Behindertenarbeit in Sri Lanka - ein Praxisbericht


Reporte de Práctica, 2007

29 Páginas, Calificación: 1,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Indiens Träne

Einleitung

1. Institutionsvorstellung
1.1 Die Standorte
1.1.1 Prithipura
1.1.2 Anandapura
1.1.3 Asokapura
1.1.4 Cotagala

2. Behinderung in anderen Kulturen
2.1 Problembeschreibung
2.2 Ursachen
2.3 Behinderte und ihre Umwelt
2.4 Institutionalisierung der Behindertenarbeit
2.5 Behinderung in Sri Lanka

3. Mein Praktikum
3.1 Prithipura
3.1.1 Gegebenheiten
3.1.1.1 Die Kinder
3.1.1.2 Akkas und Nanghis
3.1.1.3 Ausstattung
3.1.1.4 Herrenhaus
3.1.2 Mein Tagesablauf in der Lakshman Group
3.1.3 Amile - Fallbeschreibung
3.2 Cotagala
3.2.1 Die Schule
3.2.2 Gegebenheiten und Ausstattung
3.2.3 Akkas und Nanghis
3.2.4 Mein Tagesablauf in Cotagala

4. Reflektion und Kritik

Abkürzungsverzeichnis

Quellenverzeichnis

Indiens Träne

Es ist für mich eine schwierige Aufgabe, über Sri Lanka und meine Erlebnisse dort zu berichten. Die aktuellen Meldungen lassen mich erschaudern - der seit über zwanzig Jahren schwelende Krieg ist erneut ausgebrochen. Die in ruhigen Zeiten mühselig aufgebauten Städte im nördlichen Teil Sri Lankas liegen zu großen Teilen wieder in Schutt und Asche. Es sterben täglich Menschen an Orten, die ich besucht habe - in den letzten zwölf Monaten waren es mehr als 4.500 im gesamten Land.

Ich verbringe den Sommer 2005 in Sri Lanka. Zu dieser Zeit herrscht Waffenstillstand, der im Juli 2006 von den tamilischen Rebellen widerrufen wird. Die einheimischen Tamilen stellen knapp ein Fünftel der etwa zwanzig Millionen starken Bevölkerung und leben hauptsächlich im Norden und Osten des Landes. Ihr Bestreben (zumindest das der ‚Tamil Tigers’, die heute als terroristische Vereinigung eingestuft werden) ist die Gründung eines eigenen Staates. Dieses Bestreben ist der Grund für die jahrelange Zerstörung des Landes und Ermordung seiner Bevölkerung. Nach derzeitigem erneuten Ausbruch ist kein Ende abzusehen. Ich bin dankbar, das Land in friedlichen Zeiten erlebt zu haben.[1]

Einleitung

Im Juli 2002 breche ich das erste Mal zu einer längeren Reise nach Asien auf. Aus geplanten sechs bis acht Wochen werden acht Monate, in denen ich Teile Burmas, Indonesiens, Kambodschas, Laos’, Malaysias und Thailands bereise. Das Reisefieber ist endgültig ausgebrochen. Ich beschließe für mich, zukünftige Reisen mit einer sinnvollen Aufgabe oder Tätigkeit zu verknüpfen. Der Hauptgrund für diese Entscheidung entspringt dem Bedürfnis, intensiver mit den Menschen und der Kultur des Landes in Kontakt zu kommen, als es mir als einfacher Rucksacktourist möglich ist.

Die Idee, nach Sri Lanka zu gehen und dort im ‚Prithipura Infants Home’ ein Praktikum zu absolvieren entsteht zufällig, als ich im Internet[2] einen Bericht eines ehemaligen Praktikanten aus Prithipura entdecke. Von Sri Lanka habe ich zuvor schon viel Wunderbares gehört und gelesen. Also beginne ich zu recherchieren, bin bald überzeugt von meiner Idee und setze sie im Sommer 2005 in die Tat um.

Prithipura beherbergt vier Stationen innerhalb Sri Lankas, in denen geistig und körperlich behinderte Kinder einen Zufluchtsort gefunden haben. Im Winter 2003 habe ich in Deutschland zwei Monate in einer Behindertenwerkstatt gearbeitet, so dass ich in dieser Beziehung keine Berührungsängste kenne. Im Gegenteil - diese Arbeit ist lehrreich und macht mir viel Spaß. Ich bin nun gespannt, wie der Umgang mit behinderten Menschen in dieser fremden Kultur aussehen wird.

