"Nosferatu". Eine Analyse des Stummfilmklassikers von 1922 und der Vergleich zur Neufassung von 1978


Term Paper (Advanced seminar), 1999

22 Pages, Grade: 1,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Hauptteil
1. Eine kurze Inhaltsangabe von „Nosferatu“
2. Die Analyse von „Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens“
3. Der Vergleich des Stummfilmklassikers mit Herzogs „Remake“

III. Zusammenfassung

I. Einleitung

Im Jahre 1922 entstand unter der Regie von Friedrich Wilhelm ( F. W.) Murnau in Deutschland der berühmte Stummfilmklassiker „Nosferatu - Eine Symphonie des Grau­ens“, mit dem legendären Max Schreck in der Hauptrolle. Die Handlung wurde in groben Zügen dem weltweit bekannten Roman „Dracula“ nachempfunden, der 1897 von dem Professor für englische Sprache und Literatur Bram Stoker in Großbritannien veröffent­licht wurde.

Murnau ist es gelungen, ein Meisterwerk des Horrorgenres zu schaffen, obwohl die filmtechnischen Mittel der Stummfilmära im Vergleich zu den Methoden der heutigen Filmproduktionen geradezu primitiv erscheinen. Auch in der gegenwärtigen Zeit scheint der Siegeszug des Klassikers ungebrochen. Zum hundertjährigen Geburtstag des Regis­seurs wurde 1989 die Urfassung des Werkes rekonstruiert und mit einer extra dafür ge­schaffenen Hintergrundmusik, komponiert von Hans Proschka, unterlegt. Das Filmmu­seum München stellte die Filmkopie zur Verfügung, deren Bearbeitung durch Enno Pa­talas erfolgte. Zahlreiche kommunale Kinos lassen in einer Epoche, die von Hightech und Internet geprägt ist, durch die Vorführung von „Nosferatu“ die nostalgische Zeit der zwanziger Jahre wieder aufleben. Im Kulturhaus Osterfeld in Pforzheim ist beispielsweise dieses berühmte Vampirepos ein regelmäßiger Bestandteil von Freiluftkinoveranstaltun­gen in der Sommerzeit.

1931 erschien mit dem Ungar Bela Lugosi ein neuer Darsteller des weltbekannten Blutsaugers auf der Leinwand. Er spielte diese Rolle so überzeugend, daß zahlreiche Fortsetzungen gedreht wurden. Doch aufgrund der vielen Neuauflagen der Gestalt „Draculas“ war das Genre ziemlich überreizt, so daß nach dem Zweiten Weltkrieg der Vampirfilm zunächst eine Flaute erlebte.

Erst Ende der fünfziger Jahre erlebte der Untote eine Wiedergeburt. Christopher Lee zog als „Dracula“ die Zuschauer bis in die siebziger Jahre hinein in seinen Bann.

Sechsundfünfzig Jahre nach F. W. Murnaus Stummfilmklassiker hat der deutsche Regis­seur Werner Herzog eine Neufassung seines berühmten Vorbildes gedreht. 1978 erschien der Farbfilm „Nosferatu - Phantom der Nacht“. Wolfgang Limmer, Redakteur des Spie­gels bewunderte in einem Artikel seiner Zeitschrift vom März 1979 den Mut des Regis­seurs, „an die große Tradition des deutschen Stummfilms anknüpfen zu wollen ...“, „ ... Leider spürt man Murnaus unerreichbares Vorbild allzu bedrückend.“ Seiner Meinung nach stellte Herzogs Werk in vielen Einstellungen eine Kopie des Originals dar, obwohl er versuchte, dem Film durch modifizierte Charaktereigenschaften der Hauptdarsteller oder auch durch die Veränderung der Schlußszene, eine sehr persönliche Nuance zu ge­ben. Doch das beängstigende Flair des Grauens, das der Klassiker von 1922 ausstrahlte, konnte die Neufassung nie erreichen. So blieb Herzogs „Nosferatu“ trotz der Starbeset­zung mit Klaus Kinski und Isabelle Adjani im Schatten seines historischen Originals, ohne dessen Bekanntheitsgrad zu erlangen.

