (§ 28 KJHG)[9]
Des Weiteren macht das Kinder- und Jugendhilfegesetz für die Arbeit von Erziehungsberatungsstellen die multidisziplinäre Zusammensetzung des Teams einer Beratungsstelle zur Bedingung. „Dabei sollen Fachkräfte verschiedener Fachrichtungen zusammenwirken, die mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen vertraut sind.“ (§28 KJHG).[10]

In der Beratungspraxis wird dies durch den Einsatz verschiedener Berufsgruppen, wie z.B. Psychologen, Sozialpädagogen, Sozialarbeiter, Ärzten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, sowie anderen Berufsgruppen realisiert.

Die Arbeit in der Beratungsstelle findet auf der Grundlage der freiwilligen Inanspruchnahme, sowie des gesetzlich gesicherten Schutzes der personenbezogenen Daten und der ebenfalls gesetzlich gesicherten kostenfreien Inanspruchnahme statt.

Zudem bestehen gesetzliche Vorgaben, in denen ausdrücklich die Vielfalt von Trägern, Wertorientierungen, Inhalten, Methoden und Arbeitsformen gefordert werden (§ 3 KJHG), woraus resultiert, dass es eine Vielzahl an unterschiedlich strukturierten Erziehungsberatungsstellen gibt.[11]

4. Methoden und Aufgaben der Erziehungsberatung

Durch die multidisziplinäre Zusammensetzung eines Berater-Teams in der Erziehungsberatung kommen unterschiedliche (psychotherapeutische) Methoden, wie z.B. analytische, gesprächspsychotherapeutische, verhaltenstherapeutische und familientherapeutische Verfahren zum Einsatz, die der bereits erwähnten Forderung nach Methodenvielfalt in der Beratungspraxis gerecht werden.

Je nach Problemlage und Berater wird in der Beratung von Kindern, Jugendlichen und ihren Erziehungsberechtigten mit unterschiedlichen Methoden und Settings gearbeitet. Beratungsformen sind z.B. Elternberatung, Kindertherapie, Familiengespräche und Gruppenarbeit.[12]

Wie bereits in der Definition von Erziehungsberatung erwähnt wurde, handelt es sich um ein auf die Lösung von Problemen abzielendes, prozessorientiertes, interaktionelles, dynamisches Geschehen, das in Kontextzusammenhängen stattfindet, zeitlich begrenzt und professionell strukturiert ist. Im Folgenden werde ich diese Aspekte der Erziehungsberatung näher erläutern.

Zielgerichtetheit: Ratsuchende wenden sich mit mehr oder weniger expliziten Anliegen und Problemfeldern an einen Berater bzw. eine Beraterin. Die Beratung zielt auf ein besseres Verständnis der Problemzusammenhänge, eine Aktivierung der vorhandenen Ressourcen der Ratsuchenden zur Problembewältigung und auf eine konkrete Lösung von Problemen bzw. Teilbereiche von Problemen ab.

Hierbei werden die Ziele der Beratung vom gesetzlichen Kontext mitbestimmt und orientieren sich am Wohl des Kindes. Zusätzlich bestimmen gesellschaftlich bedinge Leitbilder von Entwicklung, Erziehung und (familiärem) Zusammenleben (u.a.) die Zielsetzung der Beratung. Da diese jedoch nicht immer explizit sind, ist eine Auseinandersetzung, bzw. Verständigung über die beim Berater und bei dem Ratsuchenden vorhandenen Leitbilder, Normen und Bewertungen erforderlich.[13]

Prozessorientierung: Häufig sind die Beratungsziele in der Erziehungsberatung nicht von Beginn an klar. In einem zirkulären Prozess versuchen daher der Berater und der Ratsuchende das zu Beginn der Beratung geäußerte Anliegen zu formulieren, es zu präzisieren und einer Lösung zuzuführen. Dieser Prozess ist sowohl auf der Seite des Beraters, als auch auf der Seite des Ratsuchenden durch die fortlaufende Hypothesenbildung und Überprüfung gekennzeichnet. Ob Hypothesen und Lösungsansätze zusammenpassen wird sowohl im Kontext der Beratung selbst, als auch den Beratungsprozess begleitend im Alltag der Ratsuchenden überprüft. Es finden demnach ständig Korrekturen in diesem Prozess statt.[14]

[...]


[1] Vergleiche hierzu: Körner, Wilhelm: Handbuch der Erziehunsberatung (Band 1). Anwendungsbereiche und Methoden der Erziehungsberatung. Hogrefe Verlag, Göttingen/Bern/Toronto/Seattle 1998, S. 87

[2] Vergleiche hierzu: http://lexikon.meyers.de/meyers/Erziehungsberatung

eingesehen am 03.02.2008

[3] Vergleiche hierzu: Hundsalz, Andreas: Die Erziehungsberatung. Grundlagen, Organisation, Konzepte und Methoden. Juventa Verlag, Weinheim und München 1995, S. 17

[4] Vergleiche hierzu: Hölzel, Sven: Erziehungsberatung. Kösel-Verlag, München 1981, S. 12

[5] Vergleiche hierzu: Hölzel, Sven: a. a. O., S. 18

[6] Vergleiche hierzu: Schmidt, Johannes: Einführung in die Erziehungsberatung. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1978, S. 167

[7] Vergleiche hierzu: Lösche, Gisela (Hrsg.): Frühkindliche Lebenswelten und Erziehungsberatung. Die Chancen des Anfangs. Votum Verlag, Münster 2001, S. 8

[8] Presting, Günter (Hrsg.): Erziehungs- und Familienberatung. Untersuchungen zu Entwicklung, Inanspruchnahme und Perspektiven. Juventa Verlag, Mannheim und München 1991, S. 45

[9] Vergleiche hierzu: Hundsalz, Andreas: Die Erziehungsberatung. Grundlagen, Organisation, Konzepte und Methoden. Juventa Verlag, Weinheim und München 1995, S. 15

[10] Körner, Wilhelm: Handbuch der Erziehunsberatung (Band 1). Anwendungsbereiche und Methoden der Erziehungsberatung. Hogrefe Verlag, Göttingen/Bern/Toronto/Seattle 1998, S. 152

[11] Vergleiche hierzu: Hundsalz, Andreas: Die Erziehungsberatung. Grundlagen, Organisation, Konzepte und Methoden. Juventa Verlag, Weinheim und München 1995, S. 19

[12] Vergleiche hierzu: Hundsalz, Andreas: Die Erziehungsberatung. Grundlagen, Organisation, Konzepte und Methoden. Juventa Verlag, Weinheim und München 1995, S. 16

[13] Vergleiche hierzu: Hundsalz, Andreas: a. a. O., S. 17

[14] Vergleiche hierzu: Hundsalz, Andreas: a. a. O., S. 18

Excerpt out of 28 pages

Details

Title
Erziehungsberatung als pädagogisches Berufsfeld
Subtitle
Ziele, Aufgaben und Konzeptionen
College
Technical University of Braunschweig
Grade
1,0
Author
Year
2008
Pages
28
Catalog Number
V93468
ISBN (eBook)
9783638058773
File size
538 KB
Language
German
Keywords
Erziehungsberatung, Berufsfeld
Quote paper
Corinna Walte (Author), 2008, Erziehungsberatung als pädagogisches Berufsfeld, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93468

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