Last but not least bleiben mir noch einige Wochen Zeit, das Land zu erkunden, was eine zusätzliche Verlockung darstellt, nach Sri Lanka zu fahren und dort mein Praktikum für das Hauptstudium zu absolvieren.

1. Institutionsvorstellung

Das Prithipura Infants Home ist ein Heim für behinderte Kinder mit seinem Hauptsitz nahe der Hauptstadt Colombo in Hendala im Bezirk Wattala. Ihren Anfang nimmt die Geschichte dieses Heimes in den 1960er Jahren, als der Holländer Bryan de Kretser sein gut situiertes Zuhause in England verlässt, um sein Leben den von der Gesellschaft ausgeschlossenen körperlich und geistig behinderten Kindern in Sri Lanka zu widmen. Seinem Plan folgend, holt er verlassene und vergessene behinderte Kinder aus dem Krankenhaus und bringt sie an einen behüteten Ort, um sie dort bis an ihr Lebensende zu pflegen. Im Laufe der Jahre erweitert er seine Tätigkeit und die lokalen Möglichkeiten. Das Prithipura Infants Home ist gegründet. Heute wird die Institution gemäß dem letzten Wunsch de Kretsers von seiner singhalesischen Frau Thillaka und ihrer Familie geleitet.[3]

1.1 Die Standorte

Unter der Leitung der Familie de Kretser hat sich das Prithipura Infants Home inzwischen auf weitere Standorte innerhalb Sri Lankas ausgebreitet: Prithipura, Anandapura, Asokapura und Cotagala und das Galle Centre[4]. Insgesamt werden um die 250 Kinder betreut und versorgt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Sri Lanka mit den Standorten der Prithipura Communities (Abb.: www.prithipura.org)

1.1.1 Prithipura

In Prithipura leben derzeit ca. neunzig behinderte Kinder und Erwachsene, die von ihrer Familie aus unterschiedlichsten Gründen nicht versorgt werden können. Die Kinder werden zum Teil von ihren Eltern im Heim abgegeben, oft werden sie aber auch verlassen aufgefunden und von Fremden gebracht.[5]

Prithipura beherbergt - neben den jüngsten und ältesten, den aufgrund ihres Behinderungsgrades unselbständigsten und hilfebedürftigsten Kindern - die Verwaltung der Organisation und sorgt für ihr Bestehen. Namentlich leistet Pieter Sampath de Kretser in steter Absprache mit seiner Mutter Thillaka diesbezüglich die Hauptarbeit. Dabei stützt er sich bis heute auf von seinem Vater Bryan geschaffene Verbindungen und Beziehungen. Zu geringen Teilen wird das Prithipura Infant Home vom Staat, hauptsächlich jedoch durch private Geld- und Sachspenden finanziert.

In Prithipura habe ich den größten Teil meines Praktikums absolviert, worauf ich später ausführlicher zu sprechen komme.

1.1.2 Anandapura

Anandapura liegt bei Negombo an der Westküste Sri Lankas etwa eine Autostunde von Prithipura entfernt. Hier leben derzeit um die vierzig Kinder[6], die mehr oder weniger allein zurechtkommen. Sie sind entsprechend ihrer Unabhängigkeit und Fähigkeiten untergebracht. Das bedeutet, dass manche von ihnen ihre eigene kleine Hütte bewohnen, andere leben zusammen.

Anandapura ist eine relativ große Anlage innerhalb einer Dorfgemeinschaft. Dorthin werden die Kinder von Prithipura geschickt, wenn sich abzeichnet, dass sie über Fähigkeiten verfügen, die in Prithipura verkümmern würden. Sicherlich gibt es Ausnahmen, das heißt Kinder, die aus der direkten Umgebung nach Anandapura gekommen sind. Es leben also hier weniger stark körperlich behinderte Menschen - fast alle von ihnen können laufen. In Anandapura werden sie in ihrer Selbständigkeit gefördert und erhalten für sie geeignete Aufgaben.

