Kiezdeutsch. Bereicherung oder Verfall der deutschen Sprache?

Eine sprachwissenschaftliche Analyse des Kinofilms "Fack ju Göthe 2"


Pre-University Paper, 2020

17 Pages, Grade: 1,3

Anonymous


Excerpt


1. Was ist Kiezdeutsch?
1.1 Äußere und Innere Mehrsprachigkeit
1.2 Definitionen von Standsprache, Dialekt, Soziolekt und Jugendsprache mit Einordnung des Kiezdeutschen
1.3 Entstehungsgeschichte Kiezdeutsch
1.4 Mehrsprachige Einflüsse als Merkmal des Kiezdeutschen

2. Grammatische Innovationen in Kiezdeutsch
2.1 Was heißt „typisch deutsch“?
2.2 Neue Ortsangaben
2.3 Neue Aufforderungswörter und Partikeln
2.4 Neue Aufgaben für so

3. Ist Kiezdeutsch gebrochenes Deutsch?
3.1 Die Vorurteile
3.2 Die Realität

4. Der Film „Fack ju Göthe 2“ und Kiezdeutsch
4.1 Kurzinhaltsangabe des Filmes
4.2 Analyse im Hinblick auf Darstellung der Figuren
4.3 Überprüfung des Realitätsgehalts
4.4 Zusammenfassung der Analyse

5. Persönliche Stellungnahme mit Fazit & Ausblick

6. Materialanhang

7. Literaturverzeichnis

8. Selbständigkeitserklärung

1. Was ist Kiezdeutsch?

„Isch schwöre du bist so Arzt“1, „Isch bin Kofferraum“2 oder „Du hast gerade so geklingt wie so ein Dingens“3 - Sätze welche man so immer öfter hört. Das sogenannte Kiezdeutsch, wird immer mehr in unserer Gesellschaft gesprochen, besonders in der jungen Generation. Neben Anglizismen4 oder Neologismen wird es oft als irgendein Teil der Jugendsprache behandelt. Meist wird es mit einer negativen Entwicklung der Standardsprache5 assoziiert und als etwas Fremdes oder „Kanakmäßiges“6 abgewertet. Dabei ist Kiezdeutsch ein neuer Sprachstil, mit multiethnischen Einflüssen und auf keinen Fall ein Zeichen des Verfalls der deutschen Sprache7 8, mangelnder Integration und fehlender Sprachkompetenz9. Auf sprachwissenschaftlicher Ebene lassen sich tiefe Verankerungen in die deutsche Grammatik erkennen. Außerdem ist Kiezdeutsch keine Entwicklung eines neuen, belanglosen Soziolekts oder einer irrelevanten Variante der Jugendsprache, sondern die deutsche Sprache einer ganzen Generation, meiner Generation. Deshalb ist es wichtig, dass man diesen neuen Sprachstil nicht missversteht und auch als eine Bereicherung der deutschen Sprache ansieht. Daher möchte ich mit dieser Facharbeit Verständnis für und Aufklärung über das Phänomen Kiezdeutsch auf sprachwissenschaftlicher Ebene erreichen und dessen Ausmaß deutlich machen.

1.1 Äußere und Innere Mehrsprachigkeit

Bei dem Begriff Mehrsprachigkeit denken die meisten einfach an die Fähigkeit mehrere Sprachen zu beherrschen, sprachwissenschaftlich muss man aber zwischen äußerer und innerer Mehrsprachigkeit unterscheiden.10 In der ä ußeren Mehrsprachigkeit unterscheidet man zwischen Mutter-/Zweit- und Fremdsprache. Die Muttersprache wird auch Herkunftssprache genannt, es ist die Sprache, die man aus seinem Elternhaus bzw. Heimatland erlebt und damit mit der man aufwächst, z.B. Deutsch. Die Zweitsprache ist eine Sprache, mit der man ebenfalls aufwächst, die nur die sekundäre Sprache ist, z.B. Englisch. Anschließend ist die Fremdsprache, eine Sprache die, man später im Leben erlernt und welche davor „fremd“ war z.B. Französisch in der Schulzeit.

