Wahrnehmung und Wahnsinn in "Der Sandmann" von E.T.A. Hoffmann


Term Paper, 2004

12 Pages, Grade: 2,0


Excerpt


Gliederung

1. Perspektiven Konflikt
1.1. Clara als Aufklärung
1.2 . Nathanael und die Romantik
1.3. Das Perspektiv

2. Schicksal oder Wahnsinn
2.1. Coppola / Coppelius
2.1.1. Realität
2.1.2. Wahnvorstellung
2.2 Wiederholung des Kindheitstraumas
2.3. Die Selbsterkenntnis

Literaturliste:

1. Perspektiven Konflikt

In der Erzählung „Der Sandmann“ werden die beiden Perspektiven der Epochen der Aufklärung und der Romantik auf höchst differenzierte Weise nachgezeichnet, gegeneinandergeführt und kritisiert. Keine der beiden kann als falsch bezeichnet werden da beide ihre partielle Berechtigung behaupten, und weder Erzähler, oder gar der Autor, ergreifen Partei. Die Positionen der Epochen finden ihr Verkörperung in zwei Charakteren.

1.1. Clara als Aufklärung

Der lateinische Ursprung des Namens Clara verweist bereits auf die Position, welche das Mädchen im Laufe der Handlung einnehmen wird. Sie steht für alles ein das hell, klar, verständlich und einleuchtend ist, so dass der Bezug auf die Aufklärung in realem und metaphorischen Sinn sich aufdrängen muß[1]. „Clara hatte ..., einen gar hellen scharfsichtenden Verstand. Die Nebler und Schwebler hatten bei ihr böses Spiel.“

Diese Eigenschaften erlauben es Clara ihrem Nathanael zu helfen. Ihre vernünftigen Erklärungen sind es, die ihn aus seinen Alpträumen reißen und beruhigen.

Doch so vernünftig Clara auch sein mag, es ist ihr nicht möglich Nathanael zu verstehen, welcher seine Ängste in düsteren Gedichten zu verarbeiten versucht. Diese träumerisch dunklen Werke langweilen Clara, während sie für Nathanael alles bedeuten. Dieser Interessenskonflikt lässt es erstmals deutlich werden, dass Clara mit ihrer Vernunft im Reich der Gefühle und Schatten letztendlich machtlos ist und Nathanael auf sich alleingestellt ist[2].

Die ironische Regie der Erzählung lässt das Mädchen zudem immer wieder in Situationen geraten, wo sie unbewußt das Falsche tut. Ohne Rücksicht, wie es um Nathanael bestellt ist und womit er sich in den letzten Tagen beschäftigt hat liefert sie ihm das Stichwort, dass ihn dazu bewegt sich an alles zu erinnern und erneut in den Bann des Sandmanns zurückwirft. „Nun erst habe ich dich ganz wieder, siehst du es wohl, wie den häßlichen Coppelius vertrieben haben?“.

Dies zeigt, dass liegen die Epochen Aufklärung und Romantik auch nah beieinander sind sie doch unterschiedlich und distanziert. Jede steht für sich allein und sie gehören nicht zusammen.

Clara ist fröhlich, aufgeschlossen sofern Dinge rational erklärbar sind und möchte ihr Leben einfach und froh fristen ohne sich unnötigem Kummer auszusetzen, während Nathanael das Rationale nicht wahrnimmt und dem Mysteriösen Aufmerksamkeit schenkt. Zugleich ist das Mysteriöse unbekannt und bereitet Nathanael Angst. Dennoch ist er nicht in der Lage dem Mysteriösen durch aufklärerischer Haltung zu entkommen.

1.2 . Nathanael und die Romantik

Die Epoche der Romantik findet ihre Personifikation in dem Charakter des Nathanael. Dieser sensible, etwas psychisch labile, phantasiebegabte Mann ist für alles Wunderbare und geheimnisvolle dieser Welt offen. Seine intensiven Gefühlseindrücke verdichten sich zu einer inneren Bilderwelt, der zu entkommen ihm immer schwerer fällt.