Im folgenden soll nun anhand der Erörterung der filmtechnischen Stilmittel aufgezeigt werden, wie im Stummfilm bei dem Zuschauer Spannung, aber auch Angst erzeugt wird. Hier liegt der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit. Dazu wird der klassische Horrorfilm von Murnau chronologisch, dem Verlauf der Handlung folgend, auf das genaueste analy­siert. Dabei wird sehr nahe am Inhalt des Werkes gearbeitet. Dadurch ist eine exakte Aufschlüsselung der psychologischen Komponenten möglich, die den Zuschauer ge­spannt an das Leinwandgeschehen fesseln. Auch soll eine Interpretation der Handlung Aufschlüsse über die Mythologie zu jener Zeit geben. Deshalb erfolgt eine Darstellung der wichtigsten Charaktere, insofern sie für die o. g. Komponenten als wichtig erachtet werden. Zeitgenössische Situationen des Alltagslebens finden ebenfalls Beachtung. Zuvor erfolgt aber eine kurze Zusammenfassung des Inhaltes von „Nosferatu“, um dem Leser der vorliegenden Abhandlung einen Überblick der Handlung zu verschaffen. Im letzten Abschnitt erfolgt dann der Versuch einer Beurteilung beider Filme. In einem kurzen Ver­gleich soll dargestellt werden, warum der Stummfilmklassiker von F. W. Murnau tasäch­lich die gelungenere Version von „Nosferatu“ ist, wie schon Wolfgang Limmer fest­stellte.

II. Hauptteil

1. Eine kurze Inhaltsangabe von „Nosferatu“

Bevor der Inhalt des Horrorklassikers in aller Kürze wiedergegeben wird, sei an dieser Stelle vom Verfasser der vorliegenden Abhandlung bemerkt, daß bezüglich der Loka­litäten, aber auch der Namen der Hauptdarsteller, Abweichungen festzustellen sind. Diese sind in Bezug auf den Ablauf der Handlung aber unerheblich. So beginnt bzw. en­det das Drama bei Murnau in Wisborg, während Herzog sein Werk nach Wismar an die Ostsee verlegte.

Der Gesandte des Häusermaklers Knock (bei Herzog: Renfield) wird von Murnau „Hutter“ genannt, während er bei Werner Herzog, Bram Stokers Original entsprechend, Jonathan Harker heißt. Dessen Frau Ellen trägt in der Neufassung der Stummfilmversion von 1978, wiederum nach dem Roman Stokers, den Namen Lucy. Nosferatu (= rumänisch, „Untoter“) trägt bei F. W. Murnau den bürgerlichen Namen Graf Orlock, Herzog nennt ihn medienwirksam wie Stokers berühmten Romanheld: Dracula.

Doch nun zurück zur eigentlichen Handlung. In das Schloß Nosferatus wagt sich im Auftrag eines Häusermaklers aus Wisborg (Wismar) der junge Ehemann Hutter (Jonathan), um dem Grafen ein Haus in dem deutschen Städtchen zu verkaufen. Als der Vampir in einem Medaillon ein Bild von Hutters attraktiver Frau Ellen (Lucy) sieht, wil­ligt er in den Kauf ein und begibt sich mit Särgen voller Ratten auf den Seeweg nach Wisborg (Wismar). Während der Fahrt stirbt die gesamte Besatzung an der Pest. Das Geisterschiff landet in Wisborg (Wismar), Nosferatu und seine Ratten verbreiten dort die Seuche. Der nachgeeilte Hutter (Harker) kommt zu spät. Die fast ausgestorbene Stadt kann nur gerettet werden, wenn eine Frau „reinen Herzens“ in einem Akt der Selbstauf­opferung eine Nacht mit dem Untoten verbringt und diesen bis zum Sonnenaufgang „hinhält“. Dann muß der Vampir sterben - das Opfer aber auch. Ellen (Lucy) wagt die­sen, für beide Betroffenen tödlichen Schritt. So endet das Original von Murnau. Herzog veränderte den Schluß des Filmes, um ihm somit eine bedrohlichere Nuance zu geben: Jonathan Harker, von Dracula auf dessen Schloß ebenfalls angefallen, wird nach dessen Tod zum neuen Vampir.

Nach dieser kurzen Einführung in den Inhalt des Werkes, folgt nun die eigentliche Ana­lyse des Stummfilmklassikers.

2. Die Analyse von „Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens“

Der Stummfilm ist eine filmische Ausdrucksform im rein Optischen im Unterschied zum Tonfilm. Er ist letzterem künstlerisch gleichrangig, erfordert aber andere Darstellungs­mittel. Wichtige Textpassagen werden auf sogenannten Texttafeln, ähnlich den heutigen Untertiteln, abgebildet um dem Zuschauer das notwendige Hintergrundwissen zu ver­mitteln, welches er durch die visuellen Darstellungen möglicherweise nur lückenhaft er­hält.

„Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens“ beginnt wie im Theater mit dem I. Akt, denn in der ersten Szene wird eine grünlich gefärbte Texttafel, mit dem Titel „I. Akt - Auf­zeichnung über das große Sterben in Wisborg“, eingeblendet. Die verschnörkelte Schrift vermittelt dem Zuschauer das Gefühl, Einblicke in ein „wichtiges Dokument“ zu erhalten. Die drei großen Kreuze auf dem Schriftstück unterstreichen die Tatsache, daß es sich bei dem vorliegenden Stück nicht um eine Komödie handelt.

Dennoch herrscht im ersten Bild eine entspannte und lockere Atmosphäre. Ellen sitzt am Fenster und beobachtet recht freundlich schauend eine Katze, die mit einem Wollbündel spielt. Das Haustier vermittelt wohnliche Behaglichkeit. Der Betrachter soll hier den Eindruck erhalten, daß im Heim Hutters eine harmonische Familienidylle vorherrscht. Das bestärkt auch die Tatsache, daß der Hausherr Blumen im Garten pflückt. Mit einem breiten Grinsen auf seinem Gesicht betritt er das Zimmer seiner Frau, fällt ihr in die Arme und überreicht ihr die soeben geschnittenen Pflanzen. Doch hier erkennt der Zuschauer ein erstes Anzeichen von Disharmonie. Auf einer eingeblendeten Texttafel stellt Ellen die Frage: „Warum hast du die Blumen getötet?“ Während dieser Aussage filmt der Kame­ramann Hutters Ehefrau in Großaufnahme. Dabei ist nur sie beleuchtet, der Hintergrund ist schwarz eingefärbt. Dadurch fällt das Augenmerk auf ihre extrem dunklen Lidschat­ten, was das Unheimliche dieser Szene unterstreicht.

Einen weiteren Hinweis auf das bevorstehende Drama liefert die Warnung des befreun­deten Arztes an Hutter, der sich im nächsten Bild voller Hast in Richtung des Büros des Häusermaklers Knock begibt: „Nicht so hastig junger Freund, niemand enteilt seinem Schicksal.“

Der eben schon erwähnte Häusermakler stellt eine recht komische, vielleicht aber doch etwas unheimliche Gestalt dar. Er ist klein, von buckliger Gestalt, trägt eine Halbglatze und hat auffällig schwarze Augenringe. Letzteres ist ein oft angewandtes Mittel in der Stummfilmära, um unheimliche und zwielichtig wirkendende Gestalten zu kennzeichnen und um den Betrachter gleich auf dessen negative Charaktereigenschaften aufmerksam zu machen. Auffällig sind noch die unnatürlich dichten Augenbrauen des Häusermaklers und dessen langes, wirres Haar, welches auf eine gewisse Ungepflegtheit der Person schließen läßt. In dieser Szene fängt die Kamera ein Dokument ein, das Knock gerade sehr interessiert liest. Dieses Papier ist mit geheimen Zeichen versehen, aber auch mit Totenköpfen. Der Zuschauer urteilt richtig wenn er nun vermutet, daß dies ein Brief des transsylvanischen Grafen ist. Knock bestätigt das indem er Hutter mit den Worten anre­det: (Einblendung auf einer Texttafel) „Graf Orlock will ein Haus kaufen ... es kostet Sie ein bißchen Schweiß und vielleicht ein wenig Blut. ... Reisen Sie schnell, reisen Sie gut junger Freund, in das Land der Gespenster.“ Interessant ist hier auch die Tatsache, daß der Wortlaut auf den Texttafeln generell in lateinischer Schrift abgefaßt ist, nur das kleine „r“ ist in deutscher Schrift geschrieben.

Läßt sich aufgrund des Hinweises durch Knock vermuten, daß die bevorstehende Reise Hutters bestimmt mit diversen Schwierigkeiten verbunden sein wird, so zeigt sich der Betroffene doch ahnungslos, indem er mit Knock „um die Wette“ lacht.

Zurück im eigenen Heim erzählt er seiner Frau von der Reise: „(Texttafel) Ich reise weit weit fort in das Land der Diebe und Gespenster.“ Obwohl diese Aussage von Hutter vermutlich ironisch gemeint ist, befällt Ellen eine gewisse, böse Vorahnung, die sich durch ihren offenen Mund und ihren nachdenklichen Blick äußert. Während ihr Mann rasch und zügig seine Sachen packt, betritt Ellen mit ernstem Gesicht den Raum und will ihn zum Bleiben überreden. Dies wird im Film symbolisch dadurch dargestellt, daß sie sich an ihren Mann schmiegt, ihn in den Arm nimmt, um ihn so an der Abreise zu hin­dern. Dies hat zur Folge, daß Hutter einen besorgten Blick nach hinten zu seiner weinen­den Frau wirft, als er das Haus verläßt.