Bei der inneren Mehrsprachigkeit handelt es sich um die Mehrsprachigkeit innerhalb einer Sprache. Dies sind die Dialekte, Soziolekte, Fachsprache oder eine Jugendsprache, alles abweichend von der geschriebenen Standardsprache. Die gesprochene Mundart bzw. Umgangssprache gilt nicht als Element der inneren Mehrsprachigkeit, da sich die Standardsprache an diese anpasst. Kiezdeutsch bewegt sich im Spektrum der inneren Mehrsprachigkeit, wie auch der Name Kiezdeutsch schon sagt. Jedoch hat es auch gewisse Züge der äußeren Mehrsprachigkeit durch die arabischen, türkischen und kurdischen Einflüsse.

1.2 Abgrenzung von Standardsprache, Dialekt, Soziolekt und Jugendsprache mit Einordnung des Kiezdeutschen

Verschiedene Soziolekte oder Dialekte sind durch den historischen Einfluss von Migration oder individuelle Aussprache geprägt.11 Sie unterstützen die Entwicklung einer Identität und Zusammengehörigkeit.12

In Deutschland ist Deutsch Amts- und Standardsprache. Dies ist eine eher geschriebene Sprache, die eine lange Entwicklung hinter sich hat und festgeschriebene grammatikalische, orthografische und stilistische Normen hat.13

Dialekte sind Mundarten, die im Wortschatz und Aussprache geografisch bedingte Unterschiede aufweisen und somit regionale Redearten und Redewendungen bedingen.14

Soziolekte weisen ebenfalls spezifische Redeweisen auf, die sich in Wortschatz und Aussprache unterscheiden, hier ist aber die soziale Schicht/Gruppe der entscheidende Einflussfaktor.15 16

Eine Definition der Jugendsprache ist: „Jugendsprache beschreibt Sprachmuster bzw. Sprechweisen, die unterschiedliche Gruppen von Jugendlichen zu unterschiedlichen Zeiten, in verschiedenen Situationen und Altersstufen verwenden. Es gibt also nicht DIE eine Definition von Jugendsprache. Es existieren zahlreiche Formen [...], die von verschiedenen Gruppen in unterschiedlichen Kommunikationssituationen verwendet werden.“17.

Das Sprachphänomen Kiezdeutsch lässt sich hauptsächlich der Jugendsprache zuordnen. Das Phänomen wir meist der neuen Generation zugeschrieben18, „Generation Z“ (1995-2010)19, und ist deshalb auch ein Generationsphänomen. Denn diese Generation hat durch den rasanten Anstieg der nach Deutschland kommenden Migranten aus Krisengebieten seit dem Jahr 2015 einen großen Anteil an Sprechern, die multiethnische Einflüsse ermöglicht.20 Mehr als 1,3 Millionen Asylanträge hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge von Juli 2015 bis Juli 2018 bekommen21 (Siehe Abbildung 1). Außerdem ist seit dieser Generation ein internationaler Austausch durch soziale Medien und dem Internet möglich.22

Des Weiteren passt Kiezdeutsch auch zu Soziolekten, da auch die Schicht Einfluss auf die Sprachentwicklung nimmt. Jugendliche mit einem Migrationshintergrund, die den multiethnischen Einfluss erst ermöglichen, gehen meist eher auf Schulformen wie Hauptschule oder Gesamtschulen, sodass Jugendliche auf Gymnasien weniger davon beeinflusst sind.23 Hinzukommend haben Jugendliche auch noch außerhalb der Schule Instanzen, an denen sie sich orientieren, wie Freunde oder Sportvereine. Auch die regionalen Dialekte beeinflussen das Kiezdeutsch ein Stück weit, so dass der Wortschatz durch Unterschiede wie „Brötchen“ in NRW oder „Semmel“ in Thüringen variiert.

Allerdings ist Kiezdeutsch für mich primär als Jugendsprache zu definieren, welche Aspekte von Soziolekten und Dialekten aufweist. Es ist eine Jugendsprache, da es ein Generationsphänomen der jetzigen Jugend ist, ein Soziolekt durch den unterschiedlichen Anteil von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in den verschiedenen Schichten, ein Dialekt, da diese grundlegend den Wortschatz der Jugendlichen bedingen.

