Wahrnehmung und Relevanz von Diversity im Hinblick auf ökonomischen Mehrwert, Markt- und Innovationserfolg

Fokus: Gender/Geschlecht


Doctoral Thesis / Dissertation, 2008

408 Pages


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Teil I: Einführung
1 Einleitung
2 Einordnung und Gang der Arbeit
2.1 Wissenschaftstheoretische Einordnung
2.2 Merkmale der Wissenschaftstheorie und Gang der Arbeit
2.2.1 Forschungsziel
2.2.2 Forschungsobjekt
2.2.3 Forschungsphasen und Forschungsstrategien

Teil II: Diversity - Theoretischer Erkenntnisstand
3 Komplexität der Sichtweisen von Diversity
3.1 Diversity-Definition: Entwicklung eines Konstrukts
3.1.1 Ursprung und Entwicklung des Diversity-Verständnisses
3.1.2 Relevanz einer einheitlichen Determination von Diversity
3.1.3 Klassifizierungsansätze der Diversity-Kriterien
3.2 Managing Diversity: Paradigmen und Verständnisansätze
3.2.1 Erster Paradigmenwechsel
3.2.2 Zweiter Paradigmenwechsel
3.2.3 Fairness-and Nondiscrimination Paradigma
3.2.4 Access-and-Legitimacy Paradigma
3.2.5 Learning-and-Effectiveness Paradigma
3.3 Gender: Eine Dimensionen durchdringende Diversity-Perspektive

Teil III: Gender-Diversity
4 Definitorische Grundlage: Geschlecht, Sex und Gender
4.1 Differenzierung von Geschlechtsmerkmalen
4.2 Biologisches Geschlecht (Sex)
4.2.1 Arten des biologischen Geschlechts
4.2.2 Entwicklung des biologischen Geschlechts
4.3 Psychologisches Geschlecht & psychische Geschlechtsunterschiede
4.3.1 Ursachen und Ausprägung kognitiver Geschlechtsunterschiede
4.3.2 Anatomische bzw. biologische Entstehungstheorien
4.3.2.1 Ergebnisse neuropsychologischer, empirischer Forschung
4.3.2.2 Ergebnisse neuroanatomischer Forschung
4.3.2.3 Metaanalytische Ergebnisse und kritische Würdigung
4.3.3 Psychologische bzw. Sozialisationstheoretische Erklärungsansätze
4.4 Sozialer Einfluss: Geschlechtsstereotype und Geschlechterrollen
4.4.1 Inhalte und Funktion von Geschlechtsstereotypen
4.4.2 Stereotype Eigenschaften und Verhalten von Männern und Frauen
4.4.3 Aussagegehalt von Geschlechtsstereotypen für Konsumentenverhalten
4.4.4 Depolarisierung durch das Androgynitätskonzept
4.4.5 Geschlechtsspezifische Zusprache von Intelligenz
5 Geschlechterdiversity aus der Marketingperspektive
5.1 Untersuchungsgegenstand Geschlecht
5.2 Geschlechtsneutrales, geschlechtssensitives und Gender-Marketing
5.3 Besondere Herausforderung: Doppelte Dynamik
5.3.1 Historische Entwicklung
5.3.2 Änderungen im individuellen Leben einer Frau
5.4 Segmentierungskriterium Geschlecht

Teil IV: Kunde versus Kundin
6 Modellbasis zur Integration von Kundenwissen
6.1 Wissen über den Kunden
6.1.1 Personenbezogenes Wissen über den Kunden
6.1.1.1 Überblick bedeutender anatomischer Unterschiede
6.1.1.2 Demografie der Geschlechter
6.1.1.2.1 Bevölkerungsstruktur
6.1.1.2.2 Familiäre (Un-)Abhängigkeit
6.1.1.3 Soziodemografie der Geschlechter
6.1.1.3.1 Bildung und Ausbildung
6.1.1.3.2 Berufsleben
6.1.1.3.3 Lebensunterhalt
6.1.1.3.4 Rente und Absicherung
6.1.1.3.5 Finanzielle (Un-)Abhängigkeit
6.1.2 Leistungsnutzungsbezogenes Wissen über den Kunden
6.1.2.1 Einfluss von Gender bei der Konsumgüterkaufentscheidung
6.1.2.2 Einfluss des Geschlechts bei der Konsumgüterkaufentscheidung
6.1.2.3 Besonderheiten der Rolle der Frau als Konsumentin
6.2 Wissen des Kunden
6.2.1 Personenbezogenes Wissen des Kunden
6.2.1.1 Werte und Persönlichkeitsmerkmale
6.2.1.2 Zeiteinteilung und Interessen
6.2.1.3 Charakteristika im Berufsleben
6.2.2 Leistungsnutzungsbezogenes Wissen des Kunden
6.2.2.1 Kundenbindung
6.2.2.1.1 Faktische Kundenbindungsdeterminanten
6.2.2.1.2 Psychologische (emotionale) Kundenbindungsdeterminanten
6.2.2.2 Kaufentscheidungsprozess
6.2.2.3 Geschlechterbeachtung im Kontext (technischer) Innovationen
6.2.2.3.1 Grundlagen der Innovationsforschung
6.2.2.3.2 Geschlechtsdifferenzierter Zugang zu (technischen) Innovationen
6.2.2.3.3 Bedeutung der Chasmproblematik
6.2.2.3.4 Strategien der Integration von Gender-Aspekten
6.2.2.3.4.1 Open Innovation: Kundenintegration im Innovationsprozess
6.2.2.3.4.2 Mitarbeiterseitige Gender-Aspekte im Innovationsprozess
6.3 Wissen für den Kunden
6.3.1 Personenbezogenes Wissen für den Kunden
6.3.1.1 Kommunikationsverhalten
6.3.1.2 Mediennutzung
6.3.1.2.1 Klassische bzw. offline basierte Medien
6.3.1.2.2 Nutzung onlinebasierter Medien
6.3.2 Leistungsnutzungsbezogenes Wissen für den Kunden
6.3.2.1 Nutzung, Akzeptanz und Einstellung zur Werbung
6.3.2.2 Werbegestaltung
6.3.2.3 Besonderheiten in der Anzeigenwerbung
6.3.2.4 Bedeutung von Empfehlungen
6.4 Fazit und Handlungsempfehlung entlang des Marketing-Mixes
6.4.1 Place
6.4.2 Preis
6.4.3 Promotion
6.4.4 Produkt

Teil V: Empirische und theoretische Befunde zur Erfolgswirkung der Beachtung von Gender und Diversity
7 Diversity in theoretischer und empirischer EFF
7.1 Diversity im Kontext der Innovationserfolgsfaktorenforschung
7.1.1 Grundsätzliche Vorgehensweise empirischer EFF
7.1.2 Allgemeine und metaanalytische Ergebnisse der EFF
7.1.3 Diversitätsbezogene Aussagen der EFF
7.1.4 Empirische EFF in der Kritik
7.2 Diversity im Kontext der Organisationsdemografieforschung
7.2.1 Untersuchungsansätze und allgemeine Erkenntnisse
7.2.2 Diversitätsbezogene Erkenntnisse empirischer Organisationsforschung
7.2.2.1 Überprüfung der Ressourcenhypothese
7.2.2.2 Überprüfung der Prozesshypothese
7.2.3 Zwischenfazit Empirie und Diversity
7.3 Erfolgsfaktoren theoretischer Diversity-Forschung
7.3.1 Klassifizierung der Diversity-Argumente
7.3.1.1 Inevitability of diversity issues
7.3.1.2 Value in diversity issues
7.3.2 Moderation durch Diversity-Management
7.3.3 Fazit und Ableitung von Wirkungszusammenhängen

Teil VI: Empirische Untersuchungen der ökonomischen Bedeutung und Wahrnehmung von Gender- und Diversity-Aspekten
8 Vorgehen und Ergebnisse der empirischen Untersuchungen
8.1 Think-Tank-Studie
8.1.1 Forschungsziel und Hypothesenbildung
8.1.2 Ablauf des Forschungsprojektes
8.1.3 Ergebnisse und Informationen zum Sample
8.1.4 Fazit und kritische Würdigung der Ergebnisse
8.2 KMU-Studie
8.2.1 Forschungsziel und Hypothesenbildung
8.2.2 Gang der Studie und Datenerhebung
8.2.3 Deskriptive Studienergebnisse und Informationen zum Sample
8.2.3.1 Struktur und Organisation
8.2.3.2 Mitarbeiterseitige Beachtung von Gender und Diversity
8.2.3.3 Marktseitige Beachtung von Gender und Diversity
8.2.4 Explorativer kausalanalytischer Modellansatz
8.3 Endkonsumentenstudie
8.3.1 Forschungsziel und Hypothesenbildung
8.3.2 Gang der Studie und Datenerhebung
8.3.3 Informationen zum Sample
8.3.4 Auswertung und Ergebnisse
8.3.5 Gegenüberstellung Endkonsumentenbedürfnisse und KMU-Sicht

Teil VII: Fazit und Implikationen
9 Schlußbetrachtung
9.1 Zusammenfassung und kritische Stellungnahme
9.2 Wissenschaftlicher Handlungsbedarf

Eidesstattliche Erklärung

Anhangsverzeichnis

Anhang

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 01: Gang der Arbeit

Abb. 02: Entwicklung des Diversity-Verständnisses

Abb. 03: Die vier Persönlichkeitsdimensionen von Diversity nach LODEN / ROSENER

Abb. 04: Das Diversity-Portfolio

Abb. 05: Paradigmenwechsel

Abb. 06: Gender-Diversity - Eine Dimensionen durchdringende Perspektive

Abb. 07: Shepard-Metzler-Figuren im Mental Rotation Test

Abb. 08: Hypothetisches Einflussmodell psychologischer Entwicklung nach PARSONS

Abb. 09: Verhältnis der Ausprägungen tatsächlicher Geschlechtsunterschiede (oben) zu denen der Geschlechtsstereotype (unten)

Abb. 10: Androgynitätskonzept - Typeneinteilung der Geschlechterrollenidentität

Abb. 11: Anforderungen an eine genderbeachtende Marktsegmentierung

Abb. 12: Gender-Aspekte im Kundenwissens-Managementzyklus in Anlehnung an STAUSS

Abb. 13: (links) Altersstruktur der deutschen Bevölkerung am 31.12.2004 und (rechts) Sterbetafel / Lebenserwartung der deutschen Bevölkerung von 1891-2003

Abb. 14: Frauenanteile in veschiedenen Stadien der akademischen Laufbahn von 1980 bis 2004 in Deutschland

Abb. 15: Rollendreieck zur Darstellung des Kaufentscheidungseinflusses von Mann und Frau in einem gemeinsamen Haushalt

Abb. 16: Hypothetische geschlechtstypische Attributionsmuster für Erfolg und Misserfolg bei Selbst- und Fremdattribution

Abb. 17: Ablauf der Analyse geschlechtsspezifischer Kundenbindungs- potenziale und mögliche Nutzungsstrategien

Abb. 18: Qualitätsbewusstsein von Männern und Frauen in unterschiedlichen Produktklassen

Abb. 19: Kaufentscheidungsprozess von Mann und Frau nach BARLETTA

Abb. 20: Erweiterter Kaufentscheidungsprozess von Mann und Frau

Abb. 21: Technikzugang - Selbsteinschätzung von Mann und Frau

Abb. 22: Adoptionsverlauf - Chasmproblematik

Abb. 23: Scores der Länder für den Innovationsindikator

Abb. 24: Grundsätzliche Einstellungen von Männern und Frauen zur Werbung differenziert nach Werbeträgern

Abb. 25: Bedeutung von Empfehlungen und Testberichten bei der Kauf- entscheidung im Geschlechtervergleich

Abb. 26: Innovationserfolgsfaktoren mit nicht-linearem Wirkungszusammenhang

Abb. 27: Wirkungszusammenhänge des Ressourcen- und Prozesseffektes

Abb. 28: I. Entwicklung des Welthandels 1950-2005 nach Hauptprodukt- gruppen & II. In Deutschland legal lebende Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit

Abb. 29: Postulierter Einfluss diverser Marketing- und Innovations- teamstrukturen auf den Markterfolg

Abb. 30: Einordnung der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten empirischen Studien in den Innovations- und Marktprozess

Abb. 31: Aufbau des Fragebogens der Think-Tank-Studie

Abb. 32: Ideen-Output und Innovationseffizienz in Abhängigkeit von Forschungskooperationen der Think-Tanks

Abb. 33: Aufbau des Fragebogens der Unternehmensbefragung /KMU-Studie

Abb. 34: Wirkungszusammenhänge im explorativen Strukturgleichungsmodell-Ansatz

Abb. 35: Aufbau des Fragebogens der Endkonsumentenstudie

Abb. 36: Endverbraucherstudie – Sample: Derzeit ausgeübte Tätigkeit & höchste abgeschlossene Ausbildung

Abb. 37: Endverbraucherstudie - Persönlicher Beitrag zum Haushaltseinkommen und Anteil der allein getroffenen Konsumentscheidungen in Paarhaushalten

Tabellenverzeichnis

Tab. 01: Affirmative Action versus Diversity Management

Tab. 02: Wesentliche PET- und FMRT-Ergebnisse zu Untersuchungen von Geschlechtsunterschieden bei verbalen Aufgaben

Tab. 03: Geschlechtsbedingt differenziert ausgeprägte Variablen zur Messung kognitiver Fähigkeiten

Tab. 04: Geschlechtsstereotype Verhaltensweisen und Persönlichkeitsmerkmale

Tab. 05: Zeittafel bedeutender Ereignisse zum Wandel des Rollenverständnises in Deutschland

Tab. 06: Schema personen- und leistungsnutzungsbezogenen Kundenwissens, Aufbaugrundlage des Teilforschungsprojektes

Tab. 07: Bedeutende anatomische Unterschiede von Mann und Frau

Tab. 08: Bildungsabschlüsse weiblicher und männlicher Absolventen in Deutschland im Entlassungsjahr 2003

Tab. 09: Studienfachwahl von Frauen und Männern in Deutschland WS 2003/ 2004

Tab. 10: Branchenzuordnung selbstständiger Unternehmer (Nascent Entrepreneurs) nach Geschlecht in Deutschland

Tab. 11: Durchschnittliche Rentenzahlbeträge in Euro pro Monat am 1.7. 2004

Tab. 12: Allgemeine Werteprofile der Geschlechter

Tab. 13: Geschlechtsdifferenziert ausgeprägte Persönlichkeitseigenschaften

Tab. 14: Zeitverwendung von Frauen und Männern in Paarhaushalten

2001/2002

Tab. 15: Im Berufsleben relevante Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmale

Tab. 16: Ergebnis geschlechtsdifferenzierter Betrachtung faktischer Determinanten der Kundenbindung

Tab. 17: Ergebnis geschlechtsdifferenzierter Betrachtung psychischer/ emotionaler Determinanten der Kundenbindung

Tab. 18: Umwelttypologie von Mann und Frau

Tab. 19: Formen der Interaktion und Kooperation zwischen Hersteller und Kunden im Innovationsprozess

Tab. 20: Geschlechtsdifferenziert ausprägte Variablen nonverbaler Kommunikation

Tab. 21: Internetnutzung nach Geschlecht in den Jahren 2001 bis 2006

Tab. 22: Internetnutzer nach Geschlecht und Alter in 2006

Tab. 23: Implikationen „Place“

Tab. 24: Implikationen „Preis“

Tab. 25: Implikationen „Promotion“

Tab. 26: Implikationen „Produkt“

Tab. 27: Innovationserfolgsfaktoren nach MONTOYA-WEISS/ CALANTONE 1994

Tab. 28: Innovationserfolgsfaktoren nach HENARD/ SZYMANSKI 2001

Tab. 29: Metaanalytisch untersuchte Diversitätsvariablen

Tab. 30: Metaanalytisch untersuchte Prozess- und Ergebnisvariablen

Tab. 31: Betakoeffizienten – Diversität und (kognitive) Gruppenleistung

Tab. 32: Betakoeffzienten der Prozesshypothese: Kohäsion, Konflikt, Kommunikation und Fluktuation

Tab. 33: Metaanalytisch belegte Zusammenhänge zwischen unabhängigen Diversitätsvariablen sowie Prozess- und Ergebnisvariablen

Tab. 34: Hypothesenüberprüfung bezüglich des Einflusses der Diversityvariablen Alter, Geschlecht und Nationalität

Tab. 35: KMU-Studie – Branchenverteilung

Tab. 36: KMU-Studie – Mitarbeiterzahlen

Tab. 37: KMU-Studie – Geschlechterverteilung in einzelnen Arbeitsbereichen

Tab. 38: KMU-Studie – Anzahl und Art der in den letzten 5 Jahren hervorgebrachten Innovationen

Tab. 39: KMU-Studie – Berücksichtigung verschiedener Merkmale bei der Auswahl einzelner Mitarbeiter des Innovationsteams

Tab. 40: KMU-Studie – Berücksichtigung verschiedener Merkmale bei der Auswahl einzelner Mitarbeiter eines Innovationsteams

Tab. 41: KMU-Studie – Bedeutung der Integration der Meinung direkter und indirekter Kunden

Tab. 42: Erfahrungsbasierte Einschätzung einer Projektverbesserung divers zusammengesetzter Teams

Tab. 43: KMU-Studie – Berücksichtigung differenzierter Bedürfnisse der Endkonsumenten nach ausgewählten Segmentierungskriterien

Tab. 44: KMU-Studie – Differenzierte Leistungsangebote nach Alter, Geschlecht und internationaler Herkunft

Tab. 45: KMU-Studie – aktuelle und geplante geschlechterdifferenzierte Leistungsangebote

Tab. 46: KMU-Studie – Positive Umsatzentwicklung bei einem geschlechtsdifferenzierten Leistungsangebot

Tab. 47: Aufbau der Konstrukte

Tab. 48: Endverbraucherstudie - Angestrebte Quotierung der Endkonsumentenstudie basierend auf der geschlechtsdifferenzierten Altersstruktur der deutschen Bevölkerung

Tab. 49: Endverbraucherstudie - Quotierung der Endkonsumentenstudie basierend auf der geschlechtsdifferenzierten Altersstruktur der deutschen Bevölkerung

Tab. 50: Endverbraucherstudie – Sample Form des Zusammenlebens

Tab. 51: Endverbraucherstudie – Ausgewählte Aspekte des allgemeinen Konsumverhaltens von Männern und Frauen

Tab. 52: Endverbraucherstudie – Struktur des Netto-Haushalts-Einkommens der in Partnerschaften Lebenden

Tab. 53: Endkonsumentenstudie – Geschlechtsdifferenzierte Beachtung ausgewählter Aspekte beim Lebensmittelkauf

Tab. 54: Endkonsumentenstudie – Geschlechtsdifferenzierte Nutzung von Informationsquellen vor dem Kauf

Tab. 55: Endkonsumentenstudie – Ausgewählte Ergebnisse geschlechtsdifferenziert dargelegten Techniknutzungsverhaltens und der Innovationsneigung

Tab. 56: Endkonsumentenstudie – Annahme gentechnisch veränderter Lebensmittel

Tab. 57: Endkonsumentenstudie – Bsp. 1: Annahme technischer Innovationen aus dem Lebensmittelsegment

Tab. 58: Endkonsumentenstudie – Bsp. 2: Annahme technischer Innovationen aus dem Lebensmittelsegment

Tab. 59: Endkonsumentenstudie – Bsp. 3: Annahme technischer Innovationen aus dem Lebensmittelsegment

Tab. 60: Endkonsumentenstudie – Ausgewählte Eigenschaften der Multiplikatorenneigung von Männern und Frauen

Teil I: Einführung

1 Einleitung

Der weltweite Warenaustausch hat sich in den letzten fünf Jahrzehnten mehr als verhundertfacht (vgl. WORLDַTRADEַORGANIZATION 2006, S. 36). Evident stiegen die Vielfalt potenzieller Märkte und die darin begründeten Kundenanforderungen. Neben der Möglichkeit verstärkt Potenziale internationaler Märkte zu erschließen, stehen die Unternehmen aber auch auf den Binnenmärkten neuen Herausforderungen gegenüber. Bei einer stetig wachsenden Zahl an Konkurrenzprodukten aus In- und Ausland steigt auch hier die Heterogenität von Kundengruppen mit immer individuelleren Ansprüchen. Im Besonderen die Konsumenten der heute zumeist gesättigten Märkte reagieren preissensibler bei parallel steigenden Ansprüchen an Qualität und Service (vgl. DITTRICH 2000, S. 12 f.). Um dem Risiko des Preiskampfes zu entgehen, gilt es bedarfsgenauere Angebote zu entwickeln und so Kundenbindung zu erhöhen (vgl. SPECHT/ BECKMANN et al. 2002, S. 3; TOMCZAK/ DITTRICH 1997, S. 12). In diesem Zusammenhang sind vor allem auch Produktinnovationen als Instrument zur langfristigen Sicherung des Unternehmenserfolgs hoch bedeutend (vgl. z. B. LEGLER/ GEHRKE 2005, S. IV). Die Bedeutung der Entwicklung Erfolg versprechender neuartiger Produkte wächst weiter, wie es die seit über einem Jahrzehnt kontinuierlich steigenden forschungs- und entwicklungsbezogenen Gesamtaufwendungen der nationalen Wirtschaft von knapp 30 auf 47 Mrd. Euro dokumentieren (vgl. STIFTERVERBAND-WISSENSCHAFTSSTATISTIK 2005; vgl. auch LEGLER/ GEHRKE et al. 2004, S. 53).

Demgegenüber steht das Bewusstsein, dass sich ein innovierendes Unternehmen beträchtlichen Unsicherheiten und den daraus resultierenden finanziellen Gefahren aussetzt (vgl. z. B. SPECHT/ BECKMANN/ AMELINGMEYER 2002, S. 24). So zeigen Statistiken, dass nur ein Bruchteil generierter Neuproduktideen zu einem profitablen Ergebnis verhelfen. Und selbst die vielfältigen Selektionsmechanismen, die diese Ideen bis zum Zeitpunkt des Produkt-Launches durchlaufen, garantieren keine befriedigende Erfolgssicherheit. Nach ERNST (2001, S. 3) erreichen lediglich zehn Prozent der eingeführten Waren die durch das jeweilige Unternehmen angestrebten ökonomischen Ziele. Vor diesem Hintergrund hat es sich die Betriebswirtschaft zur besonderen Aufgabe gemacht, beeinflussbare Erfolgsdeterminanten von FuE-Aktivitäten zu identifizieren und auf dieser Grundlage praxisrelevante Handlungsempfehlungen für eine vorteilhafte Gestaltung des Innovationsprozesses abzuleiten (vgl. SPECHT/ BECKMANN/ AMELINGMEYER 2002, S. 30 ff.).

Nahe liegend, dass Erfolg von Innovationsprozessen und Marktaktivitäten in hohem Maße davon abhängen, wie sich neue Ideen und Produkte am Ende bei den Kunden behaupten. Auch ist bekannt, dass beispielsweise kulturelle Unterschiede von Kundengruppen zu spezifischen Präferenzen führen und eine entsprechende Anpassung des Marketing-Mixes erfordern (vgl. z. B. BARTLETT 1986; BEAMISH/ KILLING et al. 1994). Die differenzierte Beachtung von Diversity-Aspekten könnte demnach helfen, das Bewusstsein zu schärfen, bereits frühzeitig in der Technologie- und Produktentwicklung den Blick auf unterschiedliche Kundengruppen zu richten, ihre Zugangsweisen und Präferenzen zu analysieren und den jeweiligen sozialen oder kulturellen Nutzungskontext einzubeziehen (vgl. SCHRAUDNER/ LUKOSCHAT 2006, S. 3). Neben dieser besonderen Marktbeachtung wird im Diversity-Verständnis auch davon ausgegangen, dass eine vielfältige Belegschaftsstruktur, aufgrund ihrer spezifischen Kenntnisse, besser auf die unterschiedlichen Kundenbedürfnisse eingeht und so erhebliche Marketingvorteile erzielen kann (vgl. COX 1995, S. 67; KOSSEK/ LOBEL 1996, S. 371).

Die Motivation dieser Arbeit ergibt sich aus der Herausforderung, Diversity-Aspekte am Beispiel Geschlecht/Gender kontinuierlich aufzuzeigen und aus diesen Erkenntnissen klare Anknüpfungspunkte zur konkreten Nutzbarmachung abzuleiten. Auch gilt es, zu ergründen, ob, wie und zu welchem Zeitpunkt innerhalb der Innovationsentstehung und Vermarktung die Beachtung von Gender-Aspekten zu neuen Ideen und passfähigeren Problemlösungen für Produkt- und Prozessinnovationen führen kann. Aktuelle politische Vorgaben verdeutlichen zudem die Notwendigkeit des Untersuchungsgegenstandes für die Forschung selbst: So hat die EU-Kommission in der Umsetzung des Gender-Mainstraming-Prinzips für das 6. Forschungsrahmenprogramm zur Auflage gemacht, Forschungsanträgen Gender Action Plans beizufügen, die für viele Forschungsgruppen die Frage aufwarfen, warum und wie dieser Aufforderung nachzukommen sei (vgl. SCHRAUDNER/ LUKOSCHAT 2006, S. 5).

Denn trotz einer schier unüberschaubaren Zahl populärwissenschaftlicher Studien und Berichte existieren bis dato lediglich wenige wissenschaftlich fundierte Arbeiten über Gender- und Diversity-Aspekte im Marketing (vgl. BODE/ HANSEN 2005, S. 44 ff.). Auch in der Innovationserfolgsfaktorenforschung finden diese bislang nur geringste Beachtung. Dies legt die Vermutung nahe, dass potenzielle Einflüsse eher gering sind bzw. essenzielle bislang nicht nachgewiesen werden konnten. Können aber in der Arbeit fundiert ökonomisch relevante Unterschiede dargelegt werden, stellt die Beachtung von Gender- und Diversity-Aspekten ein bislang oft vernachlässigtes Potenzial dar. Besonders in den übersättigten Märkten mit stark vergleichbaren Unternehmensleistungen entscheiden auch vergleichsweise geringe, aber passgenaue wahrgenommene Produktdifferenzierungen über Erfolg und Misserfolg.

2 Einordnung und Gang der Arbeit

Hinsichtlich der vorab dargelegten allgemeinen Ansprüche der Wissenschaftstheorie werden grundsätzliche Herangehensweisen, Rahmenbedingungen und besondere Herausforderungen dieser Forschungsarbeit erörtert. Darauf aufbauend folgt die Beschreibung des konkreten Ablaufs der Arbeit.

2.1 Wissenschaftstheoretische Einordnung

Anspruch der Wissenschaftstheorie ist die Schaffung eines einheitlichen theoretischen Fundaments aller Disziplinen der Wissenschaftsforschung, um zur Vergleichbarkeit beizutragen und „die Qualität wissenschaftlicher Aussagen zu sichern“ (vgl. SCHANZ 1988, S. 1). Kern der Wissenschaftstheorie sind neben den Vorraussetzungen und Zielen der wissenschaftlichen Forschung auch die Form der Erkenntnisgewinnung und insbesondere die dafür eingesetzten Methoden (vgl. z. B. RAFFÉE/ ABEL 1979, S. 1). Auch in dieser Arbeit wird die Problematik unterschiedlicher Herangehensweisen und Zielsetzungen der einzelnen Wissenschaften immer wieder deutlich. Denn das Forschungsfeld um die ökonomische Bedeutung von Diversity und Gender bildet eine Schnittstelle verschiedenster Forschungsrichtungen mit zum Teil sehr unterschiedlichen Zielsetzungen und Ansprüchen.