Ich habe Anandapura für zwei Tage besucht und viel Spaß gehabt. Die Kinder Anandapuras bilden eine aktive und fröhliche Gemeinschaft, die Hand in Hand arbeitet und im regen Austausch miteinander lebt.

1.1.3 Asokapura

Wichtige Voraussetzung, Prithipura verlassen zu können, ist das Laufen. In Prithipura ist der, der laufen kann eine Besonderheit. An den anderen Orten wäre es allein aufgrund ihrer Lage ein großes Hindernis nicht laufen zu können. So handelt es sich bei Asokapura um eine Farm auf einem dicht bewachsenen Berg, zu dem nur ein beschwerlicher Fußweg führt.

Es gibt einen riesigen Garten, in dem die unterschiedlichsten Pflanzen und Früchte wachsen. Die Erträge sind reichlich: Bananen, Mango, Kakao, Chili, Kaffee, ... Die Ernte übernehmen die Männer, ihre Verarbeitung die Frauen. Eine weitere Besonderheit Asokapuras ist die Kautschuk-Plantage. Von den so genannten Rubbertrees wird in mühevoller Kleinarbeit der wertvolle Rohstoff gewonnen, aus dem bspw. Autoreifen und andere Gummi- bzw. Latexprodukte hergestellt werden.

Weiterhin gibt es in Asokapura eine kleine Tischlerei und einen Kunsthandwerksshop. Hier arbeiten am Nachmittag auch einige der Kinder Cotagala. Gearbeitet und gestaltet wird nach traditionellen Methoden, und jedes Kind kann nach seinen Fähigkeiten und Gelüsten handwerklich tätig werden. Die Produkte (kleine Regale, geschnitzte Schatullen mit farbigen Gestaltungen, Lesezeichen und Armbänder aus bunten Stoffen u.v.a.) werden in Prithipura an die Besucher und manche in Colombo verkauft.

Das Leben auf der Asokapura Farm ist sehr spartanisch - seit zwei Jahren gibt es Strom, was es heute erleichtert aber auch verändert. Statt den regelmäßigen Lagerfeuerabenden in früherer Zeit wird heute zumeist auf den krisseligen Bildschirm gestarrt. In Asokapura habe ich zwei Tage verbracht jedoch nicht mitgearbeitet.

1.1.4 Cotagala

Cotagala und Asokapura gehören zusammen. Zwischen beiden findet ein ständiger Austausch in allen Belangen statt. Folgt man dem erwähnten Fußweg eine halbe Stunde bergan, lässt sich Cotagala nicht verfehlen - für mich mit Abstand der schönste und spannendste aller beschriebenen Orte.

Cotagala ist eine Spezialschule für geistig behinderte Kinder, die auch von einigen Bewohnern Asokapura besucht wird. Teilweise werden die Kinder aus Prithipura hierher geschickt. Aber auch die Menschen aus der Umgebung wissen von der Schule und bringen ihre oder fremde Kinder selbst, wenn sie mit deren Behinderung überfordert sind[7]. Der glückliche Vorteil dieser ca. einhundert Kinder ist, dass viele von ihnen Familie haben, die sie auch in den Ferien besuchen. Werden sie in der Cotagala School aufgenommen, haben sie gute Chancen eines Tages ein eigenständiges Leben zu führen.

Einen großen Teil meines Praktikums habe ich in Cotagala absolviert. Über meine Erlebnisse und Erfahrungen werde ich an anderer Stelle ausführlich berichten.

2. Behinderung in anderen Kulturen

„Verstehen ist die Initiation in eine fremde Lebensform. Sie bedingt,

dass man Betrachtungs- und Wahrnehmungsweise ändert.“ (DUERR in WÜLSER: 61)

An diesem Punkt halte ich die Auseinandersetzung mit der bereits angesprochenen Thematik ‚Umgang mit Behinderten in anderen Kulturen’ für wichtig. Schon nach kurzem Aufenthalt in Prithipura häufen sich meine Fragen bezüglich des Verständnisses von Behinderung und die daraus entstehenden Konsequenzen für die Behindertenarbeit in Sri Lanka. Das Leben und die Behandlung von Behinderten in Entwicklungsländern sind mit den in der westlichen Welt üblichen Standards nicht zu vergleichen. Um eine Einschätzung der Arbeit in Sri Lanka zu erlangen, möchte ich im Folgenden einen kurzen Abriss über die Bedeutung von Behinderungen für die Betroffenen in anderen Teilen der Welt liefern - wie sie gesehen und bewertet werden und wie mit ihnen umgegangen wird.

