Das Jahrzehnt der Reaktion in Deutschland (1849-1859) lässt sich zweifelsohne als eine Epoche des Übergangs begreifen, wobei dieser Übergang keine klare Bruchlinie zwischen alt und neu aufweisen kann, sondern sich vielmehr erst aus einem Wechselspiel diverser Faktoren prozesshaft entwickelt hat. Die durch die französische Revolution und Napoleon erschütterten europäischen Monarchien befanden sich seit dem Wiener Kongress von 1815 auf einem Konsolidierungskurs zur Re-Etablierung der „alten Systeme“. Gleichzeitig formierte sich eine bürgerliche Bewegung, die dem Konsolidierungskurs ein emanzipatorisches Moment gegenüberstellte, um so die Diskrepanz zwischen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und ihrer politischer Unmüdigkeit zu überwinden. Ausdruck dieser Bemühungen in Deutschland war die Revolution von 1848/49.
Dies ist der Ansatzpunkt vorliegender Arbeit, der die verfassungsmäßige Behauptung der beiden bedeutendsten deutschen Monarchien – Preußens und Österreichs – nach der Revolution 1848/49 nicht als stringent eindimensionale Reaktionspolitik versteht. Vielmehr wird herausgestellt, dass politische Richtungsentscheidungen an zwei zentrale Prinzipien angelehnt waren: Machterhalt der „alten Eliten“ und Hegemoniebestrebungen der beiden deutschen Großmächte. Zum einen wollte man das monarchische Prinzip erhalten und gegenüber den Partizipationsbestrebungen des Bürgertums behaupten, was zu reaktionären Handlungsweisen geführt hat. Zum anderen war die deutschlandpolitische Frage ein Faktor, der Integration und Modernisierung förderte. Denn der deutschlandpolitische Machtkampf war auch an das moderne Prinzip der Öffentlichkeit gebunden und um dabei erfolgreich sein zu können musste man sich mit dem Bürgertum versöhnen, wobei verfassungspolitische Zugeständnisse unumgänglich waren.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die verfassungspolitische Reaktion nach dem Scheitern der Revolution
- Preußens fortdauernde Verfassungspolitik
- Der Neoabsolutismus in Österreich
- Die heterogenen Entwicklungen im dritten Deutschland
- Die ungelöste deutsche Frage
- Preußens Unionspolitik
- Österreichs Idee des 70 - Millionen Reiches
- Die Olmützer Punktation
- Die Restauration des Deutschen Bundes
- Die Reaktionspolitik
- Der Bundesreaktionsbeschluss
- Das Bundespressegesetz
- Das Bundesvereinsgesetz
- Der Polizeiverein
- Die Neue Ära
- Neuer Regierungskurs in Preußen
- Schwierige Veränderungen in Österreich
- Die deutschlandpolitischen Weichenstellungen am Ende des Jahrzehnt der Reaktion
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert das Jahrzehnt der Reaktion in Deutschland nach der Revolution von 1848. Sie untersucht den Übergang von der post-napoleonischen Staatenordnung zum deutschen Kaiserreich und beleuchtet die Spannungen zwischen Restauration und Modernisierung. Die Arbeit beleuchtet insbesondere die Auswirkungen der Industrialisierung auf die gesellschaftlichen Strukturen und die Herausforderungen für die politischen Eliten im Umgang mit den wachsenden Partizipationsbestrebungen des Bürgertums.
- Die verfassungspolitischen Reaktionen in Preußen und Österreich
- Die "deutsche Frage" und die unterschiedlichen Einigungsbestrebungen
- Die Reaktionspolitik des Deutschen Bundes und die Repression von liberalen Bewegungen
- Der Einfluss der Industrialisierung auf die gesellschaftlichen Strukturen
- Die Entwicklung des Bürgertums und seine politischen Ansprüche
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Jahrzehnt der Reaktion in Deutschland als eine Epoche des Übergangs zwischen der post-napoleonischen Ordnung und der nationalen Konsolidierung dar. Sie beleuchtet die Spannungen zwischen Tradition und Moderne, die durch die Industrialisierung und die wachsende politische Bedeutung des Bürgertums entstehen.
Kapitel 2 analysiert die verfassungspolitischen Reaktionen nach dem Scheitern der Revolution in Preußen und Österreich. In Preußen wurde eine moderate Verfassung oktroyiert, die die Macht der Krone stärkte, aber auch liberale Elemente enthielt. In Österreich setzte man auf einen autoritären Kurs, um die territoriale Integrität des Kaiserreichs zu sichern.
Kapitel 3 befasst sich mit der "deutschen Frage" und den unterschiedlichen Einigungsbestrebungen. Preußen verfolgte eine kleindeutsche Politik, während Österreich an einem Großdeutschen Reich festhielt. Die Olmützer Punktation markierte das Scheitern der preußischen Politik und den Sieg Österreichs.
Kapitel 4 beleuchtet die Reaktionspolitik des Deutschen Bundes, die darauf abzielte, liberale Bewegungen zu unterdrücken. Dazu wurden ein Reaktionsbeschluss, ein Pressegesetz, ein Vereinsgesetz und ein Polizeiverein geschaffen.
Kapitel 5 analysiert die "Neue Ära", die mit neuen Regierungskursen in Preußen und Österreich eingeleitet wurde. In Preußen ging man einen moderateren Weg, während Österreich weiterhin auf eine konservative Politik setzte.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Reaktion, Revolution 1848, Verfassungspolitik, Preußen, Österreich, Deutscher Bund, Industrialisierung, Bürgertum, nationale Einigung, Restauration, Modernisierung.
- Citation du texte
- Thomas Berwanger (Auteur), 2008, Das Jahrzehnt der Reaktion in Deutschland im Spannungsverhältnis zwischen Restauration und Modernisierung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93723