Partnerarbeit im Fremdsprachenunterricht. Die Sozialform als Chance für maximalen Lernerfolg


Dossier / Travail, 2020

14 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Darstellung der Sozialform
2.1 Voraussetzungen der Partnerarbeit
2.2 Durchführung der Partnerarbeit
2.3 Einsatzmöglichkeiten der Partnerarbeit
2.4 Formen der Partnerarbeit

3. Chancen und Schwächen der Partnerarbeit im Fremdsprachunterricht
3.1 Chancen
3.2 Schwächen

4. Schluss

Literaturverzeichnis

1. Einführung

„Wir sind alle Blätter an einem Baum, keins dem andern ähnlich, das eine symmetrisch, das andere nicht, und doch alle gleich wichtig dem Ganzen.“ (Gotthold Ephraim Lessing 1729 – 1781)

Wir leben in einer Gesellschaft wie alle Blätter an einem Baum, in der wir alle voneinander abhängig sein müssen. Und weil keiner dem anderen ähnlich ist, können wir immer etwas von anderen lernen. Ein Unterricht bzw. ein Fremdsprachunterricht ist wie eine Miniaturgesellschaft, in dem die Lernende eine ebenso enge Beziehung zu anderen haben sollen. Wie werden Beziehungen zwischen den Lernenden aufgebaut? Die Antwort ist: durch verschiedene Sozialformen, darunter ist die Partnerarbeit.

Nach einer Studie in 90er-Jahren zogen die meisten Lernende die Partnerarbeit den anderen Sozialformen vor, wenn ein Wechsel der Sozialformen stattfand.1 Deshalb lohnt es sich wirklich, diese besondere Sozialform – die Partnerarbeit gründlich zu erforschen.

Ziel der vorliegenden Arbeit soll es sein, die Rahmenbedingungen sowie Charakteristika der Partnerarbeit zu untersuchen und daraus kann gefolgert werden, wie sie im Fremdsprachunterricht am besten eingesetzt werden kann. In dieser Arbeit wird zunächst die Beschreibung, nämlich die Voraussetzungen und die Durchführung der Partnerarbeit dargestellt. Darauf folgen die Einsatzmöglichkeiten und einige wichtige Formen der Partnerarbeit im Fremdsprachunterricht. Schließlich werden Chancen sowie Schwächen beim Einsatz der Partnerarbeit präsentiert, damit der Lehrer sich einen guten Überblick verschaffen und seinen Unterricht besser planen kann.

2. Darstellung der Sozialform

Partnerarbeit ist eine der verschiedenen Sozialformen des Fremdsprachenunterrichts bzw. DaF-Unterrichts. Bei dieser Unterrichtsform „wird der Klassenverband […] in Zweiergruppen aufgeteilt, die sich gemeinsam und selbstständig mit einer Aufgabenstellung beschäftigen“ (Drumm 2007: 25). Dabei steht besonders das auf Comenius (1592–1670) zurückgehende kooperative Lernkonzept im Vordergrund mit dem Grundgedanken, dass Lehrer weniger lehren und Lerner mehr lernen.2

Aus dem Blickwinkel der Lerner kann Partnerarbeit auch als eine Lernmethode betrachtet werden, bei der zwei Menschen "miteinander und voneinander lernen" (Dietrich et al. 1974: 94). Nach Meyer ist Partnerarbeit die unterrichtsmethodische Lösung für heutige schwierige Lehr- und Lernsituationen, in der die Konzentration sowie Interesse der Lerner durch den hohen zwischenmenschlichen Kontakt gefördert werden sollen.3

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Partnerarbeit im Fremdsprachunterricht. Quelle: eigene Darstellung