1.3 Entstehungsgeschichte

Kiezdeutsch als neu gesprochene Sprache hat sich in Wohnvierteln, in denen viele mehrsprachige Sprecher/innen wohnen, etabliert. Beispiel dafür ist Berlin-Kreuzberg.24 Von dort kommt auch die Begriffsbezeichnung „Kiezdeutsch“. In Interviews, die dort mit Jugendlichen geführt wurden, wurde die Frage gestellt wie diese ihren Sprachgebrauch nennen würden.

Die Antwort war, dass es die Sprache aus ihrem Kiez25 sei, also im Berlinerischen ihr alltägliches Wohnumfeld.

1.4 Mehrsprachige Einflüsse als Merkmal des Kiezdeutschen

Kiezdeutsch ist tief in der deutschen Sprache verankert,26 jedoch hat diese Jugendsprache auch viele andere Einflüsse, die Kiezdeutsch so dynamisch machen. Ein großer Teil der besagten Dynamik ist der Fakt, dass viele Sprecher/innen von Kiezdeutsch auch noch weitere Sprachen sprechen, also unterschiedliche Mutter- und Zweitsprachen, welche sprachliche Interferenzen ermöglichen. Die Einflüsse lassen sich auf zwei Ebenen einordnen: den lautlichen Bereich und den Wortschatz. Im lautlichen Bereich sind Innovationen wie das gerollte „r“ dominant, welches aus dem Kurdischen oder dem Türkischen entlehnt wird. Insgesamt ist der direkte Einfluss nichtdeutscher Sprachen eher selten. Die lautlichen Besonderheiten wie das bekannte „Isch“ und „Misch“ oder die Aussprache von „Zwerg“ als „Swerg“ geht auf deutsche Formen zurück, die in der Standardsprache weniger präsent sind.

Im Bereich des Wortschatzes lassen sich dagegen zahlreiche Neuzugänge finden. Meist findet man sie in Anreden, Beleidigungen, Redeanfängen, Redeabschlüssen oder Flüchen. Diese sind primär durch das Türkische und das Arabische beeinflusst: lan - < Typ/Mann> (kommt aus dem Türkischen und heißt ulan;<Kerl>), yallah - <Los!> (kommt aus dem Arabischen und kommt von ya'allah).

Dazu schrieb Heike Wiese (2012): Kiezdeutsch greift also auf andere Mutter- und Zweitsprachen seiner Sprecher/innen zu, aber es tut dies aktiv und integrativ, das heißt Ausdrücke aus anderen Sprachen werden nicht einfach in Form einer <<Sprachmischung>> der Sprache unbesehen hinzugefügt, sondern verarbeitet und so verändert, dass sie in das sprachliche System des Deutsch passen.“27 Nichtsdestotrotz hat Kiezdeutsch auch Einflüsse von Formen des Deutschen, als Ethnolekt. Ethnolekte sind bestimmt Sprachmuster die den typischen Sprechweisen von Sprecher/innen gewisser Herkünfte entspricht und meist während der Migration entstanden sind. Sie sind keine Phänomene des Fremdsprachenerwerbs, sondern beeinflussen nur die Aussprache und Grammatik, meist so, dass ein urbaner Dialekt entsteht. Deshalb ist Kiezdeutsch eine Kontaktsprache, da in dieser Dynamik viele verschiedene sprachliche und ethische Kontexte aufeinandertreffen. (Siehe Abbildung 2)

2. Grammatische Innovationen in Kiezdeutsch

Um zu verstehen warum das Kiezdeutsch nicht nur irgendeine Jugendsprache, sondern eine wichtige und neu aufsteigende Variation der deutschen Sprache ist,28 muss die grammatikalische Verankerung im Deutschen verdeutlicht werden. Durch diese Klarstellung wird deutlich, dass Kiezdeutsch grammatisch sehr komplex und auf der sprachlichen Ebene sehr innovativ ist. Es zeigt bei seiner Entwicklung in der Grammatik Neuerungen auf, die auch bei anderen deutschen Dialekten vorhanden sind. Es lassen sich systematische Differenzierungen erkennen. In dieser sprachwissenschaftlichen Betrachtung werde ich jedoch nur die signifikantesten Innovationen näher erläutern.