Grundsätzlich basieren wissenschaftstheoriebegründete Anforderungen an Forschungsarbeiten auf ethischen und logischen Argumenten (vgl. SCHREYÖGG/ STEINMANN 1980, S. 2396). Ausgehend von den erkenntnistheoretischen Vorentscheidungen lassen sich folgende vier Grundorientierungen unterscheiden (vgl. KROMREY 1998, S. 60 ff.; WISWEDE 1991, S. 47 ff.):

Analytisch-nomologisch sind alle Ausprägungen des Empirismus und des Positivismus wie zum Beispiel der Rationalismus (vgl. POPPER 1934; POPPER 1963), Idealismus (vgl. SCHISCHKOFF 1982) oder Relativismus (vgl. KUHN 1962 auch KROMREY 1998, S. 61). Der Grundgedanke besagt, dass wissenschaftliche Aussagen als raum-zeit-unabhängige Gesetze formuliert werden können und intersubjektiv prüfbar sind. Charakteristisch hierfür ist das positive Element, welches sich in dem Einsatz empirisch-analytischer bzw. kritisch-rationaler Methoden widerspiegelt (vgl. WISWEDE 1991, S. 47 f.).

(Phänologisch) Hermeneutisch-Dialektisch : Innerhalb der hermeneutisch-dialektischen Ansätze wird die Existenz allgemeiner Gesetze angezweifelt und die Einmaligkeit historisch-gesellschaftlicher Wirklichkeit betont. Darunter fallen kritisch-emanzipatorische Richtungen, die Frankfurter Schule und andere Verstehens-Ansätze (vgl. KROMREY 1998, S. 61; WISWEDE 1991, S. 58).

Dialektisch-Materialistisch: Aufbauend auf marxistischer Schule und Materialismus (vgl. KROMREY 1998, S. 61) ist die dialektisch-materialistische Grundausrichtung hinsichtlich des angestrebten Erkenntnisfortschritts und der Definition adäquater Methoden identisch mit der analytisch-nomologischen Grundrichtung. Der grundsätzliche Unterschied liegt in der Wahl des Forschungsgegenstandes, welcher hier allein dazu dienen darf, „neues Wissen zu erlangen, mit dem wesentliche Probleme der Gesellschaft gelöst werden sollen“ (vgl. KROMREY 1998, S. 60 nach FRIEDRICH/ HENNING 1975, S. 27).

Qualitative Sozialforschung: Bei der letzten der vier benannten Grundausrichtungen, der qualitativen Sozialforschung, werden das Verstehen und der Sinn in den Vordergrund gerückt. Vertreter der qualitativen Sozialforschung gehen davon aus, dass im „Bereich des Sozialen“ keine gesetzmäßigen Regelmäßigkeiten vorherrschen und das Wissen in der Interaktion mit dem Individuum immer wieder neu entwickelt werden muss. Dazu zählen die rekonstruktive Sozialforschung, Natural Sociology, Interpretatives Paradigma oder auch der symbolische Interaktionismus (vgl. WISWEDE 1991, S. 54 f.; KROMREY 1998, S. 26 ff.).

Grundlage der vorliegenden Arbeit ist eine exploratorische, metatheoretische Ausrichtung, welche dem analytisch-nomologischen Ansatz zuzuordnen ist. Nachstehend wird anhand einer kritischen Auseinandersetzung mit dieser Ausrichtung verdeutlicht, warum mit dem Wissenschaftlichen Realismus allerdings nur eine Unterform des Ansatzes in dieser Arbeit Anwendung findet.

Kritische Auseinandersetzung mit dem analytisch-nomologischen Ansatz:

Neben einer allgemeinen Verdeutlichung der Annahmen und Anforderungen der analytisch-nomologischen Ausrichtung liegt folgend ein besonderes Augenmerk auf dem Kritischen Rationalismus, dessen Grundausrichtungen zum Teil in diese Arbeit einfließen. Popper und Albert, die Hauptvertreter des Kritischen Rationalismus, trugen maßgeblich zu dem Verständnis des hypothetischen Rationalismus bei. Demnach existiert eine strukturierte Realität, die unabhängig vom menschlichen Bewusstsein ist und mindestens zum Teil erkennbar ist (vgl. KROMREY 1998, S. 25, 35 f.; WISWEDE 1991, S. 46 ff.). Aussagen über diese Realität haben nur hypothetischen Charakter, und ein naturgetreues Abbild sei demnach nie möglich (vgl. WISWEDE 1991, S. 46). „Kritisch“ wird dabei auf die „Grenzen der Erkenntnisfähigkeit“ bzw. den „rekonstruktiven Charakter der Erkenntnis“ hingewiesen (vgl. KROMREY 1998, S. 38 f.; SCHREYÖGG/ STEINMANN 1980, S. 2397; WISWEDE 1991, S. 51). Objektivität soll somit durch gegenseitige Kritik, basierend auf Grundlage methodischer Regeln, gewährleistet werden (vgl. KROMREY 1998, S. 38). Zu einem wissenschaftlichen Fortschritt kommt es in diesem Ansatz allein durch das Ausscheiden empirisch nicht bewährter Theorien und durch das Hinzunehmen neuer Hypothesen mit vermeintlich höherem Informationsgehalt. Dabei basiert das Falsifikationsprinzip auf dem „deduktiven Argument“. Durch logische Deduktion aus einer Hypothese und einer Randbedingung können Aussagen über singuläre Tatbestände abgeleitet werden (vgl. KROMREY 1998, S. 38).

Im Rahmen dieser Schrift wurden Grundüberlegungen des Kritischen Rationalismus, welche sich auch bei anderen empirischen Wissenschaften/Erfahrungswissenschaften finden, übernommen:

- Es existiert eine „tatsächliche Welt“ (Erkenntnistheoretischer Realismus);
- diese Welt ist geordnet, geregelt und strukturvoll (Gesetze und Kausalitätsprinzipien bestehen);
- es findet ein Rückgriff auf die Empirie als Wissensgrundlage statt (positivistische Orientierung).

Allerdings sind andere Annahmen des Kritischen Rationalismus innerhalb dieser Arbeit nicht tragbar. Eine Diskussion der oben genannten Annahmen führt nachstehend zu einer Präzisierung der hier vertretenen metatheoretischen Ansichten.

Innerhalb des Kritischen Rationalismus werden ausschließlich deduktive Schlussweisen akzeptiert. Somit ist es prinzipiell unmöglich, auf empirisch induktivem Wege zu einer Aussage zu gelangen (vgl. HUNT 1991, S. 235 f., 290; SCHREYÖGG/ STEINMANN 1980, S. 2397). Witte spricht in diesem Zusammenhang von einem „unrealistischen theoretischen Anspruch“ (vgl. WITTE 1977, S. 272). Witte argumentiert weiter, dass unter diesen Umständen vorrangig in den Teilgebieten weiter geforscht wird, in denen bereits weitgehende theoretische Vorarbeit geleistet wurde (vgl. WITTE 1977, S. 271). Zu diesen würde die relativ junge Diversity-Forschung, in der komplexe Zusammenhänge postuliert werden, welche besonders hinsichtlich der ökonomischen Bedeutung wenig wissenschaftlich durchdrungen sind, nicht zählen. Auch hier werden daher deduktive und induktive Schlüsse zugelassen. Vornehmlich wird dieses Vorgehen gewählt, da die Arbeit, welche im Rahmen eines praxisbezogenen Forschungsprojektes entstand, neben dem wissenschaftlichen Erkenntnisbeitrag auch die Ableitung von Handlungsempfehlungen für die Praxis zum Ziel hat. So werden unter Zuhilfenahme des anwendungsorientierten Forschungsansatzes Problemstellungen aus der Praxis durch weitestgehend theoriegestützten Empirismus beschrieben und Kausalitäten abgeleitet. Dies erfordert einen theoretischen (und methodischen) Pluralismus (vgl. HERRMANN 1971, S. 195; RÜHLI 1996, S. 95 ff.). Bedeutend ist dabei, dass sich die Theorien aus verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen zu einem gehaltvollen Erklärungsmodell verbinden lassen. In diesem Sinne sollen verschiedene Sichtweisen nicht als konkurrierend, sondern als sich ergänzend, verstanden werden.

Der Absolutionsanspruch, eine Hypothese vollständig und endgültig falsifizieren zu können, kann nicht gewährleistet werden und ist mit der Forschungspraxis zumeist unvereinbar (vgl. WISWEDE 1991, S. 48 f.; LAZARSFELD 1965). Durch einen positiven Hypothesentest wird nunmehr kein Anspruch auf ein absolut gesichertes Wissen erhoben, vielmehr soll durch Ergebniskumulation eine Annäherung an die Wahrheit erfolgen. Ein weiterer, vor allem im Kontext dieser Arbeit bedeutender Kritikpunkt ist, dass innerhalb des Kritischen Rationalismus keine adäquate Unterscheidung zwischen den Sozial- und den Naturwissenschaften stattfindet (vgl. KUBICEK 1975, S. 48 ff.; POSER 2001, S. 131; WISWEDE 1991, S. 47). Die Erkenntnisse verschiedener Sozialwissenschaften bilden zu großen Teilen die Forschungsgrundlage dieser Arbeit. Hier ist von einer Reihe von Kontextfaktoren, wie zum Beispiel der historischen oder kulturellen Entwicklung, auszugehen. Eine Falsifizierbarkeit wäre wegen der wesentlich höheren Komplexität nahezu unmöglich (vgl. KUBICEK 1975, S. 48 ff.). Auch die Problematik damit einhergehender Messfehler findet im Kritischen Rationalismus keine Berücksichtigung (vgl. KUBICEK 1975, S. 8).

In Konsequenz basiert die Arbeit auf wissenschaftlichem Realismus, welcher der analytisch-nomologischen Grundausrichtung zuzuschreiben ist, der aber versucht, den erläuterten Kritikpunkten des Kritischen Rationalismus zu begegnen. CAUSEY zufolge handelt es sich beim Wissenschaftlichen Realismus, der in der modernen Wissenschaftstheorie eine dominante Bedeutung erlangte, allerdings um keine geschlossene wissenschaftstheoretische Konzeption (vgl. CAUSEY 1979, S. 192). Eher ist die Ausrichtung u. a. unter der Bezeichnung „modern empiricism“ um einige zentrale Schriften gruppiert (vgl. HUNT 1991, S. 379 f.; auch WITTE 1977; PUTNAM 1978). Die Kernelemente des auch hier verfolgten Ansatzes lassen sich wie oben beschrieben zusammenfassen in: 1.) Realistische Orientierung; 2.) Kritische Herangehensweise; 3.) Überzeugung von der Unvollkommenheit der Messinstrumente; 4) somit auch kein Anspruch auf universelle Gültigkeit; 5.) Akzeptanz des induktiven Schlusses; 6.) Theoretischer und methodischer Pluralismus (vgl. LEPLIN 1984, S. 1; LEPLIN 1986, S. 31; MCMULLIN 1984, S. 26; CARNAP 1953, S. 48). Auch wenn der Wissenschaftliche Realismus keine ganz klar abzugrenzende Ausrichtung darstellt und die Inhalte nicht als völlig neu angesehen werden können, ist er doch als ausgewogenes Ergebnis einer konstruktiven wissenschaftstheoretischen Diskussion zu verstehen. Deren Ausgangspunkt die beiden extremen Sichtweisen des Kritischen Rationalismus und des Relativismus ist (vgl. HUNT 1991, S. 393).

FOSI-Prinzip: Wissenschaftstheoretische Begegnung der Diversity

Neben der grundsätzlichen Einordnung der Arbeit in den wissenschaftstheoretischen Hintergrund des Wissenschaftlichen Realismus werden folgend auch Methoden angewandt, mit denen die Wissenschaft speziell auf die Besonderheiten der Diversity-Forschung reagiert. Basis empirischer Untersuchungen der Diversity-Forschung sind objektive Erkenntnisse sowohl aus positivistischen, als auch aus subjektiv-interpretativen Erhebungsmethoden. SCHOLZ / HOFBAUER benannten ein integratives methodisches Grundgerüst zur praktikablen Erfassung von Diversity als FOSI -Prinzip (F unktional- O bjektiv und S ubjektiv- I nterpretativ) (vgl. SCHOLZ/ HOFBAUER 1990, S. 35 ff.; vgl. auch SEPEHRI 2002, S. 46 ff.). Diese Verbindung bedeutet, dass objektiv erfassbare Erfolgsgrößen und Einflussfaktoren benannt werden können, welche positivistisch, quantitativ erhoben werden (z. B. Anzahl entstandener Innovationen oder die Mitarbeiterstruktur). In mehrfacher Hinsicht erfolgt aber auch eine subjektiv-interpretative Deutung. Unter anderem finden Einschätzungen der Organisationsmitglieder zum Diversity-Erfolg Eingang in die Erfolgsgrößen (z. B. die Bewertung der Aussage: „Ein unterschiedlich zusammengesetztes Team verbessert das Projektergebnis.“). Und da bislang kein eindeutiges Konstrukt von Diversity besteht, unterliegen bereits die Operationalisierungsansätze in der Modellentwicklung einem gewissen subjektiv-interpretativem Einfluss (vgl. SEPEHRI 2002, S. 47). Auch in dieser Arbeit wurde auf das FOSI-Prinzip und zum Teil auf subjektiv-interpretative Herleitungen zurückgegriffen, die auf einer bestmöglichen theoretischen und/oder empirischen Basis fußen.

2.2 Merkmale der Wissenschaftstheorie und Gang der Arbeit

Die anhand der Inhalte der vorliegenden Arbeit detailliert ausgeführten Merkmale wissenschaftstheoretischer Arbeit umfassen: 1.) das Forschungsziel; 2.) das Forschungsobjekt; 3.) die Forschungsstrategie und 4.) die Forschungsphasen.

2.2.1 Forschungsziel

Grundsätzlich findet in der Wissenschaftstheorie eine Unterscheidung zwischen theoretischer Grundlagenforschung und angewandter Wissenschaft statt. Die vorliegende Arbeit ist der angewandten Wissenschaft zuzuordnen, deren Zielsetzung von ULRICH / HILL wie folgt definiert wird: „Bei ‚angewandten‛ Wissenschaften steht die Analyse menschlicher Handlungsalternativen zwecks Gestaltung sozialer und technischer Systeme im Vordergrund“ (vgl. ULRICH/ HILL 1976a, S. 305).

Diese Arbeit weist in mehrfacher Hinsicht Praxisbezug auf. Zum einen werden Erkenntnisse aus Praxis-Beobachtungen abgeleitet, zum anderen werden die Ergebnisse dieser Arbeit unmittelbar für Unternehmen und Forschungsinstitute nutzbar sein. Wesentliche, grundlegende und empirische Bestandteile dieser Arbeit entstanden innerhalb eines, vom BMBF initiierten und von der Fraunhofer-Gesellschaft zur angewandten Forschung e. V. in Kooperation mit Wissenschaft und Wirtschaft durchgeführten, Forschungsprojektes „Discover Gender“. Insofern findet der Aspekt des Anwendungsnutzens starke Berücksichtigung bei der Definition des Forschungsziels bzw. -regulativs.

Gesamtforschungsziel

Die übergeordnete Zielsetzung der vorliegenden Arbeit besteht darin, einen Beitrag zum besseren Verständnis der ökonomischen Relevanz der Beachtung von Gender und Diversity im Markt- und Innovationsprozess zu leisten.

Die Untersuchung der ökonomischen Bedeutung marktseitiger Beachtung von Diversity (im Fokus Geschlecht) erfolgt dabei bilateral:

1. durch eine Analyse der Möglichkeiten und Bedeutung einer leistungsspezifischen Berücksichtigung der Diversity des Kunden (am Beispiel der Diversity-Variable Geschlecht)
2. sowie angesichts der Untersuchung des potenziellen Nutzens einer marktentsprechenden divers zusammengesetzten Mitarbeiterstruktur.

Teilforschungsprojekt und Teilprojektforschungsziel

Um die aufgestellten Behauptungen der Auswirkungen einzelner Vielfaltskriterien, inhaltlich exemplarisch zu verdeutlichen und zu untermauern, liegt der Fokus der vorliegenden Arbeit auf der alle Diversitäts-Dimensionen durchdringenden Diversitäts-Variablen „Geschlecht“. Allein durch diese Spezialisierung ist es im Rahmen dieser Arbeit möglich, eine hinreichende Tiefe einer Herausarbeitung konkreter Unterschiede zur plastischen Verdeutlichung und Ableitung konkreter Handlungsempfehlungen zu realisieren.

Durch die spezifische Beachtung marktrelevanter Unterschiede der Geschlechter kristallisiert sich aus dem Gesamtforschungsprojekt ein Teilforschungsprojekt heraus. Forschungsziel dieses Teilprojektes ist es, die ökonomische Bedeutung der Beachtung von Geschlechtsunterschieden zu verdeutlichen. Ein großer Teil der vorliegenden Arbeit ist somit der systematischen Aufarbeitung marktrelevanter Geschlechtsunterschiede gewidmet, welche zum Einen die theoretischen Annahmen der Diversity-Forschung greifbar vermitteln und somit sensibilisierend wirken soll. Zum Anderen dient die Darlegung als Beispiel einer strukturierten Aufarbeitung marktrelevanter Vielfalt. So wird ein Nachvollziehen und eine Übertragung auf eigene unternehmensbezogene Herausforderungen in der Praxis ermöglicht.

Die Vakanz des Forschungsfeldes wird besonders in der konkreten Marktorientierung deutlich. Es zeigt sich eine Diskrepanz zwischen dem „Hype“-ähnlich gestiegenen Interesse verschiedener Communities an den Themenbereichen der Diversity (speziell auch Gender) und der wissenschaftlichen Durchdringung eines marktorientierten Diversity-Konstruktes (vgl. VAZQUEZ/ SANTOS et al. 2001, S. 69). Konstatieren lässt sich an den wenigen wissenschaftlich fundierten Arbeiten zudem, dass die Konzeptualisierung von Marktorientierung dürftig anhand konkreter Praxisaktivitäten erfolgte (vgl. KOK/ HILDEBRAND et al. 2003, S. 138).

2.2.2 Forschungsobjekt

Zur näheren Bestimmung des Forschungsobjektes erfolgt eine Unterteilung in Erkenntnis- und Erfahrungsobjekt. Während Erfahrungsobjekte den Gegenstand der Betrachtung darstellen, wird mit der Umschreibung des Erkenntnisobjektes „der besondere Aspekt, vor dem Hintergrund des Erfahrungsobjektes betrachtet und durch eine weitergehende, gedankliche Isolierung präzisiert“ (vgl. RÜHLI 1996, S. 30). In der vorliegenden Arbeit werden eigentlich zwei Forschungsobjekte untersucht.

I.) In der eigentlichen empirischen Untersuchung stellen die Erfahrungsobjekte die Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht dar (vgl. ULRICH 1984, S. 1). Um die Komplexität dabei zu reduzieren, flossen allein Erkenntnisse aus in Deutschland ansässigen Unternehmen ein. Das Erkenntnisobjekt bildet in der vorliegenden Arbeit die Beachtung von Gender- und Diversity-Aspekten am Markt. Es setzt sich aus zwei konstitutionellen Elementen zusammen:
1. der leistungsspezifischen Berücksichtigung der Diversity des Kunden am Markt
2. der Berücksichtigung der Diversity in der Mitarbeiterstruktur.

II.) Innerhalb dieser diversitätsorientierten Hauptuntersuchung wird der Fokus auf die Unterschiede der Geschlechter gelegt. Diese werden folgend im weiteren Sinne als zweites Forschungsobjekt betrachtet. Die genderfokussierte Untersuchung dient zum Einen der Sensibilisierung und strukturierten Wissensdarlegung zu dieser Thematik, soll aber andererseits gegebenenfalls Handlungsbedarf aufzeigen und eine potenzielle ökonomische Relevanz der Diversity-Forschung inhaltlich untermauern.

Erfahrungsobjekt sind bei diesem „Teil-“Forschungsobjekt die Geschlechter in der westlichen (vorrangig deutschen) Gesellschaft. Zu den Erkenntnisobjekten zählen die soziografischen, demografischen, psychologischen und anatomischen Besonderheiten von Mann und Frau sowie deren Auswirkungen auf das Konsumverhalten.

2.2.3 Forschungsphasen und Forschungsstrategien

Die Abbildung 01 verdeutlicht den Aufbau und die Integration des Teilforschungsprojektes in das gesamte Gefüge der Arbeit.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 01: Gang der Arbeit (eigene Darstellung)

Nach FRIEDRICHS lässt sich der Forschungsprozess prinzipiell in drei Phasen unterteilen: die Entdeckungsphase, die Begründungsphase und die Phase der Darlegung des Verwendungszusammenhangs (vgl. FRIEDRICHS 1990, S. 50 f.), welche nachstehend anhand der Inhalte dieser Arbeit präzisiert werden.

In der Entdeckungsphase soll der gedankliche Bezugsrahmen der Arbeit geschaffen werden, hier im „Einleitenden Teil“ (Kap. I. 1,2). Neben der Darlegung des Forschungsanlasses findet sich dabei auch eine Abgrenzung der Problemstellung sowie die Generierung erster Annahmen und Hypothesen (vgl. FRIEDRICHS 1990, S. 50 ff.; KROMREY 1998, S. 77 f.; ULRICH/ HILL 1976a, S. 306; WISWEDE 1991, S. 79 ff.). Eine allgemeine theoretische Grundlage der Diversity-Forschung wird in Teil II. 3 geschaffen. Der Fokus der vorliegenden Arbeit liegt hierbei auf dem anschließenden Wissenstransfer aus verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen zur Verdeutlichung der theoretischen Annahmen marktrelevanter Unterschiede am Beispiel des Diversity-Kriteriums „Geschlecht“ (vgl. Teilforschungsprojekt: Kap. III. 4, 5 u. IV. 6). Im folgenden Teil V. 7 sind beispielhaft die theoretischen und empirischen Befunde von drei unterschiedlichen Forschungsrichtungen zum Erfolg durch die Diversity-Beachtung dargelegt. Dieser Teil bildet die Schnittstelle zwischen der eher dokumentierenden Entdeckungsphase und der verstärkt hinterfragenden Begründungsphase. Nach ULRICH / HILL findet in der Begründungphase eines Forschungsprojektes die empirische Überprüfung des Zusammenhangs innerhalb des geschaffenen gedanklichen Bezugsrahmens statt. Zentrale Frage dabei ist, ob die vorhandenen Hypothesen und Modelle auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüft werden können. Gemeinhin ist das der Fall, wenn in Anlehnung an das verwendete Konstrukt der Subjektivitätsproblematik sowie der Induktionsproblematik argumentativ schlüssig begegnet werden kann (vgl. ULRICH/ HILL 1976a, S. 306).

Anhand von insgesamt drei im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten empirischen Studien werden im Teil VI. 8 entlang des erweiterten Produktlebenszyklusses aufgestellte Hypothesen weiter differenziert, auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüft sowie die Ergebnisse dargelegt und kritisch gewürdigt. Dabei wird auch aufbauend auf die ersten Ansätze aus dem Teil V. 7 die Modellentwicklung/-ableitung zur Überprüfung der ökonomischen Relevanz von Diversity vertiefend behandelt.

In der dritten und letzten Phase, der Verwendungsphase, werden Zweck und Möglichkeiten der Verwertung gewonnener Erkenntnisse geprüft und verdeutlicht (vgl. ULRICH / HILL 1976a, S. 306 f.). In der vorliegenden Arbeit wird diese Phase geteilt. Zum Einen werden Ergebnisse aus dem Teilforschungsprojekt jeweils am Ende der Darlegung leistungsnutzungsbezogener Wissensbestände „der“, „des“ und „vom Kunden“ (IV. 6.1-3) sowie zusammenfassend entlang eines Gender-Aspekte beachtenden Marketingmixes dargestellt (IV. 6.4). Zum Anderen findet sich ein Gesamtfazit einschließlich Handlungsempfehlungen und Implikationen für Wissenschaft und Praxis im letzten Abschnitt VII. 9.

Herausforderungen und strategische Begegnung: In jeder der genannten Forschungsphasen treten spezifische Probleme realwissenschaftlichen Denkens auf. Dies können zum Beispiel Subjektivitätsprobleme, Wahrnehmungsfilter, Interessensbezogenheit oder Kommunikationsschwierigkeiten sein, die wiederum den Forschern bewusst oder unbewusst sind. Besonders bei den hier aufgegriffenen Forschungsfeldern „Gender“ und „Diversity“ spielen diese subjektiven Verzerrungen eine besondere Rolle. Das Forschungsfeld „Diversity“ bildet eine Schnittstelle verschiedenster Forschungsrichtungen. Einerseits trägt diese Tatsache zu einem besonders vielfältigen Erkenntnisgewinn bei. Andererseits führt dies aber eben auch dazu, dass die Ergebnisse, die aufgrund mehr oder weniger stark divergierender Forschungsziele, Ansprüche und Herangehensweisen der einzelnen Wissenschaftsausrichtungen entstanden sind, zum Teil nur leidlich vergleichbar oder gar widersprüchlich sind. Beispielhaft werden hierzu folgend dargelegter Gang und essenzielle Aussagen der feministischen Forschung genannt. Im Rahmen der feministischen Forschung wird insbesondere der feministischen Wissenschaftstheorie große Bedeutung zugesprochen. Sie ist dementsprechend häufig untersucht.

Grundsätzlich ist die feministische Wissenschaftstheorie als eine philosophische Disziplin zu verstehen, welche die Geschlechtervorstellungen in den Wissenschaften kritisch reflektiert. Einer der größten Kritikpunkte der feministischen Wissenschaftstheoretiker an der allgemeinen Wissenschaftstheorie ist die im Grundsatz angezweifelte Wertneutralität der Wissenschaften. In diesem Zusammenhang sehen die Vertreter dieser Richtung die Notwendigkeit einer grundlegenden Wissenschaftskritik unter Bezugnahme feministischer Theorien. Da die feministischen Wissenschafts-theoretiker zum Teil in einflussreicher Weise allgemeine wissenschaftstheoretische Fragen thematisieren, entziehen sich auch die allgemeinen Wissenschaftstheoretiker nicht dieser Diskussion. Im Gegenzug wird meist in gleicher Weise den feministischen Ansätzen ein stark subjektiver Einfluss unterstellt. Somit wird auch und im Besonderen, bei diesen feministischen Theorien, die für einen vergleichbaren wissenschaftlichen Ansatz unabdingbare Neutralität angezweifelt (vgl. hierzu ausführlich STANFORDַENCYCLOPEDIAַOFַPHILOSOPHY 2000 / 2007).

Während der zahlreichen Diskussionen wurde bislang keine allgemein akzeptierte Einigung erzielt. In vielen Extremdebatten wird vielmehr der Eindruck eines gegenseitigen Anklagens geweckt, als dass der Versuch deutlich wird, die Aspekte der Gegenseite wirklich aufzunehmen. In der Konsequenz für diese Arbeit werden die einzelnen, ermittelten Ergebnisse im Bewusstsein dieser Problematik kritisch und aus verschiedenen Perspektiven hinterfragt. Dafür wird in Anlehnung an die Grundannahme des Kritischen Rationalismus, der als ausgewogenes Ergebnis zweier Extremsichten (Rationalismus und Relativismus) gilt, versucht, die Ergebnisse ausgewogen, möglichst wertfrei und unter Berücksichtigung der verschiedenen Aspekte darzulegen. Abermals wird darauf hingewiesen, dass daher kein Anspruch auf eine absolute Wahrheit erhoben werden kann. Vielmehr wird versucht, sich schrittweise, unter Zuhilfenahme allgemein anerkannter Forschungsstrategien, der Realität zu nähern und darauf aufbauend, Empfehlungen für den Umgang mit der beschriebenen Komplexität abzuleiten.

Forschungsstrategien

Grundsätzlich werden in der Wissenschaftstheorie die drei Forschungsstrategien „Erheben und Systematisieren“, „Deduktion“ und „Induktion“ unterschieden.

Erheben und Systematisieren: Innerhalb der auch als logisch-deskriptiv benannten strategischen Ausrichtung des „Erhebens und Systematisierens“ wird ein Begriffssystem geschaffen und dessen Anwendung in Forschungsobjekten beschrieben (vgl. ULRICH/ HILL 1976b, S. 347). Mittels dieses Verfahrens werden in der vorliegenden Arbeit der relevante Erkenntnisstand der Diversity-Forschung (vgl. Kap. II. 3, V. 7) sowie die marktrelevanten Unterschiede der Geschlechter (vgl. Abschnitt IV) systematisch und strukturiert dargelegt.