2.1 Voraussetzungen der Partnerarbeit

Die wichtigsten Voraussetzungen für einen kooperativen Unterricht liegen immer an dem Lehrer. Wenn diese Unterrichtsform völlig unvorbereitet und ohne gründliche Vorüberlegungen des Lehrers stattfindet, würde es sicher ein Misserfolg werden (vgl. Dietrich et al. 1974: 95). Das selbstständige Lernen bei der Partnerarbeit setzt den Lehrer voraus, dass er Vertrauen an seine Lernenden haben muss. Also er muss Vertrauen haben, dass die Lernenden wirklich allein miteinander arbeiten können und dass es keinen Schaden für das Ergebnis geben wird (vgl. Dietrich et al. 1974: 95). Je mehr der Lehrer sich auf seine Unterrichtsstunde vorbereitet, desto mehr Vertrauen auf Erfolg wird er haben. Zur Vorbereitung des Lehrers gehören die Qualität der Übungen bzw. Aufgaben, Methoden zur Paarbildung und die Entscheidung, wie Ergebnisse der Partnerarbeit kontrolliert und gesichert werden. Inhalte der kooperativen Aufgaben sollen für Lernende motivierend sein. Es kann entweder etwas Interessantes, Überraschendes sein, oder die Aufgabe liefert unbekannte, wichtige Informationen, oder das Thema ist für die Lernenden von Bedeutung.4 Außerdem muss die Aufgabenstellung genau und verständlich formuliert werden, damit keine Verwirrung unter den Lernenden entsteht. Die Methode zur Bildung von Zweier-Teams ist ebenfalls ein entscheidendes Kriterium für den Erfolg der Partnerkooperation. Es gibt in der Regel drei Möglichkeiten zur Paarbildung: „Zufallsmischung“, „lehrergesteuerte Einteilung“ und „lernergesteuerte Einteilung“ (Brinitzer et al. 2016: 113). Bei der lernergesteuerten Einteilung sucht sich jeder Lerner nach freier Wahl einen Partner, mit dem er gerne zusammenarbeitet. Diese Methode basiert normalerweise auf Freundschaft zwischen den Lernenden. Nach Meyer ist Sympathie- oder Freundschaftsbeziehung zwischen den Partnern eine wichtige Bedingung der bestmöglichen Zusammenarbeit (vgl. Dietrich et al. 1974: 96). Im Gegensatz dazu meinte Ferdinand Kopp, dass das Persönliche unter zwei Freunden bei der Partnerkooperation leicht nach vorn drängt, während die Zielsicherheit und Aufgabenbewusstsein gefährdet als gesichert werden (vgl. Dietrich et al. 1974: 44 f.).

Ali, ein Student aus Ägypten an der RWTH Aachen, hat in seinem Sprachkurs bei der Partnerarbeit eine Partnerin, Sahar, aus Tunesien ausgewählt, weil sie eine gute Freundin von ihm war: „ Wir haben miteinander nicht nur über die Aufgabe geredet, sondern auch über Studium, Familie, Reisen und andere Sachen. Da wir Freunde sind, finde ich es komisch und irgendwie kalt, nur über die Aufgabe zu reden.“

Es gibt keine endgültige Methodik, die sagt, ob lernergesteurte Einteilung ausgeschlossen werden soll oder umgekehrt, sondern der Lehrer bezüglich der Zweckmäßigkeit selbst entscheiden muss, ob eine lernergesteuerte Einteilung dem Zweck des Unterrichts dient.

Bei lehrergesteuerter Einteilung hat der Lehrer volle Kontrolle darüber, wer mit wem arbeitet. Er kann die Lernenden homogen oder heterogen in ein Zweier-Team zusammenordnen. Eine leistungshomogene Kombination wird gut funktionieren, wenn die Kommunikation oder das Sammeln von Ideen im Vordergrund steht. Im Gegensatz eignet sich die leistungsheterogene Paarbildung für die Fehlerkorrektur, Vertiefung oder Erarbeitung eines neuen Stoffs.5 Außerdem kann die Lehrperson auch die Zufallsmischung berücksichtigen, damit die Lernenden nicht immer mit dem gleichen Partner arbeiten müssen. Dazu gibt es zahlreiche kreative und erfreuliche Bildungsmöglichkeiten, zu denen der Lehrer immer greifen kann.6

Vor der Unterrichtsstunde muss die Lehrperson noch die Zeit für Partnerarbeit genau festlegen und planen, ob Ergebnisse der Partnerarbeit präsentiert bzw. korrigiert werden sollen (vgl. Drumm 2007: 29). Partnerarbeit bedeutet, die Teilnehmer selbständig miteinander arbeiten zu lassen. Allerdings wird es schiefgehen, wenn es zu wenig oder gar keine Kontrolle gibt. Wenn die Ergebnisse der Partnerarbeit im Plenum präsentiert werden, soll der Lehrer über eine Methode richtig überlegen, damit alle Lernende noch etwas davon lernen anstatt einer bloßen langweiligen Wiederholung.7

Eine andere innere Voraussatzung in dem Lehrer besteht darin, Sorge um seine Autorität und Disziplin sowie um Arbeitslärm während der Partnerarbeit zu verlassen (vgl. Dietrich et al. 1974: 112). Es wird bestimmt Lärm geben, aber ein lauter aktiver Unterricht ist vielmehr besser als eine stille ordentliche passive Stunde.