2.1 Was heißt „typisch deutsch“?

Mit „Deutsch“ verbinden die meisten als erstes die deutsche Standardsprache,29 also die in Deutschland standardisierte Schriftsprache oder eine gesprochene Form, welche der Standardform näherungsweise entspricht. Jedoch umfasst der Begriff „Das Deutsche“ alle deutschsprachigen Varietäten, somit auch alle hoch- und niederdeutschen Varietäten. Mit Hochdeutsch verbindet man die „richtige“ deutsche Sprache, jedoch ist dies keine Wertung, sondern bezieht sich auf die geographische Einordnung. In dem heutigen Spektrum der deutschen Sprache gibt es verschiedene Richtungen und Stile, welche unterschiedliche grammatikalische Strukturen und Optionen beinhalten. Da bei Dialekten die Abweichungen der deutschen Standardsprache systematisch sind und somit nicht fehlerhaft sind, gilt dies auch für Kiezdeutsch.

2.2 Neue Ortsangaben

Eine der wichtigsten grammatikalischen Innovationen im Kiezdeutsch sind die neuen Ortsangaben. Diese werden ohne einen Artikel und ohne eine Präposition angegeben. 30 Beispiel: „Heute muss isch wieder Solarium gehen.“31 oder „Un wenn du mal Party bist:“Oah, geile Olle!““32

Diese Konstruktion gibt es auch im informellen Standarddeutschen, jedoch beschränkt es sich hier auf die Angabe von Haltestation im öffentlichen Nahverkehr.

Beispiel: „Wir sind gleich Alexanderplatz“33 Somit bietet Kiezdeutsch eine generalisierte Möglichkeit dieser Anwendung, die es bereits im Deutschen gibt und baut diese weiter aus.

2.3 Neue Aufforderungswörter und Partikel

Ein anderer großer Teil der Sprachentwicklung von Kiezdeutsch ist das Entstehen von Aufforderungswörtern und Partikeln wie z.B. „lassma“ oder „musstu“.34 Die beiden Aufforderungswörter „lassma“ und „musstu“ haben zudem noch eine ergänzende Aufgabe. Somit zielt „lassma“ auf eine den Sprecher inkludierende Aufforderung ab, z.B. „Lassma treffen“35 und „musstu“ auf eine den Sprecher exkludierende Aufforderung wie z.B. „Ach so, musstu Lampe reinmachen“. Beide Wörter beinhalten eine Form von Partikeln, also „festen Ausdrücken, die im Satz nicht durch Flexion verändert werden [können]“.36 Im Standarddeutsch ist ein Beispiel für ein Partikel „bitte“, entstanden aus „ich bitte“. „Lassma“ ist aus „lass (uns) mal“ hervorgekommen und „musstu“ aus „musst du“.

2.4 Neue Aufgaben für so

Ein sehr markantes charakteristisches Merkmal für Kiezdeutsch ist der Gebrauch des Partikels so. Es wird in der Kiezdeutschgrammatik an Stellen eingesetzt,37 die im Standarddeutschen unbekannt sind. Dort hat „so“ nämlich hauptsächlich genutzt, um einen Vergleich anzuzeigen oder die Intensität eindeutig zu machen. Außerdem wird es zum Einleiten von Zitaten genutzt und deshalb auch als Quotativmarker bezeichnet.38 Im Kiezdeutsch haben Sätze aber den gleichen Sinn, egal ob der Partikel im Satz vorhanden ist oder nicht. Das Wort so steht dort vor dem Teil des Satzes, der die bedeutendste Information bietet und legt so den Fokus auf diese. Beispiel: „Teilweise so für Bikinifigur und so, weißt du doch so.“39

3. Kiezdeutsch ist kein gebrochenes Deutsch

Kiezdeutsch weist,40 wie schon geklärt, Unterschiede zur Standardsprache auf. Dialekte tun dies auch, sie haben eine Aussprache oder grammatikalische Eigenheiten, die sich vom Standarddeutsch abheben. Bei den wissenschaftlich untersuchten und anerkannten Dialekten wird diese Normabweichung seltener als „Fehler“ wahrgenommen als bei der Beschreibung von Kiezdeutsch.

