Um zu verstehen, was Islamisten und Jihadisten zu ihren Taten treibt, ist es notwendig, auch den religiösen und historischen Hintergrund mit einzubeziehen. In der vorliegenden Arbeit wird dies am Beispiel bin Ladens und al-Zawahiris erfolgen. Es wird aufgezeigt, aus welchen innerislamischen Traditionen sich diese beiden populärsten Vertreter des radikalen Islamismus speisen. Ihr Diskurs wird analysiert, und anhand einzelner Beispiele ihr ideologischer Urspung dargestellt (Ibn Taimiyya, Sayyid Qutb, Abdullah Azzam u.a.). Die Anschläge vom 11. September 2001 haben in der westlichen Welt eine tiefe Verunsicherung darüber hinterlassen, was der Islam sei und ob man sich in Zukunft dauerhaft auf Terror von islamischer Seite einstellen müsse. Vor allem die Frage nach der Gewalttätigkeit des Islam und dem Ursprung und Hintergrund des Islamismus ist seitdem immer wieder gestellt worden. Schnell wurden Stimmen laut, die für eine harte Gangart im Umgang mit Muslimen plädierten: „We should invade their countries, kill their leaders and convert them to Christianity“ forderte etwa die amerikanische Kolumnistin Anne Coulter, und George W. Bush sprach von einem Kreuzzug gegen den Terrorismus – er schien wieder da, der alte, unversöhnliche Gegensatz zwischen dem christlich geprägten Westen und der islamischen Welt.
Vor allem Vertreter islamischer Organisationen und der Kirche sowie Politiker aus dem Westen, aber auch aus dem Nahen Osten betonten hingegen, die Anschläge hätten nichts mit dem Islam zu tun, vielmehr sei die Religion zu politischen Zwecken missbraucht worden. Muslimische Führer und Geistliche weltweit betonten, dass der Islam die Tötung von unschuldigen Zivilisten verbiete. Das ist zwar richtig, unterstützt wird diese Aussage jedoch auch von der Hisbollah, die gleichzeitig Selbstmordanschläge gegen Israelis mit der Begründung rechtfertigt, dass es in Israel keine Zivilisten gäbe. Eine seltsame Allianz fand sich hier ein, mit seltsamen Fürsprechern für eine islamische Friedfertigkeit.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Entkolonialisierung und Radikalisierung im Islam
- Osama bin Laden und Ayman al-Zawahiri
- Der Diskurs von Osama bin Laden und Ayman al-Zawahiri
- Analyse
- Lösung
- Ziel
- Ausgewählte Aspekte und ihr ideologischer Ursprung
- Bündnis der Juden und Kreuzfahrer gegen den Islam
- Abfall von Muslimen und muslimischer Herrscher vom Glauben
- Ibn Taimiyya und die Anti-Mongolen-Fatwa
- Sayyid Qutb und die Jahiliyya
- Jihad ist zu allererst Kampf
- Der Jihad ist eine individuelle Pflicht
- Schlussbetrachtung: Ein Phänomen, sein Ursprung und dessen Verdrängung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die ideologischen Hintergründe von Osama bin Laden und Ayman al-Zawahiri und setzt diese in den historischen und ideologischen Kontext des Islamismus. Ziel ist es, zu verstehen, welche Faktoren zu den Überzeugungen und Handlungen dieser prominenten Figuren des internationalen Jihadismus führen.
- Einfluss der Entkolonialisierung und Radikalisierung im Islam
- Die Rolle von Ibn Taimiyya und Sayyid Qutb in der Entwicklung des Islamismus
- Das Konzept des Jihad und seine Interpretation durch Osama bin Laden und Ayman al-Zawahiri
- Der Einfluss von historischen Ereignissen wie dem Afghanistan-Krieg der Sowjetunion
- Die Kritik an der "Reiz-Reaktion-Modell" und die Notwendigkeit einer komplexeren Analyse
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt die Relevanz des Themas aufgrund der Terroranschläge vom 11. September 2001 und der folgenden Debatten über den Islam, Islamismus und den Ursprung von Gewalt dar. Sie verdeutlicht die Notwendigkeit einer kritischen Auseinandersetzung mit der Ideologie von Osama bin Laden und Ayman al-Zawahiri.
- Entkolonialisierung und Radikalisierung im Islam: Dieses Kapitel untersucht den Einfluss der europäischen Kolonialisierung auf die islamische Welt und die Entstehung islamistischer Bewegungen als Reaktion auf diese Prozesse. Der Fokus liegt auf der Muslimbruderschaft als einflussreicher islamistischer Organisation.
- Osama bin Laden und Ayman al-Zawahiri: Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die Biografie und die Entwicklung des politischen Bewusstseins von Osama bin Laden und Ayman al-Zawahiri.
- Der Diskurs von Osama bin Laden und Ayman al-Zawahiri: Dieses Kapitel analysiert die zentralen Argumente und Thesen, die von bin Laden und al-Zawahiri vertreten werden. Dabei werden die Aspekte der Analyse, Lösung und Zielsetzung ihres Diskurses untersucht.
- Ausgewählte Aspekte und ihr ideologischer Ursprung: Dieses Kapitel beleuchtet wichtige Aspekte des Diskurses von bin Laden und al-Zawahiri, wie das Bündnis der Juden und Kreuzfahrer gegen den Islam, den Abfall von Muslimen und muslimischer Herrscher vom Glauben und die Interpretation des Jihad. Es stellt die historischen und ideologischen Vorläufer dieser Konzepte dar.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert sich auf die Begriffe Islamismus, Jihadismus, Osama bin Laden, Ayman al-Zawahiri, Al-Qaida, Entkolonialisierung, Radikalisierung, Jihad, Ibn Taimiyya, Sayyid Qutb, Jahiliyya, Fundamentalismus und die Kritik an der "Reiz-Reaktion-Modell". Sie untersucht die ideologische Grundlage von Gewalt im Kontext des Islamismus und beleuchtet die Rolle von Geschichte und Interpretationen religiöser Texte in der Entwicklung dieser Ideologie.
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- Michael Draeger (Author), 2008, Islam, Islamismus, Al-Qaida?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93694