Deduktion: Unter analytisch deduktiven Verfahren werden alle logischen (tautologischen) Schritte, die ohne zusätzliche Induktionsschlüsse auskommen, insbesondere die deduktive Konstruktion von Modellen und ihre analytische Auswertung, summiert. Im Rahmen dieser Arbeit erfolgt die Modellkonstruktion, die Ableitung der meisten Hypothesen sowie die Transformation der theoretisch postulierten Zusammenhänge weit gehend mittels analytisch deduktiver Techniken (vgl. Ende V. 7 und Anfang VI. 8).

Induktion: Empirisch-induktive Aktivitäten beschreiben statistische Untersuchungen, die durch Generalisierung von Einzelbeobachtungen sowie durch Zuhilfenahme empirischer Überprüfung Erkenntnisse gewinnen (vgl. ULRICH / HILL 1976b, S. 347). Die Konzeption des Forschungsmodells wird aufgrund qualitativer Expertengespräche erweitert. Zudem lassen sich die vorläufigen Annahmen des Modells als Theorie sowie die Untersuchung von Zusammenhängen zwischen den beobachteten Variablen z. T. als empirisch-induktive Verfahren bezeichnen (vgl. V. 8,9).

Teil II: Diversity - Theoretischer Erkenntnisstand

3 Komplexität der Sichtweisen von Diversity

Das Themenfeld „Diversity“ hat sich in den vergangenen Jahren verstärkt zu einem Untersuchungsobjekt divergierender, vorrangig sozial- und betriebswirtschaftlicher Forschungsrichtungen entwickelt (vgl. KRELL 1996, S. 341; VEDDER 2003, S. 5). Trotz ausgeprägtem Interesse der Wissenschaften ist aus der einschlägigen Literatur keine einheitliche Spezifizierung zu entnehmen.

Auch in der Praxis findet sich trotz stark gestiegener Beachtung kein umfassendes, allgemein anerkanntes und einheitliches Verständnis von Diversity. Vielmehr hat sich aufgrund der Mannigfaltigkeit der Diskussionsbeteiligten und der dahinter stehenden Interessensgruppen ein vages, komplexes und beinahe unübersichtliches Bündel von Meinungen und Sichtweisen entwickelt (vgl. GILBERT/ STEAD et al. 1999, S. 61 f.; HON/ BRUNNER 2000, S. 309; SEPEHRI 2002, S. 75 f.; SEPEHRI/ WAGNER 2002).

So stellen beispielsweise die Autoren Dass und Parker fest: „…yet, as several writers have observed, diversity can be viewed through lenses other than legal or ethical, and diversity has been defined, studied, and approached in quite different ways“ (DASS/ PARKER 1999, S. 69 zitiert nach SEPEHRI 2002, S. 75). Ähnliche Aussagen finden sich auch in den Werken von THOMAS 1991; HERRIOT/ PEMPERTON 1995; THOMAS/ ELY 1996; COX/ NIKOMO 1996; DASS/ PARKER 1999 sowie ROSENZWEIG 1999. Hinderlich für eine Zusammenführung und Verdichtung relevanter wissenschaftlicher Beiträge ist demzufolge weniger die Vakanz des Forschungsfeldes, als vielmehr die teilweise gar widersprüchlichen Interpretationen innerhalb verschiedenster Publikationen (vgl. DASS/ PARKER 1999, S. 68 f.; WAGNER/ SEPEHRI 2000a, S. 456; WILLIAMS/ O´REILLY 1998, S. 80).

Ein Konsens lässt sich jedoch feststellen: Im Mittelpunkt der Diversity-Diskussionen stehen die individuellen Unterschiede bzw. Ausprägungen von Menschen.

3.1 Diversity-Definition: Entwicklung eines Konstrukts

Die Entwicklung des Diversity-Verständnisses entspricht einer systematischen, nicht zwingend chronologischen, Erweiterung eines Konstrukts (vgl. auch SEPEHRI 2002, S. 87 ff.). Folgend werden bedeutende Perspektiven und dafür einbezogene Indikatoren zur Beschreibung des Diversity-Konstrukts auf das Wesentliche beschränkt dargelegt.

3.1.1 Ursprung und Entwicklung des Diversity-Verständnisses

Abbildung 02 verdeutlicht den Zusammenhang der relevantesten Diversityperspektiven. Innerhalb der ersten 4 Kategorien werden folgende Unterschiede klassifiziert: A) sichtbare, B) demografische und sozioökonomische, C) kulturelle und wertebasierte und D) jeglicher Art. Dabei sind die dargestellten Konstrukte nicht als voneinander unabhängig zu verstehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 02: Entwicklung des Diversity-Verständnisses (eigene Darstellung)

Auch wenn nicht jeder sichtbare Unterschied wie zum Beispiel eine körperliche Behinderung ein demografischer oder sozioökonomischer Unterschied ist und umgekehrt nicht jeder demografische Unterschied (wie zum Beispiel das Einkommen) automatisch sichtbar ist, finden sich doch zahlreiche Überschneidungen einzelner Kategorien im Modell. So sind beispielsweise demografische Unterschiede wie das Alter, das Geschlecht oder die Rasse im „Normalfall“ gleichermaßen sichtbare Unterschiede. Auch sind die Kategorien A-C des gegenwärtigen Diversity-Verständnisses Teilmenge der Kategorie D Unterschiede jeglicher Art und diese wiederum von dem allumfassenden Verständnisansatz Unterschiede und Gemeinsamkeiten (Kategorie E). Die einzelnen Verständnisansätze sowie deren Hintergründe werden im Kern erläutert.

A. Ursprüngliche Auslegung: Alle sichtbaren Unterschiede von Individuen

Der Ursprung der heutigen Diversity-Diskussion geht auf die sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts zurück. Entstanden in den USA, wurde unter Diversity vor allem Verschiedenartigkeit in Bezug auf die Hautfarbe verstanden. So wurde von der Equal Opportunity Commission, einer staatlichen Kommission gegen Diskriminierung, „Diversity“ als alle sichtbaren Unterschiede von Individuen definiert.

In der ursprünglichen US-amerikanischen Diversity-Forschung liegt das Hauptaugenmerk zudem auf so genannten "workforce issues", also auf der Vielfalt bestehender und potenzieller Mitarbeiterschaft (vgl. KOSSEK/ LOBEL 1996, S. 2; SEPEHRI 2002, S. 80; WAGNER/ SEPEHRI 2000a, S. 456). Weiter geht man in diesem Verständnisansatz davon aus, dass trotz einer mehr oder weniger stark ausgeprägten sichtbaren Vielfalt in Bezug auf Alter, Geschlecht, Rasse innerhalb der Organisation immer eine „dominante Gruppe“, welche das „homogene Ideal“ eines Mitarbeiters verkörpert, existiert. Zumeist war (ist?) dieses „homogene Ideal“ weiß, männlich und etwa 30 - 50 Jahre alt. Diese Gruppe hat die Mehrzahl der Führungspositionen inne und prägt auch stark die Organisationskultur (EMMERICH/ KRELL 2001, S. 423). In Bezug auf dieses „homogene Ideal“ konkretisiert FINE die „sichtbaren Unterschiede“ weiter als „[…] any group of people other than white males…“ (vgl. FINE 1996, S. 487; auch VOIGT 2003, S. 3). Basierend auf dieser ersten Charakterisierung von Diversity wurden vorrangig die Attribute Rasse / ethnische Herkunft, Geschlecht und Alter unter moralischen bzw. ethischen Gesichtspunkten betrachtet. In der Literatur wird diese Sichtweise auch als „traditionelles“ oder „klassisches“ Diversity-Verständnis bezeichnet (vgl. SEPEHRI/ WAGNER 2002, S. 128).

B. Begriffsausweitung: sozioökonomische und demografische Unterschiede

Dieses Verständnis wurde von einer Vielzahl Autoren aufgegriffen und um eine Reihe weiterer demografischer und sozioökonomischer Unterschiede erweitert. So definiert beispielsweise FINE Diversity: „… as demographic characteristic such as age, gender, education, ethnicty, nationality, work status…“ (FINE 1996, S. 487; nach VOIGT 2003, S. 3). Auch Robinson / Dechant (1997) integrieren demografische und sozioökonomische Aspekte neben einer Reihe nun auch organisationsbezogener Faktoren, wie zum Beispiel die Hierarchieebenen am Arbeitplatz, in ihren Definitionsansatz (vgl. ROBINSON / DECHANT 1997, S. 22 ff.; SEPEHRI 2002, S. 87).

C. Begriffsausweitung: kulturelle Unterschiede und Werte

Die Debatte um die Begriffsbestimmung wird Anfang der neunziger Jahre um die Ausprägung „Kultur“ erweitert. In dieser Zeit wird u. a. in Anlehnung an COX 1993; HENDERSON 1994 und WATSON/ KUMAR et al. 1993 von „Cultural Diversity“ gesprochen. Auch REED/ KELLY 1993 (S. 42 ff.) ergänzen weitere u. a. kulturelle Aspekte wie: Ziele, Glauben, Wertvorstellungen, Rollenverständnisse und Denkweisen.

D. Begriffsausweitung: Jegliche Unterschiede - “all the ways in which we differ“

In der heutigen Betrachtungsweise spielt eine Vielzahl weiterer Kriterien eine bedeutende Rolle. So dehnt beispielsweise Thomas, als einer der Wegbereiter der aktuellen Diversity-Forschung, bereits 1991 das Forschungsfeld wie folgt aus:

"Managing Diversity defines Diversity broadlyIt goes beyond race and gender."…

"...it extends to age, personal and corporate background, education, function and personality. It includes lifestyle, sexual preference, geographic origin, tenure with the organisation, exempt or nonexempt status, and management or nonmanagement... White males are as diverse as their colleagues." (THOMAS 1991, S. 10). Auch LODEN/ ROSENER 1991b betonen, dass […]„it is the vast array of physical and cultural differences that constitute the spectrum of human diversity. From the subjective point of view, diversity is otherness or those human qualities that are different from our own and outside the groups to which we belong, yet present in other individuals and groups”. Ebenso sind die Ansätze von Triandis, Kurowski und Gelfand weit gefasst und schließen jegliche Art von Unterschieden von menschlichen Individuen mit ein. Sie definieren: "...any attribute that humans are likely to use to tell themselves, 'that person is different from me.” (TRIANDIS/ KUROWSKI et al. 1994, S. 772).

Bündig schreibt Hayles: „All the ways in which we differ“ (HAYLES 1996, S. 105). Diese Definitionsweise setzt sich z. T. in der aktuellen Literatur fort. So determiniert beispielsweise Schwarz-Wölzl/ Maad in Anlehnung an Shapiro Diversity als „all jene menschlichen Identitäten und Charakteristika, die unterscheidend zu anderen Menschen stehen“ (SCHWARZ-WÖLZL/ MAAD 2004, S. 7; vgl. auch SHAPIRO 2000, S. 309).

E. Begriffsausweitung: Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Es ist abermals Thomas der 1996 erneut den Begriff entscheidend erweitert. Der nun allumfassende Ansatz integriert nicht nur die Unterschiede der Individuen, sondern auch die Gemeinsamkeiten. So schreibt Thomas: „Diversity is not synonymous with differences but encompasses differences and similarities. […] Diversity refers to the collective (all inclusive) mixture of differences and similarities along a given dimension.” (THOMAS 1995/ 1996; vgl. auch WÄCHTER/ FÜHRING 2004, S. 11).

[…] This is a critical distinction. It means that when you are making managerial decisions, you no longer have the option of dealing with only the differences or similarities present in the situation; instead you must deal with both simultaneously” (THOMAS/ ELY 1996 zitiert nach VOIGT 2001, S. 3). Um ungeachtet der weitreichenden Begriffsauslegung den nun aktuellen, diversitätsbezogenen Forschungsstand zu umschreiben, herrscht in der einschlägigen Literatur soweit Konsens, dass ein holistischer Definitionsansatz formuliert werden soll (vgl. SCHWARZ-WÖLZL/ MAAD 2004, S. 7; SHAPIRO 2000, S. 309; SINGH 2002, S. 2). Nur so ist es möglich, der Vielfältigkeit an Dimensionen gerecht zu werden. So definiert beispielsweise Sepehri 2002: „ Diversity als Verschiedenartigkeit bzw. alles, worin sich Menschen unterscheiden oder ähneln.“ (SEPEHRI 2002, S. 77).

3.1.2 Relevanz einer einheitlichen Determination von Diversity

Es wird deutlich, dass eine nahezu unüberschaubare Anzahl von Eigenschaften zum Gegenstand diversitätsbezogener Betrachtungen gemacht wird. Hinzu kommt, dass die jeweilige Betrachtungsweise, verstärkt von dem personenbezogenen, geografischen Lebensmittelpunkt, der kulturellen und sozioökonomischen Abstammung sowie der unternehmerischen Tätigkeit und Profession der Autoren abhängt (vgl. SEPEHRI 2002, S. 75). Als positiv an diesem unspezifischen Ansatz wird die Möglichkeit verstanden, die sich ggf. erst im Rahmen zukünftiger Untersuchungen als relevant erweisenden Dimensionen einzubeziehen. Der gravierende Nachteil der aufgezeigten holistischen Auslegung des Diversity-Begriffes ist die hohe Komplexität und die nahezu unmöglich scheinende Operationalisierung des Konstrukts. Dies wiederum zieht Standardisierungsprobleme und somit mangelnde Vergleich- und Meßbarkeit nach sich. Hieraus und aus dem Anspruch möglichst viele Dimensionen der Vielfalt nicht nur einzubeziehen, sondern auch zu managen, resultiert die unter den Autoren dominierende Überzeugung, dass der Terminus soweit wie möglich definiert werden soll (vgl. SCHWARZ-WÖLZL/ MAAD 2004, S. 7). Im folgenden Abschnitt werden Klassifizierungsansätze grundlegender und aktueller Publikationen aufgezeigt, verglichen und soweit möglich eingeordnet.

3.1.3 Klassifizierungsansätze der Diversity-Kriterien

Eine Vergleichbarkeit wissenschaftlicher Ergebnisse der Diversity-Forschung wird neben der aufgeführten Perspektivenvielfalt humaner Diversity (in Unternehmen) durch eine Mannigfaltigkeit von Klassifizierungsansätzen erschwert. Folgend werden bedeutende Ansätze einschlägiger Literatur selektiv, verdichtet aufgeführt und anschließend im Zusammenhang dargestellt.

Persönlichkeitsdimensionen von Diversity

Im Grundlagenwerk „Workforce America!“ klassifizieren Loden und Rosener (1991) die einzelnen Merkmale der Vielfalt in „vier Persönlichkeitsdimensionen der Diversity“ (vgl. Abbildung 03).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 03: Die vier Persönlichkeitsdimensionen von Diversity nach LODEN / ROSENER ( OHMS/ SCHENK 2003 , S. 4 nach LODEN/ ROSENER 1991a , S. 20)

Ausgehend von der Kerndimension „Persönlichkeit“ werden weiter die in Bezug auf die Person „innere“ und „äußere Dimension“ unterschieden, die wiederum innerhalb der „organisationalen Dimension“ fungieren. Zur inneren Dimension, später z. B. von VOSS 1998 auch als primäre Dimension bezeichnet, zählen Charakteristika die unveränderlich, angeboren und mehr oder weniger sofort erkennbar sind. Die Autoren sprechen hier vorrangig von Attributen der klassischen Diversity-Forschung wie Geschlecht, Alter, Hautfarbe, Rasse, ethnische Herkunft und physische Fähigkeiten/körperliche Behinderungen und sexuelle Orientierung (auch wenn diese zumeist nicht unmittelbar erkennbar ist; vgl. LODEN/ ROSENER 1991a). Zur äußeren oder auch sekundären Dimension zählen etwa Einkommen, beruflicher Werdegang, geografische Lage, (religiöser) Glaube, Arbeitserfahrung, (Aus-)

Bildungsstand, Familienstand oder Elternschaft (vgl. SCHWARZ-WÖLZL 2005, S. 7; RASMUSSEN 1996 zitiert nach BAMBERGER/ KRETZ et al. 2004, S. 7). Kriterien der äußeren Dimension sind weder angeboren noch unveränderbar, deren Ausprägung kann aber durchaus Folge primärer/innerer Attribute sein.

Die sekundäre Dimension ist für den Betrachter weniger offensichtlich als die primäre Dimension. Dies führt dazu, dass eine Klassifizierung anhand der primären Dimensionen schneller zu einer negativen Stereotypisierung und Vorurteilsbildung führt, (vgl. SCHWARZ-WÖLZL 2005, S. 7; BAMBERGER/ KRETZ/ TABOGA 2004, S. 7). Auch ist die Reaktion im Falle einer sekundären Kategorisierung weniger sensibel. An Aktualität hat diese vorrangig auf Veränderbarkeit begründete Unterscheidung zwischen primären und sekundären Diversity-Dimensionen nicht verloren. So wird sie beispielsweise von der Deutschen Gesellschaft für Diversity Management (DGDM) auch heute genutzt. Loden und Rosener unterscheiden außerdem eine weitere, die organisationale, Dimension. Somit gelingt den Autoren die Verknüpfung der Person (geprägt durch Persönlichkeit, innerer und äußerer Dimension) mit der Organisation, in der sie wirkt. Das Organisationsmitglied wird beschrieben durch Attribute wie: Dauer der Zugehörigkeit, Management Status, Funktion/Einstufung, Gewerkschaftszugehörigkeit, Abteilung u. s. w. (vgl. LODEN/ ROSENER 1991a).

Fixed and fluid Dimensionen von Diversity

Eine ebenfalls auf Veränderbarkeit begründete, aber stärker komprimierte Klassifizierung, nimmt LITVIN 1997, später z. B. übernommen von LORBIECKI/ JACK 2000, vor. LITVIN differenziert in 6 fixed und 8 fluid dimensions of difference.

Fixed dimensions of difference beinhalten die Attribute: 1. Alter, 2. Ethnizität, 3. Geschlecht, 4. Physische Attribute/Fähigkeiten /Behinderung, 5. Rasse und 6. sexuelle Orientierung, welche angeboren und (mehr oder weniger) unveränderbar sind. Bis auf die „Hautfarbe“, die Loden und Rosener explizit aufführen, entsprechen diese den erläuterten primären Dimensionen.

Zu den Fluid dimensions of difference zählt LITVIN: 1. Bildung, 2. geografischer Hintergrund, 3. Einkommen, 4. Familienstatus, 5. militärische Erfahrung, 6. Elternschaft, 7. Religion und 8. Arbeitserfahrung, welche „fließend“ also veränderbar sind (LITVIN 1997 zitiert nach LORBIECKI/ JACK 2000, S. 25). Die Einteilung nach „Veränderbarkeit“ der Diversity-Ausprägungen besitzt auch größte Relevanz in Hinblick auf die Antidiskriminierungsgesetze des EG-Vertrags. So sieht der 1999 verabschiedete Antidiskriminierungs-Artikel 13 des EG-Vertrages in der Fassung des Amsterdamer Vertrags vor: „[…] Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung (zu) bekämpfen“ (EUROPÄISCHESַPARLAMENT 1999, S. 10). Dieser Artikel enthält ebenso die sechs fixed dimensions of difference nach LITVIN 1997 als auch die primären Dimensionen nach LODEN und ROSENER (1991).

Grad der Wahrnehmbarkeit

Neben dem Grad der Veränderbarkeit ist vor allem auch der Grad der Wahrnehmbarkeit ein in der Diversity-Forschung häufig verwendetes Klassifizierungskriterium. In Anlehnung an CUMMING/ ZHOU et al. 1993 klassifizieren beispielsweise auch MILLIKEN/ MARTINS 1996 und VEDDER 2003 (S. 5) nach dem Grad der Wahrnehmbarkeit in zwei Hauptkategorien:

a) wahrnehmbare Unterschiede auch observable differences, readily detectable attributes oder surface-level diversity und
b) nicht oder nur kaum wahrnehmbare Unterschiede auch unobservable differences, less visible, underlying attributes oder deep-level diversity.

1. observable differences / readily detectable attributes

In der Literatur werden die wahrnehmbaren Unterschiede „observable differences“ auch als „harte“ oder „traditionelle“ Erscheinungsformen der Vielfalt bezeichnet.

Hierunter werden all jene Merkmale, die direkt erkenn-, wahrnehm- oder spürbar sind, verstanden. Dazu gehören: Geschlecht, Alter, Rasse, ethnische Herkunft, körperliche Behinderungen und Nationalität. Aufgrund der Augenscheinlichkeit dieser Merkmale spielen diese bei sozialen Kategorisierungsprozessen und Gruppenkompositionen sowie Bildung von Stereotypen und Vorurteilen eine besondere Rolle (vgl. MILLIKEN/ MARTINS 1996, S. 403; SACKMANN/ BISSELS et al. 2002, S. 45; SEPEHRI 2002, S. 90 f.; AGARS/ KOTTKE 2004, S. 73).

2. unobservable differences/ less visible or underlying attributes

Nicht oder kaum wahrnehmbare Unterschiede („unobservable differences“) auch „weiche“ Erscheinungsformen werden wiederum unterteilt in:
a) „Werteunterschiede“ – hierzu gehören Unterschiede in Bezug auf Einstellung, Persönlichkeit, kulturelle Werte, Religion etc. und
b) „Fähigkeiten- und Wissensunterschiede“ – hierunter werden Kategorien subsumiert wie Bildung, Sprache, Berufserfahrung und Fachkompetenz.

Evident betonen AGARS/ KOTTKE den bedeutenden Einfluss der nicht/kaum ersichtlichen Diversity-Attribute der Mitarbeiter, der je nach Qualität und Verteilung, auf Arbeitsleistung und Unternehmensergebnis im Ganzen wirkt (vgl. AGARS/ KOTTKE 2004, S. 73)[1].

Personenimmanente und verhaltensimmanente Unterschiede

Um die Diskussion über die akademische Klassifizierung von Diversity abzuschließen, wird noch der Ansatz von Thomas erwähnt. In diesem Untersuchungsansatz kommt der Frage „WARUM sind Menschen unterschiedlich?“ eine besondere Bedeutung zu. Die Autoren unterteilen Diversity hierzu in personenimmanente, auch attributive, und verhaltensimmanente Unterschiede. Unter personenimmanenten/attributiven Unterschieden werden versteht THOMAS (2001) ethnische Gruppenzugehörigkeit, Alter und Bildungsniveau. Verhaltensimmanente Merkmale sollen erklären, „wie Menschen in bestimmten Situationen reagieren als Folge oder Nicht-Folge ihrer personenimmanenten Eigenschaften“ (vgl. THOMAS 2001, S. 40).

Zusammenfassung der Klassifizierungsansätze

Die bedeutendsten Klassifizierungsansätze sind verdichtet im so genannten Diversity-Portfolio dargestellt (vgl. Abb. 04). In der Horizontalen ist von rechts nach links zunehmend das Ausmaß der Wahrnehmbarkeit der Merkmale, in der Vertikalen sind die personenzentrierte (oben) sowie als Gegenpol die organisationszentrierte Betrachtung (unten) abgebildet. Der Aspekt „Veränderbarkeit“ ist durch die von LITVIN 1997 definierten „fixed dimensions“, gekennzeichnet mit einem „*“, im Portfolio (vgl. auch Kap. II. 3.2.2) dargestellt. Die Grafik verdeutlicht, dass der Schwerpunkt der Diversity-Untersuchungen, wie auch dessen Ursprung, auf den personenzentrierten Merkmalen liegt. Dabei bestehen zwischen den personenzentrierten Merkmalen der Kategorie „wahrnehmbar“ und der Kategorie „nicht wahrnehmbar“ mehr oder weniger starke Wechselbeziehungen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

* fixed dimensions of diversity

Abb. 04: Das Diversity-Portfolio (eigene Darstellung in Anlehnung an LITVIN 1997 ; zitiert nach LORBIECKI/ JACK 2000 , S. 25; MILLIKEN/ MARTINS 1996 , S. 403; THOMAS 1995/ 1996 , S. 246; CUMMING/ ZHOU/ OLDHAM 1993 ; PETERS/ LAENG et al. 1995 ; TSUI/ EGAN et al. 1992 ; VEDDER 2003 )

Zum Beispiel verdeutlicht WAGNER 2001 (S. 114) den starken Zusammenhang zwischen dem Alter (wahrnehmbar) und den Einstellungen/Werten wie Pflicht, Ordnung oder Disziplin (nicht/kaum wahrnehmbar). Auch Milliken und Martins weisen auf eine Verbindung zwischen ethnischen Unterschieden (wahrnehmbar) und Werten und Einstellungen (kaum wahrnehmbar) hin (vgl. MILLIKEN/ MARTINS 1996, S. 404).

Im Ganzen sollte Diversity nicht beschränkt auf trennende Gegensatzpaare wie Ethnizität oder Geschlecht, die zu Gruppenbildung und Stereotypisierung führen, verstanden werden. In einer demografisch homogenen Gruppe kann ebensoviel Mannigfaltigkeit im Sinne von Meinungen, Vorstellungen und Verhaltensweisen existieren wie zwischen demografisch heterogenen Gruppen. Vielfältigkeit ist eine Mischung von Attributen, Verhaltensweisen, Eigenschaften und Talenten, die sehr komplex ist und sich ständig erneuert (vgl. THOMAS 2001, S. 40).

3.2 Managing Diversity: Paradigmen und Verständnisansätze

In populistischen Schriften werden Diversity und Managing Diversity bisweilen inkorrekt synonym verwandt. Dem entgegen und ungeachtet der Couleur und des Quantums der betrachteten Diversitykriterien (vgl. Kap. II. 3.1) unterscheidet die Fachliteratur die beiden Termini:

- Diversity als Verschiedenartigkeit bzw. alles, worin sich Menschen unterscheiden oder ähneln (vgl. Kap. II. 3.1).
- Managing Diversity ist ein Konzept der Unternehmensführung, das die Heterogenität der Beschäftigten beachtet und zum Vorteil aller Beteiligen nutzen möchte (vgl. SEPEHRI 2002, S. 77). COX 1993 versteht hierunter die Gestaltungsmöglichkeiten der Vielfalt: „planning and implementing organizational systems and practices to manage people so that the potential advantages of diversity are maximized while its potential disadvantages are minimized.”(COX 1993, S. 11).

De facto basiert das Diversity-Magament demnach auf dem Grad der Vielfalt, die tatsächlich im Unternehmen vorhanden ist bzw. der Wahrnehmung dieser.

WAGNER und SEPEHRI (2001) gehen nach eigener empirischer Studie davon aus, dass der Grad der Existenz von Diversity in jeweiligen Organisationen und der/dem dort vorhandenen Wahrnehmung/Verständnis von Managing Diversity erst nahezu linear steigt, dann aber nach Überschreitung eines gewissen Diversity-Grades abflacht (vgl. WAGNER/ SEPEHRI 2000b, S. 50 ff., 64).

Verständnisansätze von Managing Diversity

Das Verständnis von Managing Diversity, wonach Unterschiede (vorrangig in Bezug auf die Belegschaft) nicht nur toleriert, sondern auch im Sinne einer positiven Wertschätzung hervorgehoben werden, unterlag einer Jahrzehnte andauernden Genese.

In der Fachschrift wird dieser Progress durch den so genannten Paradigmenwechsel deskribiert (vgl. THOMAS/ ELY 1996, S. 79 ff.).