Als Beispiel hierfür dient die Erkenntnis, dass Nathanael den Advokaten Coppelius bereits von manchen Mittagsgelagen her kennt. Es sollte ihm daher also keinen zu großen Schreck einjagen, wenn er in Erfahrung bringt, dass Coppelius und Nathanael’s Vater alchimistische Versuche unternehmen. Doch die Vorstellung über das Bildnis des Sandmannes, vermittelt von der Amme, die Aussage der Mutter, dass es der Sandmann sei, der immer des Abends ins Haus käme, das Ambiente, verursacht durch das Licht und die Hitze des lodernden Feuers, in welchem Nathanael den Vater und Coppelius beobachtet, treiben Nathanael zu Visionen, die Coppelius eher dämonisch als menschlich wirken lassen, was zu dem Trauma des Jungen Nathanaels führt.

Nathanael, der für das Romantische steht, gerät in den Bereich der Aufklärung, in den Bereich der Wissenschaft. Aufklärung und Romantik vertragen sich hier nicht. Anstatt den Vater objektiv bei seiner Arbeit zu beobachten, verursacht die romantische Gesinnung Nathanaels ein sehr gefühlvolles Beobachten, wodurch die Phantasie des Jungen verrückt spielt und er sich einbildet man schraube an ihm herum anstatt an einem Automaten.

1.3. Das Perspektiv

Wann immer Nathanael in den Bereich der Aufklärung eindringt verstrickt er sich tiefer in seine phantastischen Wahnvorstellungen, nicht in der Lage das offensichtliche zu erkennen. Dennoch möchte er Aufklärung in seine verwirrten Gedanken bringen. Dies ist dem Romantiker hier nicht möglich, da seine Welt nun mal das Phantastische ist .

Daher verschlimmert Nathanael seine Wahrnehmung mit dem Gerät der Aufklärung. Die Rede ist natürlich von dem Perspektiv, das, betrachtet man es nun mit den strengen Regeln, die den Romantiker Nathanael hier definieren, nur Unglück verheißen kann. Der Erwerb des Fernrohrs ist in auffälliger Weise mit dem Komplex „Clara, Klarheit, Aufklärung verbunden, und zwar sowohl, was die Kaufabsicht betrifft, als auch in bezug auf den gekauften Gegenstand selbst.

In Gedanken an Clara revidiert Nathanael nun seine vorangegangene übertriebene Wahrnehmung und erklärt sie nun, als Spuk aus seinem Innern. Er kehrt also ganz ruhig und besonnen in die Wirklichkeit zurück, ganz so wie es sich Clara bzw. die Aufklärung wünschen würde. Das Perspektiv ist nun in präzisem Wortsinne ein Instrument der Aufklärung, dass heißt ein fortgeschrittenes Produkt der optischen Wissenschaft und Technik, das ein Objektiv zwischen Ich und Wirklichkeit schaltet.

Die Wirklichkeit wird also durch ein Medium wahrgenommen. Es ist daher nicht die Wirklichkeit, welche Nathanael wahrnimmt, sondern eine veränderte Version dieser.

Mit dem Kauf des Perspektives erklärt Nathanael überzeugend dass er von nun an seine Perspektive vom eigenen Innern hin zur wahren, wirklichen Außenwelt lenken möchte.

[...]


[1] Feldges, Brigitte und Stadler Ulrich: E.T.A. Hoffmann Epoche-Werk-Wirkung

[2] Bönnighausen, Marion: Der Sandmann/Fräulein von Scuderi

Excerpt out of 12 pages

Details

Title
Wahrnehmung und Wahnsinn in "Der Sandmann" von E.T.A. Hoffmann
College
LMU Munich
Grade
2,0
Author
Year
2004
Pages
12
Catalog Number
V93605
ISBN (eBook)
9783640128297
ISBN (Book)
9783640129782
File size
516 KB
Language
German
Keywords
Wahrnehmung, Wahnsinn, Sandmann, Hoffmann
Quote paper
Nicolas Hacker (Author), 2004, Wahrnehmung und Wahnsinn in "Der Sandmann" von E.T.A. Hoffmann, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93605

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