Bis jetzt wurde es viel über die Voraussetzungen seitens des Lehrers diskutiert. Welche Voraussetzungen der Lerner für eine erfolgreiche Partnerarbeit müssen noch erfüllt werden? Laut Silke Traub benötigen die Lernenden bei der Partnerkooperation die geringsten Voraussetzungen an sozialen Fertigkeiten (vgl. Traub 2004: 87). Die Atmosphäre in einem Zweier-Team ist ganz locker und intim. Gerade schüchterne Lerner sollten keine großen Probleme damit haben. Das bedeutet doch nicht, dass jede Vorübung bei den Lernenden nicht notwendig ist. Für Anfänger sollte der Lehrer sehr sparsam mit dieser Sozialform umgehen, danach verlängert er allmählich die Arbeitszeit und steigert die Anzahl der Partner-Aufgaben. Außerdem brauchen die Lerner unbedingt eine Erziehung zur Gemeinschaft und Hilfsbereitschaft und zum Verstehen untereinander (vgl. Dietrich et al. 1974:112). Diese sozialen Kompetenzen können im Laufe des Unterrichts durch den Einsatz verschiedener Sozialformen, als erstes der Partnerarbeit, eingeübt werden.

2.2 Durchführung der Partnerarbeit

Nach Drumm besteht die Partnerarbeit grundsätzlich aus drei Phasen: Einführungsphase, Arbeitsphase und Auswertung. In der Einführungsphase sollte der Lehrer Lust auf eine Partnerarbeit wecken. Dann muss er die Aufgabenstellung genau und eindeutig formulieren. Der Lehrer soll vorher klar informieren, wie lange die Arbeit dauern soll und was er von den Lernenden erwartet. Nach der Aufgabenstellung ist das Zusammenordnen von Zweierverbindungen. Je nachdem, für welche Einteilungsart sich der Lehrer entscheidet, wird die Sitzordnung geändert oder beibehalten.8

In der Arbeitsphase muss der Lehrer im Idealfall sichterstellen, dass alle Zweier-Gruppen wirklich arbeiten. Hier spielt der Lehrer eine neue Rolle, er ist nämlich nicht mehr der Initiator oder der alleinige Instrukteur, sondern Moderator, Arrangeur und zugleich Beobachter, Berater und Helfer, der den Lernenden die Selbstständigkeit gerne gibt (vgl. Müller 2004: 15). Meyer meinte, dass der Lehrer als Beobachter und Helfer die arbeitenden Paare respektieren und sich überhaupt nicht einmischen soll; er ist nur dort, wo Hilfe gebraucht wird. Allerdings soll der Lehrer den Lernenden auch nicht das Gefühl geben, als ob er Polizist oder Aufsichtsbeamter wäre (vgl. Dietrich et al. 1974: 110 f.). Genau hier entsteht ein didaktisches Paradox, das jeder Lehrer lösen muss. Zum einen spielt der Lehrer die Rolle des Helfers und des Beraters, d.h. ohne seine Hilfe können Lernende die Aufgabe nur kaum erfüllen, zum anderen sollte er als Betrachtender immer mehr in den Hintergrund treten und die Selbständigkeit bzw. die Selbstverantwortung der Lerner fördern.9

Da das soziale Lernen und die Förderung der Selbstständigkeit bei der Partnerarbeit im Vordergrund stehen, muss die Auswertung der Arbeit immer genau bedacht werden. Bei themengleichen Aufträgen sollen nicht alle Ergebnisse im Plenum präsentiert werden, denn die Aufmerksamkeit sowie Interesse der Lernenden werden sinken (vgl. Funk et al. 2017: 66). Bei kreativen Arbeitsaufträgen sollten dagegen möglichst viele Ideen der Lernenden vorgestellt werden.

Als Beispiel für die Durchführung der Partnerarbeit sehen Sie den folgenden Lehrwerksauszug. Anmerkung der Redaktion: Diese Abbildungen wurden aus urheberrechtlichen Gründen entfernt (Beste Freunde – Deutsch für Jugendliche, A2.1, Arbeitsbuch, S. 87, 90)

Bei diesem Spiel kann der Lehrer in der Einführungsphase die Lerner kurz an die Regeln zur Komparativbildung erinnern und deutlich sagen, wie viel Zeit für das Spiel zur Verfügung steht (etwa 5–7 Minuten). Paarbildung kann durch Zufallsmischung ermöglicht werden, weil jeder bei diesem Spiel mit jedem spielen kann. Auch wenn ein stärkerer Schüler mit einem schwächeren spielt, haben alle die gleiche Chance zu reden. Das ist ein sehr gutes erfreuliches Spiel für die Übung bzw. Einprägung der Grammatikregeln, bei dem jeder Schüler unbedingt einen Partner braucht, um das Ziel zu erreichen. Für diese Partnerarbeit ist eine Auswertung nicht nötig, weil die Schüler richtige Antworten selbst kontrollieren können.