3.2.1 Erster Paradigmenwechsel

Vom „sameness paradigm“ (Affirmative Action) zum „difference paradigm“ (Diversity Management)

Nicht nur der Begriff Diversity (vgl. auch Kap. II. 3.1), sondern auch viele der Managing Diversity Konzepte wurzeln in den amerikanischen Affirmative Action und Equal Employment Opportunities Programmen der 60er und 70er Jahre des 20. Jahrhunderts. Als namhafter Vertreter der Civil Rights Bewegung forderte bereits Martin Luther King, alle Menschen nach ihrem Charakter und ihren Fähigkeiten und nicht nach ihrer Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht, Religion oder sozialer Schicht einzuschätzen. 1964 wurden diese Forderungen im „Civil Rights Act“ verankert, welches auch Sanktionierungen von diskriminierendem Verhalten implizierte (vgl. SCHWARZ-WÖLZL/ MAAD 2004, S. 25).

Auf Grundlage dieser Programme sollten durch die Gesetzgebung bisherige Diskriminierungen (vor allem aufgrund ethnischer Abstammung und Geschlecht) korrigiert und zukünftig verhindert werden (vgl. JACKSON/ STONE et al. 1992, S. 47)[2]. Obgleich des Ursprungs unterscheidet sich Managing Diversity in einem erheblichen Punkt von den antidiskriminierungspolitischen Maßnahmen.

Laut BOND/ PYLE 1998 steht bei den Affirmative Action und Equal Opportunity Programmen das „sameness paradigm“ die Gleichheit - vor allem in Bezug auf gleichwertigen Zugang zu Beschäftigungsmöglichkeiten - im Vordergrund. THOMAS (1996) aphorisiert den Kerngedanken: „Let us give them a chance“ (THOMAS/ ELY 1996, S. 30).

Diversity Management stellt dagegen durch das „difference paradigm“ die Verschiedenartigkeit und deren Wertschätzung in den Fokus (vgl. BOND/ PYLE 1998, S. 256). THOMAS formuliert hierzu treffend: „that includes us and them“ (THOMAS/ ELY 1996, S. 30). KANDOLA/ FULLERTON (1998) vergleichen den Betrieb im Zuge der Affirmative Action mit einem „melting pot“ (in Anlehnung an die USA als Immigrantenland insgesamt), in dem Unterschiede assimiliert werden. Hingegen werden Organisationen unter dem Einfluss von Diversity Management als Mosaik verbildlicht. Entsprechend wird jedes Organisationsmitglied als einzigartiges Steinchen verstanden, welches seinen Platz im „Unternehmensbild“ hat und so an diesem mitwirkt (vgl. KANDOLA/ FULLERTON 1998, S. 8).

EMMERICH/ KRELL 2001 greifen dieses Bild auf und verdeutlichen, dass unter dem individualisierenden Management Diversity Konzept jedes „Steinchen“ einzeln betrachtet werden muss. In dieser differenzierenden Personalpolitik soll nicht pauschal nach Gruppenzugehörigkeit (Altersgruppe, Mann oder Frau etc.) unterschieden werden. Vielmehr wird der Tatsache Rechnung getragen, dass weder Männer noch Frauen eine homogene Gruppe sind und auch innerhalb dieser Gruppen Vielfalt und auch zwischen den Gruppen Gemeinsamkeiten existieren. Dank der zentralen Stellung der Individuen soll so der Neubildung von Stereotypen entgegen gewirkt werden (vgl. KRELL 2001, S. 19; auch EMMERICH/ KRELL 2001, S. 437).

THOMAS 1992 verdichtet die wichtigsten Unterschiede der Paradigmen wie folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 01: Affirmative Action versus Diversity Management (vgl. THOMAS 1992 , S. 312; SCHWARZ-WÖLZL/ MAAD 2004 , S. 27)

Zeitlich ist dieser erste Paradigmenwechsel in den späten 80er Jahren des 20. Jahrhunderts einzuordnen. Unter US-Präsident Reagan wurde verstärkt versucht, die Wirtschaft zu liberalisieren, die Rolle des Marktes zu stärken und staatliche Intervenierung zu reduzieren (vgl. BOND/ PYLE 1998, S. 254). Management Diversity, welches neben Fairness und Gleichheit auch betriebswirtschaftliche Aspekte anstrebt, entsprach diesen Bemühungen. Laut LORBIECKI/ JACK 2000 (S. 20) und LOWERY 1995 (S. 150) nahm die Wirtschaft dies zudem als gern akzeptierte Alternative zur gesetzlichen Regelung (und nicht selten folgenden Gerichtsprozessen) an.

Auch eine Vielzahl von Fachautoren (vgl. z. B. COX 1994b, S. 248; POMERLAU 1994, S. 90; BOND/ PYLE 1998, S. 252 ff.; GILBERT/ STEAD/ IVANCEVICH 1999, S. 62 ff.; VON BERGEN/ SOPER et al. 2002, S. 242) betrachtete Affirmative Action zunehmend kritisch. So schreiben BOND/ PYLE 1998, dass zwar einerseits quantitativ mehr Frauen und Minderheitsangehörige durch Gesetze in den Arbeitsmarkt integriert werden konnten, andererseits bewirkte dies kaum etwas am Bild des „homogenen Ideals“ innerhalb der Unternehmen (vgl. Kap. II. 3.1).

Laut ARETZ/ HANDEN befinden sich aufgrund von Quotenregelungen Eingestellte nicht selten in einer „Token-Situation“. Der Zugang zu informellem Netzwerk wurde erschwert und entscheidende Positionen von vornherein nie vorgesehen (vgl. ARETZ/ HANSEN 2003, S. 193). GILBERT/ STEAD/ IVANCEVICH 1999 benennen Studienergebnisse, nach denen die Mitarbeiter, die mit Hilfe von Affirmative Action Programmen eingestellt wurden, als weniger qualifiziert und kompetent von ihrem Umfeld wahrgenommen werden.

Zudem wachsen die Bedenken vor einer so genannten „negativen Diskriminierung“ (Übervorteilung der Minoritäten) auf Seiten der übrigen Mitarbeiterschaft (Majoritäten), was wiederum Abgrenzung protegiert (vgl. BOND/ PYLE 1998, S. 260).

Selbst die so eingestellten Mitarbeiter sprechen von einem erhöhten Leidensdruck aufgrund geringerer Arbeitsplatzzufriedenheit sowie forciertem beruflichen Stress (vgl. GILBERT/ STEAD/ IVANCEVICH 1999, S. 62 ff.).

Ungeachtet der triftigen Kritikpunkte stellt THOMAS fest, dass die Affirmative Action Politik in Bezug auf Antidiskriminierung Verbesserungen bewirkte und die Basis für ein weiter entwickeltes Diversity Management bildet (vgl. THOMAS 1995/ 1996, S. 30). Auch STEPPAN (1999) schreibt den Durchsetzungserfolg von Diversity Management einer Kombination von rechtlichen Vorgaben und ökonomischen Gesichtspunkten zu (vgl. STEPPAN 1999, S. 29).

3.2.2 Zweiter Paradigmenwechsel

Von monokulturell und soziomoralisch zu multikulturell und ressourcenorientierter Perspektive

Dieser essenzielle Paradigmenwechsel wird in dem bereits als klassisch anzusehenden Modell von COX (COX 1991, S. 34 ff.; COX 1993, S. 3 ff.) zusammenfassend dargestellt, weiterentwickelt von THOMAS/ ELY 1996 (S. 79 ff. auch ELY/ THOMAS 2001, S. 237 ff.) und weiter differenziert von DASS/ PARKER 1999 (S. 68 ff.). Die nun empirisch, induktiv ermittelten Formen des Diversity Managements in Unternehmen lassen sich neben der Diversity-Resistenz[3] (vgl. SEPEHRI 2002, S. 103 in Anlehnung an DASS/ PARKER 1999, S. 69) wie folgt zu drei Haupt-Paradigmen verdichten: 1.) Fairness- and Nondiscrimination Paradigma; 2.) Access-and-Legitimacy Paradigma und 3.) Learning-and-Effectiveness Paradigma . In diesen Paradigmen sind zahlreiche Ansätze verschiedenster Forscher und Praktiker zusammengefasst (vgl. SEPEHRI 2002, S. 102 f.).

Der Perspektivenwechsel vom soziomoralischen zum ressourcenorientierten Verständnis von Managing Diversity ist dabei nicht anhand einzelner zu implementierender Maßnahmenpakete realisierbar. Vielmehr zielt der holistische Transformationsprozess auf einen langwierigen Wandel der Organisationskultur ab (vgl. KRELL 1999a, S. 332 in Anlehnung an THOMAS 1992, S. 12 ff.). Im Mittelpunkt steht hierbei laut einschlägiger Literatur die Weiterentwicklung vom „Ist-Zustand“ einer Organisation in Richtung multikulturelle Organisation (vgl. COX 1991, S. 34-47; COX 1993, S. 11; FINE 1996, S. 487; KRELL 1996, S. 334-350; EMMERICH/ KRELL 1998, S. 329 ff.). Die multikulturelle Organisationskultur wird als Voraussetzung und gewünschtes Leitbild von Managing Diversity verstanden. Dem diametral entgegengesetzt, wird die Philosophie der Monokultur mit dem Leitbild des homogenen Ideals verstanden (vgl. STEINMANN/ SCHREYÖGG 1993, S. 594 ff.; COX 1991, S. 34-47; SINGH/ SCHIUMA et al. 2002, S. 3; auch Kap. II. 3.1).

Das Verständnis von Monokultur und Multikultur im Kontext von Diversity

Monokulturelle Organisationen als konzeptioneller Ausgangspunkt von Diversity Management wird wie folgt summarisch beschrieben:

- Dauerbeschäftigung wird durch langfristige Beschäftigungsverhältnisse angestrebt.
- Grenzziehung erfolgt sowohl durch Ausgrenzung nach „draußen“ als auch durch Trennlinien im Inneren. Als Kriterien dienen Merkmale wie Geschlecht, Herkunft und ethnische Zugehörigkeit.
- Homogenisierung entsteht innerhalb der Gemeinschaft durch obige Grenzziehung und dadurch bedingtes „Wir-Gefühl“.
- „Anders sein“ ist gleichbedeutend mit negativen Abweichungen/Defiziten.
- Emotionsorientierte Führung wird ermöglicht durch charismatische und symbolische Führung.
- Vielfalt stellt eine Bedrohung für Effektivität der Organisation dar und wird vermieden.
- Gleichbehandlung wird mit „derselben Behandlung“ gleichgestellt.
- Im Umgang mit Vielfalt müssen sich Mitarbeiter verändern und nicht die Organisationskultur (vgl. LODEN/ ROSENER 1991a, S. 28; PAIREDER 2002, S. 73; auch SCHWARZ-WÖLZL/ MAAD 2004, S. 27 f.; KRELL 1996, S. 335 ff.).

Die kulturelle Homogenität ist an dieser Stelle Folge der

vergemeinschaftenden Personalpolitik. Es werden im Sinne einer „homosocial

reproduction“ Personen eingestellt und gefördert, die den gleichen

kulturellen Background bzw. das gleiche Auftreten haben (vgl. GILBERT/ STEAD /

IVANCEVICH 1999, S. 71). Erfolg haben demnach diejenigen, die sich den Normen

in hohem Maß anpassen und ggf. die eigene, abweichende Kultur negieren und

dem Management nacheifern (vgl. COX 1991, S. 37; KRELL 1996, S. 338).

Vorteilhaft an monokultureller Organisation ist die „Stärke“ dieser. Laut SCHREYÖGG 1989 ist Homogenität Voraussetzung und Resultat starker Unternehmenskulturen (vgl. SCHREYÖGG 1989, S. 106; auch KRELL 1996, S. 339; KIECHL 1993, S. 69 ff.). Starken Kulturen werden geordnete, stabilisierende, Sinn vermittelnde und rationalisierende Wirkungen zugeschrieben. Zudem können aufgrund einheitlicher Kommunikation schnell Entscheidungen getroffen werden (vgl. SCHREYÖGG 1989, S. 89; KRELL 1997, S. 53).

Negativ hingegen ist ein begünstigtes stereotypes Denken. Konformität ist erzwungen, Kreativität und Neuorientierung wird - begründet mit alten Erfolgsmustern – unterbunden (vgl. SCHREYÖGG 1989, S. 106). KRELL spricht in diesem Zusammenhang auch von Innovationsfeindlichkeit (vgl. KRELL 1996, S. 339 f.).

Multikulturelle Organisationen

Disparat zum monokulturellen Verständnis steht das multikulturelle Leitbild. Nach COX ist eine Organisation nicht allein durch die Anwesenheit verschiedener Nationalitäten, Kulturen, Altersschichten, Geschlechter etc. als multikulturell zu bezeichnen. Diese „pluralistischen Organisationen“ werden erst durch so genanntes bewusstes „valuing Diversity“ (vgl. SCHREYÖGG 1989, S. 106) und der damit verbundenen Wertschätzung der Vielfalt zu einer multikulturellen Organisation (vgl. COX 1991, S. 39).

Eine multikulturelle Organisation zeichnet sich durch folgende Kriterien aus:

- Pluralismus, in dem verschiedenen Kulturen nebeneinander bestehen können,
- Unterschiede werden genutzt und geschätzt,
- völlige strukturelle Integration aller Gruppen,
- völlige Integration von Minoritäten in informelle Netzwerke,
- Organisationsidentifikation aller Mitglieder, unabhängig von deren kultureller Zugehörigkeit,
- keine institutionalisierten Vorurteile und Diskriminierung in Human Ressource-Systemen und Praktiken,
- relativ wenige/keine Konflikte zwischen Kulturen (Intergruppen-Konflikte) (vgl. COX 1991, S. 39; COX 1993, S. 229 nach PAIREDER 2002, S. 74; auch SCHWARZ-WÖLZL/ MAAD 2004, S. 29; KRELL 1996, S. 342)

Unter den Prinzipien der anerkannten Gleichwertigkeit sowie dem der anerkannten Verschiedenartigkeit herrscht in der multikulturellen Organisation Chancengleichheit (vgl. KASZINSKI 2000, S. 78). Die mulikulturelle Organisationskultur, basierend auf Offenheit, Toleranz und Kommunikation, ist zudem notwendige Bedingung für die Entwicklung zur Lern- und Effektivitätsperspektive (vgl. Kap. II. 3.2.5) von Managing Diversity (vgl. THOMAS/ ELY 1996, S. 86 f.).

Verbindung kultureller Entwicklung und Paradigmenwechsel

In Abbildung 05 ist der Zusammenhang zwischen dem Wechsel der Paradigmen, deren Kernkriterien und der obligatorischen Entwicklung der Organisationskultur und ihrer Leitbilder verdeutlicht. Die drei Paradigmen unterscheiden sich normativ in der Zielsetzung, d. h. welcher Erfolg mit dem Instrument „Managing Diversity“ beabsichtigt ist. Die Ansätze werden vorrangig nach der Zielsetzung und dem jeweiligen Diversity-Aufgabenbereich unterschieden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 05: Paradigmenwechsel (eigene Darstellung in Anlehnung an STEINMANN/ SCHREYÖGG 1993 , S. 594 ff.; DASS/ PARKER 1999 , S. 68-80; THOMAS/ ELY 1996 , S. 79-90; COX 1991 , S. 34-47; SEPEHRI 2002 , S. 104)

3.2.3 Fairness-and Nondiscrimination Paradigma

Mit dem Ziel, eine starke und einheitliche Unternehmenskultur zu schaffen, standen in den Anfängen der (interkulturellen) Personalpolitik lange Homogenisierungsstrategien im Vordergrund. So wurde auch Diversity Managing anfangs als Instrument zur Sicherung der Gleichbehandlung aller Stakeholder eingesetzt.

Der traditionelle, sozialmoralische und legistisch forcierte Verständnisansatz wird in der Literatur als Fairness- und (Non)Diskriminierungsansatz benannt. Postuliert wird in der zugrunde liegenden Werthaltung: „It is not desirable for diversification of the workforce to influence the organization’s work or culture. The company should operate as if every person were of the same race, gender, and nationality.”(THOMAS/ ELY 1996, S. 81). Dieser erste Managing Diversity Ansatz ist den Affirmative Action Programmen noch sehr stark verbunden (vgl. Kap. II. 3.2.1; auch BLOM/ MEIER 2004, S. 237 ff.). Verstärkt auf die Rassenproblematik von US-Amerika zugeschnitten, wurde dieser von europäischen Unternehmen oft als wenig relevant für eigene Belange eingestuft, da die damit verbundenen ökonomischen Auswirkungen (aufgrund weniger Klagen) primär in den USA liegen (vgl. WAGNER/ SEPEHRI 2000b, S. 50 ff.). Allerdings zeigt ein Blick z. B. auf die deutsche Legislative, dass die Diskriminierungs-Problematik nicht ausschließlich amerikanisch ist. Formale Gleichstellungsansätze sind im deutschen Grundgesetz: ,,Männer und Frauen sind gleichberechtigt." verankert (DEUTSCHERַBUNDESTAG o. J., GRUNDGESETZ Art. 3 Abs. 2). Auch sind die Maßnahmen zur Durchsetzung im amerikanischen Raum oft mit exorbitant hohen Strafgeldern verbunden.

Außer in Bezug auf diese legistischen, mitunter existenzbedrohenden Kosteneinsprarungen, steht die Moral bei dem Fairness- und (Non) Diskriminierungsansatz so stark im Vordergrund, dass andere potenzielle (positive wie auch negative) ökonomische Aspekte willentlich ausgeblendet werden (vgl. DASS/ PARKER 1999, S. 70 f.; THOMAS/ ELY 1996, S. 81 f.). Die moralischen Zielsetzungen lassen sich in Gleichstellung (equal opportunity), Gleichbehandlung (fair treatment) und Gerechtigkeit (social justice) bei Rekrutierung, Entlohnung und Förderung von Mitarbeitern zusammenfassen. Der Erfolg wird simplifiziert an der Anzahl von gleichberechtigten Minderheiten im Betrieb gemessen. Instrumentalisiert werden quantitative Maxime wie Quotenregelungen ebenso wie qualitative Maßnahmen in Form von Karriereentwicklungs- und Mentoringprogrammen.

Abschließend und zusammenfassend wird hierzu bemerkt: Dass die Vielfalt in diesem ersten Verständnis eher noch als zu managendes Problem, denn als Potenzial verstanden wird. Die Nivellierung der Unterschiede fördert bei den Mitarbeitern zudem nicht die Unternehmensbindung, sondern Ausweichverhalten und Passivität.

Da die Zielsetzung der folgenden Arbeit die Ermittlung ökonomischer Bedeutung der Beachtung von Diversity ist, soll der Fairness- und (Non)Diskriminierungsansatz folgend nicht weiter vertieft werden.

3.2.4 Access-and-Legitimacy Paradigma

Erstmals wird als Potenzial und Wettbewerbsfaktor die Vielfalt der Belegschaft durch den Access-and Legitimacy Paradigm (auch Marktzutrittsansatz) verstanden (vgl. THOMAS/ ELY 1996, S. 83). Managing Diversity wird nun als freiwillige marktorientierte Maßnahme mit dem Ziel der Effizienzsteigerung verstanden und mit „[making] business sense“ und „business necessity“ betitelt.

Diverse Belegschaftsstrukturen, die im Idealfall demografische Strukturen der Kundengruppen abbilden, wurden (selektiv) gefördert. Durch den Einsatz von key account managern aus der jeweiligen Marktsementkultur (die „ihre Sprache sprechen“) versprach man sich einen schnelleren Zugang zu neuen Kundensegmenten/Nischen.

In einer Umfrage von 1999 gaben 15 von 35 Managern multinationaler Unternehmen an, dass „die Notwendigkeit neue Marktsegmente zu bearbeiten“ der Hauptgrund für Diversity Management Initiativen im Unternehmen sind (vgl. DASS/ PARKER 1999, S. 71).

Von noch eindeutigeren Ergebnissen schreiben SEPEHRI / WAGNER in Bezug auf ein Forschungsprojekt im Unternehmensbereich ,,Automation and Drive (A&D)" der Siemens AG. Hier kamen die Autoren nach einer Umfrage zu dem Ergebnis, dass 80 % der Führungskräfte hinter Diversity Management primär Markteroberungsgründe sehen (vgl. WAGNER/ SEPEHRI 2000b, S. 52). Probleme treten auf, wenn einzelne Leistungsträger auf ihren minoritätenspezifischen Erfahrungsvorsprung reduziert sowie vom restlichen Unternehmensgeschehen und von Karrieremöglichkeiten ausgeschlossen werden und sich benutzt fühlen (vgl. THOMAS/ ELY 1996, S. 83). Es ist Aufgabe des Managements, explizit für einen Informations- und Kompetenzaustausch zu sorgen. Die mangelnde Durchlässigkeit der Organisation verhindert ein „voneinander lernen“. Managing Diversity bleibt so eine Insellösung und auf die operative Ebene beschränkt (vgl. THOMAS/ MACK et al. 2003, S. 33).

3.2.5 Learning-and-Effectiveness Paradigma

Ganzheitlich verbindet das learning-and-effectiveness-paradigma die ersten beiden Ansätze durch einen neuen Gedanken. Das gesamte Unternehmen soll, im Sinne einer lernenden Organisation, von der Vielfalt profitieren und sich weiterentwickeln.

Lernpotenziale des Unternehmens sind in der unterschiedlich aufgestellten Belegschaft begründet. Die Aufgabe des Managements besteht laut ELY / THOMAS vornehmlich im Erkennen und gezieltem Förden dieser. Der Weg, über den Austausch zwischen Mitarbeitern neues Wissen zu generieren und zu verbreiten, ist günstig und effizient. Dabei gilt: Je größer das Spektrum an Denkweisen, Fachwissen und Persönlichkeiten, desto gewinnbringender ist der Wissensaustausch (vgl. THOMAS/ ELY 1996, S. 79-90). Der Lernprozess fördert dabei die Problemlösungsqualität, Flexibilität und Kreativität. Er ist somit innovationsbegünstigend durch die Individualität der Zugänge zur Arbeitsgestaltung, Aufgabenplanung und Problemlösung der

Mitglieder. Freiheitsgrad und Wertschätzung sollen den Mitarbeitern durch

Hinterfragen von Strategien, Organisation und Verfahrensweisen vermittelt

werden. So werden u. a. auch Innovationen durch Beteiligung gefördert

(vgl. THOMAS / ELY 1996, S. 80). Die fundamental geforderte Gruppen-Heterogenität zieht allerdings auch besondere Anforderungen z. B. bei der Kommunikation nach sich. Aufgrund derer bleibt es fraglich, in welchem Maße Erkenntnisse zum organisationalen Lernen problemlos auf Diversity Management übertragbar sind (vgl. AGARS/ KOTTKE 2004, S. 61).

Im Learning-and-Effectiveness-Ansatz stehen der Mensch und dessen Vielfalt im Mittelpunkt der Überlegungen. „Anders sein“ ist gewollt, Konfirmitätsdruck wird gesucht und beseitigt. Dennoch haben sich andererseits die Diversity Management Maßnahmen vornehmlich in diesem Ansatz durch Erfolg, im Sinne einer ökonomischen Nutzbarmachung, zu legitimieren. Laut WAGNER/ SEPEHRI wird nun „ein vielseitiges Personal hier ganz deutlich als eine ökonomisch relevante Ressource wahrgenommen“ (vgl. WAGNER/ SEPEHRI 2000b, S. 50 ff.).

Die Literatur zeigt Einigkeit, dass Managing Diversity in dieser Entwicklungsphase in den strategischen Zielsetzungen der Unternehmung verankert werden soll.

Darauf abgestimmt sehen ELY / THOMAS (1991) für die Realisierung einer multikulturellen Organisation dezidierte und präskriptive Orientierungen vor (vgl. SACKMANN/ BISSELS/ BISSELS 2002, S. 50).

COX/ COX/ O’NEILL (2001) gehen über die bloße Nennung idealtypischer Entwicklungsphasen des Diversity Managements hinaus. Die Autoren beschreiben einen fünfstufigen Regelkreis der Transformation hin zur multikulturellen Organisation, durch folgende Elemente:

- Leadership (Führung),
- Research and Measurement (Messung der Diversity-Kompetenz),
- Education (Anstoß zum internen Lernprozess),
- „Alignment of management systems“ (Anpassug von Rekrutierung, Vergütung und Personalentwicklung),
- „Follow-up“ (Erfolgskontrolle) (vgl. COX/ COX et al. 2001, S. 19).

Zusammenfassung: Alle drei Ansätze zeigen, dass Managing Diversity einen wirtschaftlichen Mehrwert, z. B. durch Kostenvermeidung, Markterschließung oder innovativem Lernen und Problemlösen, darstellen kann. Die Autoren WAGNER / SEPEHRI vertreten die Auffassung, dass eine Trennung der Sichtweisen analytisch möglich ist, praktisch jedoch nicht realisiert werden kann, da die Sichtweisen zu stark miteinander verbunden sind (vgl. WAGNER/ SEPEHRI 2000b, S. 50 ff.).

Der Fokus der vorliegenden Arbeit liegt wiederum auf dem ökonomischen Vorteil von Diversity Management im Sinne des Access-and Legitimacy sowie des Learning-and-Effektivness-Ansatzes.

3.3 Gender: Eine Dimensionen durchdringende Diversity-Perspektive

In der Diversity-Forschung wurden spezielle Unterformen gruppenspezifischer Diversity entwickelt. Gruppenspezifische Aspekte von Diversity sollten vor allem dann Berücksichtigung finden, wenn Menschen (z. B. Frauen, Männer, Behinderte, Migranten) sich gemeinsame Orte und Netzwerke schaffen. Dabei dient die Subkultur einem kollektiven Selbstverständnis, trägt zur Vermittlung von Werten bei und stärkt die Identität des Einzelnen. Bei gruppenspezifischen Ansätzen der Verschiedenheit geht es nicht mehr um individuell verschiedene Verhaltensweisen und Eigenschaften, sondern um kollektive Erfahrungen und Werte gesellschaftlicher Gruppen (vgl. OHMS/ SCHENK 2003, S. 7 f.).

Das Augenmerk dieser Arbeit liegt auch auf gruppenspezifischer Diversity und zwar im Speziellen auf den unter dem Kunstwort „Gender-Diversity“ subsumierten Unterschieden und Gemeinsamkeiten der Geschlechter. Beispielsweise spricht JENT unter dem Aspekt der Human Ressources von Gender-Diversity als gezieltes Managing Diversity für Frauen und Männer in der Arbeitswelt. Er verweist in diesem Zusammenhang auf eine Reihe komparativer Kompetenzen bzw. Potenzialfaktoren der Gender-Diversity (vgl. JENT 2003, S. 2 f.; auch FISHER 2000, S. 70). Dabei deckt sich die bedeutende Erweiterung des Diversity-Verständnisses auf „Unterschiede“ und „Gemeinsamkeiten“ (vgl. Kap. II. 3.1) mit dem Untersuchungsfokus der Arbeit. Zum Einen gilt es, dafür Unterschiede und Gemeinsamkeiten beider Geschlechter herauszuarbeiten, zum Anderen aber auch, ganz klar auf den „Differenzansatz“ innerhalb der Geschlechter selbst, also z. B. Unterschiede zwischen den Frauen, zu verweisen (vgl. SCHWARZ-WÖLZL/ MAAD 2004, S. 11). Auch wenn folgend die besagten Unterschiede beider Geschlechter z. T. anhand von Stereotypen verdeutlicht werden, wird doch versucht, jenseits von geschlechtstypisierenden Festschreibungen anzusetzen. Es wird erkannt, dass a) jede Frau und jeder Mann viele Identitäten hat, b) dass Frauen und Männer auch bei gleichen demografischen Merkmalen unterschiedliche Identitäten haben und, c) dass diese Identitäten sich beständig verschieben (vgl. SCHWARZ-WÖLZL/ MAAD 2004, S. 12; auch Kap. III. 5.1.4).