3.1 Die Vorurteile

Die Jugendsprache Kiezdeutsch wird in Diskussionen oft als „falsches“ oder „defizitäres“ Deutsch betitelt und mit dem Label „Kanak Sprak“ abgestempelt.41 In der sprachwissenschaftlichen Debatte wurden das Kiezdeutsch, besonders in den Anfängen (2000er), in Zeitschriften und Artikeln eher negativ dargestellt: „<Kanak Sprak> ignoriert den Duden, und auf eine Notzucht mehr oder weniger an der Grammatik kommt es ihr ebenfalls nicht an „42 „ein eigenartiges nicht Duden-kompatibles Gossen-Stakkato“43

Diese Beschreibungen des Kiezdeutschen vermitteln den Eindruck, dass das sprachliche Phänomen Kiezdeutsch eine reduzierte Form des Deutschen ist und keinerlei Grammatik oder Regeln beinhaltet. Es gibt Vorurteile, die in diese negative Richtung gehen. Der Erste wäre, dass Kiezdeutsch ein missglückter Versuch ist ein grammatikalisch einwandfreies Deutsch zu sprechen welches somit fehlerhaft und nicht „richtig“ ist. Es setzt die sprachlichen Besonderheiten von Kiezdeutsch mit Fehlern gleich.

Der Zweite besagt, dass Kiezdeutsch ein verarmtes und verkürztes Deutsch ist, dass im Wesentlichen nur aus Beleidigungen und sehr unvollständigen Sätzen44 besteht.

Der dritte Mythos meint, dass Kiezdeutsch keinerlei Grammatik oder Regelwerk besitzt. Mythos zwei und drei stellen es einfach als „mangelhafte Version des Standarddeutschen“45 dar. Obwohl Kiezdeutsch eine sprachliche Varietät des Deutschen ist, genauso wie Bairisch, ist die soziale Wahrnehmung deutlich anders. Wer dieses „falsche Deutsch“ spricht, will sich nicht in die deutsche Gesellschaft integrieren. Es sei angeblich ein Zeichen mangelnder Sprachkompetenz. Kiezdeutsch erlebt mit seiner besonderen Aussprache, seinen grammatikalischen Innovationen sowie der multiethnischen Einflüsse eine negative Be- und Abwertung im deutschen Sprachraum.

3.2 Die Realität

Wie in Kapitel 2 gezeigt, bietet Kiezdeutsch neue sprachliche Strukturen, Grammatik und einen neuen Wortschatz, genau wie das Schwäbische oder Bairische.46 Es ist ein komplexes Konstrukt, welches nicht willkürliche Fehler aufweist, sondern Entwicklungen zeigt in den sprachlichen Teilbereichen wie Lautung, Flexion, Wortbedeutung, Satzbau und Wortbildung, die systematisch ablaufen. Es ist eine Variante des Standarddeutschen. Den verkürzten und gebrochen Eindruck erweckt es dadurch, dass daran gewöhnt sind im Schriftlichen nur die „formelle“ Standardsprache nutzen und nicht die mündlich weit verbreitete Umgangssprache. Wenn man diese verschriftlichen würde, dann würde sie auf den ersten Blick ebenfalls fehlerhaft aussehen. In der Umgangssprache werden „Besonderheiten“ oder Abweichungen von der Standardsprache hingenommen, denn in einer lebendigen Sprache ist es normal, dass es kein festes, homogenes Ganzes gibt, sondern Vielfalt und Veränderung. Wenn man mit jemandem redet der einen Dialekt spricht, stellt man auch nicht in Frage, ob es nun Deutsch ist oder Berlinerisch. Es ist Deutsch. Es ist eine Normalität und Voraussetzung für eine Sprache Varianten zu haben, ebenso sprachliche Flexibilität. Kiezdeutsch ist ein Teil des Deutschen, eine Variante, die man auf die Situation anpasst. Nun ist Kiezdeutsch als Jugendsprache ein Teil der Jugendkultur, also kein Zeichen mangelnder Integration oder Sprachkompetenz.

[...]