Der folgende Lehrwerkauszug stellt ein anderes Beispiel dar, bei dem eine Ergebnispräsentation durchgeführt werden sollte. Dennoch brauchen nicht alle Schüler ihre beste Freundin/ besten Freund im Plenum vorzustellen, sondern der Lehrer kann einzelne Schüler aufrufen oder sie sich freiwillig melden lassen.

Anmerkung der Redaktion: Diese Abbildung wurde aus urheberrechtlichen Gründen entfernt (Beste Freunde – Deutsch für Jugendliche, A2.1, Kursbuch, S. 49)

2.3 Einsatzmöglichkeiten der Partnerarbeit

Die Partnerarbeit kann grundsätzlich in allen Phasen des Unterrichts, zu Beginn, während oder zu Ende des Unterrichts, mit unterschiedlichen bestimmten Funktionen durch verschiedene Aufgabenformen eingesetzt werden (vgl. Traub 2004: 87). Im Prinzip ist der Einsatz der Partnerarbeit besonders gewinnbringend, wenn schwierige Fragen durch gemeinsame Denkarbeit gelöst werden sollen, wenn einer der beiden Partner Hilfe braucht, oder wenn zweien mehr einfällt als einem (vgl. Dietrich et al. 1974: 109 f.). Genauer gesagt fallen die Einsatzmöglichkeiten der Partnerarbeit in fünf Kategorien. Zur ersten Kategorie gehören Lernaktivitäten wie das Üben mündlicher Sprachhandlungen, dazu ist das Üben von Dialogen offenbar am wichtigsten; das Wiederholen eines bereits erarbeiteten Lernstoffs; das Einprägen von Grammatikregeln oder das Vertiefen eines behandelten Themas. In diesem Fall dient die Partnerarbeit als Hilfsmittel des vertieften Erwerbs von Sprachwissen, mit dem das Einprägen des Gelernten gefördert und erleichtert wird. Die zweite Kategorie enthält Aktivitäten zur Erarbeitung eines neuen Lernstoffs oder das Bilden von Hypothesen, bei denen die Lernenden die Unterrichtsstunde als gemeinsame „Entdeckungsreise“ haben können, z.B. das gemeinsame induktive Erschießen von neuen Grammatikregeln. In die dritte Kategorie fallen Aktivitäten zum Erfahrungsaustausch und Sammeln von Ideen, Fakten und Kenntnissen. In der vierten Kategorie sind Lernaktivitäten zur Problemlösung und Entwicklung von Problemlösestrategien. Als Beispiel ist die Methode Think-Pair-Share, bei der zwei Teilnehmer eine Fragestellung gemeinsam erarbeiten (→ s. 2.4). In der letzten Kategorie sind Aufgaben zur Reflexion und gegenseitigen Fehlerkorrektur. Das ist das sog. Helfersystem, dadurch beide der Partner voneinander profitieren.10

[...]


1 Funk et al. 2017, S. 63.

2 Traub 2004, S. 19.

3 Dietrich et al. 1974, S. 94 f.

4 Funk et al. 2017, S. 64.

5 Funk et al. 2017, S. 65 f.

6 Brinitzer et al. 2016, S. 113 ff.

7 Funk et al. 2017, S. 66.

8 Drumm 2007, S. 29 f.

9 Dietrich et al. 1974, S. 116.

10 Drumm 2007, S. 26 f.

Fin de l'extrait de 14 pages

Résumé des informations

Titre
Partnerarbeit im Fremdsprachenunterricht. Die Sozialform als Chance für maximalen Lernerfolg
Université
University of Bonn  (Institut für Sprach-, Medien- und Musikwissenschaft)
Cours
Didaktik des Unterrichts Deutsch als Zweit- und Fremdsprache
Note
1,7
Auteur
Année
2020
Pages
14
N° de catalogue
V937895
ISBN (ebook)
9783346267139
ISBN (Livre)
9783346267146
Langue
allemand
Mots clés
DaF, DaZ, Didaktik, Partnerarbeit, Fremdsprachunterricht, Sozialform, Arbeitsform
Citation du texte
Thi Nam Phuong Chu (Auteur), 2020, Partnerarbeit im Fremdsprachenunterricht. Die Sozialform als Chance für maximalen Lernerfolg, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/937895

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