Innerhalb der Diversity-Forschung wird auch auf die Gefahr der besonderen Beachtung des Geschlechts hingewiesen. Demnach würden von Teilen der Frauenbewegung der Begriff Diversity beschränkt auf das wahrnehmbare Geschlecht angewendet. „Nur die eigene Betroffenheit bleibt im Blick und von einem tatsächlichen Verständnis der Politik der Verschiedenheit kann nicht die Rede sein.“ (vgl. PETERS 2002, S. 38 nach SCHWARZ-WÖLZL/ MAAD 2004, S. 9). Allerdings sei es aber auch im positiven Verständnis von Diversity zu begrüßen, dass innerhalb herkömmlicher Zielgruppen differenzierte Ansätze zum Tragen kommen (vgl. SCHWARZ-WÖLZL/ MAAD 2004, S. 9; OHMS/ SCHENK 2003). Um der Gefahr beschränkter Sichtweisen wissend, weisen bspw. die Autoren OHMS / SCHENK auf eine besondere, perspektivische Rolle des Geschlechts im Diversity-Kontext hin. Auch innerhalb der vorliegenden Arbeit wird dieses Verständnis weiter verfolgt. Die übergeordnete Stellung des Geschlechts führt dabei nicht zu einer Vernachlässigung anderer Diversity-Aspekte, sondern lediglich zu deren Durchdringung aus einer bestimmten Perspektive (vgl. Abbildung 06).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 06: Gender-Diversity - Eine Dimensionen durchdringende Perspektive

(eigene Darstellung in Anlehnung an OHMS/ SCHENK 2003 , S. 5, 11)

Übergeordnet wird die Geschlechterproblematik laut OHMS/ SCHENK vor allem, um sicherzustellen, dass diese die übrigen Dimensionen durchdringende Fragestellung nicht in einer Fülle an Vielfaltskriterien an Bedeutung verliert. „Letztlich muss es zu einem übergreifenden Ansatz kommen, in dem von vornherein die Vielfalt in allen ihren Aspekten Berücksichtigung findet." (OHMS/ SCHENK 2003, S. 5).

Die Konzentration erscheint auf einen der primären Aspekte und die damit einhergehende Verdeutlichung einzelner dahinter liegender Konsequenzen und Facetten der Vielfältigkeit stärker Erkenntnis beitragend, als eine grundsätzliche Betrachtung vom Umgang mit Unterschieden. In einer Fülle z. T. kryptisch anmutender Betrachtungen von Unterschieden, ermangelt es in der Fachliteratur an tiefer gehenden Analysen und Konsequenzen der Unterschiede. Vielmehr folgen den global gehaltenen Ausführungen zum Umgang mit Vielfalt zumeist lediglich einige wenige, oft zitierte, plastische Beispiele. Die vorliegende Arbeit basiert auf einer dezidierten Darlegung von Unterschieden und Gemeinsamkeiten aus der Geschlechterperspektive. Dabei soll die tiefe Durchdringung des ausgewählten Geschlechter-Aspektes aber auch insgesamt zu einer Sensibilisierung der gesamten Vielfaltsthematik beitragen und anregen, das Blickfeld systematisch zu erweitern. Eine derartig perspektivische Herangehensweise an die Diversity wäre aber ebenso aus Sicht der anderen Diversity-Dimensionen denkbar und für eine zielgruppenspezifische Arbeit zweckdienlich.

Teil III: Gender-Diversity

Um in der vorliegenden Arbeit die ökonomische Bedeutung von Geschlechtsunterschieden zu hinterfragen, sind Erkenntnisse verschiedenster Forschungsansätze notwendig. Häufig liegt dabei der Fokus genderdifferenzierter Untersuchungen, so zum Teil auch in der vorliegenden Arbeit, auf frauenspezifischen Aspekten. Wobei keineswegs die ebenfalls einem erheblichen Wandel unterlegene Männerrolle vernachlässigt werden soll. Vielmehr ist der Schwerpunkt auf die Frau eine Folgereaktion vergangener und gegenwärtiger Männerdominanz und somit impliziter Männerorientierung als „Grundoption“ des Konsum- und Wirtschaftsgeschehens (vgl. BAUER/ SAUER et al. 2003, S. 7 f.). Dennoch sollen Männer und Frauen bei einem gendersensitiven Marketing gleichermaßen Beachtung erfahren.

Zur Einführung in das Thema soll vor der Betrachtung des Kundenwissens zunächst eine Auseinandersetzung mit Grundlagen der Geschlechterthematik stattfinden. Neben einer semantischen Differenzierung der Begriffe Geschlecht, Sex und Gender folgen kurze Ausführungen zur Entwicklung der Geschlechter.

Dem Grundgedanken der Autoren BAUER, SAUER und MÜLLER folgend, dass die Ansatzpunkte für ein geschlechtsdifferenziertes Marketing im Konstrukt des Geschlechts, in Geschlechtsstereotypen und in Formen und Entstehung von Geschlechtsunterschieden zu suchen sind (vgl. BAUER/ SAUER/ MÜLLER 2003, S. 7), werden diese untersucht. Dafür werden psychologische und psychische Geschlechtsunterschiede systematisch verdeutlicht und zur kontroversen Ursachenforschung (Natur versus Sozio-Kultur) Stellung genommen.

Die aufgeführten psychischen Unterschiede bilden gleichzeitig die Basis der Auseinandersetzung mit der Thematik möglicher kognitiver Leistungsunterschiede und deren Folgen im Wirtschaftsleben. Weiterhin wird der besondere Einfluss sozialer Aspekte auf die Geschlechter, die daraus hervorgehenden Stereotype und Geschlechterrollen sowie die darin begründeten Verhaltensweisen und Bedürfnisse erläutert.

Diese grundlegenden Ausführungen dienen weiterführend dazu, die differenziert ausgeprägte Rolle des Geschlechts in den Marketingwissenschaften zu verdeutlichen. Hierfür wird der Untersuchungsgegenstand „Geschlecht“ im geschlechtsneutralen, geschlechtssensitiven bis hin zum Gender-Marketing, einem verstärkt in Amerika verfolgten Marketingansatz, präzisiert. Für die systematische Ableitung und Darlegung ökonomisch relevanter Unterschiede und Gemeinsamkeiten beider Geschlechter wird ein auf Customer Relationship Management basierendes Wissensmanagement-Modell zu Grunde gelegt. Anhand dessen werden Wissen „über“, „des“ und „für“ den Kunden jeweils personen- und leistungsnutzungsbezogen aufgearbeitet.

Innerhalb des Unterpunktes Wissen „über den Kunden“ werden verhältnismäßig leicht sekundäranalytisch ermittelbare, grundlegend demografische und soziodemografische Strukturen illustriert. Der grundsätzliche Einfluss der Geschlechter auf Kaufentscheidungen im Konsumgütermarkt wird ebenso veranschaulicht.

Hingegen werden im zweiten Unterpunkt, dem Wissen „des Kunden“, Aspekte aufgeführt, die erst unter Zuhilfenahme tiefer gehender Marktforschung ermittelbar sind. Neben allgemeinen und auf das Wirtschaftsleben bezogenen Werten und Persönlichkeitsmerkmalen werden auch Unterschiede in Kundenbindungspotenzialen, im Kaufentscheidungsprozess und beim Zugang zu technischen Innovationen verdeutlicht.

Im dritten wissensbezogenen Abschnitt werden kommunikationsspezifische Besonderheiten und die Werbewahrnehmung der Geschlechter aufgezeigt. Diese sollen Hinweise für eine Geschlechter beachtende Darbietung des „Wissens für den Kunden“ geben. Der letzte Abschnitt dieses Kapitels dient der fazitären Betrachtung

ökonomisch relevanter Geschlechtsunterschiede und der Einarbeitung dieser Erkenntnisse in das systematische Marketinginstrumentarium der 4 P`s.

4 Definitorische Grundlage: Geschlecht, Sex und Gender

Aus dem althochdeutschen („Gislathi“) stammend, bedeutet Geschlecht: „was in die selbe Richtung schlägt“ (vgl. KÖBLER 1993, S. 445). Im deutschen Begriff „Geschlecht“ sind gleichermaßen biologische, soziale und psychologische Aspekte der Geschlechtszugehörigkeit vereint. Geschlecht wird definiert als: „Zuordnung von Individuen zweigeschlechtlicher Spezies zum männlichen oder weiblichen Geschlecht nach unterschiedlichen Kriterien“ (PSCHYREMBEL 2002, S. 590).

Semantisch differenziert werden im angloamerikanischen Sprachraum biologische und soziokulturelle Geschlechtsunterschiede durch das Wortpaar „Sex“ und „Gender“. Die (deutsche) Literatur, im Besonderen im Bereich der Frauen- und Geschlechterforschung der 70er und 80er Jahre des letzten Jahrhunderts (vgl. KRELL/ KARBERG 2002, S. 2), übernahm eben diese Trennung und definiert wie folgt:

Sex bezeichnet das biologische, körperliche Geschlecht. Hierbei werden ebenso die biologisch determinierten, körperlichen Geschlechtsmerkmale als auch die sich hieraus ergebenden körperlichen Funktionen, die Männer und Frauen unterscheiden, verstanden (vgl. RUBIN 1975, S. 165; VILLA 2000, S. 58 f.).

Vor allem Sozialwissenschaftler verstehen das Geschlecht aber nicht allein als biologisches Kennzeichen, sondern vielmehr als Konstrukt und Dimension sozialer Organisationen (vgl. DIETZEN 1993, S. 11) und gebrauchen hierfür den Begriff Gender.

Gender [ˈdʒɛndɚ] verweist nach diesem Verständnis nicht unmittelbar auf körperliche Geschlechtsmerkmale, sondern auf die sozialen Geschlechterrollen sowie den sich daraus ergebenden sozialen Geschlechtsmerkmalen. Somit ist Gender stark kulturabhängig und bezeichnet jeweils das, was in der entsprechenden Kultur als typisch für ein bestimmtes Geschlecht angesehen wird. Dies umfasst Kleidung und Verhalten ebenso wie z. B. die Berufswahl. In Abhängigkeit der jeweiligen Kultur und Epoche kann es starke Unterschiede geben (vgl. VON BRAUN/ STEPHAN 2000, S. 9, 36; SCOTT 2001, S. 5; KRELL/ KARBERG 2002, S. 2; WELPE/ SCHMECK 2005, S. 21 ff.; LERNER 1997, S. 294; JAHN 2003, S. 8). Ursprünglich wurde der Terminus in der Transsexuellenforschung 1955 von JOHN MONEY geprägt. In seinem Werk „Hermaphroditism, gender and precocity in hyperadrenocorticism“ nutzt er den Gender-Begriff um das Fühlen und Verhalten intersexueller Menschen (körperliches Geschlecht und Geschlechteridentität stimmen nicht überein) differenzierter zu beschreiben (vgl. MONEY 1955).

MONEY erweitert das Genderverständnis und spricht von einer „gender role“, worunter er alles subsumiert, was eine Person tut oder sagt, um sich selbst als weiblich oder männlich auszuweisen (vgl. MONEY 1955, S. 285). Beispielsweise STOLLER 1968 greift diesen Ansatz auf und konkretisiert die gender role als Verhaltensweisen, die für ein Geschlecht als typisch oder auch akzeptabel gelten. Diese realisieren sich vor allem im äußerlichen Verhalten, welches man in der Gesellschaft zeigt, im Sinne einer Rolle, die man insbesondere im Umgang mit anderen Menschen spielt. Dieses Rollenverständnis setzt das Wissen und Bewusstsein über die Zugehörigkeit zu einem bestimmten biologischen Geschlecht (Sex) voraus. STOLLER und GREENSON führen hierfür auf dem 23rd International Psycho-Analytical Congress in Stockholm den Begriff „ gender identity“ ein (vgl. STOLLER 1964, S. 217 ff.; GREENSON 1964, S. 220 ff.). Beide Begriffe „gender role“ und „gender identity“ finden bis heute in einschlägiger Literatur Verwendung.

Die vor Jahrzenten auch in Deutschland aufgegriffene Trennung von Sex und Gender wurde in einer Vielzahl von Publikationen facettenreich untersucht. Allerdings wird heute die stringente Gegenüberstellung von „Sex“ als natürlich gegeben und „Gender“ als allein kulturell bedingt, in Frage gestellt (vgl. SCOTT 2001, S. 5 f.; SCHMITZ 2002, S. 109 ff.; GILDEMEISTER/ WETTERER 1995, S. 205 ff.; FRAUNHOFER-GESELLSCHAFT o. J.). So gehen z. B. Butler, Hirschauer, Dietzen oder Villa davon aus, dass biologische, psychologische und soziologische Faktoren untrennbar zusammenwirken und beispielsweise körperliche Geschlechtsmerkmale durch Training auch kulturell beeinflusst werden (vgl. BUTLER 1991, S. 22 ff.; DIETZEN 1993, S. 12 f.; HIRSCHAUER 1994, S. 670; VILLA 2000, S. 56 ff.; auch KRELL/ KARBERG 2002, S. 2).

Diese Diskussion wird an dieser Stelle nicht weiter vertieft und die Termini werden zum besseren Verständnis wie folgt Verwendung finden:

- Das Wort „Geschlecht“ subsumiert, wie im Deutschen üblich, jede Art von Geschlechtsunterschieden.
- Wird der Begriff „Sex“ verwendet, soll explizit auf körperbedingte Unterschiede hingewiesen werden.
- „Gender“ findet Verwendung, wenn tendenziell stärker soziokulturelle Ausprägungen betroffen sind.

4.1 Differenzierung von Geschlechtsmerkmalen

Das Konstrukt Geschlecht wird in der Majorität der Wissenschaften direkt oder indirekt thematisiert. Darin begründet, existiert eine Pluralität von Untersuchungsansätzen beteiligter Forschungsrichtungen (vgl. BIDWELL-STEINER 2005, S. 7 ff.). So lassen sich in entsprechender Fachliteratur eine Vielzahl, teils unterschiedlichster und teils sich stark überschneidender, Klassifizierungsansätze von Geschlechtsmerkmalen finden. Für die Fragestellung der vorliegenden Arbeit scheint es ausreichend, ausschließlich eine klassische, in vielen sozial- und naturwissenschaftlichen Fachrichtungen größtenteils anerkannte Klassifizierung, zu erörtern.

Aufbauend auf dem bereits mit den Begriffen „Sex“ und „Gender“ (vgl. Kap. III. 4.1) vorgestellten holistischen Klassifizierungsansatz erfolgt die Unterteilung anhand körperlicher und soziokultureller Geschlechtsmerkmale. Die sowohl inneren als auch äußeren anatomischen Geschlechtsmerkmale (Sex) werden weiter unterschieden in „primär“ und „sekundär“, wohingegen die soziokulturell beeinflussten Kriterien umfassend als „tertiäre Geschlechtsmerkmale“ benannt sind.

1.) Primäre Geschlechtsmerkmale sind von Geburt aus vorhandene, direkt der Fortpflanzung dienende Geschlechtsorgane (vgl. SCHIEBLER/ SCHMIDT 1987, S. 659 ff.). Die Ausprägungen dieser gelten als Zeichen sexueller Reife.
2.) Sekundäre Geschlechtsmerkmale bezeichnen physische, geschlechtsspezifische Unterschiede, die nicht direkt der Fortpflanzung dienen. Hierzu zählen u. a. Körperbehaarung, Brüste, Proportionen, Körperfettverteilung, Muskelaufbau aber auch Stimmlage, die erst im Prozess der Geschlechtsreifung ausgeprägt werden.
3.) Zu den tertiären Geschlechtsmerkmalen existieren in Abhängigkeit zum Forschungsfeld widersprüchliche Definitionen in der jeweiligen Literatur. So werden in der Medizin unter tertiären Geschlechtsmerkmalen beispielsweise Körpergröße und Körperbau verstanden. Wobei die sekundären Geschlechtsmerkmale hier schärfer umrissen sind und lediglich die sich während der Pubertät entwickelnden spezifischen Geschlechtscharakteristika wie Bartbehaarung, Brustwachstum etc. beinhalten (vgl. REUTER 2004, S. 780; ARNOLD/ EYSENCK et al. 1991, S. 753 f.).

Werden dem entgegen, vor allem in der sozialwissenschaftlichen Literatur, die Begriffe „Sex“ und „Gender“ gebraucht, werden die primären und sekundären Geschlechtsmerkmale als Differenzierung des Begriffes „Sex“ sowie die tertiären Kriterien als Synonym zum Konstrukt „Gender“ verstanden. Nach diesem Verständnis schließen tertiäre Geschlechtsmerkmale genauso sich im Verhalten widerspiegelnde psychische und soziale Geschlechtsmerkmale als auch kulturspezifische Artefakte (Kleidung, Schmuck etc.) mit ein (vgl. HAEBERLE 1985, S. 11).

Mit dem Ziel des Auffindens und des detaillierten Verständnisses von potenziell marktrelevanten Geschlechtsunterschieden greift die vorliegende Arbeit auf Erkenntnisse aus natur- und sozialwissenschaftlichen Forschungsrichtungen zurück.

Die Untersuchung von Geschlechtsdifferenzen bezieht ebenso deren Inhalte, als auch verschiedene Theorien der Entstehung dieser mit ein. Das erfordert die Integration 1.) biologischer, 2.) psychologischer und 3.) soziokultureller/gesellschaftlicher Zugänge. Diese Dreiteilung dient folgend als Basis einer detaillierten Betrachtung der Geschlechter.

4.2 Biologisches Geschlecht (Sex)

Biologisch determinierte Unterschiede sind grundsätzlich unabhängig von sozialen Einflüssen, allerdings sehen Autoren wie MACCOBY darin die Prädisposition bestimmter Verhaltensweisen begründet (vgl. MACCOBY 1980, S. 244 f.). Dafür spricht die Tatsache, dass bislang keine Kultur ohne Geschlechterrollen bekannt ist.

4.2.1 Arten des biologischen Geschlechts

Prinzipiell werden die drei folgend dargelegt Kategorien biologischer Geschlechtereinteilungen unterschieden (vgl. NEUMANN 1980, S. 43):

Kerngeschlecht: genetisches/chromosomales Geschlecht : Das genetische/ chromosomale oder auch Kerngeschlecht bezieht sich auf die chromosomale Ausstattung eines jeden Individuums (XX oder XY). Individuen mit Y-Chromosomen gelten als männlich, die ohne als weiblich (vgl. PSCHYREMBEL 2002, S. 590).

Keimdrüsengeschlecht: gonadales/hormonelles/endokrines Geschlecht: Als gonadales oder auch Keimdrüsengeschlecht wird die Zuordnung zum weiblichen oder männlichen Geschlecht anhand der Ausprägung der Keimdrüse verstanden. Menschen mit Ovarien (Eierstöcke) gelten als gonadal weiblich, die mit Testes (Hoden) als gonadal männlich. Von den Keimdrüsen geht die Hormonproduktion aus, daher auch hormonelles Geschlecht (vgl. PSCHYREMBEL 2002, S. 590).

Körperliches Geschlecht: genitales/somatisches Geschlecht : Bei dem so genannten genitalen oder auch somatischen Geschlecht erfolgt die Zuordnung nach dem Aspekt des äußeren Genitals sowie der sekundären Geschlechtsmerkmale (vgl. Kap. III. 4.2), dem phänotypen Geschlecht (vgl. PSCHYREMBEL 2002, S. 590).

4.2.2 Entwicklung des biologischen Geschlechts

Es folgt eine kurze Erläuterung prä- und postnataler Entwicklung der Geschlechter.

Pränatale Entwicklung: Über das genetische Geschlecht ist mit dem Tag der Befruchtung, je nachdem ob die Samenzelle mit dem haploiden Gonosom (X oder Y) besetzt ist, entschieden (vgl. WALTER 1985, S. 87.; WELLNER/ BRODDA 1979, S. 98; ZANKL 1980, S. 84, 92). Menschen besitzen im Normalfall jeweils 22 identische Autosomenpaare und ein Gonosomenpaar. Allein in diesem ist die biologische Differenzierung von Männern (XY) und Frauen (XX) begründet. 45/46 des Chromosomenbestandes sind identisch. Auf dem Y-Chromosom befindet sich der hodendeterminierende Faktor (TDF = testis determining factor, vgl. GUSTAFSON/ DONAHOE 1994, S. 505 ff.). Grundsätzlich ist die bis zur 6. Woche identisch verlaufende Genese auf einen weiblichen Körper ausgerichtet. Erst ab der 7. Woche wird durch den TDF ein Differenzierungsprozess des männlichen Embryos bewirkt. Wolf bezeichnet daher die Entwicklung in weiblicher Richtung als konstitutiv und die in männliche Richtung als induziert (vgl. WOLF 1983, S. 171, 178 f.). Die geschlechtsbezogene genetische Nachricht betrifft zudem ausschließlich die Entwicklung der Keimdrüsen. Alle anderen Geschlechtsunterschiede, wie zum Beispiel die Ausbildung des männlichen bzw. weiblichen Phänotyps (Erscheinungsbild) sind auf den folgenden Einfluss der Keimdrüsen (dem gonadalen bzw. hormonellen Geschlecht) und deren Sexualhormonproduktion zurückzuführen (vgl. LE VAY 1994, S. 47; OERTER/ MONTADA 2002, S. 656 f.). Im Anschluss an die genitale Geschlechtsdifferenzierung folgt die Phase der Gehirnentwicklung, wobei der Testosteronsspiegel die Ausprägung synaptischer Verbindungen und struktureller Differenzierungen (neuronales Geschlecht) beeinflusst. Geschlechtshormone haben so nicht nur irreversible Wirkung auf die körperliche Entwicklung, sondern sind zudem für die Organisation verhaltensbestimmter Zentren verantwortlich.

Postnatale Entwicklung: Auch nach der Geburt bleibt die Konzentration der Geschlechtshormone der bedeutendste Einflussfaktor geschlechtsdifferenzierter körperlicher Entwicklung. Bis zur Pubertät liegt nur eine geringe Konzentration der Geschlechtshormone vor, daher bestehen bis dahin nur unwesentliche Entwicklungsunterschiede (vgl. HOYENGA/ HOYENGA 1979, S. 50; CRAPO 1985, S. 98). Etwa ab dem achten Lebensjahr beginnen im menschlichen Körper die der Pubertät zugrunde liegenden hormonellen Veränderungen. Mit der eigentlichen Pubertät wird der Abschluss der geschlechtlichen Differenzierung eingeleitet (vgl. LE VAY 1994, S. 134). Diese setzt bei Mädchen zwischen dem 8. und 14. Lebensjahr ein, bei Jungen etwa 2 Jahre später (vgl. GOLOMBOK/ FIVUSH 1994, S. 133). Die Freisetzung von Testosteron und Östrogenen führt zu verstärkter Ausprägung sekundärer Geschlechtsmerkmale wie Muskelwachstum, Gesichts- und Körperbehaarung bei Männern sowie die Ausbildung weiblicher Proportionen und der Menstruationsregulation bei den Mädchen. Auch im Jugend- und Erwachsenenalter haben Hormone einen aktivierenden Einfluss auf Gehirnstrukturen sowie Teile des autonomen Nervensystems und somit auf bestimmte Verhaltensweisen (vgl. FETT 1980, S. 97 f.; NEUWEILER 1991, S. 679).

4.3 Psychologisches Geschlecht und psychische Geschlechtsunterschiede

Das Geschlecht des Menschen kann neben der biologischen Definition (Sex) auch auf einer psychologischen Ebene betrachtet werden (vgl. VON BRAUN/ STEPHAN 2000, S. 9, 36). Bereits im frühen Kleinkindalter von zwei bis drei Jahren entwickelt der Mensch neben einem allgemeinen Geschlechtsverständnis auch eine eigene Geschlechterrollenidentität als „Mann/Junge“ oder „Frau/Mädchen“, das sog. psychische bzw. psychologische Geschlecht (vgl. HUSTON 1983, S. 387 ff.). Stimmt dies mit anderen Geschlechtsmerkmalen nicht überein, spricht man von Transsexualität. Die sexuelle Selbstidentifikation als Frau oder Mann wird durch die pränatal, hormonvermittelnde Hypothalamusprägung beeinflusst. (vgl. ZETKIN/ SCHALDACH 1992, S. 785). Die Entwicklung geschlechtstypischer Präferenzen und Einstellungen hingegen unterliegen einem starken Einfluss von kulturellen und sozialen Faktoren (vgl. ASENDORPF 1996, S. 287 ff.; KRELL/ KARBERG 2002, S. 2; VON BRAUN/ STEPHAN 2000, S. 10).

Untersuchungsgegenstand des folgenden Abschnitts sind aber die

psychischen Geschlechtsunterschiede , welche als „die Psyche[4] betreffende geschlechtstypische Merkmale“ definiert werden (vgl. BAMBERG/ MOHR 1988, S. 237; DEAUX/ MAJOR 1987, S. 369). BAMBERG / MOHR unterscheiden geschlechts spezifische (auch qualitative) Merkmale, die jeweils nur bei einem Geschlecht auftreten, und geschlechts typische (auch quantitative) Charakteristika, welche bei beiden auftreten, aber in ihrer Auftrittsrate und Ausprägung zwischen den Geschlechtern variieren (vgl. BAMBERG/ MOHR 1988, S. 237 auch OERTER/ MONTADA 2002, S. 649). Ist in der vorliegenden Arbeit die Rede von „psychischen Geschlechtsunterschieden“ werden geschlechts typische Merkmale betrachtet. Die Existenz von derartigen geschlechts spezifischen, also lediglich bei einem Geschlecht auftretenden, psychischen Merkmalen wird stark bezweifelt (vgl. DEAUX/ MAJOR 1987, S. 369).

Mannigfaltigkeit der Studienergebnisse: An dieser Stelle sei auf die unüberschaubare Mannigfaltigkeit von mehr oder weniger wissenschaftlichen Publikationen, Forschungsbeiträgen und (Meta)Studien, hingewiesen, innerhalb derer über Aspekte psychischer Geschlechtsunterschiede kontrovers diskutiert wird. Beispielsweise verdichteten schon MACCOBY/ JACKLIN 1974 in ihrem viel zitierten Werk „The Psychology of Sex Differences“ metaanalytisch die Ergebnisse von etwa 1.600 Untersuchungen (diese allein aus dem Zeitraum 1965-1974) geschlechtstypischer Persönlichkeitseigenschaften, Fähigkeiten und Sozialverhalten. Das Interesse am Forschungsfeld ist seither nicht gesunken und findet aufgrund neuer technischer Verfahren und Untersuchungsmöglichkeiten, aber auch sich stetig verändernder Lebensweisen und Rollenverständnisse immer neuen Auftrieb. Divers sind dabei nicht nur die sich beteiligenden Forschungsdisziplinen, sondern vor allem auch die analytischen Herangehensweisen und nicht zuletzt die sich daraus ergebenden, z. T. stark variierenden Ergebnisse. Nur die wenigsten psychischen Geschlechtsunterschiede sind bislang empirisch belegt. Aber selbst die, die vor wenigen Jahrzehnten noch als empirisch belegt galten, werden aufgrund zweifelhaften methodischen Vorgehens und sich tatsächlich verändernder, teils angleichender Lebensweisen, Betätigungsfelder und Fähigkeiten beider Geschlechter in Frage gestellt (vgl. BAMBERG/ MOHR 1988, S. 239).

Wiederum wird besonders in den so genannten Gender-Studies ein kausaler Zusammenhang zwischen biologischem und sozialem Geschlecht bestritten. Hierbei wird schon allein die Sinnhaftigkeit einer Untersuchung des psychologischen Geschlechts, im Sinne von Unterschieden zwischen biologisch männlichen und weiblichen Personen, angezweifelt. Dies würde nach Aussage der Autoren suggerieren, dass das Geschlecht auch im psychologischen Sinne etwas Naturgegebenes sei, und dies wäre zu bezweifeln (vgl. MARECEK 1995, S. 162 f.; HARE-MUSTIN/ MARECEK 1988, S. 455 f.; HARE-MUSTIN/ MARECEK 1994, S. 531 ff.). Vielmehr wird Gender in diesem Zusammenhang als Konstruktion von Geschlecht (auch doing gender) verstanden (vgl. WEST/ ZIMMERMAN 1991, S. 14 auch VILLA 2000, S. 74 ff.). Nach diesem Verständnis begegnen sich Männer und Frauen in zwischenmenschlichen Interaktionen nicht unvoreingenommen, sondern „produzieren und reproduzieren aufgrund ihrer Erwartungshaltung die vorherrschenden Genderrollen“ (WELPE/ SCHMECK 2005, S. 25). Sie handeln also gemäß ihrer gesellschaftlich vorgegebenen Geschlechterrollen und bestätigen diese bewusst oder unbewusst in zwischenmenschlicher Interaktion. Frauen und Männer spiegeln so ihr „Tun von Geschlecht“ = „doing gender“ wider (vgl. hierzu auch Geschlechtsstereotype, Kap. III. 4.5).