Die nächsten Bilder zeigen in einem Graustich die Gipfel der Karpaten am Horizont. Bei Ankunft vor einem Wirtshaus ist es Nacht, deshalb werden die Bilder in einem beinahe kalt und unheimlich wirkendem Blaustich gezeigt. Hutter tritt ein und setzt sich alleine nieder. Da das Wirtshaus beleuchtet ist, bekommen die nächsten Bilder einen anheimeln­den, beinahe gemütlichen Gelbstich. Hutter hebt mit theatralischer Geste sein Glas hoch, trinkt aus und sagt (wiederum durch eine Texttafel dargestellt): „Rasch das Essen - ich muss zum Schloß des Grafen Orlock.“ Diese Aussage honorieren die im Wirtshaus be­findlichen Zigeuner, die von der bevorstehenden Gefahr des Reisenden im Bilde sind, mit einer betretenen Stille, die sich bei ihnen in offenen Mündern und großen Augen äußert. Der besorgte Wirt, ein älterer Mann mit buschigen Augenbrauen und Schnauzer redet auf Hutter ein (Texttafel): „ ... der Wehrwolf streift durch die Wälder (man beachte die ver­altete Schreibweise!).“ Er hebt warnend den Zeigefinger und blickt mit großen Augen ängstlich nach draußen. Im nächsten Bild ist es wieder Nacht, durch Blaustich gekenn­zeichnet. Ein Wolf streicht draußen durch die Gegend. Dann erfolgt ein Szenenwechsel hinein in das Schlafgemach Hutters, der sich gerade zu Bett begibt. Wegen des Kerzen­lichtes ist dort Gelbstich vorherrschend. Zuvor wirft der Reisende noch einen Blick aus dem Fenster. Dort ist es dunkel und deshalb erscheint wieder der Blaustich. Draußen geschehen seltsame Dinge, denn die Pferde gehen aufgrund des Erscheinens des Wolfes, der hier eher einer Hyäne gleicht, durch. Nun ist wieder der Gelbstich zu sehen. Das In­nere des Wirtshauses wird gezeigt, in dem sich die anwesenden Zigeuner bekreuzigen. Es folgt ein schneller Szenenwechsel nach draußen in die Nacht (Blaustich), wo die Hyäne bzw. der Wolf zu sehen ist.

[...]

Excerpt out of 22 pages

Details

Title
"Nosferatu". Eine Analyse des Stummfilmklassikers von 1922 und der Vergleich zur Neufassung von 1978
College
University Karlsruhe (TH)  (Institut für Geistes- und Sozialwissenschaften)
Course
Medienpädagogik III
Grade
1,0
Author
Year
1999
Pages
22
Catalog Number
V9377
ISBN (eBook)
9783638160995
ISBN (Book)
9783638641005
File size
721 KB
Language
German
Notes
Analytischer Vergleich ohne Sekundärliteratur. 536 KB
Keywords
Nosferatu, Eine, Analyse, Stummfilmklassikers, Vergleich, Neufassung, Medienpädagogik, Thema Nosferatu
Quote paper
Magister Artium Michael Krinzeßa (Author), 1999, "Nosferatu". Eine Analyse des Stummfilmklassikers von 1922 und der Vergleich zur Neufassung von 1978, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9377

Comments

  • guest on 6/1/2007

    Für Filmwissenschaftler ungeeignet.

    Ich muss leider gestehen, dass ich von der vorliegenden Arbeit sehr enttäuscht bin und ich die Benotung mit 1,0 nicht wirklich nachvollziehen kann.

    Die Filmanalyse ist äußerst trivial gehalten und erinnert eher an eine oberflächliche Nacherzählung. Murnaus Verwendung filmtechnischer Mittel wird teilweise sogar komplett falsch erläutert. (z.B: die Kutschfahrt durch den verwunschenen Wald)

    Zumindest für Studierende der Fächer Film- oder Medienwissenschaften ist diese Arbeit auf keinen Fall zu empfehlen.

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Title: "Nosferatu". Eine Analyse des Stummfilmklassikers von 1922 und der Vergleich zur Neufassung von 1978



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