1 Fack ju Göthe 2, Zeynep, 1:00:02

2 Fack ju Göthe 2, Chantal, 0:00:51

3 Fack ju Göthe 2, Zeynep, 0:51:04

4 Vgl. Nützel, N., Wenn Digger endkrass dissen- Oder: Sprechen Jugendliche eine eigene Sprache?, 2007 ; aus Texte, Themen und Strukturen, 2018, Berlin: Cornelsen. S.322f, Z.24-28

5 Vgl. Wiese, H., Kiezdeutsch Ein neuer Dialekt entsteht,2012, München: C.H.Beck, S. 20, Absatz 2

6 Kana>

7 Vgl. dgfs.de Dialekte und jugendsprachliche Varianten sind kein „Sprachverfall“, Deutsche Gesellschaft für Sprachwissenschaften

8 Vgl. Schröder, L. Germanistikstreit „Kiezdeutsch ist kein Dialekt“, rp-online.de 22.02.2012, Z.

9 Vgl. Wiese, H., Kiezdeutsch. Sprachvariation als Bedrohung?, dw.com 03.11.2009, Zeilen 1-2, 13-14 und 29-32

10 Dieser Abschnitt fasst unter anderem den Unterricht des GK Heise im ersten HJ des SJ 2019/20 zusammen

11 Dieser Abschnitt fasst die Unterrichtsergebnisse des ersten HJ des SJ 2019/20 auf Grundlage des Kapitels B7 in Texte, Themen und Strukturen, Cornelsen, 2018 zusammen

12 Abschnitt verfasst auf Grundlage von: Schmid,S., Dialekte – Vorurteile oder Nachteil für Kinder, 2016. Z. 43 und Stedje, A., Die Sprache in der Sprache, 2007; aus Texte, Themen und Strukturen, 2018, Berlin: Cornelsen, S.318f, Z. 13ff

13 Vgl. Stedje, A., Die Sprache in der Sprache, 2007; aus Texte, Themen und Strukturen, 2018, Berlin: Cornelsen, S.318f, Z. 28-38

14 Vgl. Stedje, A., Die Sprache in der Sprache, 2007; aus Texte, Themen und Strukturen, 2018, Berlin: Cornelsen, S.318f, Z. 20-27

15 Vgl. Sprachvarietäten und Sprachkontakt; Informationsbox aus Texte, Themen und Strukturen, 2018, Berlin: Cornelsen, S.324, Abschnitt 4

16 Vgl. lernhelfer.de, Soziolekte und Fachsprachen, 2001, Z.15-18

17 Negovec, L. Jugendsprache 2019: Definition und kleines Wörterbuch, allesprachen.de 25.09.2019

18 Vgl. Wiese, H., Kiezdeutsch rockt, ischwör!, 2012; aus Texte, Themen und Strukturen, 2018, Berlin: Cornelsen, S.323f. Z. 44f

19 Auch Post-Millennials, Vgl. Weber, M., und Gode, S., Artikel „Generation Z“ vom Focus Magazin Nr.35 2019

20 Im Jahr 2015 gab es rund 202.000 Asylanträge in Deutschland von Menschen die vor Verfolgung, Hunger und Krieg flüchteten, Vgl. Hanewinkel, V., Flüchtlingsmigration nach Deutschland und Europa: Einige Hintergründe, 2015 bpb.de

21 Vgl. SZ, Drei Jahre „Wir schaffen das“- eine Bestandsaufnahme, süddeutsche Zeitung 31.08.2018

22 Vgl. Weber, M., und Gode, S., Artikel „Generation Z“ vom Focus Magazin Nr.35 2019

23 Vgl. Braun, A. mit Klaus Klemm „Wie ungerecht ist unser Schulsystem“ ,2019

24 Dieser Abschnitt basiert auf Heike Wiese, Kiezdeutsch Ein neuer Dialekt entsteht,2012, München: C.H.Beck, Kapitel 1

25 „Der Begriff (früher: Kietz) steht für ein begrenztes Stadtgebiet, vor allem in Norddeutschland oder in Berlin. Ursprünglich verwies das Wort auf eine Siedlung mit slawischen Bewohnern. Im Mittelalter war der Kietz eine Siedlung mit Bediensteten, meist in der Nähe einer Burg.“, 23.12.2009, Hamburger Abendblatt