4.3.1 Ursachen und Ausprägung kognitiver Geschlechtsunterschiede

Die Fragestellung, ob und in welcher Art marktrelevante Geschlechtsunterschiede vorhanden sind und wie ggf. darauf ökonomisch sinnvoll reagiert werden kann, ist eine Kernfrage dieser Arbeit. Wie diese möglichen Differenzen entstanden sind bzw. weiter entstehen, ist dafür besonders bezüglich der Veränderbarkeit bedeutend und spielt ansonsten nur eine untergeordnete Rolle. Folgend wird daher nur ein kurzer, wertfreier Auszug bedeutender Theorien und Ergebnisse aus dem breiten Untersuchungsspektrum über die Entstehung von Geschlechtsunterschieden dargelegt. Vertiefend, aufgrund zugeschriebener besonderer Bedeutung für Konsum- und Businessverhalten, werden dabei die kognitiven Fähigkeiten dargelegt. Auch hier besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Grundlegende Unterscheidung: Kontroverse Natur und Sozio-Kultur

Ursachen von Geschlechtsunterschieden werden von divergierenden Forschungsdisziplinen grundsätzlich in zwei entstehungstheoretische Kategorien unterteilt. Zum Einen sind das die anatomischen bzw. biologischen Entstehungstheorien, die Unterschiede als „von Natur aus gegeben“ betrachten. Zum Anderen gehen die psychisch bzw. sozial basierten Theorien von „in der Gesellschaft erlernten, veränderbaren Antagonismen“ aus. Dabei sind die, in den Theorien vorgestellten Einflussfaktoren nicht autark zu verstehen, sondern können zusammenwirken und einander bedingen.

4.3.2 Anatomische bzw. biologische Entstehungstheorien

Kernaussage anatomischer Ursachenforschung von Geschlechtsunterschieden ist, dass biologische Einflüsse wie beispielsweise neuroanatomische Strukturunterschiede (vgl. Lateralisierung; auch GOULD/ WOLLEY et al. 1991, S. 67-84; HINES/ CHIU et al. 1992, S. 3-14; KIMURA 1992, S. 111; NEUMANN 1980, S.63 ff.; NEUWEILER 1991, S. 678; SPRINGER/ DEUTSCH 1993, S. 165), Hormone (vgl. endokrinologische Erklärungsansätze, auch KIMURA 1990, S. 56 ff.; NEUWEILER 1991, S. 678; COLLAER/ HINES 1995, S. 55-107) oder genetische Einflüsse auf Verhalten und kognitive Leistungsfähigkeit differenzierend einwirken (vgl. DIETZEN 1993, S. 22 auch EIBL-EIBESFELDT 1995). Auch evolutionstheoretische Ansätze, die besagen, dass vorteilhafte Verhaltensweisen und Eigenschaften weitervererbt wurden (vgl. EIBL-EIBESFELDT 1995, S. 371 ff.; KIMURA 1992, S. 113), zählen zu dieser Kategorie. Allen diesen Untertheorien ist die Annahme gemein, dass die Unterschiede angeboren sind oder einem unter normalen Umständen eintretenden Entwicklungsprozess (bspw. Hormoneinfluss in der Pubertät) unterliegen und somit unveränderbar und vom sozialen Wandel unabhängig sind.

4.3.2.1 Ergebnisse neuropsychologischer, empirischer Forschung

Die Frage nach geschlechtsdeterminierten Leistungsunterschieden wurde in den letzten Jahrzehnten in einer Pluralität an wissenschaftlichen und populistischen Studien und Abhandlungen diskutiert. Dieses Sujet gewinnt in einer Zeit hoch spezialisierter, technischer und wissenschaftlicher Anforderungen in der Berufswelt, begleitet von Forderungen nach Chancengleichheit und Quotenregelung für Leistungs- und Entscheidungspositionen, verstärkt an Bedeutung (vgl. WEISS/ DEISENHAMMER et al. 2005, S. 587). In dieser Arbeit wird der Thematik geschlechtsdeterminierter Leistungsunterschiede besondere Aufmerksamkeit geschenkt, da davon auszugehen ist, dass tatsächliche oder auch nur angenommene berufsrelevante Leistungsdifferenzen entscheidenden Einfluss auf den beruflichen Werdegang sowie auf Interessen und Freizeitgestaltung haben. Weiter ist davon auszugehen, dass der berufliche Werdegang stark mit dem verfügbaren Einkommen und somit der ökonomischen Unabhängigkeit und damit nicht zuletzt dem Konsumverhalten korreliert. Generell wird in entsprechenden Publikationen zwischen „frauenspezifischen“ und diametral dazu „männerspezifischen“ Fähigkeiten unterschieden. Im Unterschied zur Definition von BAMBERG / MOHR (1988, S. 237, vgl. Kap. III. 4.2) wird in diesem Zusammenhang bereits von beispielsweise frauenspezifischen Fähigkeiten gesprochen, wenn Frauen in entsprechenden Tests im Durchschnitt die besseren Ergebnisse erzielen (vgl. ASTUR/ ORITZ et al. 1998, S. 185-190; CAPLAN/ CRAWFORD et al. 1997; DABS/ CHANG et al. 1998, S. 89-98; MACCOBY/ JACKLIN 1974, S. 349-374; WEISS/ KEMMLER et al. 2003, S. 863-875). Wie deutlich und in welchen Domänen potenzielle Leistungsunterschiede auftreten und worin diese begründet sind, wird allerdings z. T. sehr widersprüchlich diskutiert. Trotz dieser kontroversen Ergebnisse, kristallisieren sich in der Masse der Studien und Publikationen kognitiver Leistungsunterschiede nur wenige Bereiche heraus, bei denen überdurchschnittlich häufig auf geschlechtsdeterminierte Differenzen hingewiesen wird. Die vielfach angenommenen, kognitiven Leistungsvorteile beider Geschlechter werden kurz vorgestellt und im Anschluss unter Zuhilfenahme (z. T. metaanalytischer) neuroanatomischer Erkenntnisse kritisch hinterfragt.

(Hypothetische) Frauenspezifische Fähigkeiten

In der Literatur wird mehrfach bei Tests der Wahrnehmungsgeschwindigkeit, des Wahrnehmungsgedächtnisses, verbaler Fähigkeiten, feinmotorischer Koordination und einfacher Rechenfertigkeit auf signifikant bessere Leistungen der Frauen hingewiesen (vgl. KASTEN 2003, S. 25).

1.) Wahrnehmungsgeschwindigkeit und Wahrnehmungsgenauigkeit

Bei Geschwindigkeit und Genauigkeit der Perzeption übertrafen laut einer Vielzahl empirischer Studien (vgl. z. B. MAJERES 1998, S. 149-165; HAMPSON/ KIMURA 1992, S. 357-398) die Leistungen der Frauen bereits ab dem Kindesalter die der Männer. Die besseren Testergebnisse wurden unabhängig von den im Test verwendeten Materialien (verbal oder nonverbal) erzielt.

2.) Auch das Kurzzeitgedächtnis (Wahrnehmungsgedächtnis) der Frauen zeigte überlegene Leistungen, unabhängig davon, ob verbale oder visuelle Stimuli verwendet wurden. So beschrieben HAMPSON/ KIMURA 1992 signifikant bessere Leistungen der Frauen. Testinhalt und Vorgehen: Nach 20 Minuten sollte eine Liste mit vorher visuell dargebotenen Tieren und Gegenständen wiedergegeben werden.

Bemerkenswerter Weise konnten aber keine signifikanten Leistungsunterschiede in einem Vergleichstest aufgezeigt werden, in dem ohne Zeitverzug, unmittelbar nach der Stimuluspräsentation, die Liste wiedergegeben werden sollte.

3.) Verbale Fähigkeiten und Wort- und Ideenflüssigkeit

In der neuronalen Geschlechterforschung werden immer wieder frauenspezifische Fähigkeiten bei verbal konnotierten Aufgabenstellungen benannt. Demnach lernen Mädchen eher und mit größerem Wortschatz und komplexerer Grammatik sprechen (vgl. NELSON 1973, S. 1 f.; HARRIS/ GITTERMAN 1978, S. 773). Diese sprachlichen Unterschiede verstärken sich noch in der Pubertät. Empirisch belegt sind auch frauenspezifische Leistungsvorteile in Bezug auf assoziative Wortflüssigkeit (vgl. HUTT 1972; KIMURA 1983, S. 19-35; HERZBERG/ LEPKIN 1954, S. 687 ff.). Nach diesen Ergebnissen sind Frauen bei motorischen Aspekten der Sprachproduktion, d. h. bei der Schnelligkeit und Genauigkeit des Wortflusses, überlegen. Allerdings gibt es vor allem im adulten Sektor auch anders lautende Ergebnisse. So kam HUTT 1972 zumindest bei den Wortschatz betreffenden Aufgaben zu keinen konsistenten, Geschlechter unterscheidenden Ergebnissen.

4.) Motorische Koordination

Zum besseren Verständnis der geschlechtsspezifischen motorischen Fähigkeiten ist zuerst eine Einteilung in Grob- und Feinmotorik vorzunehmen.

Grobmotorik: MERZ versteht unter Grobmotorik Leistungen, bei denen der Energieaufwand oft für kürzere Zeit im Vordergrund steht (vgl. MERZ 1979, S. 129). Die Grobmotorik hängt stärker mit der Muskelkraft zusammen. Bis zur Pubertät bestehen kaum geschlechtsspezifische Unterschiede. JONES geht aber davon aus, dass Mädchen bereits vor Vollendung des 13. Lebensjahres 80 % der Druckkraft der Arme erreicht haben, Jungen hingegen erst mit fünfzehneinhalb Jahren (vgl. JONES 1949, S. 37 ff. nach MERZ 1979, S. 129 f.)[5]. Ein erneuter Hinweis darauf, dass Mädchen schneller ausgereift sind. Adult geht man von schnellerer und leichter koordinierbarer Grobmotorik der Männer aus.

Feinmotorik: Bei feinmotorischen Leistungen steht weniger die Kraft, sondern die Koordination der Bewegung, vor allem die der Hände, im Vordergrund. Im Bereich der Feinmotorik sind Frauen generell den Männern in Geschicklichkeit, Schnelligkeit und Koordination überlegen (vgl. MERZ 1979, S. 129).

GOLDBERG/ LEWIS 1969 zeigen, in der nach dem Autor benannten GOLDBERG-Studie, dass der Vorteil der erwachsenen Frauen bezüglich feinmotorischer Fähigkeiten nicht (allein) in anatomisch kleineren, schmaleren Händen begründet ist. In der Studie wurde das Spielverhalten 13 Monate alter Kinder, in Bezug auf die Motorik, untersucht. Die Jungen griffen bei freier Wahl vorwiegend zu unspezifischem Spielzeug wie Bodenkacheln, Türgriffen und unbekannt neuartigen Objekten (wie Robotern) und hantierten grobmotorisch, durch stoßen, hämmern, lärmen mit den Objekten. Mädchen gebrauchten Spielzeuge im eigentlichen Sinne und manipulierten kleinere Einzelstücke spielerisch (vgl. GOLDBERG/ LEWIS 1969, S. 27 f.). Einige Wissenschaftler sehen die feinmotorischen Leistungsvorteile von Mädchen in einem geringeren Temor (Muskelzittern) der Händen begründet (vgl. SÄLZER/ SCHREIBER et al. 1973, S. 107 ff.).

5.) Rechnen (4 Grundrechenarten)

Zahlreiche Studien untersuchen spezifische Aspekte der Rechenleistungen von Frauen und Männern. Die Ergebnisse weichen mitunter stark voneinander ab. Einig ist sich die Wissenschaft, dass mathematische Fähigkeiten differenziert zu betrachten sind. Mädchen können im Schnitt früher zählen als Jungen, auch im Vorschulalter zeigen sie bessere Leistungen. Im Schulfach Mathematik schneiden dann Jungen besser ab und belegen eher mathematische Kurse (vgl. HAUSSMANN/ HETTICH 1995, S. 187). In Testaufgaben, bei denen die 4 Grundrechenarten verwendet werden, schneiden hingegen Frauen besser ab (vgl. KASTEN 2003, S. 25).

(Hypothetische) Männerspezifische Fähigkeiten

Männer zeigten in Testverfahren kognitiver Leistung häufig signifikant bessere Leistung bezüglich ihres räumlichen Vorstellungsvermögens (vor allem mentale Rotation), zielgerichteter motorischer Fertigkeiten, des Widererkennens einfacher Strukturen in komplexen Gebilden sowie bei der Fähigkeit, mathematische Schlussfolgerungen zu ziehen (vgl. KASTEN 2003, S. 25).

1.) Räumliches Vorstellungsvermögen und mentale Rotation: Häufig werden visuell-räumliche Testverfahren zitiert, in denen Männer bessere Leistungen bewiesen. Kognitive Leistungen in diesem Bereich wurden besonders häufig wissenschaftlich untersucht. Allerdings lassen sich die geschlechtsspezifischen Leistungsunterschiede, wenn überhaupt, oft nur marginal nachweisen. Lediglich in ausgewählten Teilaufgaben visuell-räumlicher Tests sind bislang deutlichere Unterschiede aufgezeigt worden. Daher wird folgend die Betrachtung dieser Leistungsdifferenz detaillierter erfolgen. Nach HARRIS basieren visuell-räumliche Testverfahren auf räumlicher Orientierung, auf mechanischen Fertigkeiten oder mathematischen Fähigkeiten (vgl. HARRIS 1978, S. 407 ff.). Dennoch wurde der Terminus räumliche Fähigkeiten in der Wissenschaft vielfältig ausgelegt und nach unterschiedlichen Kriterien untersucht. Eine gängige Unterteilung nehmen LINN und PETERSEN (1985) vor und klassifizieren räumliche Fähigkeiten autoritativ in drei Kategorien:

- räumliche Vorstellung/Perzeption: Fähigkeit, räumliche Beziehungen trotz ablenkender Informationen zu erkennen.
- mentale Rotation: Fähigkeit, die Position eines dreidimensionalen Körpers
imaginär zu verändern.
- räumliche Visualisierung: Fähigkeit, komplexe, räumliche Informationen zur Lösung einer Aufgabenstellung in einzelne Arbeitsschritte zu zerlegen und zu überblicken (vgl. LINN/ PETERSEN 1985, S. 1479 ff.).

LINN und PETERSEN fanden allein in den ersten beiden Kategorien, räumliche Vorstellung und mentale Rotation, signifikante Geschlechtsunterschiede. VOYER/ VOYER et al. 1995 griffen die Klassifizierung auf und bestätigten in einer Metaanalyse variable Ergebnisse bezüglich der Signifikanz einzelner Kategorien.

Auch Goldstein / Haldane / Mitchell folgen der Argumentation und stellen zudem fest, das geschlechtsspezifische Unterschiede beim mental Rotation Test nur bei einem vorgegebenen Zeitlimit der Aufgabenerfüllung auftraten (vgl. GOLDSTEIN/ HALDANE et al. 1990, S. 546 ff.).

2.) Zielgerichtete motorische Fertigkeiten: Männer erzielen die besseren Ergebnisse bei zielgerichteten motorischen Übungen wie z. B. dem Werfen und Auffangen von Objekten (vgl. KIMURA 1992, S. 104 ff.; SPRINGER/ DEUTSCH 1995, S. 161; ODENWALD/ BEGLEY 1995, S. 162).

3.) Wiedererkennen einfacher Strukturen in komplexen Gebilden: In kognitiven Leistungstests, wie auch anhand ausgewählter Tests im Marketingsektor (Werbeforschung), konnte nachgewiesen werden, dass Männer Formen besser wiedererkennen (vgl. SCOTT 1976, S. 84 ff.).

4.) Fähigkeit, mathematische Schlussfolgerungen zu ziehen: Nach einer Metaanalyse von HYDE/ FENNEMA et al. 1990, basierend auf Daten aus 100 Studien, können Männer besser mathematische Schlussfolgerungen ziehen. Bei einfachen Rechenaufgaben sind die Frauen überlegen.

Eine Auswahl von Testverfahren zur Feststellung der hier aufgeführten kognitiven Leistungen findet sich im Anhang 1.

4.3.2.2 Ergebnisse neuroanatomischer Forschung

Fokus der anatomischen Ursachenforschung von Geschlechtsunterschieden ist die Frage: Inwieweit wirken biologische Aspekte wie beispielsweise neuroanatomische Strukturunterschiede (Lateralisierung) (vgl. GOULD/ WOLLEY/ MC EWEN 1991, S. 67-84; HINES/ CHIU/ MC ADAMS/ BENLER/ LIPCAMON 1992, S. 3-14), Hormone (vgl. COLLAER/ HINES 1995, S. 55-107) oder genetische Einflüsse differenzierend auf Verhalten und kognitive Leistungsfähigkeit (vgl. DIETZEN 1993, S. 22)? Besonderes Augenmerk liegt zur Beantwortung dieser Forschungsfrage auf zwei Untersuchungsschwerpunkten. Zum Einen wurden eine mögliche geschlechtsspezifische Aktivierung der Hemisphären und deren Folgen, zum Anderen die Wirkung geschlechtsbedingt differenzierter, gonadaler hormoneller Einflüsse eingehend untersucht.

Ergebnisse neuroanatomischer Forschung: Hemisphärenaktivierung differenziert

Die Medizin geht davon aus, dass die unterschiedliche Beschaffenheit neuronaler Netzwerke das kognitive Leistungsniveau beeinflussen kann. Dieser Rückschluss kann bislang aber nur indirekt, ausgehend von beobachtbarem Verhalten, auf zugrunde liegenden strukturellen Korrelaten erfolgen. Die bislang in der Wissenschaft verbreitete Annahme der funktionellen Asymmetrie des Gehirns spricht der rechten Hemisphäre vor allem die Verarbeitung räumlicher Aufgaben und die Wiedergabe von nicht verbalisierten Stimuli zu. Der linken Hemisphäre wird vorrangig die Verantwortung für verbale Prozesse und bestimmte manuelle Bewegungen zugeschrieben (vgl. MILNER 1971, S. 272 ff.; SPRINGER/ DEUTSCH 1988, S. 67 ff.). Die Hypothese der funktionellen Asymmetrie des Hirns basiert auf drei verschiedene Forschungsrichtungen bzw. Untersuchungsansätze: den Läsionsstudien und den experimentellen Versuchsanordnungen sowie den bildgebenden Verfahren.

I. Erkenntnisse der Läsionsforschung

Patienten mit linkshemisphären, unilateralen Läsionen[6] weisen eine starke Beeinträchtigung beim Lösen verbaler Testaufgaben auf (vgl. INGLIS/ LAWSON 1982, S. 670-683). Aufgrund dieser Tatsache verortete man das so genannte Kontrollzentrum verbaler Prozesse in der linken Hemisphäre (vgl. HECAEN/ GOSNAVE et al. 1987, S. 233-237; KIMURA/ HARSHMAN 1984, S. 423-441). Bei weiblichen Patienten, deren linke Hemisphäre verletzt ist, treten jedoch weniger starke Beeinträchtigungen sprachkonnotierter Prozesse auf.

Auch im umgekehrten Fall - bei einer Verletzung der rechten Hemisphäre - waren die visuell-räumlichen Fähigkeiten der Frauen weniger stark eingeschränkt als die der Männer (vgl. MC GLONES, S. 215-263; INGLIS/ LAWSON 1982, S. 670-683).

Die Fachautoren interpretieren diese Befunde dahingehend, dass beide Hirnhälften für beides einsetzbar sind, diese aber bei Männern stärker asymmetrisch organisiert sind als bei Frauen. Als (allerdings umstrittene) theoretische Begründung wird das nachgewiesen breitere Splenium der Frauen und die damit qualitativ bessere Verbindung beider Hemisphären gesehen.

II. Ergebnisse experimenteller Versuchsanordnungen

Perzeptive Asymmetrien konnten ebenso in experimentellen Versuchen nachgewiesen werden. Diese Versuchsanordnungen basieren zumeist auf tachistoskopisch visuellen Darbietungen oder auf dichotomischem Hören.

Grundlage beider Testverfahren sind die über Kreuz verlaufenden Seh- bzw. Hörbahnen vom Auge/Ohr zum Gehirn. Geht man nun weiter von der hypothetischen linkshemisphärischen Dominanz der Sprachfunktionen aus, so müssten sich bei primär sprach-konnotierten Tests bessere Leistungsergebnisse bei den im rechten Gesichtsfeld (oder Ohr) dargebotenen visuellen (oder akustischen) Stimuli ergeben.

Nach MC GLONE 1980 zeigen Frauen in dieser experimentellen Versuchsanordnung, wie auch in den Läsionsstudien, tendenziell geringere perzeptive Asymmetrien in ihren Leistungsausprägungen. Obwohl die Tests recht eindeutig ausfallen, zeigen vor allem jüngere Studien, dass dies lediglich eine stark vereinfachte Abbildung sehr komplexer, ganze Areale von Netzen betreffender Realität ist (vgl. HARSHMAN/ HAMPSON et al. 1983, S. 144-192 zitiert nach WEISS/ DEISENHAMMER/ HINTERHUBER/ MARKTSTEINER 2005, S. 590).

III. Ergebnisse bildgebender Verfahren (FMRT, PET)

Neuere Technologien und Untersuchungsverfahren, wie die FMRT (funktionelle Magnetresonanztomographie), spielen in der neuroanatomischen Geschlechterforschung eine immer größere Rolle. Das FMRT-Verfahren ermöglicht eine exaktere Lokalisierung von Gehirnaktivitäten, ohne wie bisher, den Probanden Strahlenbelastungen auszusetzen[7] (vgl. SPRINGER/ DEUTSCH 1988 nach WEISS/ DEISENHAMMER/ HINTERHUBER/ MARKTSTEINER 2005).

a) Gehirnaktivitäten bei verbalen Testaufgaben

Die besseren verbalen Fähigkeiten der Frauen bei Sprachproduktionsaufgaben werden auf die unterschiedliche Lateralisierung[8] der Sprache zurückgeführt. Auf den ersten Blick erscheinen Forschungsergebnisse, bei denen die Aktivitäten im Gehirn bei verschiedenen Aufgabenstellungen lokalisiert werden, widersprüchlich. Hinterfragt man die genauen Aufgabenstellungen der verbalen Tests, nähern sich die Ergebnisse zumindest an (vgl. Tabelle 02).

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Tab. 02: Wesentliche PET- und FMRT-Ergebnisse zu Untersuchungen von Geschlechtsunterschieden bei verbalen Aufgaben (vgl. WEISS/ DEISENHAMMER/ HINTERHUBER/ MARKTSTEINER 2005 , S. 590)

Zusammenfassend ließen sich laut WEISS et al. (2005) tatsächlich bei phonologischen Aufgaben (hier z. T. widersprüchliche Ergebnisse) und bei passiven Zuhöraufgaben Geschlechtsunterschiede in der neuronalen Sprachorganisation und den entsprechenden Gehirnaktivitäten aufzeigen (vgl. WEISS/ DEISENHAMMER/ HINTERHUBER/ MARKTSTEINER 2005, S. 590).

b) Gehirnaktivitäten bei visuell-räumlichen Testaufgaben

Die Ergebnisse der Intelligenztest, bei denen nur in selektiven Bereichen der räumlichen Vorstellungskraft geschlechtsdifferenzierte Leistungsunterschiede nachweisbar waren, werden auch durch Untersuchungen bildgebender Verfahren der Gehirnaktivitäten bestätigt.

Allein die holistische Betrachtung der Ergebnisse „visuell-räumlicher Tests“ führte zu keinem klaren Ergebnis. In FMRT-Tests, in denen Aufgaben bezüglich real rotierender Körper gelöst werden sollten, konnte unabhängig vom Geschlecht überraschend keine Lateralisierung zu einer Hemisphäre festgestellt werden (vgl. KOSSLYN/ DI GIROLAMO et al. 1998, S. 151-161). Die Ursache hierfür ist unklar. Aber es wird vermutet, dass die Aktivierung beider Hirnhälften auf die für den Lösungsprozess nötigen, von diesen aber nicht klar unterscheidbaren Prozessen (z. B. Kontrolle der Augenbewegung), zurückzuführen ist.

Die größten Unterschiede, sowohl in Bezug auf kognitive Leistungen, als auch auf die Aktivierung der Hirnhälften beim Lösungsprozess, wurden im Teilbereich „mentale Rotation“ (imaginäre Rotation eines dreidimensionalen Körpers) aufgezeigt (vgl. Abb. 07; auch HARRIS 1978; MASTERS/ SANDERS 1993, S. 337 ff.; SANDERS/ SOARES et al. 1982, S. 1106 ff.).

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Abb. 07: Shepard-Metzler-Figuren im Mental Rotation Test (nach PETERS/ LAENG/ LATHAM/ JACKSON/ ZAIOUNA/ RICHARDSON 1995 , S. 39 ff.)

Für den bis heute durchgeführten Mental Rotation Test wurden bereits in den frühen 70ern des letzten Jahrhunderts von SHEPARD und METZLER, die nach den Autoren benannten, Shepard-Metzler-Figuren entwickelt (vgl. SHEPARD/ METZLER 1971, S. 701 ff.).

Der in Abbildung 07 dargstellte Test ist laut WEISS et al. der einzige wissenschaftlich fundierte Test, bei dem geschlechtsdeterminierte Leistungsunterschiede von bis zu einer Standardabweichung aufgezeigt werden. Aufgabenstellung hierbei: möglichst schnell zu erkennen ob die Figuren identisch (und lediglich gedreht) oder gespiegelt sind (vgl. WEISS/ DEISENHAMMER/ HINTERHUBER/ MARKTSTEINER 2005, S. 591). Es zeigten sich somit Unterschiede in der Art und Weise, wie Männer und Frauen mit räumlichen Informationen umgehen (vgl. GLÜCK/ FITTING 2003, S. 293-308). Bei dem Mental Rotation Test nutzten die beiden Geschlechter differenziert die Hemisphären. Während Männer vorrangig eine Hinhälfte aktivierten, nutzen Frauen beide (vgl. WEISS/ SIEDENTOPF et al. 2003a, S. 169 ff.). Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass trotz der in den letzten Jahrzehnten feststellbaren Reduktion der Leistungsunterschiede der Geschlechter Differenzen bestehen, unabhängig davon, ob biologisch oder sozialisationsbedingt.

Hormonell begründetes (Endokrinologisches) Erklärungsmodell

Hormonell begründete Erklärungsmodelle fußen auf der Annahme, dass differenzierte Einflüsse gonadaler (vgl. Kap. III. 4.3.1) Hormone sowohl organisatorische, als auch aktivierende Effekte auf das Gehirn haben (vgl. GOUCHI/ KIMURA 1991, S. 323 ff.; KIMURA 1996, S. 259 ff.). GESCHWIND/ GALABUDA beschreiben organisatorische Effekte der Hormone in der pränatalen Zeit wie folgt: Testosteron führt zu einer schnelleren Synapsenbildung innerhalb der rechten Hemisphäre. Darauf stützen sich nach Aussage der Autoren die besseren visuell-räumlichen und die schlechteren verbalen Fähigkeiten der Männer (vgl. GESCHWIND/ GALABURDA 1987, S. 283).