2.1 Problembeschreibung

Weltweit gibt es etwa 600 Millionen Behinderte. Dies entspricht zehn Prozent der Weltbevölkerung. Davon leben siebzig Prozent in der Dritten Welt[8]. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind weltweit mindestens zwanzig Prozent der Menschen direkt oder indirekt von einer Behinderung betroffen. (vgl.: FREYHOFF) Die Sterblichkeit behinderter Kinder in der Dritten Welt liegt bei achtzig Prozent – allgemein sind es zwanzig Prozent. (vgl.: WIECZOREK-ZEUL)

Neunzig Prozent aller Rehabilitationsmaßnahmen finden in den Industrieländern statt. Dies hat zur Folge, dass lediglich zwei bis maximal vier Prozent der behinderten Menschen in der Dritten Welt Zugang zu Rehabilitationsmaßnahmen haben. (vgl.: VENRO)

[...]


[1] Einen ersten und aktuellen Überblick über Geschichte, Bevölkerung, Kultur, etc. Sri Lankas bietet www.wikipedia.de. Weiterführende aktuelle Informationen finden sich aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen beinah täglich in den Medien.

[2] www.reisestory.de/srilanka.htm

[3] In erster Linie schildere ich im Folgenden aus meinen Beobachtungen und Erfahrungen. Einige Informationen (Zahlen und Fakten) habe ich der Homepage des Prithipura Infants Home entnommen. Aus meiner Sicht entsprechen die Ausführungen auf der Homepage vielfach eher den Wünschen und Idealen als der Realität, wie sie sich mir darstellt. Dennoch bietet sie wichtige Informationen: www.prithipura.org

[4] Letzteres werde ich bei meinen Ausführungen ausklammern, da ich es nicht besucht und um ehrlich zu sein nicht einmal etwas davon gehört habe, während ich vor Ort war. Das liegt vermutlich daran, dass es sich bei diesem Zentrum um einen Platz für weniger stark behinderte Erwachsene handelt, an dem sie auf ein selbstständiges Leben vorbereitet werden oder dies bereits weitgehend erreicht haben.

[5] Bei dem ‚Prithipura Infants Home’ handelt es sich um die gesamte Institution. Wenn ich von Prithipura spreche, ist der Standort nahe Colombo gemeint.

[6] Wie bereits erwähnt, leben auch Erwachsene in allen Stationen der Prithipura Community. Sie sind jedoch alle ursprünglich als Kinder in Obhut genommen worden und werden vor Ort stets altersunabhängig Kinder genannt.

[7] Auf Gründe für Überforderung und ihre Begleitumstände werde ich im nächsten Kapitel eingehen.

[8] Die Problematik, die sich um den Begriff Dritte Welt rankt, ist mir bewusst. Aber auch, wenn der Begriff an sich undifferenziert ist, so ist er doch klar in seiner Aussage. Daher möchte ich ihn unter Vorbehalt anwenden. („Wir sind Drittweltler, aber das betrachten wir nicht als Geburtsfehler und schon gar nicht als Schande, sondern vielmehr als Folge davon, wie uns die Erste Welt behandelt hat.“ (Benedetti 1990 in Albrecht 1995: 14))

Final del extracto de 29 páginas

Detalles

Título
Behindertenarbeit in Sri Lanka - ein Praxisbericht
Universidad
University of Applied Sciences and Arts Hildesheim, Holzminden, Göttingen  (Fachhochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) Hildesheim)
Calificación
1,0
Autor
Año
2007
Páginas
29
No. de catálogo
V93480
ISBN (Ebook)
9783640125135
ISBN (Libro)
9783640125883
Tamaño de fichero
1321 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Behindertenarbeit, Lanka, Praxisbericht
Citar trabajo
Vivien Urbach (Autor), 2007, Behindertenarbeit in Sri Lanka - ein Praxisbericht, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93480

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