26 Dieser Abschnitt basiert auf Wiese, H., Kiezdeutsch Ein neuer Dialekt entsteht,2012, Kapitel 2.2 und 2.3

27 Wiese,H., Kiezdeutsch Ein neuer Dialekt entsteht, 2012, S.43

28 Dieser Abschnitt basiert auf Wiese,H., Kiezdeutsch Ein neuer Dialekt entsteht,2012, Kapitel 3

29 Dieser Abschnitt basiert auf Wiese,H., Kiezdeutsch Ein neuer Dialekt entsteht, 2012, Kapitel 3.2

30 Dieser Abschnitt basiert auf Wiese,H., Kiezdeutsch Ein neuer Dialekt entsteht, 2012, Kapitel 3.3

31 Wiese,H., Kiezdeutsch Ein neuer Dialekt entsteht, 2012, S.53

32 Wiese,H., Kiezdeutsch Ein neuer Dialekt entsteht, 2012, S.53

33 Wiese,H., Kiezdeutsch Ein neuer Dialekt entsteht, 2012, S.54

34 Dieser Abschnitt basiert auf Wiese,H., Kiezdeutsch Ein neuer Dialekt entsteht, 2012, Kapitel 3.5

35 Wiese,H., Kiezdeutsch Ein neuer Dialekt entsteht, 2012, S.64

36 Wiese,H., Kiezdeutsch Ein neuer Dialekt entsteht, 2012, S.65

37 Dieser Abschnitt basiert auf Wiese,H., Kiezdeutsch Ein neuer Dialekt entsteht, 2012, Kapitel 3.8

38 Wiese,H., Kiezdeutsch Ein neuer Dialekt entsteht, 2012, S.93; Dieser ,Hier verwendet von Wiese Vgl. Golato; 200, Auer, 2006;

39 Wiese,H., Kiezdeutsch Ein neuer Dialekt entsteht, 2012, S.92

40 Dieser Abschnitt basiert auf Wiese,H., Kiezdeutsch Ein neuer Dialekt entsteht, 2012, Kapitel 6 und 7

41 Dieser Abschnitt basiert auf Wiese,H., Kiezdeutsch Ein neuer Dialekt entsteht, 2012, Kapitel 6.1, 7.1

42 Zitiert nach Wiese,H., Kiezdeutsch Ein neuer Dialekt entsteht, 2012, S.143, aus Berliner Zeitung, 1999

43 Zitiert nach Wiese,H., Kiezdeutsch Ein neuer Dialekt entsteht, 2012,, aus Berliner Morgenpost, 2001

44 Vgl. Nützel, N., Wenn Digger endkrass dissen- Oder: Sprechen Jugendliche eine eigene Sprache?, 2007 ; aus Texte, Themen und Strukturen, 2018, Berlin:Cornelsen. S.323, Z.95

45 Wiese,H., Kiezdeutsch Ein neuer Dialekt entsteht, 2012, S.145

46 Dieser Abschnitt basiert auf Wiese,H., Kiezdeutsch Ein neuer Dialekt entsteht, 2012, Kapitel 6.2, 6.3, 6.5, 7.2

Excerpt out of 17 pages

Details

Title
Kiezdeutsch. Bereicherung oder Verfall der deutschen Sprache?
Subtitle
Eine sprachwissenschaftliche Analyse des Kinofilms "Fack ju Göthe 2"
Grade
1,3
Year
2020
Pages
17
Catalog Number
V937473
ISBN (eBook)
9783346265692
Language
German
Keywords
Kiezdeutsch, Sprachentwicklung, Sprachwissenschaften, Dialekt, Soziolekt, Ethnolekt, Jugendsprache, Fack Ju Göhte, Filmanalyse, Sprache, Deutsche Sprache, Grammatische Innovation, Mehrsprachigkeit, Standardsprache, Umgangssprache, Mundart, Fremdsprache, Zweitsprache, Kontaktsprache, Zweitspracherwerb
Quote paper
Anonymous, 2020, Kiezdeutsch. Bereicherung oder Verfall der deutschen Sprache?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/937473

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