Der aktivierende Effekt der Hormone konnte auch empirisch belegt werden. Die durchschnittliche verbale Überlegenheit der Frauen wird auch, wie der Vorteil der Männer bezüglich räumlicher Vorstellungskraft, in der Pubertät verstärkt. Bei Frauen, denen Östrogene in einer Substitutions-Therapie zugeführt wurden, verbesserten sich nach der Menopause verbale Gedächtnisleistungen und Feinmotorik (vgl. ROBINSON/ FRIEDMAN et al. 1994, S. 919 ff.; KAMPEN/ SHERWIN 1994 S. 979-983) einhergehend mit einer Verschlechterung räumlich-visueller Vorstellungskraft. Eine künstliche Erhöhung des Testosteronspiegels bei Männern führte dem entgegen zu keinem positiv-linearen Zusammenhang visuell-räumlicher Testleistungen. Abermals reagierten die Frauen stärker auf den Hormoneinfluss. Ein erhöhter Testosteronspiegel führte ausschließlich bei den Probandinnen zu einer Verbesserung der visuell-räumlichen Leistung, bei einhergehender Verschlechterung verbaler Fähigkeiten (vgl. SILVERMAN/ PHILLIPS et al. 1993, S. 257-270).

4.3.2.3 Metaanalytische Ergebnisse und kritische Würdigung

Die metaanalytischen Ergebnisse unterschiedlich ausgeprägter kognitiver Fähigkeiten von Männern und Frauen sind hier in einer Übersicht dargelegt. Vor allem wird deutlich, wie marginal die Differenzen sind. Wirkliche Unterschiede finden sich erst bei rein körperlichen Tätigkeiten wie Werfen oder der Körperkraft insgesamt (vgl. Tabelle 03, auch Kap. IV. 6.1.1.1 - anatomische Unterschiede).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 03: Geschlechtsbedingt differenziert ausgeprägte Variablen zur Messung kognitiver Fähigkeiten (eigene Darstellung in Anlehnung an ECKES 1997 , S. 39 f.)

Kritische Würdigung der Ergebnisse

Eine Reihe von Geschlechtsunterschieden bezüglich der Hirnorganisation konnte bis dato empirisch belegt werden. Dennoch ist ein eindeutiger Zusammenhang beobachtbarer Leistungsunterschiede (trotz Korrelaten) bislang nicht verifiziert.

Die Interpretation kognitiver Geschlechtsunterschiede sollte mit Vorsicht erfolgen (vgl. WEISS/ DEISENHAMMER/ HINTERHUBER/ MARKTSTEINER 2005, S. 592), da:

- die Studien oft einer hohen Spezifität unterliegen und vielfach lediglich partiell ein vergleichbares methodisches Vorgehen aufweisen,
- in Abhängigkeit von der theoretischen Ausrichtung der Autoren eine Tendenz vorherrscht, verschiedene empirische Ergebnisse überzubewerten bzw. zu vernachlässigen,
- kognitive Leistungen verschiedenen (in den Tests nicht vergleichbaren) Einflussfaktoren wie z. B. Geschlechtshormonen, Umweltmodellen, Rollenidentifikationen unterliegen,
- die neuropsychologischen Leistungsunterschiede, die in unterschiedlichen Tests signifikant nachgewiesen wurden, oft nicht mehr als eine halbe Standardabweichung betrugen,
- sich somit die Spannbreite der Leistung der Geschlechter stark überschneidet,
- sich, trotz der z. T. frauen- bzw. männerspezifisch durchschnittlich besseren Werte, ein hohes Maß interindividueller Leistungsdifferenzen innerhalb der Geschlechtergruppen zeigt,
- eine Reduktion der gemessenen Leistungsunterschiede innerhalb der letzten Jahrzehnte ersichtlich ist

(vgl. ECKES 1997, S. 34 ff.; auch BISCHOF-KÖHLER 2002, S. 9 f. auch WEISS/ DEISENHAMMER/ HINTERHUBER/ MARKTSTEINER 2005, S. 589).

4.3.3 Psychologische bzw. Sozialisationstheoretische Erklärungsansätze

Trotz oder auch wegen der hohen Forschungsdichte innerhalb verschiedenster Wissenschaftsdisziplinen ist derzeit noch kein einheitlicher Konsens zu den sozialen bzw. psychologischen Entstehungstheorien gefunden. Grundsätzlich gehen aber die Autoren der Ansätze davon aus, dass psychische Geschlechtsunterschiede vorrangig durch soziokulturelle Einflüsse entstehen. In diesen Theorien werden soziologische Kenntnisse entsprechend der Wirkung verschiedenster Aspekte der Sozialstruktur (bspw. Rollenverständnis) mit psychologischen Erkenntnissen bezüglich bestimmter Reaktions- und Verhaltensmuster in Verbindung gebracht (vgl. NUNNER-WINKLER 1994, S. 61; DEAUX/ MAJOR 1987, S. 369). Folgend sind die Kernaussagen bedeutender Ansätze dieser Forschungsrichtung selektiv dargelegt.

Bekräftigungstheorie - Lob und Tadel (auch Lerntheoretische Erklärungstheorie):

Vertreter der Bekräftigungstheorie gehen davon aus, dass bereits im Kindesalter von Mädchen und Jungen unterschiedliches Verhalten erwartet wird. Bezugspersonen suggerieren auch: „Tobe nicht so wild! Du bist doch kein Junge!“ oder „Heul nicht! Du bist doch kein Mädchen!“. Die Entwicklung von Geschlechtsunterschieden wird demnach akzeleriert, in dem Verhaltensweisen, die für das jeweilige Geschlecht als angemessen empfunden werden, durch Lob, Zustimmung und Anerkennung bekräftigt werden. Auch folgt auf beobachtete, als unangemessen eingestufte Verhaltensweisen, Missbilligung, Kritik oder im besten Fall Nichtbeachtung (vgl. KASTEN 2003, S. 38 f.; MISCHEL 1970; GOLOMBOK/ FIVUSH 1994, S. 88).

Imitations- und Identifikationstheorie - Vorbildfunktionen: Ausgehend von der Imitationstheorie spielen die Vorbilder bei der Entwicklung von Geschlechtsunterschieden eine bedeutende Rolle. Die Theorie basiert auf der Annahme, dass Kinder häufig die Gelegenheit haben, gleichgeschlechtliche Bezugspersonen zu beobachten, und von sich aus eher bereit sind, gleichgeschlechtliche Modelle nachzuahmen als gegengeschlechtliche. Die gefühlsmäßig sehr intensiven Primärbeziehungen, welche innerhalb der ersten Lebensjahre zwischen Kind und dessen wichtigsten Bezugspersonen entstehen, führen zu einer Identifikation mit der Bezugsperson. Naturgemäß ist das erste Vorbild oft das gleichgeschlechtliche Elternteil, welches am häufigsten nachgeahmt wird (vgl. KASTEN 2003, S. 42 ff.; BUSSEY/ BANDURA 1984).

Kognitive Theorie - Verstandsbasierte Durchdringung: Der Heranwachsende setzt sich nach dieser Theorie aktiv mit seiner physikalischen und sozialen Umwelt auseinander. So erwirbt er Wissen und Kenntnisse auch geschlechtsbezogener Inhalte und Merkmale. Dem Kind wird es so möglich, nicht nur sich selbst, sondern auch andere sicher den Kategorien „männlich“ und „weiblich“ zuzuordnen. Anfangs greift es dafür auf äußere Merkmale wie Haare, Kleidung, Stimme etc. zurück, später auch auf Verhaltensweisen, Vorlieben und Einstellungen (vgl. KASTEN 2003, S. 48 ff.; KOHLBERG 1966; HUSTON 1983, S. 407).

Zumeist wird von einer Verbindung biologischer und sozialisationstheoretischer Einflüsse ausgegangen. Vereinzelte Verfechter der Gender-Forschung bestehen auf ausschließlich sozialisationsbedingte Ursachen geschlechtsspezifischer Verhaltensweisen und stellen vor allem Ungleichheiten biologisch begründeter (kognitiver) Leistungsunterschiede in Frage (vgl. WELPE/ SCHMECK 2005, S. 37 f.).

Synthese biologischer und sozialer Einflüsse : Nach MERZ 1979 kann „…kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass die heute beobachtbaren Geschlechtsunterschiede sowohl auf biologische als auch auf gesellschaftliche Bedingungen zurückgehen.“ (MERZ 1979, S. 9). Ein evidentes, allerdings hypothetisches Modell verschiedener Faktoren, die über die Lebensspanne hinweg auf die psychische Entwicklung eines Menschen einwirken, liefert PARSONS 1980 (vgl. Abbildung 08). Die im Konstrukt aufgeführten biologischen und soziokulturellen Einflussfaktoren sind in Abhängigkeit ihrer zeitweiligen Einflussstärke innerhalb der jeweiligen Lebensphase dargestellt. Angelehnt an die bereits aufgeführte Einteilung in „Sex“ und „Gender“ (vgl. Kap. II. 4.1) können die genetische Basis sowie die darauf beruhenden hormonellen Einflüsse als natürliche/biologische Faktoren (Sex) benannt werden. Der soziokulturelle Einfluss (Gender) geht hingegen von Familie, Peers und Gesellschaft aus. Auf die Individuen dieser sozialen Gruppen wird ihrerseits ebenso ein „Sociocultural Influence“ ausgeübt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 08: Hypothetisches Einflussmodell psychologischer Entwicklung nach PARSONS (vgl. PARSONS 1980 , S. 39)

In diesem Verständnis erzeugen die biologischen Unterschiede diverse Verhaltensspielräume für Männer und Frauen. Wie diese Spielräume genutzt werden, ist stark abhängig vom psychologischen Geschlecht (Gender), das großteils von der sozialen Umwelt mitgestaltet wird (vgl. KLOEHN 1982, S. 190 ff.; MERZ 1979, S. 9).

4.4 Sozialer Einfluss: Geschlechtsstereotype und Geschlechterrollen

Tatsächlich wurden in der Metastudie von MACCOBI und JACKLIN, welche 1974 die Ergebnisse etwa 1.600 geschlechtsspezifischer Studien zusammenfassten (vgl. auch Kap. 4.4.1.2), allein 4 Unterschiede nachgewiesen. Drei davon betrafen den kognitiven Stil in Bezug auf mathematische Leistungen, räumliche Vorstellungskraft und Sprachgebrauch und nur einer den emotionalen Sektor: Aggressivität[9] (vgl. MACCOBY/ JACKLIN 1974, S. 227). Auch wenn die Ergebnisse in den folgenden Jahren von anderen Autoren und sogar von MACCOBI selbst anders interpretiert wurden, und diverse Studien neueren Datums mit z. T. vergleichbaren Aussagen hinzukamen, bleiben doch wenige (zudem immer nur schwach ausgeprägte) empirisch belegte Unterschiede (vgl. Kap. III. 4.4.1.2) im Verhalten sowie der kognitiven Leistungsfähigkeit von Mann und Frau.

Den wissenschaftlichen Ergebnissen steht in der Gesellschaft ein Wall subjektiver Wahrnehmungen, Zuschreibungen von Eigenschaften und Verhaltensweisen beider Geschlechter gegenüber. So wundert es dann auch nicht, wenn unter dem Motto: „sicher schon einmal selbst so oder so ähnlich erlebt“ Bücher von Frauen von der Venus und Männern vom Mars millionenfach verkauft werden. Beispielsweise werden in den Bestsellern des weltweit erfolgreichen Kommunikationstrainerpaares Allan und Barbara Pease, unter Zuhilfenahme von Humor und einigen mehr oder weniger wissenschaftlichen Studien, scheinbar die biologischen Grenzen der Gleichheit aufgezeigt: „Männer zappen und Frauen wollen immer nur reden“ (PEASE/ PEASE 2003a), „Warum Männer lügen und Frauen immer Schuhe kaufen“ (PEASE/ PEASE 2002. „Warum Frauen schlecht einparken…Ganz natürliche Erklärungen für weibliche Schwächen“ (PEASE/ PEASE 2003b). Dabei unterliegt der Umgang mit den realen oder wahrgenommenen Geschlechtsunterschieden einem stetigen Wandel (vgl. auch Kap. III. 5.1.4). Die so erfolgreiche, parodierte Darstellung von Geschlechtsunterschieden galt noch vor wenigen Jahren als politisch äußerst inkorrekt (vgl. BRÜHL 2004, S. 6). Ein typisches Beispiel, wie operationalisierbare Größen geschlechtsspezifisch subjektiv verzerrt werden, kann schon bei der Geburt der eigenen Kinder verdeutlich werden. Auch wenn sich Gewicht und Größe männlicher und weiblicher Neugeborener gleichen, wird ein Mädchen von den Eltern im Durchschnitt als kleiner und leichter eingeschätzt. Grund dieser fälschlichen Wahrnehmung ist ein kulturell geprägtes Meinungssystem charakteristischer Merkmale der Geschlechter (vgl. ASENDORPF 1996, S. 284).

Die von der Mehrheit geteilten Überzeugungen und (Vor-)Urteile bezüglich typischer Eigenheiten von Männern und Frauen konkretisieren sich in den sog. Geschlechtsstereotypen. ECKES definiert Geschlechtsstereotype als kognitive Strukturen, welche sozial geteiltes Wissen über charakteristische Merkmale von Männern und Frauen enthalten (ECKES 1997, S. 17). Sie beschreiben somit die allein aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit angenommenen Eigenschaften und Verhaltensweisen von Individuen (deskriptiven Charakter) (vgl. ECKES 1997, S. 11 auch LEHR 1972, S. 888; ASHMORE/ DELBOCA 1979, S. 222).

Geschlechterrollen basieren auf den Geschlechtsstereotypen, gehen aber noch einen Schritt weiter. Denn innerhalb der Geschlechterrollen werden die als geschlechtstypisch empfundenen Eigenheiten nicht nur beschrieben, sondern auch konkrete Erwartungen an Eigenschaften und Verhalten, die als „angemessen“, „wünschenswert“, „ideal“ und vor allem als „normal“ für das jeweiligen Geschlecht gelten, festgelegt (normativ-präskriptiver Charakter). Dies führt soweit, dass diese geschlechtstypischen Merkmale bei einem Geschlecht unbedingt erwartet und als dazugehörig betrachtet, jedoch beim anderen Geschlecht weniger erwartet und bei Auftreten nahezu als störend empfunden und u. U. sanktioniert werden (vgl. LEHR 1972, S. 888 auch TRAUTNER 1991, S. 324; DIETZEN 1993, S. 76, ALFERMANN 1996, S. 85; KROEBER-RIEL/ WEINBERG 1996, S. 446).

Geschlechterrollen wirken dadurch nicht nur nach außen, sondern werden auch als Bestandteil des geschlechtlichen Selbstbildes erlernt (vgl. DIETZEN 1993, S. 76). Dabei beziehen sie sich ebenso auf soziale Interaktion, als auch auf die Arbeits- und Machtverteilung der Individuen einer Gesellschaft (vgl. SIEVERDING/ ALFERMANN 1992, S. 6). Beispielsweise sieht EAGLY (1987) die Geschlechterrolle und die damit verbundenen Erwartungen als zentrale Ursache für Geschlechtsunterschiede im sozialen Handeln innerhalb einer Organisation oder der Familie. Der weibliche Stereotyp entspricht in diesem Verständnis der so genannten expressiven Rolle und ist damit zuständig für familiäre Angelegenheiten und Innenbeziehungen. Dem männlichen Stereotyp wird die instrumentelle Rolle zugesprochen. Somit ist er als „Ernährer der Familie“, für die Pflege der Außenbeziehungen und die berufliche Rolle „vorgesehen“ (EAGLY 1987 nach ALFERMANN 1996, S. 31).

4.4.1 Inhalte und Funktion von Geschlechtsstereotypen

Im Wesentlichen lassen sich die Inhalte der Geschlechtsstereotype in Cluster von Kompetenz, Aktivität und Emotionalität zusammenfassen (vgl. ALFERMANN 1996, S. 14). Ein psychologisches Merkmal ist „geschlechtstypisch“ verteilt, wenn sich die Mittelwerte der Ausprägungen von Frauen und Männern unterscheiden. Abbildung 09 verdeutlicht musterhaft das Verhältnis der Ausprägungen realer Geschlechtsunterschiede im Vergleich zu ihren stereotypen Ausprägungen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 09: Verhältnis der Ausprägungen tatsächlicher Geschlechtsunterschiede (oben) zu denen der Geschlechtsstereotype (unten) (vgl. ASENDORPF 1996 , S. 85 nach BISCHOF 1980)

Die tatsächliche Verteilung einzelner Merkmale überlappt dabei oftmals erheblich (oberer Teil der Abbildung), d. h. Männer und Frauen weisen großteils die gleichen Merkmalsausprägungen auf, auch wenn ihnen geschlechtsstereotyp stärkere Differenzen unterstellt werden (unterer Teil der Abbildung).

Ausgehend von der Annahme, dass hinter den stereotyp zugeschriebenen Eigenschaften ein (ursprünglich oder gegenwärtig vorhandener) wahrer Kern ist, verdeutlicht die Grafik, die Eigenart von Stereotypen zu outrieren (unterer Teil der Grafik: Mittelwerte liegen weiter auseinander). Andererseits wird die Individualität des Einzelnen ignoriert und stark verallgemeinert (unterer Teil der Grafik: geringere Streuung, sowie gestauchte Kurven). Stereotype Eigenschaften werden oft konträr einem Geschlecht zu-, dem anderen hingegen abgesprochen (unterer Teil der Grafik: geringe Überlappung der Kurven). So werden Männer beispielsweise als dominant und risikobereit beschrieben, während Frauen eher nachgiebig und scheu wahrgenommen werden (vgl. ASENDORPF 1996, S. 284 f., 291; BISCHOF-KÖHLER 2002, S. 3, 5, 28 f.). Die Differenzen (Trennschärfe) einzelner Merkmalsausprägungen werden in quantitativen Analysen häufig über die Effektgröße (d = Mittelwertdifferenz geteilt durch die Standardabweichung) erfasst (vgl. ASENDORPF 1996, S. 284 f., 291 f.). Folgt man dem inzwischen weithin akzeptierten Vorschlag von COHEN 1977, gilt in diesem Forschungsbereich ein d von 0,2 als ein geringer Unterschied. Ein Wert von 0,5 wird als ein mittlerer Unterschied betrachtet, während ab einer Effektgröße von 0,8 von einer großen Differenz zwischen den Geschlechtern ausgegangen wird (vgl. BISCHOF-KÖHLER 2002, S. 43; ALFERMANN 1996, S. 94). Für eine grobe Orientierung sind diese Richtlinien nützlich, lassen aber einen beachtlichen Interpretationsspielraum (vgl. ECKES 1997, S. 41). Auch wenn die zumeist wertbeladenen Stereotype zur Diskriminierung und Ausgrenzung sozialer Gruppen beitragen können, erfüllen sie doch gleichzeitig auch wichtige individuelle und soziale Funktionen. In genere sind Stereotype bedeutende handlungsregulierende Deutungsschemen. Schemata reduzieren die Komplexität möglicher Verhaltenserwartungen und ordnen sie relevanten Mustern zu. Als eine Art vorreflexives Hintergrundwissen, auch tacit knowledge (vgl. POLANYI 1958 nach DIETZEN 1993, S. 76), gelten sie als Unsicherheit reduzierend und grundlegend für soziales Handeln (vgl. DIETZEN 1993, S. 76 auch ECKES 1997, S. 17 ff.).

Komplexitätsreduzierung: Um kognitiv nicht überlastet zu werden, selektiert der Mensch die Informationsflut in klassifizierende Kategorien. Aufgrund verschiedener, häufig äußerer Merkmale werden Gruppierungen gebildet. Die Hautfarbe teilt die Menschen in Schwarze und Weiße, der Körperumfang definiert die Kategorien Dicke und Dünne, das biologische Geschlecht in Männer und Frauen. Den häufig konträren Kategorien werden wiederum Eigenschaften und Fähigkeiten zugeschrieben, die dann pauschal für alle Mitglieder Geltung erlangen. Unbekannte Menschen werden mit bereits bekannten Gruppen verglichen und sofort bewusst oder unbewusst eingeordnet. Dieser Vorgang der Kategorisierung reduziert die Komplexität des Alltags, kann aber auch leicht zu Fehlurteilen führen, indem individuelle Merkmale einer Person vernachlässigt werden (vgl. ALFERMANN 1996, S. 10; ECKES 1997, S. 27; ROTH 1999, S. 33).

Identitätsbildung und Sicherheit: Stereotype tragen auch zur eigenen sozialen Identitätsbildung bei. Ähnlich wie bei den oben beschriebenen Gruppierungen aufgrund äußerer Merkmale, gehört der Mensch im gesellschaftlichen Umfeld auch diversen sozialen Kategorien an, wie zum Beispiel der Berufsgruppe oder dem Familienstand. Dies hilft ihm, sich angemessen in unterschiedlichen Alltagssituationen zu verhalten. Die Stereotype dienen damit sozialer Anpassung und Abgrenzung, womit sie den Menschen vor dem Alleinsein schützen. Sie schaffen eine kollektive Zugehörigkeit, die dem Einzelnen aufgrund geteilter Normen und Werte eine Verhaltenssicherheit verleiht (vgl. ROTH 1999, S. 34 ff.). Der positive Aspekt der Sicherheit kann jedoch auch als indirekte Verpflichtung angesehen werden. Den sozialen Kategorien „Mann“ und „Frau“ werden verschiedene Verhaltensweisen zugeschrieben, deren Einhaltung von der Gesellschaft implizit erwartet wird (vgl. ALFERMANN 1996, S. 85; KROEBER-RIEL/ WEINBERG 1996, S. 446).

Selbstdarstellung: Ausgehend von der vermeintlichen Erwartungshaltung der Gesellschaft wird abschließend auf die Funktion der geschlechtsstereotypen Selbstdarstellung hingewiesen. Menschen bemühen sich mehr oder weniger bewusst, bei einer Interaktion einen positiven Eindruck zu hinterlassen. Um dies zu erreichen, verhalten sie sich entsprechend angenommener Rollenvorstellungen des Gegenübers. Zanna und Pack (1975) dokumentieren diesen Tatbestand bei Frauen, die erwarteten, einen attraktiven Mann zu treffen. Wenn dieser ein traditionelles Geschlechtsverständnis hatte, stellten sich die Frauen eher rollenkonform dar. Wenn er jedoch eine untraditionelle Haltung besaß, spiegelte sich dies auch in der Selbstbeschreibung der Frau wider (vgl. ECKES 1997, S. 73 f.).

4.4.2 Stereotype Eigenschaften und Verhalten von Männern und Frauen

Eine zentrale Frage im Rahmen der Geschlechtsstereotype ist, welche Persönlichkeitseigenschaften innerhalb einer Kultur den Geschlechtern zugeschrieben werden.

Eine Vielzahl von Untersuchungen hat dabei eine weitgehend übereinstimmende Menge von geschlechtstypischen bzw. -spezifischen Merkmalen identifiziert (vgl. JANKE 1992, S. 114; ECKES 1997, S. 57 ff.; WELPE/ SCHMECK 2005, S. 40). In Tabelle 04 sind exemplarisch über Jahrzehnte hinweg stabile[10], geschlechtsstereotype - „typisch weibliche“ bzw. „typisch männliche“ - Verhaltensweisen und Persönlichkeitseigenschaften aufgeführt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

*staatenunabhängig = Eigenschaften wurden in der WILLIAM/ BREST-Studie übereinstimmend in mindestens 24 von 25 untersuchten Staaten als typisch männlich bzw. weiblich bezeichnet

Tab. 04: Geschlechtsstereotype Verhaltensweisen und Persönlichkeitsmerkmale

(eigene Darstellung in Anlehnung an KASTEN 2003 , S. 29 f., VAGT 2004 , S. 6; ALFERMANN 1996 , S. 16 f. nach WILLIAMS/ BEST 1990 ; auch JANKE 1992 , S. 114; ECKES 1997 , S. 57 ff.; WELPE/ SCHMECK 2005 , S. 40 ff.)

Diese Art der Geschlechtsstereotypie ist dabei keinesfalls auf westeuropäische Kulturkreise beschränkt. WILLIAMS/ BEST 1990 fragten in 25 Staaten aller Kontinente nach typisch männlichen und typisch weiblichen Eigenschaften. Die meisten „typisch männlichen“ Eigenschaften wurden in Italien (148), gefolgt von Peru (126) und Indien (124) benannt (Vergleich Deutschland: 117), die wenigsten in Venezuela (49) und Schottland (55). Die Zahlen geben dabei die durchschnittliche Summe, der von den Befragten als typisch männlich und typisch weiblich bezeichneten Eigenschaften an. Es zeigte sich, dass mehrheitlich mehr maskuline als feminine Eigenschaften genannt wurden. Eine höhere Anzahl genannter Eigenschaften deutet auf einen im Vergleich stärker ausgeprägten, differenzierteren Stereotyp hin. Die meisten weiblichen Eigenschaften wurden in Nigeria (111) gefolgt von Trinidad (103) und den Niederlanden (101) genannt (Vergleich Deutschland 85), die wenigsten erneut in Venezuela (27) und Bolivien (28) (vgl. auch ALFERMANN 1996, S. 15 f.).

Gemessen am Verhältnis benannter typisch femininer zu typisch maskulinen Eigenschaften, traten besonders stark ausprägte weibliche Stereotype in Staaten wie Nigeria (Verhältnis w:1,4 zu m:1) und in Trinidad (w:1,3 zu m:1) auf. Den Gegenpol mit deutlich stärker ausprägten maskulinen Stereotypen bildete Bolivien, Italien und Indien (m:1 zu w:0,3). Japan wies mit 72 weiblichen und 97 männlichen Eigenschaften (w:0,7 zu m:1) exakt für beide Geschlechtsstereotype den Durchschnitt aller 25 Staaten auf (eigene Berechnungen auf Grundlage der Datenbasis von WILLIAMS/ BEST 1990; vgl. hierzu ausführlich Anhang 2). Damit war im Durchschnitt über alle Staaten der männliche Stereotyp stärker und differenzierter ausgeprägt und somit die weibliche Rolle auf weniger Eigenschaften reduziert. Anzumerken ist, dass es über die Nationen hinweg so gut wie keine Umkehrungen der zugeschriebenen männlichen bzw. weiblichen stereotypen Eigenschaften gab.

4.4.3 Aussagegehalt von Geschlechtsstereotypen für Konsumentenverhalten

Stereotype bilden die Basis sozial empfohlener Verhaltensweisen. Weicht ein Individuum innerhalb der Gesellschaft davon ab, können negative Sanktionen folgen wie z. B. Tadel oder Ausgrenzung (vgl. WISWEDE 1972, S. 62). Geschlechtsstereotype beinhalten auch indirekte Vorschriften über ein gefordertes Konsumverhalten. Beispielhaft wird von Mädchen nach wie vor erwartet, dass sie sich für ihr Taschengeld eine Puppe kaufen, während die Jungs ihr Geld eher für Autos und Fußball-Equipment ausgeben sollten. Der Wunschzettel an den „Nikolaus“ belegt dieses Bild der geschlechtstypischen Präferenzen in der Realität. In einer Analyse von 855 Briefen an den „Nikolaus“ in Seattle im Jahr 1987 bevorzugten die Jungen Fahrzeuge (43,5 %) und Kriegsspielzeug (23,4 %). Der häufigste Wunsch der Mädchen war eine weibliche Puppe (27,4 %), welche von kaum einem Jungen (0,6 %) nachgefragt wurde (vgl. ASENDORPF 1996, S. 289).

Die Effektgrößen von metaanalytischen Untersuchungen korrelieren mit vielen Merkmalen, z. T. stark mit den abgeleiteten Effektgrößen stereotyper Annahmen über Frauen bzw. Männer (z. B. in SWIM 1994). Als konkretes Beispiel kann das nonverbale Verhalten von Geschlechtern benannt werden, welches u. a. in der Studie von BRITON/ HALL 1995 untersucht wurde. Die Korrelation zwischen den dokumentierten und wahrgenommenen Daten betrug 0,74 für weibliche und 0,68 für männliche Versuchspersonen. Solche empirischen Vergleiche belegen zwar nicht, dass Stereotype immer auf Tatsachen begründet sind, aber sie widerlegen zumindest die These, dass Geschlechtsstereotype reine Fiktionen sind (vgl. ECKES 1997, S. 49 ff.). Somit können sich Entscheidungsträger grob an den weit verbreiteten Stereotypen orientieren. Doch bevor sie einem Stereotyp blind vertrauen und entscheidende Annahmen auf ihm aufbauen, sollte die Substanz des Inhalts geprüft werden.

Auch im Rahmen dieser Arbeit wird zum Verdeutlichen der Möglichkeiten einer ökonomisch sinnvollen Beachtung von Gender-Aspekten am Markt zum Teil auf Stereotype zugegriffen. Dies scheint die einzige Möglichkeit, die Komplexität des Themenfeldes auch nur ansatzweise zu reduzieren und Erkenntnisse ableiten zu können. Die angenommene zirkuläre Beziehung zwischen Geschlechtsstereotypen und den tatsächlichen Geschlechtsunterschieden sprechen für dieses Vorgehen. Geschlechtsstereotype manifestieren Verhaltensunterschiede, in denen die meisten Menschen, die an sie gestellte Erwartungen zu erfüllen versuchen (vgl. ECKES 1997, S. 76 f.). Die in der Tabelle 04 stichpunktartig dargelegten Merkmale der Geschlechtsstereotype von Männern und Frauen werden an dieser Stelle nicht weiter detailliert erörtert, sondern bei den marktrelevanten Faktoren (vgl. Kap. IV. 6) aufgegriffen und erklärt. Weiter wird darauf hingewiesen, dass Geschlechtsstereotype zweifellos komplexer sind, als es die oben genannten Merkmale auszudrücken vermögen. Personen können in mehr als diese beiden Kategorien eingeteilt werden. Mit Männern und Frauen werden nicht nur Persönlichkeitseigenschaften, sondern auch viele andere Arten von Merkmalen verbunden. Daher existieren neben den Stereotypen Mann und Frau auch noch verschiedene andere Stereotype (z. B. Dicke, Akademiker, Weiße etc.) und Substereotype (z. B. Karrierefrau, Alternative, Hausfrau etc. vs. Macho, Manager, Spießer), auf die an dieser Stelle aber nicht näher eingegangen wird (vgl. z. B. ECKES 1997, S. 57 ff., 88 ff.).

4.4.4 Depolarisierung durch das Androgynitätskonzept

In der eher klassisch stereotypen Perspektive stehen sich „männlich“ und „weiblich“ häufig polarisierend gegenüber. Je „männlicher“ eine Person ist, desto weniger „weiblich“ ist sie und umgekehrt. Allerdings schließen die aufgeführten, als typisch geltenden Merkmale einander nicht zwangsläufig aus, sondern werden in individueller Ausprägung kombiniert. Menschen können einfühlsam und dennoch durchsetzungsstark sein. Karriereorientierte können sich ebenso für soziale Kontakte und Beziehungen interessieren. Daher folgert das Androgyniekonzept, dass Maskulinität und Feminität zwei unabhängige Dimensionen des psychologischen Geschlechts darstellen vgl. Abbildung 10).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 10: Androgynitätskonzept – Typeneinteilung der Geschlechterrollenidentität

(in Anlehnung an ALFERMANN 1996 ,

S. 61 nach BEM 1974 )

Sowohl Männer als auch Frauen können nach diesem Konzept gleichzeitig maskuline und feminine Züge haben. Alle Positionen im zweidimensionalen System sind denkbar und nicht zwingend an das biologische Geschlecht gebunden. Es gibt Frauen, die eher „M-typisiert“ sind und Männer die eher „F-typisiert“ sind. Weiterhin gibt es „androgyne“ Männer und Frauen, die stark ausgeprägte klassisch weibliche und männliche Eigenschaften kombinieren und jene, die eher undifferenziert sind - bei denen keine der typischen Eigenschaften stärker ausgeprägt sind (vgl. BEM 1974, S. 156 ff. nach VAGT 2004, S. 7 f.). Dabei erachten es Vertreter des Androgyniekonzepts als vorteilhaft, dass Menschen ihre sozialen Rollen unabhängig von ihrem biologischen Geschlecht und den zahlreichen Geschlechtsstereotypen entwickeln. Aufgrund einer solchen unabhängigen Entwicklung sind diese Menschen mit einem besseren Selbstbild und einer besseren psychischen Gesundheit ausgestattet (vgl. ALFERMANN 1996, S. 59 ff.; BISCHOF-KÖHLER 2002, S. 4 ff.).

Auch entspricht die Androgynie gegenwärtigen Idealen. Positive, typisch weibliche und ebenso positive, typisch männliche Eigenschaften werden vereint, negative ausgeklammert. Androgyne kommen demnach charismatischen Führungspersönlichkeiten nahe. Sie verfügen über leistungs- und erfolgsorientierte Eigenschaften (typisch männlich) als auch über emotionale Eigenschaften (typisch feminin). Im Berufsleben bedeutet diese Kombination, mit Teamgeist und Einfühlungsvermögen Anweisungen zu geben und Entscheidungen durchzusetzen (vgl. ALFERMANN 1996, S. 60 ff. auch MEYER 1993, S. 92). Im Sinne eines „Hybrid-Living“ sind Androgyne im Privaten beispielsweise trotz beruflichen Ehrgeizes und Leistungsstrebens liebevolle und aufopferungsvolle Familienmenschen. „Hybrid Living“ löst so das bisherige „Entweder-oder-Paradigma“ ab und führt diverse „Sowohl-als-auch-Möglichkeiten“ ein: Karriere und Kind, Anlehnungsbedürfnis und persönliche Freiheit, für andere sorgen und konkurrieren – alles kann und soll sogar gleichzeitig gelebt werden, von Männern ebenso wie von Frauen. Möglichkeiten dafür werden bereits geboten. Universitäten stehen Frauen ebenso offen wie die Aufsichtsratsplätze in der Wirtschaft - theoretisch. In der Praxis stehen dem z. T. noch über Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg antrainierte Bewusstseinsstrukturen gegenüber (vgl. auch Kap. III. 5.1.4 - doppelte Dynamik; vgl. BRÜHL 2004, S. 5).

Dennoch zeigen die heutigen Lebens- und Beziehungswelten von Männern und Frauen so differenzierte Lebensentwürfe auf (vgl. BRÜHL 2004, S. 14) wie nie zuvor. Die vermehrten Wahloptionen bezüglich eigener Lebensgestaltung beider Geschlechter wirken nicht ausschließlich befreiend. Beispielsweise wird in Studien zur „aktuellen Befindlichkeit des deutschen Mannes“ heute von einer Verunsicherung der Männer, sogar von einer „Männerkrise“ gesprochen. So heißt es z. B. in der Rheingold-Studie „Männerwelten“: „Es gibt heute kein selbstverständliches und allgemeingültiges Bild mehr, wie man als Mann auftreten soll. Während in früheren Generationen ein eindeutiges Männerbild klar vorgab, welche Rollen und Pflichten man als Mann zu erfüllen hatte, erleben Männer heute eine verunsichernde Bild-Diffusion.“ (vgl. GRÜNEWALD 2003, S. 12 auch BRÜHL 2004, S. 6). Auch weichen theoretisch vorstellbare und tatsächlich gelebte Lebensmodelle oft noch deutlich voneinander ab. Laut einer Studie des Magazins „Woman“ aus dem Jahr 2004 können es sich 77 % aller Männer vorstellen, als Vater Teilzeit zu arbeiten. Tatsächlich machen es aber lediglich 3 % (vgl. LÖER 2004, S. 16 f.).

Wissenschaftler wie BARNETT und HYDE sehen in dieser „Doppelbelastung“ auch Vorteile: Wer sich gleichermaßen für Familie und Beruf engagiert, ist gesünder, psychisch stabiler und zufriedener mit seinem Leben. Der Doppelstress in Familie und Beruf ist also nicht nur Belastung, sondern kann für Frauen (und Männer) sogar zu einer Entlastung führen. Denn je mehr eine Rolle ausgeübt wird, desto geschützter ist die Person in einem Bereich, der mal nicht so gut läuft (vgl. BARNETT/ HYDE 2001, S. 781). Dem schließen sich die Managementprofessoren FRIEDMAN und GREENHAUS, die zu dieser Thematik eine Studie mit mehr als 860 berufstätigen Männern und Frauen durchführten, an und ergänzen: Allerdings müssen die Arbeitsumstände (bezüglich Zeitaufwand und qualitativer Anforderung) stimmen (vgl. NUBER 2003, S. 21 ff.).

4.4.5 Geschlechtsspezifische Zusprache von Intelligenz

Ungeachtet der Angleichung und des Rollenwandels haben sich durch die vorherrschenden Stereotype Grundannahmen über die Leistungsfähigkeiten und somit Einsatzmöglichen von Männern und Frauen klar in den Köpfen verfestigt. Kognitive Leistungsunterschiede wurden kaum aufgefunden, in den wenigsten Fällen empirisch belegt und in Bezug auf allgemeine Intelligenz und weitere Bereiche sogar widerlegt. Trotzdem weisen Studien, die sich speziell auf die geschlechtstypische Selbst- und Fremdzuschreibung genereller Intelligenz beziehen, eindrucksvolle, zumeist signifikante Unterschiede nach.

Damit stehen den objektiv kaum vorhandenen Unterschieden starke subjektive gegenüber. In zweiter Instanz beeinflussen diese subjektiven Wahrnehmungen aber reale Entscheidungen und damit tatsächliche Laufbahnen. So werden in Abhängigkeit vom jeweiligen Geschlecht ebenso die eigene Intelligenz, als auch die der Personen im persönlichen und beruflichen Umfeld signifikant differenziert attribuiert.

Unterschiede in der Selbsteinschätzung der Intelligenz wurden in den letzten Jahren von einer Reihe von Wissenschaftlern untersucht. Als einer der Pioniere untersuchte HOGAN 1978 die geschlechtstypische Zusprache von Intelligenz in insgesamt 11 mit amerikanischen College-Studenten durchgeführten Studien. Aufgabe der Probanden war es, ausgehend vom IQ-Populationsmittelwert von 100 Punkten, ihre eigene generelle Intelligenz einzuschätzen. In allen 11 Studien schätzten Männer ihre eigene Intelligenz höher ein, als es die Frauen taten (allerdings lediglich in fünf davon mit einem Signifikanzniveau von 5 %). Zudem wurden die Studenten gebeten, die Intelligenz ihrer Eltern einzuschätzen. Sowohl Männer als auch Frauen schrieben dem Vater eine höhere Intelligenz zu (vgl. HOGAN 1978, S. 137 f.). In den 90er Jahren replizierten verschiedene Wissenschaftler wie BELOFF 1992, BYRD/ STAECY 1993, BENNETT 1996, DEARY 1998, FURNHAM/ GASSON 1998 und FURNHAM/ RAWLES 1995 die Studie und belegten die Ergebnisse in großen Teilen.

Auch bei BELOFF 1992 und BENNETT 1996 basierten die Studienergebnisse auf Aussagen von Studierenden[11]. Erneut schätzten Männer im Mittel ihre eigene Intelligenz um eine halbe Standardabweichung höher ein, als es die Frauen taten (vgl. BELOFF 1992, S. 309 ff.; BENNETT 1996, S. 411 f.). BELOFF hinterfragte zudem den Vergleich der eigenen Intelligenz mit der der eigenen Eltern. Frauen schätzten die Intelligenz ihrer Mütter ähnlich ihrer eigenen ein. Männer empfanden sich deutlich intelligenter als ihre Mütter und ähnlich intelligent wie ihre Väter. Beide Geschlechter waren sich auch einig, was die allgemeine Intelligenz des Vaters in Relation zu der der Mutter angeht, und schätzten die väterliche bedeutend höher ein (vgl. BELOFF 1992, S. 310 f.).

In Anlehnung an BELOFF 1992 befragte BYRD/ STAECY 1993 in Neuseeland 200 Psychologiestudenten. Erstmals ergaben sich in dieser Studie keine gravierenden Unterschiede bezüglich der selbst eingeschätzten Intelligenz. Doch erneut wurde den Vätern eine höhere Intelligenz zugeschrieben. Die geschlechtsspezifische Attribution konnte hier auch für Geschwister beobachtet werden. Männer schätzten auch ihre Schwestern deutlich weniger intelligent ein als sich selbst. Frauen trauten ihren Schwestern etwa die gleiche Intelligenz zu, wie sich selbst (vgl. BYRD/ STAECY 1993, S. 16). DEARY 1998 belegte hingegen mit schottischen Psychologiestudenten wieder die Ergebnisse der Selbsteinschätzung von HOGAN 1978 (vgl. DEARY 1998, S. 1701 ff.). Dass die Zuschreibung höherer genereller Intelligenz nicht nur ein Phänomen bestehender, älterer Generationen ist, sondern nach wie vor auch in zukünftige Generationen getragen wird, zeigt die Studie von FURNHAM/ GASSON 1998. Die Untersuchungsgruppe von 184 zufällig ausgewählten (nicht-studierenden) Personen zeigte, dass auch den Söhnen, vor allem durch die Väter, eine höhere Intelligenz zugeschrieben wurde (vgl. FURNHAM/ GASSON 1998, S. 151 ff.).

FURNHAM/ RAWLES 1995 untersuchten differenziert die geschlechtstypische Zuschreibung von Intelligenz, anhand der Einschätzung der eigenen kognitiven Leistungen, die der Eltern und Großeltern sowie derer von 15 Berufsgruppen. Erneut schrieben Männer sich selbst eine höhere Intelligenz zu. Beide Geschlechter schrieben den Vätern und Großvätern generell höhere Intelligenz zu als dem jeweiligen weiblichen Pendant. In Bezug auf die Berufe ergab sich jedoch ein überraschendes Bild. Neben großen Unterschieden zwischen den einzelnen Berufsgruppen (von 85 Punkten für Putzmänner/-frauen bis zu 125 für Professoren/innen) wurden keine Intelligenzunterschiede innerhalb der jeweiligen Berufsgruppe, in Abhängigkeit vom Geschlecht zugesprochen (vgl. FURNHAM/ RAWLES 1995, S. 405 ff.). Dies lässt den Rückschluss zu, dass Männern und Frauen in Bezug auf die Intelligenz eine unterschiedliche Eignung für bestimmte Berufe unterstellt wird. Ist aber eine Person trotz potenzieller Widerstände in einem bestimmten Beruf ansässig geworden, wird sie unabhängig vom Geschlecht als fähig angesehen (vgl. hierzu Kap. IV. 6.1.1.3 - Berufswahl). Zusammenfassend lässt sich eine Einheit der Ergebnisse für die Vereinigten Staaten und Großbritannien feststellen. Die Frauen schätzten dort nicht nur ihre eigene Intelligenz niedriger ein, sondern auch weiblichen Verwandten wurde weniger kognitive Leistung zugetraut als den männlichen. Die Studienergebnisse aus Neuseeland, wo zumindest keine signifikanten Unterschiede in der Selbsteinschätzung beider Geschlechter aufgezeigt werden konnten, deuten auf kulturelle Unterschiede hin. Eine genaue Übersicht der Studien findet sich im Anhang 3 (vgl. RAMMSTEDT 2000, S. 1 ff.).

5 Geschlechterdiversity aus der Marketingperspektive

Dem nachfolgenden Abschnitt liegt folgende Annahme zu Grunde: „Das psychologische Geschlecht eines Menschen stellt einen persuativen Filter dar, durch welchen die Individuen ihre Umwelt und die ihnen angebotenen Produkte und Dienstleistungen sowie die auf sie einströmende Kommunikation unterschiedlich wahrnehmen. Deshalb ist die Reaktion auf Güterangebote und auf Kommunikation (d. h. auch auf Werbung) vom Geschlecht beeinflusst.“ (vgl. BRISTOR/ FISCHER 1993, S. 519 nach BAUER/ SAUER/ MÜLLER 2003, S. 7). Neben den psychisch- und sozialisationsbedingten Gender-Aspekten begründen aber auch körperliche Unterschiede differenzierte Bedürfnisse und somit Unterschiede im Kaufverhalten (vgl. BECKER 1998, S. 252). Der in Kap. III. 5.1.4 aufgeführte Wandel der Rolle der Frau in Gesellschaft und Wirtschaft auf der einen Seite, sowie die Verfeinerung des Marketinginstrumentariums in immer stärker gesättigten Märkten auf der anderen Seite, haben zu dem Trend geführt, die Zielgruppe „Frau“ (neu) zu entdecken (vgl. BAUER/ SAUER/ MÜLLER 2003, S. 7).

Die Marketingwissenschaften setzten sich bereits in unterschiedlicher Form mit der Geschlechterthematik auseinander. Folgend wird global der „Untersuchungsgegenstand Geschlecht“ im Marketing dargelegt. Dann folgen eine kurze Abhandlung zur Entwicklung vom geschlechtsneutralen bis hin zum geschlechtssensitiven Marketing sowie eine Erörterung des Terminus und der Entstehung von „Gender-Marketing“. Zum Abschluss und als Übergang anschließender Ausführungen erfolgt eine kritische Würdigung des Geschlechts als Marktsegmentierungskriterium.

5.1 Untersuchungsgegenstand Geschlecht

Innerhalb der Geschlechterforschung wird die Bedeutung des Geschlechts umfassend in Kultur, Gesellschaft und Wissenschaft beleuchtet. Dabei kommen Vertreter dieser Forschungsrichtung zu dem Ergebnis, dass das Geschlecht einen wesentlichen Einfluss auf nahezu jeden Lebensbereich ausübt. Diese Erkenntnisse erfahren jedoch bis dato in vielen Wissenschaftsdisziplinen keine Beachtung, da die eigenen Forschungsbereiche von den jeweiligen Wissenschaftlern zumeist als geschlechtsneutral empfunden werden. Nach Meinung der Geschlechterforscher betrifft diese „Geschlechtsblindheit“ in unterschiedlichem Ausmaß und in Abhängigkeit der Teildisziplin auch die Betriebswirtschaftslehre.

An den betriebswirtschaftlichen Fakultäten deutscher, österreichischer und schweizer Universitäten befassen sich (wenn überhaupt) vorwiegend die Personal-, Organisations- und Marketinglehrstühle mit geschlechtsbezogenen Themen. In einer Umfrage im Jahr 2000 erklärten nur 10 von 38 Marketingprofessoren (26 %), dass sich deren Lehrstühle mit dem Geschlechtsaspekt beschäftigten. Dies ist ein vergleichsweise geringer Anteil, stellt man diesem Ergebnis die Aussage einzelner Befragter gegenüber, dass das Geschlecht häufig eine allgemein relevante Komponente im Marketing darstellt (vgl. KRELL/ KARBERG 2002, S. 2 ff., 11 f., 16).

Ideologisch kritisch und relativ häufig wurde hingegen im Marketingumfeld vor allem die Darstellung der Geschlechterrollen in der Werbung untersucht. Kritikpunkt der Forscher (vor allem der Frauenforscher) ist, dass gesellschaftliche Veränderungen im Rollenverständnis noch zu wenig Beachtung finden und eher noch gegenteilig, die Werbung zu einer Verstärkung tradierter Stereotype beiträgt (vgl. HASTENTEUFEL 1980, S. 60; BERGLER/ PÖRZGEN et al. 1992, S. 37). Dabei ist aus Marketingsicht die Forderung nach dem Abbau veralteter Geschlechterrollendarstellungen in der Werbung nicht primär dem Ziel der Aufhebung von Diskriminierung untergeordnet. Im Vordergrund stehen dabei vielmehr betriebswirtschaftliche Überlegungen. Eine Rollendarstellung innerhalb der Werbebotschaften, die dem Rollenverständnis und Selbstbild der umworbenen Zielgruppe entspricht, würde die Wirksamkeit dieser erhöhen (vgl. ZELLERHOFF 2000, S. 13).

5.2 Geschlechtsneutrales, geschlechtssensitives und Gender-Marketing

Hinsichtlich der Beachtung des Geschlechts innerhalb der Forschung werden grundsätzlich geschlechtsneutrale und geschlechtsdifferenzierende Marketingwissenschaften unterschieden.

Die geschlechtsneutrale Vorgehensweise bringt einen wissenschaftlichen Universalismus zum Ausdruck. Die Marketingwissenschaft setzt sich dabei mit allgemein menschlichen Problemfeldern auseinander. Dabei geht es nicht um die Untersuchung von Unterschieden aufgrund ihres Geschlechts. Nach BODE und HANSEN ist eine geschlechtsneutrale Marketingwissenschaft gleichermaßen geschlechtsblind. Die Autoren gehen weiter davon aus, dass ohne Geschlechtsdifferenzierung auch vermeintlich neutrale Bezeichnungen, aufgrund einer eher männlichen Sprachorientierung („sprachlicher Androzentrismus“), zu Assoziationen mit einem Mann führe. BODE und HANSEN schlussfolgern, dass die geschlechtsneutrale Position somit einen Ansatz begünstigt, Neutralität anzunehmen, aber letztendlich männliche Bedeutungen, Denkmuster und Verhaltensweisen zu fokussieren (vgl. BODE/ HANSEN 2005, S. 45 ff. auch BAUER/ SAUER/ MÜLLER 2003, S. 7; SAUTER-BAILLIET 1990, S. 127; DIETZEN 1993, S. 13).

Häufiger als die geschlechtsneutrale ist die geschlechtsdifferenzierende Marketingwissenschaft vertreten. Sie findet Verwendung, sobald die Geschlechtsdifferenzierung als möglicher Erfolgsfaktor für das Marketing angesehen wird. Dabei wird versucht, Unterschiede zwischen den Geschlechtern abzubilden, um daraufhin segmentspezifische Handlungsempfehlungen für die Praxis zu entwickeln. Im Vordergrund steht für die Interpretation der Daten zumeist eine Auflistung stereotyper Unterscheidungen ohne Anbindung an tiefer gehende Erkenntnisse der Geschlechterforschung. Das führt wiederum dazu, dass spezifische Rollenerwartungen,

[...]


[1] Die nicht/kaum wahrnehmbaren Diversity-Attribute entsprechen in großen Teilen den in der Psychologie häufig untersuchten Persönlichkeitsmerkmalen. Eine Reihe ausgewählter empirischer Ergebnisse verdeutlicht den wachsenden Zusammenhang von Persönlichkeitsmerkmalen und dem beruflichen Erfolg. Aufgrund der Vielzahl von Definitionen von „Beruflichem Erfolg“ und „Beruflicher Leistung“ wird hier auf eine weitere Darstellung verzichtet und stattdessen auf SCHULER verwiesen (vgl. SCHULER 1998, S. 11 ff.). In der Metaanalyse von TETT/ JACKSON et al. 1991 zeigen die Ergebnisse von 97 unabhängigen Stichproben eine Korrelation des Merkmals Freundlichkeit/Verträglichkeit zum Berufserfolg von 0,326 auf (vgl. TETT/ JACKSON/ ROTHSTEIN 1991, S. 703 ff.).

[2] Cox (1994) definiert Affirmative Action als den bewussten Gebrauch der Gruppenidentität einer Person als Kriterium in Rekrutierungs- und Selektionsprozessen. Dies bedeutet, dass unter gleichqualifizierten BewerberInnen, jenen aus innerhalb des Betriebs unterrepräsentierten Gruppen gegenüber den BewerberInnen aus der dominanten Gruppe der Vorzug zu geben ist (vgl. COX 1994b, S. 250).

[3] Resistenz-Perspektive: „Managing Diversity wird hier als ein Problem betrachtet, welches von den Organisationsmitgliedern als Gefahr aufgefasst wird. Vielfalt gefährdet das „Wir-Gefühl“ und deswegen sollte sie verhindert werden. Der Erhalt des Status Quo gilt als Zielstellung dieser Sichtweise.“ (SEPEHRI 2002, S. 103 in Anlehnung an DASS/ PARKER 1999, S. 69)

[4] Psyche: Gesamtheit bewusster und unbewusster Verhaltens- und Erlebensweisen (vgl. DERַBROCKHAUSַPSYCHOLOGIE 2001, S. 457).

[5] JONES (1949) untersuchte (weiße) Schulkinder in Kalifornien, in Bezug auf den Griffdruck vor allem Drücken und Ziehen: Im einen Fall sind die Hände vor der Brust auseinander zuzuziehen, im anderen zusammenzudrücken; in beiden Fällen wurde die aufgebrachte Kraft mit einem so genannten Dynamometer gemessen. Er setzte die Kraft jeweils in Relation zum Endwert den er im Alter von 17,5 Jahren maß (vgl. JONES 1949, S. 5-7). Beim Griffdruck zeigten sich die Mädchen bis zum 13. Lebensjahr leicht überlegen, danach stiegen die Unterschiede zugunsten der Jungen stark an. Beim Drücken waren die Mädchen bis zum 13. Lebensjahr überlegen; danach bildete sich eine deutliche Überlegenheit der Jungen heraus (vgl. JONES 1949, S. 37 ff. nach MERZ 1979, S. 129)

[6] Läsion ist allgemein jede organische Schädigung eines Körperteils. Im Besonderem jede organische Schädigung des Gehirns (vgl. DORSCH 2004, S. 534).

[7] Bisher gängige Verfahren, wie die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) oder die Single-Photon-Emissions-Computer-Tomographie (SPECT) lassen lediglich annähernde Beobachtungen der Aktivitäten neuronaler Systeme zu. Gemessen werden hierbei Verteilung und Verbrauch spezieller Stoffwechselindikatoren im Gehirn. Sowohl PET- als auch SPECT-Untersuchungen verwenden einen radioaktiven Marker und führen zu einer Strahlenbelastung der untersuchten Person. (vgl. SPRINGER/ DEUTSCH 1988, S. 38 nach WEISS/ DEISENHAMMER/ HINTERHUBER/ MARKTSTEINER 2005, S. 590).

[8] Lateralität: Ist die funktionale Bevorzugung eines Organs […] und/oder morphologische Verschiedenheit paarig angelegter Organsysteme DORSCH 2004, S. 536).

[9] Aggressivität und Geschlecht: Von den 1.600 Einzelstudien der Metastudie von MACCOBI/ JACKLIN (1974) befassten sich 94 in Form von Beobachtungen, Befragungen und Experimenten mit aggressivem Verhalten. 52 der Studien wiesen auf eine höhere Aggressivität bei Männern hin. 5 Studien belegten eine höhere Aggressivität der Frauen, in den übrigen 37 Studien wurden keine signifikanten Unterschiede festgestellt (vgl. MACCOBY/ JACKLIN 1974, S. 227).

[10] BERGEN/ WILLIAMS 1991 auch SPENCE/ DEAUX et al. 1985 untersuchten Stereotype in den Vereinigten Staaten und stellten dort keine/ kaum Veränderungen über Jahrzehnte hinweg fest.

[11] BELOFF 1992 untersuchte in seiner Studie 767 schottische Studierende; Auch die Ergebnisse von BENNETT 1996 basierten auf Untersuchungen von insgesamt 144 schottischen Studierenden.

Excerpt out of 408 pages

Details

Title
Wahrnehmung und Relevanz von Diversity im Hinblick auf ökonomischen Mehrwert, Markt- und Innovationserfolg
Subtitle
Fokus: Gender/Geschlecht
College
Technical University of Berlin
Author
Year
2008
Pages
408
Catalog Number
V93597
ISBN (eBook)
9783638069090
File size
3559 KB
Language
German
Keywords
Wahrnehmung, Relevanz, Diversity, Hinblick, Mehrwert, Markt-, Innovationserfolg
Quote paper
Dr. Jana Neuß (Author), 2008, Wahrnehmung und Relevanz von Diversity im Hinblick auf ökonomischen Mehrwert, Markt- und Innovationserfolg, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93597

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Title: Wahrnehmung und Relevanz von Diversity im Hinblick auf ökonomischen Mehrwert, Markt- und Innovationserfolg



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